Kritik zu Knives Out – Mord ist Familiensache

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Knives Out

Es erscheint müßig die letzten Jahre von Rian Johnsons Karriere zu rekapitulieren, schließlich hat jeder seine eigene Meinung zu gewissen großen Franchise-Einträgen und diese bereits in der einen oder anderen Form auch kundgetan. Warum also eine Diskussion weiterführen, die sich sowieso nur im Kreis dreht, wenn man auf eine aussichtsreiche Zukunft blicken kann.

Diese Zukunft kommt schon zu Beginn des Kinojahres in der Gestalt von Knives Out – Mord ist Familiensache daher. Und auch hier, wie schon in seinen Vorgängerfilmen Brick, Brothers Bloom und Looper, zeigt sich, dass Johnson unheimlich gerne mit bekannten Genre-Konventionen spielt, sie manchmal sogar bis zu einem Punkt aushebelt, dass es große Verärgerung hervorruft. Selbiges gilt bis zu einem gewissen Grade für seine Whodunit-Variation, ein starbesetzter Krimi, der einer bekannten Agatha-Christie-artigen Ausgangssituation Doppelbödigkeit, Aktualität und eine gesunde Portion Humor abgewinnt.

Mord, Selbstmord und bitterböse Familienfehden

Harlan Thrombey (Christopher Plummer) ist ein reicher Autor einer äußerst erfolgreichen Reihe von Kriminalgeschichten. Basierend darauf hat er ein ebenso erfolgreiches Verlags-Imperium aufgebaut. Außerdem ist er Patriarch einer Großfamilie, deren Mitglieder in irgendeiner Form von seinem Erfolg und seinem Geld abhängig sind. Alle vertreten allerdings standhaft die Ansicht, dass ihre beruflichen Errungenschaften als Makler, Verlagsleiter, Influencer etcetera auf eigener harter Arbeit basieren. Als das Hausmädchen Harland eines Tages mit durchgeschnittener Kehle in seinem Arbeitszimmer findet, geht die Polizei zunächst von einem Selbstmord aus.

Dennoch engagiert ein Unbekannter den Meisterdetektiv Benoit Blanc, der zusammen mit dem Polizisten Lieutenant Elliot (Lakeith Stanfield) den wahren Hintergründen des mysteriösen Todes auf den Grund geht. Blanc interviewt und entlarvt nach und nach die verschiedenen Familienmitglieder, die nichts lieber tun, als hinter den Rücken der anderen Verwandten zu lästern und ihre eigene Unschuld zu beteuern. Gleichzeitig scheinen alle ein Motiv für einen Mord an den vermeintlich geliebten Vater und Großvater zu haben. Das trifft insbesondere auf das schwarze Schaf der Familie Ransom Drysdale (Chris Evans) zu. Blanc rekrutiert Harlan Thrombeys ehemalige Krankenschwester Marta Cabrera (Ana de Armas), die anscheinend einzigartige Einblicke in die Familiendynamik besitzt und der es physisch unmöglich ist, zu lügen.

Starbesetztes, genüssliches Rätselraten

In den USA hat sich Knives Out – Mord ist Familiensache jetzt schon als großer Erfolg herausgestellt. Eine durchaus erstaunliche und erfreuliche Entwicklung, weil der Film gerade nicht an eines der großen durchkalkulierten Franchises oder IPs gebunden ist. Vielleicht weniger erstaunlich, weil der Film zahlreiche erzählerische Elemente besitzt, die spätestens seit Agatha Christie in Film, Fernsehen und Literatur allgemein beliebt sind. Hinzu kommt eine Reihe bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler, die das Publikum schon seit etwa 60 Jahren Film- und Fernsehgeschichte begleiten. Hierzu gehören: Christopher Plummer, Chris Evans, Jamie Lee Curtis, Michael Shannon, Don Johnson, Toni Collette, Frank Oz, Riki Lindhome und einige neue Gesichter wie Katherine Langford und Jaeden Martell.

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Knives Out

Alle haben sichtlich großen Spaß, sich gegenseitig auseinanderzunehmen, was wiederum für gute Laune beim Publikum sorgen sollte. Insbesondere Daniel Craig scheint sich äußerst wohl zu fühlen. Genüsslich legt er die Restriktionen einer Bond-Figur ab und packt (zumindest im englischen Original) einen Südstaaten-Akzent aus, den er in ähnlicher Weise schon im Steven Soderberghs Heist-Komödie Logan Lucky zum Besten gab. Zu ungeahnten Höhen steigt seine Darstellung jedoch auf, wenn er als Detektiv gar nicht so genial daherkommt, wie sein Ruf verspricht.

Herz und Seele des Films stellt jedoch Ana de Armas als Krankenschwester Marta Cabrera dar, über deren Herkunft jeder Familienangehörige Bescheid zu wissen glaubt und doch keiner richtig zu kennen scheint – ein effektiver Running Gag des Films. De Armas konnte schon als mit einer empathischen und gefühlvollen Darstellung einer künstlichen Intelligenz in der Science-Fiction-Fortsetzung Blade Runner 2049 überzeugen. Knives Out verlangt ihr noch einmal die gesamte emotionale Bandbreite ab, erlaubt ihr aber gleichzeitig, Spaß an ihrer Rolle zu haben.

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Knives Out

Wie bereits angedeutet, spielt Johnson auch hier wieder mit Genre-Tropen und stellt Einiges auf den Kopf, ohne Knives Out in eine Genre-Parodie zu verkehren. Der Kriminalfall steht bis zum Ende im Vordergrund und verliert sich nicht in selbstzufriedenen Meta-Spielereien. Neben Humor kommt durchaus Spannung auf, während der Regisseur die Zuschauer auf gekonnte und höchst unterhaltsame Weise an der Nase herumführt.

Fazit:

Kein Meisterwerk, aber ein meisterhaft konstruiertes Spiel mit dem Krimi-Genre, das sich selbst nicht zu ernst nimmt und trotzdem spannend und unterhaltsam bleibt. Die Spielfreude der hochkarätigen Besetzung ist dabei überaus ansteckend.

Knives Out (2019 Movie) Official Trailer — Daniel Craig, Chris Evans, Jamie Lee Curtis

Knives Out - Trailer 2 (deutsch/ german; FSK 6)

Knives Out
Originaltitel:
Knives Out
Kinostart:
02.01.20
Laufzeit:
130 min
Regie:
Rian Johnson
Drehbuch:
Rian Johnson
Darsteller:
Daniel Craig, Chris Evans, Lakeith Stanfield, Michael Shannon, Ana de Armas, Don Johnson, Jamie Lee Curtis, Toni Collette, Christopher Plummer, Jaeden Martell, Riki Lindhome, Edi Patteron, Raúl Castillo
In seinem neusten Film erzählt Star-Wars-Regisseur Rian Johnson eine verrückte Kriminalgeschichte.

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