Der vierte Band „Gefangen in Zeit und Raum“ – im Original passend „The Time Trap Gambit“ betitelt – erschien nicht mehr im Rahmen der Terra Taschenbuch Reihe. Die ersten drei Romane erschienen alternierend mit den Abenteuern der Raumpatrouille Orion innerhalb weniger Monate. Auf dem Klappentext des in der Ullstein 2000 Science Fiction erschienenen Abenteuers gibt es keinen Hinweis auf die ersten drei Teile, wobei inhaltlich vor allem „Räuber von den Sternen“ und „Gefangen in Zeit und Raum“ miteinander in einem engen Zusammenhang stehen. „Gefangen in Zeit und Raum“ ist auch der erste der vier „Agent of T.E.R.R.A.“ Teile, den der Apex Verlag als E Book nachgedruckt hat.
Wie in „Agent der Galaxis“ und „Räuber von den Sternen“ steht der Konflikt zwischen T.E.R.R.A. und E.M.P.I.R.E. – Übersetzerin Ingrid Rothmann nutzt den englischen Begriff im Gegensatz zu den Terra Taschenbüchern, wo die Gegenspielerorganisation schließlich Imperium genannt worden ist – grundsätzlich im Mittelpunkt der Geschichte. Nach der versuchten Manipulation der Menschen im Jahre 1966 durch eine Verdummungsmaschine und der Idee, den Menschen Schätze zu stehlen, bevor Kriege oder Naturkatastrophen deren Hinterlassenschaften vernichten, geht Larry Maddock wieder auf die Idee ein, nicht nur die Menschheit in der bestehenden Form, sondern die ganze T.E.R.R.A. Organisation durch eine entscheidende Manipulation in der Geschichte zu vernichten. Natürlich mit dem von Malik übersehenen Risiko, dass in der Zukunft keine Zeitmaschine erfunden und damit keine der beiden Organisation gegründet werden könnte. Es sind eher die Agenten T.E.R.R.A.s, die mehrmals diese Problematik ansprechen und den Hang zur Selbstvernichtung bei Maliks Organisation bloß stellen.
Larry Maddock versucht diesen Punkt zu umschiffen, in dem er von einer Falle spricht, die E.M.P.I.R.E. absichtlich Hannibal Fortune stellt. Bei dieser Epoche kann Fortunes Vorgesetzter gar nicht anders, als seinen besten Mann zu schicken. Das entspricht der Tradition sowohl der James Bond Filme auch als der „The Man from U.N.C.L.E.“ Serie. Sogar die Vorgehensweise mit einer provozierten Reaktion T.E.R.R.A.s durch kleine, sich mehr und mehr steigernde Manipulation an einem Brennpunkt der Zeit sind nachvollziehbar. Das E.M.P.I.R.E. allerdings dann nur einen Mann einsetzt, der keinen Back Up hat, wirkt abschließend unglaubwürdig und lässt diesen Handlungsbogen relativ schnell und vor allem spannungstechnisch frustrierend im Sande verlaufen.
Aus „Räuber von den Sternen“ ist sowohl die Romane mit Luise als auch die Idee übernommen worden, dass Webley nicht alleine ist. Larry Maddock geht in einem kurzen Exkurs auf das Volk der Trogs und ihre im Grunde ambivalenten Fähigkeiten ein. Im Laufe der Handlung impliziert der Autor, dass fast jeder der mehr als zehntausend die Vergangenheit passiv überwachenden Agenten einen solchen Begleiter hat. Folgerichtig lernt der Leser ein weiteres Exemplar dieser Protoplasmagattung mit emotional beeindruckenden, sowie telepathischen Fähigkeiten und der eingeschränkten Formwandlung kennen. Eingeschränkt nur hinsichtlich ihres Gewichts von knapp fünfzehn Pfund, das sie nicht ins Unendlich dehnen können.
Mit Luise hat Hannibal Fortune einen langen Urlaub verbracht. Dabei haben sich die beiden Agenten vielleicht nicht abschließend ineinander unsterblich verliebt, aber Gefühle waren im Spiel. Mehr als sich Hannibal eingestehen möchte, während Luise auch aufgrund von Hannibal Fürsprache auf eine neue Mission ins alte China geschickt wird. Interessant ist, dass sie ursprünglich auch aus dem Industal nach Ablauf ihrer Dienstzeit von zehn Jahren nach China sollte. Auf den ersten Blick keine Verbesserung ihres Status.
Die Liebe zu Luise wird Hannibal mehrmals in Bedrängnis bringen. Auf seiner neuen Mission verletzt er die Regeln, reist ohne Webleys Wissen durch die Zeit zu Luise, um sich einen Korb abzuholen. Gegen Ende des Romans wird er auf seine Art mit „Luise“ abrechnen, was eher kindisch überzogen erscheint. Larry Maddock wollte wohl unbedingt noch einen Flock setzen und die Leser für einen kurzen Moment schockieren. Allerdings überspannt der Autor den Bogen, denn die historisch interessante, von der Abwicklung her unglaublich schwierige Mission hätte sehr viel mehr Platz in dem Roman verdient als es abschließend der Autor ihr zugestehen möchte.
Hannibal soll seinem Namen Ehre machen. Im zweiten punischen Krieg kommt es zu Abweichungen der bekannten Achse und es droht Rom sogar eine Niederlage, welche den Aufstieg Karthagos zur Weltmacht und damit eine nachhaltige Änderung des bekannten Zeitstroms bedeuten könnte. Scipio konnte nicht rechtzeitig einen wichtigen Stützpunkt erobern und Hannibal befindet sich mit seinen Kriegselefanten auf dem Rückweg aus Italien nach Nordafrika, um Karthago zu Hilfe zu eilen und damit römische Armee zu vertreiben.
Im Anhang des Buches finden sich begleitet von einer ironischen Abschlussnote zahlreiche Quellenangaben, die Larry Maddock genutzt hat, um den historischen Hintergrund so gut wie möglich recherchiert zu erzählen. Schon „Räuber von den Sternen“ zeichnete sich durch eine bessere Recherche und einen dreidimensionaleren Hintergrund aus. Aber die punischen Kriege scheinen nicht nur wegen des Namens das Steckenpferd von Hannibal Fortune zu sein, auch wenn Larry Maddock in einem Punkt dessen fiktiven Einfluss auf die kriegerischen Auseinandersetzungen überspannt, sondern vor allem auch des Autoren.
Zusammen mit Webley muss Hannibal Fortune erst einmal in der Vergangenheit Informationen vom örtlichen Beobachter und dessen Trog erhalten. Vorher wurde er wie in den ersten beiden Bücher von seinem persönlichen „Q“ in den klassischen Schwertkampftraditionen unterrichtet. Noch eine andere Facette betont Larry Maddock nicht nur in diesem Band. Die Beobachter verfügen auf der einen Seite über eine Art neurales Netz, mit dem sie quasi ihre jeweilige Gegenwart komplett aufzeichnen können und auf der anderen Seite sind ihre Gehirne derartig sensibilisiert und aufgemotzt worden, dass sie quasi wie ein menschlicher Supercomputer Wissen aufsaugen und verarbeiten können. Larry Maddock arbeitet aber nicht zufriedenstellend heraus, ob nur die wenigen Agenten – wie bei James Bond sind es nur neun – mit der Lizenz der aktiven Zeitmanipulation über diese Fähigkeiten verfügen oder alle in der jeweiligen Vergangenheit stationierten Beobachter.
Der Plot von „Gefangen in Zeit und Raum“ unterscheidet sich in einer Hinsicht von den ersten drei Romanen der Serie. Hannibal Fortune agierte als aktiver Beobachter und sollte die Ursachen der sich verändernden Zeitströme ausfindig machen. Dabei interagierte er vor allem mit aus heutiger Sicht eher unbekannten historischen Persönlichkeiten, während Webley zum Beispiel in „Die goldene Göttin“ die historisch nicht in der Form belegten, aber sehr wahrscheinlichen Aufstände in die Wege leiten musste.
IN „Gefangen in Zeit und Raum“ beginnt sich die Abweichung quasi zu verselbstständigen, da der Konflikt zwischen Nordafrikanern und Römern sich aus mehreren Auseinandersetzungen, aber vor allem auch wechselnden Koalitionen zusammensetzt und Hannibal Fortune auf seiner Aktionen erst einmal eine Reaktion abwarten muss. Auf der anderen Seite der „Front“ agiert zumindest ein taktisch ihm unterlegener E.M.P.I.R.E. Agent. Hinzu kommt, dass vor allem ein Mann mit Scipio sich nicht von einem „Propheten“ aus der Wüste manipulieren lässt. In taktischer Hinsicht muss Hannibal Fortune ihm passende Argumente liefern, damit dieser die einzelnen Schlachtformationen so aufstellt, dass ein Sieg Roms aus einer im Grunde fast aussichtslosen Lage möglich, aber vor allem Karthagos gänzliche Niederlage ohne Kapitulation Hannibals sicher ist.
Hannibal Fortune geht anfänglich geschickt vor. Später braucht er unter anderem mit seinen Helfern Webley brachiale Gewalt und Larry Maddock nutzt eine der historisch nicht mehr nachvollziehbaren Situationen während dieser entscheidenden Schlacht, phantastisches und historisches miteinander zu vermischen. Selbst die Trompeten von Jericho finden ihren neuen historischen Platz, auch wenn Larry Maddock auf diesen Querverweis verzichtet.
Die unübersichtliche Situation in und um Karthago ist eine der interessanten Facetten des Buches. Auch wenn Hannibal Fortune mit seinen Aktionen die ohne Frage zwischen den einzelnen wichtigen Eckpunkten jeweils vergehende Zeit ein wenig überdeckt.
Natürlich darf auch eine Gefängnisszene nicht fehlen. Im Gegensatz zu den Kellern oder historischen Kerkern befindet sich Hannibal Fortune dieses Mal quasi in einer Art Stasis direkt unter der Kontrolle von E.M.P.I.R.E. , das aber angesichts ihrer Rachepläne zu wenig aus der Szenario macht und vor allem Hannibal Fortune viel zu leicht wieder entkommen lässt. Wie in den fortlaufenden Fernsehserien oder der den James Bond Streifen wäre effektiveres Handeln auf Seiten der Schurken ein probates Mittel, um den Sieg zu erzielen. Larry Maddock wiederholt aber diesen kleinen Nebenkriegsschauplatz inzwischen mit einem sichtlichen Vergnügen, denn Hannibal Fortune spricht quasi die Leser an, welche diese fesselnde Situation ja ebenfalls schon zu Genüge kennen.
Hinsichtlich der eisernen Regeln, das man sich selbst nicht in der Zeit begegnen kann, geht Larry Maddock ein wenig ambivalent vor. Auf der einen Seite ist es ein eisernes Gesetz, an dessen Regeln sich Hannibal Fortune allerdings mit sehr viel Glück und Rücksichtslosigkeit halten kann und muss. In „Räuber von den Sternen“ gab es schon eine brenzlige Situation, die Larry Maddock in diesem Buch auf die Spitze treibt und ob ein Zeitunterschied von quasi weniger als eine Sekunde nicht doch eine Selbstbegegnung mit unabsehbaren Folgen bedeuten könnte, bleibt unausgesprochen.
Auf der anderen Seite findet der Autor auch hier eine plottechnische notwendige Lösung, die sich in den Rahmen der sich stetig weiterentwickelnden Trogfähigkeiten stellt. Immerhin handelt es sich ja wie eingangs erwähnt inzwischen um ein ganzes Volk, das die Menschen als Zeitwächter begleitet. Webley ist auch in diesem verstrickten Abenteuer der Schlüssel zur Lösung des Problems. Nicht unbedingt aktiv, aber er hilft dem bis dato sehr aktiven und im Grunde auch im Kleinen den Zeitstrom manipulierenden Hannibal Fortune nicht nur auf der klassisch direkten, sondern vor allem auch der emotionalen Ebene.
„Gefangen in Zeit und Raum“ ist ein zufriedenstellender, vielleicht zu früher Abschluss dieser interessanten und ausbaufähigen Serie. Das Team Hannibal Fortune und Webley ergänzt um mehr und mehr Helfer entwickelt sich vom ersten Roman „Agenten der Galaxis“ an positiv und interessant. Webley ist mehr als der freundliche hilfsbereite Außerirdische. Im vorliegenden vierten Roman werden die Beiden länger als gewöhnlich voneinander getrennt. Hannibal Fortune lässt seinen Partner der Liebe wegen in der Vergangenheit zurück, Webley gilt später als auf der Mission verstorben. Am Ende ist es bis auf den finalen Moment Hannibal Fortune alleine, der die Situation und damit auch die irdische Geschichte rettet. Auf eine unorthodoxe, die in der Serie unausgesprochenen Regeln verletzende Art und Weise.
Zusammengefasst sind die vier Romane der „Agent of T.E.R.R.A.“ Serie kurzweilige Unterhaltung mit einem dank der Anspielungen auf die Geheimagententhriller auf die Spitze getriebene „Zeitpatrouille“, die Poul Anderson in der gleichnamigen Serie natürlich viel ernsthafter und entschlossener etabliert hat. Die Protagonisten sind im Rahmen der notwendigen Klischees kurzweilig dreidimensional, aber nicht immer dem ihnen zugedachten Ruf entsprechend charakterisiert worden. Alleine der allgegenwärtige Feind E.M.P.I.R.E. verblasst genauso wie das Potential der Serie mit mehr als vierzig von der Geheimorganisation zeittechnisch überwachten Welten. Alle vier Abenteuer spielen auf der Erde, weil Hannibal Fortune eben der Spezialist für die menschliche Geschichte ist. Das ist aber keine Entschuldigung, den sympathischen, aber auch entschlossenen Agenten nicht einmal zu entwurzeln und auf einem anderen Planeten zu platzieren.
Die vier Romane sind Kinder der sechziger Jahre mit dem Hang zur technischen Übertreibung und einem bis auf Luise angepassten eher dem Mann unterstellten Frauenbild. Nicht selten im Laufe der Plots agiert Larry Maddock ein wenig zu opportunistisch und macht auf den letzten Seiten vor allem der ersten beiden Romane passend, was wie bei einem Puzzle nicht unbedingt zwingend zusammengehört. Auf der anderen Seite fügen sich die einzelnen Anspielungen auf vorangestellte Zeitabenteuer gut ineinander und bilden als Ganzes betrachtet eine kurzweilig zu lesende Serie für das „Geheimagenten“ – Kind im Leser.
- Herausgeber : Apex Verlag (19. November 2020)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 252 Seiten
- ISBN-10 : 3753121711
- ISBN-13 : 978-3753121710