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Nachdem wir gestern einen Blick auf unsere Highlights des Jahres geworfen haben, folgen heute die Enttäuschungen. Auch 2022 hatte wieder jede Menge Filme und Serien zu bieten, die leider den Erwartungen nicht gerecht werden konnten und uns enttäuscht zurückließen.
Hannes Könitzer
Die größte Serienenttäuschung des Jahres war sicherlich Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht. Hier wurde wieder einmal bewiesen, dass man noch so viel Geld haben kann, wenn die Drehbücher nicht funktionieren, dann kommt am Ende nur Käse heraus. Dabei stört mich noch nicht einmal, wie sehr die Macher auf Enthüllungen setzen, die dann nicht wirklich spannend sind, sondern wie stümperhaft teilweise die Handlung vorangetrieben wird. Allein über die sechste Folge könnte ich einen ganzen Roman schreiben.
Natürlich dürfen bei enttäuschenden Serien auch Obi-Wan Kenobi und die 2. Staffel von Star Trek: Picard nicht unerwähnt bleiben. Bei Star Trek muss man ja in gewisser Weise schon fast seinen Hut vor den Autoren ziehen, wenn man bedenkt, wie gekonnt diese mittlerweile eine scheinbar hoffnungsvolle Staffel gegen die Wand fahren können. Vor diesem Hintergrund war das schon ganz großes Kino. Obi-Wan Kenobi ist dagegen vor allem ärgerlich. Abgesehen von der Tatsache, dass man die Serie generell nicht wirklich gebraucht hätte, gab es durchaus einiges, was funktioniert hat. Dem standen aber jede Menge fragwürdige kreative Entscheidungen und eine teilweise billige Umsetzung im Weg.
Kinotechnisch gab es in diesem Jahr ebenfalls keine Mangel an Enttäuschungen. Mit Uncharted wurde wieder einmal eine Spielevorlage durch eine Vielzahl an falschen Entscheidungen der Filmproduzenten vermasselt (ganz oben auf der Liste steht Mark Wahlberg als Sully). Auch die Phantastische-Tierwesen- und Jurassic-World-Filmreihen setzten ihren Abwärtstrend mit Die Geheimnisse von Dumbledore und Ein neues Zeitalter fort und fanden neue Tiefpunkte, was vor allem bei Jurassic World schon etwas heißen will. Und was sich Dwayne Johnson bei Black Adam gedacht hat, weiß er vermutlich selbst nicht.
Leider bekleckerte sich auch Marvel in diesem Jahr nicht mit viel Ruhm. Doctor Strange war für mich eine große Enttäuschung, da der Film leider für mich die falschen kreativen Entscheidungen traf. Mit Wanda als Gegenspielerin machte der Film das Ende von WandaVision kaputt und zerstörte dann eine meiner Lieblingsfiguren. Bei Thor: Love and Thunder sorgte dagegen der Pipi-Kacka-Humor von Taika Waititi leider dafür, dass der Film sich tonal so gar nicht fand. Die Gags und die erzählte Geschichte standen immer wieder im Kontrast zueinander.
Stefan Turiak
Langweilige, (im übertragenen und eigentlichen Sinne) blutleere Flummi-Action, von deren zahllosen zahnlosen Jokey-Jokes vielleicht drei wirklich landen, was angesichts des geballten Talents, das bei Bullet Train der Kamera aufgefahren wird, fast schon ärgerlich ist. Hab mir da etwas weitaus Grimmigeres erhofft. Wer Andrew Koji mal in Action sehen möchte, sollte sich lieber die Serie Warrior ansehen und sich dann noch einmal doppelt ärgern, weil er hier fast ausschließlich auf der Ersatzbank sitzen darf, während Brad Pitt umher springt und mit seiner ausgelatschten „Awww, Maaan! Nicht schon wieder."-Attitüde mehr nervt als alles andere. Schlechter, schlechter Actionfilm. Schäm dich!
Florian Rinke
Thor: Love & Thunder hatte so viel Potential: Natalie Portman schwingt Mjölnir, Christian Bale spielt einen Gegner, mit dem man mitleidet und Taika Waititi hatte im dritten Teil bereits bewiesen, dass er im Stande ist, einen unterhaltsamen Thor-Film zu drehen. Aber dieses Mal hat er alle guten Möglichkeiten links liegen gelassen und bunte Langeweile produziert. Immer wenn man dachte, jetzt wird es besser, wurde es nur noch schlimmer – bis es mit dem Auftritt der griechischen Götter der Tiefpunkt erreicht war.
Damit hatte das Marvel Cinematic Universe seinen Tiefpunkt 2022 aber noch nicht erreicht: Einige kreative Köpfe bei Marvel hielten es für eine lustige Idee, aus den She-Hulk-Comics eine Anwalts-Comedy zu machen. Vielleicht liegt es nur an meinem Humor, aber das Ergebnis war nie lustig und oft eher peinlich anzuschauen. She-Hulk hätte eine wesentlich bessere Umsetzung verdient.
Jenseits des Marvel Cinematic Universe hat mich 1899 auf Netflix enttäuscht. Die Dark-Macher wollten wieder einen düsteren und mysteriösen Serienkosmos erschaffen. Düster und mysteriös ist 1899 auch geworden, leider blieben dabei Spannung und interessante Figuren auf der Strecke. Einziger Pluspunkt ist das Ende, weil man nun schon wissen will, wie Jantje Friese und Baran bo Odar ihren Ideen weiterführen wollen.
Anne Jerratsch
Lamb fängt an wie eine schräge Fabel. Eine einfache Bauernfamilie aus Island wünscht sich ein Kind, kann jedoch keines bekommen, und irgendwann geschieht das Wunder: Ein Wesen, halb Schaf, halb Mensch, wird geboren. Sofort ist die Mutter (gespielt von Noomi Rapace) bereit, das Wesen als ihr Kind anzuerkennen und aufzuziehen. Wir bekommen: Ein wenig Tierhorror, gemischt mit ein wenig komplett überzeichneter Familienidylle und einer großen Portion "Ähhh...Moment, was bitte??!".
Wenig hat mich in diesem Jahr so irritiert wie dieser Film, und hier vor allem, wie Ernst Rapace ihren Auftrag als leidenschaftliche Mutter nimmt. Ob sie bei den Dreharbeiten nie lachen musste, bleibt eine der vielen offenen Fragen zu diesem Film. Auch erfahren wir nichts über das Umfeld der Figuren. Haben sie keine Freunde? Was passiert in ein paar Jahren? Es wird stattdessen sehr viel geschwiegen und besonders bedeutungsvoll geschaut.
Nun denn. Bisweilen bewusst albern aussehende Tierkreaturen sind wir aus dem Horrorgenre gewohnt, zusammen mit den Aufnahmen aus Island mag der Film vielleicht sogar recht eindrücklich wirken. Mich hat er jedoch trotz spannender Prämisse absolut nicht abgeholt, und im Publikum waren einige Lacher an unfreiwillig komischen Szenen zu vernehmen.
Bitte lächeln! Aber vielleicht nicht unbedingt bei dem höchst generischen Horrorslasher Smile- Siehst du es auch?. Weil wir Killer-Masken, Monster und andere düstere Psychomethoden schon durchgeackert haben, kehren wir wieder zurück zum Minimalismus: Jetzt muss ein einfaches Lächeln herhalten, um Horror zu erzeugen.
Das Grauen in Form des grenzdebilen Grinsens verfolgt eine Psychologin (Sosie Bacon), deren Patientin sich vor ihren Augen suizidiert hat. Auch hier hat ihre Hintergrundgeschichte mehr Lücken als ein Fischernetz, und die offensichtlichen Schockmomente sind so voraussagbar, dass man die Uhr danach stellen kann. Natürlich stellt sie private Forschungen an, natürlich glaubt ihr niemand, bis das Böse ihr an den Kragen will. Gähn!
Michael Bartl
Auch 2022 war ein Jahr für mich, bei dem man froh war, dass es endlich vorbei ist. Ob es nun daran liegt, dass meine Depression sich nur schwer bändigen ließ oder, dass ich einfach keine wirklichen Film- und Serien-Highlights hatte. Doch zumindest bei den Enttäuschungen wurde ich nicht enttäuscht.
Zwar zähle ich zu denjenigen, die mit Taika Waititis Humor etwas anfangen können, aber Humor selbst macht noch keinen guten Film, geschweige einen Marvel-Film aus. Wie bei so vielen Filmen zählt in erster Linie auch nicht der Protagonist, den wir im Falle von Thor bereits gut genug kennen und lieben, sondern dessen Gegenpart. Und genau hier liegt für mich das Problem bei Thor: Love and Thunder.
Während Christian Bale in seiner Darbietung als Gorr der Götterschlächter überzeugte, war der Charakter selbst... naja. Wie schon so oft, hätte man einfach mehr aus der Vorlage des Götter-hassenden Außerirdischen machen können. Zwar bediente man sich diversen Gorr-Storylines, aber ein einziger Satz aus der Reihe Origin Sin hätte mir gereicht, um allem Tiefe zu verleihen: Gorr hatte recht!
Ein guter Krimi geht immer und so fand sich am 2. Weihnachtsfeiertag schließlich Glass Onion: A Knives Out Mystery auf meinem Fernseher wieder. Doch auch schon wie sein Vorgänger, konnte mich auch die Gläserne Zwiebel nicht wirklich überzeugen. Und trotzdem, dass der Titel eine raffinierte Anspielung ist – Glass Onion: Die Angewohnheit Dinge zu überanalysieren und somit nicht vorhandene geheime oder versteckte Bedeutungen zu vermuten – und es durchaus interessante Wendungen gab, blieben für mich die Charaktere einfach nur blass.
Dabei konnte man mit Edward Norton, Dave Bautista, Kate Hudson, Kathryn Hahn und Leslie Odom Jr. prominente neue Verdächtige verpflichten. Doch abgesehen von der Eröffnungsszene wird kaum etwas über deren Hintergründe erzählt, sodass es schon einem egal ist, ob sie sterben oder nicht. Während die Auslösung zwar noch interessant war, sich aber wieder anfühlte, als wäre Daniel Craigs Charakter, der Meisterdetektiv Benoit Blanc, einfach darüber gestolpert, war das Ende für mich eine Katastrophe: Ein rachsüchtiger Elefant im Glasladen.
Und doch wurde meine wichtigste Frage nicht beantwortet: Wer genau ist Philip (Hugh Grant)?
Katrin Hemmerling
2022 - du warst mein Jahr der Enttäuschungen. So viele Filme und Serien gab es, auf die ich mich eigentlich echt gefreut hatte. Um dann enttäuscht zu werden.
Ich liebe das Tolkien-Universum und habe ihm einiges verziehen. Aber Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht war dann doch zuviel des Guten. Das mag zum Teil am Cast liegen, gerade hinsichtlich Galadriel. Aber warum in Morgoth Namen musste es ausgerechnet diese Story für die Serie sein, wenn Tolkien doch viel mehr zu bieten hat? Warum ist das Mithril auf einmal so wichtig? Seit wann ist es cool, Vornamen wie Isildur lässig abzukürzen? Seit wann ist Celebrimbor alt und gebrechlich? Und warum dachten die Autoren, dass die Enthüllungen, die sie in der finalen Folge präsentierten, superüberraschend waren, wenn das alles seit Folge 2 klar war? Einziger Pluspunkt: das Zwergenehepaar. Davon gerne mehr. Aber sonst ... meh.
Für Obi-Wan Kenobi hatte ich meine Erwartungen schon auf "Naja. Immerhin Ewan McGregor als Eye-Candy" zurückgeschraubt. Sehr viel mehr hatte die Serie dann auch nicht zu bieten. Erschreckend preiswertes CGI. Wenig Szenen, die mich emotional mitnahmen. Und eine Handlung, die sich nicht über alle Folgen trug. Aber immerhin: Eye-Candy. Hurra?
Marvel hat mich in diesem Jahr gleich 2x enttäuscht. Doctor Strange in the Multiverse of Madness war der Film, der so viel, was möglich gewesen wäre, hat liegenlassen. Keine Überraschungen. Und streng genommen eine Mogelpackung, da Doctor Strange eher eine Nebenfigur war. Und was bitte sollte das mit Thor: Love & Thunder sein? Ich hab gewartet, bis der Film auf Disney+ kam und mich dabei ertappt, dass ich fast den gesamten Film über am Handy gedaddelt habe. Das sagt eigentlich alles.
Der Vollständigkeit halber sei hier auch noch Halloween Ends erwähnt. Ein Film voller Plotholes (warum glaubt Allyson ihrer Großmutter nicht, wo sie in Teil 1 noch die Einzige war, die das Posttrauma von Laurie anerkannt hat?), unfreiwillig komisch (Michael Myers hat auf einmal Pennywise zum Vorbild und haust in der Kanalisation) und einem absolut unwürdigen Ende für Michael. Halloween Kills war schon schlecht ... aber wer hatte geahnt, dass Halloween Ends noch schlechter sein würde?