Star Trek Into Darkness

Originaltitel: 
Star Trek Into Darkness
Land: 
USA
Laufzeit: 
127 min
Regie: 
J. J. Abrams
Drehbuch: 
Alex Kurtzman, Roberto Orci, Damon Lindelof
Darsteller: 
Chris Pine, Zachary Quinto, Zoë Saldaña, Karl Urban, Anton Yelchin, Alice Eve, John Cho, Simon Pegg, Benedict Cumberbatch, Bruce Greenwood
Kinostart: 
09.05.13

Kritik: Star Trek Into Darkness ist eine Frage des Geschmacks

von Christian Humberg. Die Handlung ist schnell umrissen: Wenige Abenteuer nach dem Kampf gegen den Romulaner Nero aus Star Trek (2009), ist die Crew der Enterprise noch kein eingespieltes Team. Insbesondere ihr Captain scheint dem jugendlichen Übermut nach wie vor verhaftet und schert sich nicht um Regeln wie die Oberste Direktive, wenn er sich im Recht fühlt. Als ein gewisser John Harrison, ein aus scheinbar unbekannten Motiven heraus handelnder Terrorist, erst eine Sternenflotteneinrichtung in London sprengt und dann führende Flottenadmiräle attackiert, heftet sich Kirk mit der U.S.S. Enterprise an seine Fersen – und kommt einem ebenso schockierenden wie todbringenden Geheimnis auf die Spur, das interstellaren Krieg bedeuten könnte.

Puh! Diesen Film zu besprechen, erweist sich gerade als höchst schwierige Aufgabe, denn – davon bin ich überzeugt – er wird die Fans stärker denn je in zwei Lager spalten. Warum? Ich will versuchen, es spoilerfrei zu erklären. Regisseur J.J. Abrams liefert hervorragende Arbeit ab. Visuell ist Star Trek Into Darkness absolut überzeugend. Rasant und bunt wie eine Achterbahnfahrt – das Geld fürs 3D-Kino kann man sich trotzdem sparen –, witzig und emotional mitreißend, wendungsreich. Schauspielerisch versteht er vollkommen zu begeistern. Insbesondere Benedict Cumberbatch und Chris Pine (in dessen Spiel immer mehr Shatner durchscheint, das aber trotzdem nicht zur Imitation verkommt) überzeugen in jeder Szene und verleihen ihren Charakteren eine Tiefe, die man im Genre der Blockbuster-Spektakelfilme, zu dem Star Trek Into Darkness definitiv zählt und zählen will, äußerst selten findet.

Beim Drehbuch fällt das Urteil etwas schlechter aus, wenngleich die Logiklöcher weniger eklatant wirken als noch beim unmittelbaren Vorgängerfilm. Die Autoren Roberto Orci, Damon Lindelof und Alex Kurtzman bedienen sich für STID einer Regel, die schon anderen Action-Geschichten, etwa der TV-Serie 24, genügte: „Ersetze etwaigen Mangel an Plausibilität durch gesteigertes Erzähltempo.“ Und das kann man machen. Für das, was STID sein möchte, genügt diese Methode durchaus. STID ist ein guter Blockbuster, ohne Einschränkungen. Er macht Spaß.

Aber ist STID wirklich ein Star-Trek-Film?

Die Antwort auf diese Frage ist vielleicht die eigentliche Crux dieser Produktion, denn sie – und mit ihr die Frage nach dem Gefallen oder Nichtgefallen dieses Streifens – hängt ganz entscheidend davon ab, wie der individuelle Zuschauer Star Trek definiert. Abrams und seine Autoren bedienen sich ausgiebig und mit verspielter, ansteckender Freude am „Theaterfundus“ des bekannten Stückes Star Trek, sozusagen. Sie überschütten den Zuschauer mit Anspielungen, Insider-Scherzen, latenten Querverweisen, Namedropping usw. Sie baden im Franchise, dessen Name auf ihrem Produkt steht. Aber was sie hier aufführen, ist nicht das altbekannte Stück Star Trek sondern ein ganz neues, eigenes.

Eines, in dem neue Regeln (neue Hintergründe, neue Charakterisierungen) gelten – und aus Sicht der Produzenten ganz offensichtlich auch gelten sollen. STID ist nicht für Altfans gemacht, die sich an der Neuinterpretation gewisser großer wie kleiner Details stören könnten. Er ist keine Fortsetzung des Franchises, wie es unter Gene Roddenberry, Harve Bennett oder Rick Berman etabliert und gefestigt wurde, auch wenn Star Trek (2009) dies durch die Involvierung Leonard Nimoys als altem Spock noch fälschlich suggerierte. STID macht deutlicher denn je, das Abrams’ Film- und TV-Fabrik Bad Robot sich der in sechs TV-Serien und zehn Filmen geschilderten Vorlage Star Trek nur äußerst bedingt verpflichtet fühlt. Sie dient Bad Robot als popkulturelle Zitatequelle, als Orientierungshilfe für eine neue kreative Schöpfung, die postmodern und werbewirksam mit den Elementen der alten spielt. Eine nahtlose Fortsetzung wird jedoch nicht angestrebt.

 Spock und Kirk auf der Enterprise.

Ist das schlimm? Das müssen Sie leider für sich selbst beantworten, liebe Mit-Altfans. Star Trek Into Darkness funktioniert als reines Kinospektakel ganz hervorragend. Es ist nie langweilig, es rührt, amüsiert, regt sogar ein wenig zum Nachdenken an – die Terrorthematik ist seit Boston aktueller denn je, und war Star Trek nicht immer schon am besten, wenn es der Gegenwart den Spiegel vorhielt? – und macht einfach großen Spaß. Ja, die Geschichte hat Logikschwächen. Ja, Handlungsbogen und Motive des Antagonisten hätten vor Drehbeginn noch einer gründlichen Überarbeitung bedurft. Ja, nicht Scotty, dem die Bezeichnung hier erstmals angedient werden wird, sondern ein anderes Crewmitglied der Enterprise erweist sich im Laufe des Films als wahrer Wunderwirker. Das mag dem Altfan lächerlich vorkommen, blasphemisch gar. Aber all diese Details sind in der Sicht von Bad Robot und nach den Konventionen des Blockbuster-Spektakelkinos wirklich nur das: Details. Entscheidend ist, ob die zweistündige Achterbahnfahrt, zu der Abrams und Co. mit STID das Gesamtpublikum – nicht explizit die Altfans! – einladen wollen, Spaß macht. Und das macht sie, wenn man sie kontextlos zu genießen versteht. Sogar sehr.

Mir hat das voll und ganz genügt. Ob es Ihnen ähnlich geht, kann ich nicht sagen. Aber ich wünsche es Ihnen – und ich wünsche es Star Trek Into Darkness.

Benedict Cumberbatch als John Harrison.

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