Gruselserie 7: Kritik zum Hörspiel Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze

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Nach geheimnisvollen Alien-Experimenten im Schwarzwald und verschollenen Vampiren im Weltall geht es in dem aktuellen Hörspiel der neu aufgelegten Gruselserie diesmal um Killerblumen im Altenheim. Klingt nach recht trashiger Unterhaltung? Ganz falsch liegt man mit dieser Vermutung nicht. "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" beginnt aber wie ein altmodischer Radiokrimi.

Hattie Miller und ihr reichlich angetrunkener Ehemann Henry befinden sich spät abends auf der Rückfahrt von ihrem Stammtisch. Plötzlich läuft eine alte Dame im Nachthemd vor ihnen auf die Straße. Hattie kann gerade noch auf die Bremse treten. Kurz vor der Frau kommt ihr Wagen zum Stehen. Sie erklärt dem verdutzten Ehepaar, das sie aus ihrer Seniorenresidenz geflohen ist, weil jemand ihre Zimmergenossin umgebracht hat. Kurz darauf tauchen zwei Pfleger auf, welche die verwirrte Mrs. Cooper zurück ins Altenheim bringen wollen.

Auf Bitten von Blanche Cooper begleitet Hattie Miller diese zurück in die Seniorenresidenz. Das Verhalten des Personals dort macht sie stutzig und weckt ihren Ermittlerinstinkt. Denn schon während einer Reise ins Amazonasgebiet (Folge 3 "Moskitos – Anflug der Killer-Insekten") war die resolute Seniorin mit rätselhaften Todesfällen konfrontiert. Wie vermutet macht sie im Zimmer von Blanche Cooper und ihrer vermissten Zimmergenossin eine erste mysteriöse Entdeckung.

2019 brachte Europa die ersten Folgen der neuen Gruselserie heraus, welche sich an den klassischen Horrorhörspielen von H. G. Francis orientierten. Der Autor war zwischen 1981 und 1982 dafür verantwortlich, dass viele bekannten Monster aus Kinofilmen und Büchern Einzug in die Kinderzimmer der 80er-Jahre hielten. Francis kopierte in seinen Hörspielen oft mehr oder weniger stark literarische und filmische Vorbilder wie Dracula, Frankenstein, Alien oder Tarantula.

Der Autor, der auch an den Serien Commander Perkins, Masters of the Universe und Jan Tenner mit schrieb, verstarb 2011. Für den Inhalt der derzeitigen Neuauflage ist nun André Minninger (Ein Fall für TKKG, Die drei ???) verantwortlich. Produktion und Regie liegen wie bereits in den 80er-Jahren wieder in den Händen von Heikedine Körting (Die drei ???, Fünf Freunde).

"Sie neigt des Öfteren zu – na nennen wir es mal – dramatischen Auftritten."

Bei H. G. Francis traten die beiden Reporter Tom Fawley und Eireen Fox in insgesamt drei Folgen auf. Auch Minninger lässt nun erstmals Figuren aus seinen früheren Hörspielen wieder auftreten. So gibt es ein Wiederhören mit dem alten Ehepaar Hattie und Henry Miller. Wobei ganz klar Hattie die Hauptfigur mit dem größten Sprechanteil ist.

Sie wird, wie schon in "Moskitos – Anflug der Killer-Insekten" von Elga Schütz gesprochen. In der dritten Folge fiel sie durch merkwürdige Betonungen und eine sehr schrille Stimmlage negativ auf. Das ist in der siebten Folge besser geworden. Leider liefert sie als Sprecherin der Hauptfigur immer noch die schwächste Leistung der gesamten Besetzung ab.

Ihre Hattie Miller klingt manchmal wie eine Parodie – gerade im Zusammenspiel mit Eckart Dux, der ihren Mann Henry spricht. Dux ist eigentlich ein sehr guter Hörspiel- und Synchronsprecher (Ian McKellen als Gandalf in der Hobbit-Trilogie). Aber auch er klingt, gerade als betrunkener Ehemann zu Beginn des Hörspiels, nicht sehr glaubwürdig und im Folgenden oft unterfordert. Immer wieder schimmert seine Qualität als Sprecher durch. Leider wird ihm selten Gelegenheit geboten, sein ganzes Können abzurufen.

Sehr gelungen hingegen ist Judy Winters Darstellung der stellvertretenden Heimleiterin Mrs. Summer. Im Zusammenspiel mit Winter (Synchronstimme von Faye Dunaway, Jane Fonda, Shirley MacLaine) wirken auch die Dialogzeilen von Elga Schütz viel dynamischer.

Als verängstigte Heimbewohnerin Blanche Cooper ist Elke Reissert zu hören. Sie kann bereits auf eine lange Hörspielkarriere zurückblicken (Erna Sauerlich in den TKKG-Folgen 1 – 11) und war bereits in Folge 14 "Die tödliche Begegnung mit dem Werwolf" der ursprünglichen Gruselserie mit dabei. Auch in "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" liefert sie eine solide Arbeit ab.

In einer kleinen Rolle ist Wolfgang Pampel als Gärtner Brighton zu hören. Es wäre schön und für das Hörspiel durchaus von Vorteil gewesen, wenn der Synchronsprecher von Harrison Ford einen größeren Sprechanteil bekommen hätte.

Mit Michel Prelle besitzt die siebte Folge zudem einen neuen Erzähler, der durchaus mit dem Niveau von Christian Brückner oder Udo Schenk in den vorangegangenen Teilen mithalten kann. Ihm gelingt es, gerade zu Anfang eine unheimliche Stimmung aufzubauen. Der Hörer kann sich viel besser in das geschilderte Szenario in der nächtlichen Seniorenresidenz hinein versetzen. Der Autor Minninger hätte ruhig öfters auf den Erzähler zurückgreifen können.

"Billig sagen nur Asoziale!"

Neben den schwankenden Leistungen der Sprecherin trägt auch der Autor Schuld daran, dass das Hörspiel nur stellenweise funktioniert. "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" beginnt wie ein Krimi. Es gibt viele Verdächtige, die für das Verschwinden von Blanche Coopers Mitbewohnerin verantwortlichen sein könnten. Da sind die beiden ruppigen Pfleger, die stellvertretende Heimleiterin Mrs. Summer, die neugierige Heimbewohnerin Maggie und der Gärtner Brighton.

Leider nutzt Minninger all die anfangs geschickt ausgelegten Fährten nicht, sondern lässt seine Ermittlerin relativ zielstrebig aufs Ziel zu marschieren. Die Nebenfiguren verschwinden nach und nach, ohne dass sie für den Fall groß von Bedeutung gewesen wären. Natürlich muss der Autor der Gruselserie den Bogen zu einer unheimlichen Wendung einschlagen, aber ein wenig mehr Spannung wäre dabei von Vorteil gewesen.

Von Titel wie "Moskitos – Anflug der Killer-Insekten", "Dracula – Tod im All" und "SOS – Wasserleichen an Bord" erwartet niemand tiefsinnige intellektuelle Unterhaltung. Also sollte sich auch kein Hörer über ein unrealistisches Ende bei "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" beschweren. Insgesamt kommt die Folge allerdings wesentlich weniger trashig daher, als der Titel vermuten lässt.

Der Hörspielproduktion kommt dabei zugute, dass sie die Würgepflanzen nicht zeigen muss. Filme über Killerpflanzen wie Blumen des Schreckens (1963) drohen sehr schnell ins Lächerliche abzugleiten, da es extrem schwierig ist, realistische und gruselige Pflanzen darzustellen. Roger Corman brach 1960 in seinem Film Kleiner Laden voller Schrecken den Horror auch immer absichtlich mit Humor, um von seiner nicht perfekten Gruselblume abzulenken.

"Und diese Frau, die ich vorhin fast überfahren habe, scheint mir auch noch alle Nadeln an der Tanne zu haben."

Minninger kann bekannte Themen aus Filmen gut interpretieren und zu etwas Neuem zusammensetzen. Dies gelingt ihm mit "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" besser als in einigen der vorangegangenen Folgen. Was ihm aber ganz und gar nicht glückt, sind die Dialoge. Das Ehepaar Miller hätte ein äußerst interessantes Ermittlerduo werden können, leider sind sie aber völlig unsympathisch.

Es liegt nicht nur an der Sprecherleistung von Elga Schütz, dass ihre Dialoge mit Eckart Dux hölzern und gekünstelt klingen, sondern auch an der Textvorlage. Henry nennt seine Frau "Püppchen" oder beschwert sich über ihr Geplapper. Im Gegenzug wird er von ihr ständig gemaßregelt. Ein Paar, mit dem die Hörer mitfiebern, klingt anders. Die Chemie zwischen den beiden stimmt nicht und letztlich ist den Hörern ihr weiteres Schicksal egal. Hinzu kommen unlustige Witze und falsche Sprachbilder. Erst als die beiden gegen Ende im Gewächshaus ermitteln, wird ihr Spiel miteinander besser.

Gerne hört man hingegen Wolfgang Pampel als Gärtner Brighton zu, wenn er in einer Tonbandaufnahme den Hintergrund des Schreckens schildert. Ihm hätte man gerne noch ein paar Minuten länger gelauscht, auch wenn er mit schaurigem Pathos den größten Monsterquatsch von sich gibt.

"Glauben Sie mir, es wäre nur zu ihren Besten gewesen."

Ein älteres Ehepaar als Ermittler und ein Altenheim als Handlungsort sind eine äußerst interessante Grundlage für eine Gruselgeschichte. Es ist schön, dass einmal nicht nur junge Menschen zu Helden werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch die Folge "In den Fängen des Todes" der Reihe Dreamland-Grusel. Dabei fällt im direkten Vergleich auf, dass dort die beiden Helden öfters über ihr Leben in ihrer Seniorenresidenz reflektieren. Auch bei Dreamland-Grusel wird eine ziemlich klischeehafte Horrorgeschichte erzählt, die ihren speziellen Reiz durch den ungewohnten Handlungsort gewinnt. Da hätte man in "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" aus der ähnlichen Grundkonstellation ebenfalls mehr herausholen können.

Aus technischer Sicht wurde das Hörspiel von Heikedine Körting in gewohnt sehr guter Qualität umgesetzt. Lediglich die musikalische Untermalung ist merkwürdig. Mal erklingt ein atmosphärischer Grusel-Soundtrack, dann wieder erinnert die Musik an eine schlechte deutsche Komödie aus den 60er-Jahren.

Zum Ende muss das Cover der CD lobend erwähnt werden. Dem Künstler Wolfram Damerius ist es gelungen, ein stimmungsvolles Titelbild mit wenigen lila, gelb, schwarz und orange Tönen zu schaffen. Es wirkt eigenständig, erinnert aber zugleich an die alten Cover der Gruselserie von H. G. Francis.

Fazit

Insgesamt kann man "Mondära – Im Todesgriff der Würgepflanze" trotz all der negativen Kritikpunkte gut an einen regnerischen Nachmittag weghören. Die Geschichte besitzt durchaus Potenzial, welches aber nicht vollständig ausgeschöpft wird. Elga Schütz ist leider nicht in der Lage, als Hauptsprecherin ein ganzes Hörspiel zu tragen – zumindest nicht, solange André Minninger ihre Dialoge verfasst. Bevor man diese Geschichte erneut hört, wird man eher zu einer der anderen Folgen der Reihe greifen oder auf die nächste Veröffentlichung der neuen Gruselserie warten. Im Mai 2021 kehrt nämlich Frankenstein beziehungsweise "Frankensteins Nichte – Erbin des Wahnsinns" zurück.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Europa/Wolfram Damerius/Dangerous

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