Mit "Krieg im Himmel" liegt nach "Der Veteran" der Mittelteil einer umfangreichen Trilogie des britischen Autoren Gavin Smith auf deutsch vor. Dank einer gerafften, sehr sachlich geschriebenen Zusammenfassung zu Beginn des Romans, die ein wenig zu sperrig in die laufende Handlung integriert worden ist, ist es nicht unbedingt notwendig, den Auftaktband gelesen zu haben. Gavin Smith fährt in seinem dunklen, humorlosen Stil fort, uns ein Universum zu beschreiben, in welchem das Recht des Stärkeren durchgesetzt wird. Das führt allerdings zu einem kontinuierlichen Hang zum Übertreiben. Schon im ersten Buch hat Gavin Smith nach der Einführung seines Universums und seines wichtigsten, manchmal hat der Leser den Eindruck seines einzigen Charakters auf eine endlos erscheinende Abfolge von Actionszenen zurückgegriffen, die in einem Kinofilm nicht unbedingt sinnvoller, aber zumindest nachvollziehbarer gewesen sind. Durch die extreme Fokussierung auf Actionszenen verlieren sowohl "Der Veteran" als auch "Krieg im Himmel" an Tiefe. Der Autor versucht zumindest mit der Demiurge künstlichen Intelligenz sowie dem zynisch "Gott" genannten Gegenentwurf den Krieg von der klassischen Military Science Fiction in die digitale Welt zu verlegen. Hier gelingt es ihm, Akzente zu setzen, auch wenn die bodenständigen Auseinandersetzungen intensiver, dreidimensionaler und "schmerzhafter" für die handelnden Protagonisten beschrieben worden sind. Aber dieser Hang zum Nihilismus, zum Zynismus, die berechtigten Anflüge von Paranoia und schließlich die komplette Auflösung klassischer Feindbilder bilden den Reiz dieses dunklen Science Fiction Romans, dessen rote Handlungsfäden aber auch im abschließenden Band zufriedenstellend und nachvollziehbar zusammengeführt werden müssen. Keine leichte Aufgabe für Gavin, der sich positiv für diese ganze Serie im Mittelband der Trilogie noch handlungstechnisch auf Expansionskurs befindet.
Was das grundlegende Korsett des Romans angeht, greift der Autor auf „sichere“ Komponenten zurück. Der „Schurke“ und Großindustrielle aus dem Auftaktband hat nach seiner Niederlage seine Kräfte auf einer der Kolonialwelten konzentriert. Die Behörden der Erde befürchten den Gegenschlag. Also schicken sie kleinere Elitegruppen aus, um die Helden des letzten Bandes einzusammeln. Das ist ohne Frage für die mehrfach angesprochenen Actionszenen gut. Es ist unterhaltsam, die Aufenthaltsorte der offiziell endgültig in den Ruhestand getretenen „Helden“ zu besuchen, aus denen sie zumindest in der Theorie ohne Probleme abgeholt aufgegriffen werden sollen. Das diese Vorgehensweise auf starken Widerstand stößt, ist ohne Frage. Das die irdischen Eliteeinheiten den Kürzeren ziehen, keine Überraschung. Mit dieser Vorgehensweise wird auf der einen Seite Neueinsteigern demonstriert, dass man den überdimensionalen erfahrenen Söldnern nicht spaßen darf und dass zweitens die Erde nicht in der Lage ist, die Schurken effektiv zu bekämpfen, welche ihre absolut kapitalistische und korrupte Gesellschaft geboren hat. Die Denkweise ist relativ simpel, aber effektiv. Zumindest erhält der Leser einen guten Überblick über die Freizeitkultur der Zukunft. Warum aber immer einer der zukünftigen Helden aus dem Gefängnis herausgeholt werden muss, bevor es in die Tiefen des Alls geht, bleibt allerdings das Geheimnis dieses adrenalingeladenen Subgenres.
Die Grundideen seines Kosmos sind interessant. Zusammen mit den religiös konservativen Kräften, die einen Gott aus dem Computer ablehnen, haben sich die Veteranen um Jakob Douglas zumindest eine kleine Nische freigekämpft, in der sie zumindest in der Theorie Einblicke in die größeren Geheimnisse hinter den globalpolitischen Bühne erhaschen könnten. Leider nur in der Theorie, denn immer von Gavin Smith neue Aspekte aufzugreifen sucht, verliert er sich schnell in der nächsten Actionszene. Diese Vorgehensweise passte ohne Frage besser zum Auftaktband "Der Veteran", in dem Jakob Douglas aus seinem Semiruhestand gerissen worden ist und um sein Überleben kämpfen musste. Der ganze Roman ist eine klassische bis teilweise klischeehafte, aber packend erzählte Abfolge von Reaktionen auf Aktionen der Feinde, bis Douglas in einer sehr waghalsigen Situation zumindest einen Pyrrhussieg erringen konnte. Viele Leser erwarten in der Fortsetzung, dass diese Position zementiert und zum Gegenschlag im abschließenden inzwischen in England veröffentlichten letzten Teil der Trilogie genutzt werden könnte. Dabei geht es weniger um theoretisch philosophische Debatten, ob eine Cyberintelligenz ein besserer Gott sein könnte oder nicht. Auch die Außerirdischen treten nur im Hintergrund auf. Der Konflikt von Mensch zu Mensch unabhängig von den unzähligen
Anonymen Tötungsmöglichkeiten kann vielleicht differenzierter und pragmatischer beschrieben werden. Auf der anderen Seite wirkt Cabal auch zu sehr wie eine Anhäufung von bekannten „Fakten“ und ist bei weitem nicht so interessant wie die Fremden, denen der Leser im vorliegenden Roman überwiegend in schlachtengeschwängerten Rückblenden begegnet. Wie manch anderer Ansatz werden die Fremden wie die intellektuell interessante und schon im Cyberpunk diskutierte Idee eines digitalen Gottes angesichts des Umfangs des Plots ohne Not in den Hintergrund gedrückt.
Stattdessen präsentiert der Autor mit der fremden Welt eine exotische Kulisse. Lalande 2 ist eine Welt nicht nur mit einer hohen Schwerkraft, sondern ein Planet, der sich fest positioniert gegenüber seiner Sonne nicht um die eigene Achse dreht. Dadurch werden zwei extreme Klimabereiche erschaffen. Die Menschen können nur in einer schmalen Zone zwischen den extremen Temperaturunterschieden leben. Unter der Oberfläche gibt es gigantische Höhlen, in denen die thermale Energie des Planeten quasi auf die eisigen Gletscher trifft. Eine spektakuläre Kulisse für den finalen Showdown. Das Problem insbesondere dieser Extreme ist, dass Gavin Smith die Naturgesetze – immerhin ist es ein fremder Planet – ignoriert und im Gegensatz zu einem Hal Clement, der sich eng an die wissenschaftlichen Vorgaben gehalten hat, sie nach Bedarf in seine Handlung einfließen lässt. Dadurch wirken interessante Teile des Romans eher hastig heruntergeschrieben und die von Smith beschriebenen Effekte stimmen mit den Erfahrungen und Einschätzungen der Leser nicht überein. Das Ende dieser Spirale ist, das ein Mitglied des Teams schon vorher einmal auf dem Planeten gewesen ist. In weiser Voraussicht sind entsprechende Lager mit Lebensmitteln und vor allem Waffen angelegt worden, so dass die Chancengleichheit der zahlenmäßig überlegenen Feinde inklusiv deren umfangreicher Ausrüstung wieder hergestellt worden ist. Es ist erstaunlich, wie ernst Gavin Smith diese unglaubwürdigen Plotkonstrukte in seine Handlung integriert hat.
Zusammengefasst ist „Krieg im Himmel“ ohne Frage wie „Der Veteran“ ein reines Actionabenteuer, das mit überwiegend eindimensional gezeichneten überdimensionalen Helden, etwas pathetisch patriotischen Rückblicken auf längst geschlagene Schlachten und schließlich Non Stop Action auf einer oberflächliche Art und Weise ohne Frage wie ein Blockbusterfilm im Kino unterhält, aber wie ein Fast Food Essen nicht lange satt macht. Es bleibt abzuwarten, ob der Autor sich im abschließenden dritten Teil auf die ohne Frage ausbaufähige Hintergrundaspekte seines Universums konzentriert und die Action ein wenig zurückdrängt.
- Taschenbuch: 848 Seiten
- Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag (17. Dezember 2012)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3442269105
- ISBN-13: 978-3442269105
- Originaltitel: War In Heaven