Die Schiffbrüchigen der Zeit Band 8 "Welt ohne Wiederkehr"

Paul Gillon

Der Titel des achten Albums „Welt ohne Wiederkehr“ erscheint angesichts der Odyssee, die Chris und seine Freunde zurücklegen, fast zu profan gewählt. Es sind die unterschiedlichsten Welten, die sie auf der Suche nach Valerie durchkreuzen. Dabei unterschieden sich diese „Welten“ vor allem hinsichtlich der Flora und Fauna, sowie der klimatischen Verhältnisse. Es beginnt auf einer Eiswelt, wo sie von den Mönchen nicht zum letzten mal verfolgt werden. Der Übergang zu einem Paradies, das mit seinen gigantischen Insekten aber auch an Arthur Conan Doyles „Die vergessene Welt“ erinnert, erfolgt in gigantischen Blütenkelchen, mit denen man Science Fantasy mäßig quasi durch den engen Orbit schweben kann. Die Schwerkraft und ihre Umkehrung an einem bestimmten Punkt besorgt schließlich den Rest. Später werden sie zünftig für eine Science Fiction Geschichte von einem Roboter abgeholt und zu einem gigantischen, sei Äonen im Orbit schwebenden Raumschiff – das Schlussbild des siebenten Albums – gebracht. Am Ende finden sie sich in einer Ruinenstadt wieder, bevor sich der Kreis quasi an Bord des Raumschiffs schließt. Mit einem skurrilen Schlussbild und der Möglichkeit, auf eine besonders exotische Art und Weise weiter zu reisen, beendet Paul Gillon dieses temporeiche Album. Die einzelnen Hintergründe sind farbenprächtig bis teilweise ausgesprochen realistisch im Vergleich zu den phantastischen utopischen Hintergründen ausgestaltet. Hier ragen die Schneeszenen im ersten Drittel des Albums positiv heraus. Dagegen werden die technischen Hintergründe an Bord des Raumschiffs eher pragmatisch nützlich skizziert. Es fehlt die Detailfreude vieler anderer Science Fiction Serien.

 Vor allem geht es Paul Gillon aber um ein gänzlich anderes Thema. Kritisch gesprochen ist keine der Welten, durch welche einer der Schiffbrüchigen der Zeit eilt, überlebensfähig. Sie sind auf sehr unterschiedliche Art und Weise Gefängnisse. Die Eislandschaft und die exotische Flora/ Fauna der ersten beiden Welten sind für den Menschen im Grunde unbewohnbar. Auf der einen Welt gibt es zu viele große Tiere, die zumindest in der Theorie keine Menschenfresser sind. In der Eiswelt gibt es weder Tiere noch Flora/ Fauna. Später werden sie in einem gigantischen, inzwischen verfallenden Verwaltungsgebäude Unterschlupf finden, in dem wie an Bord des Raumschiffs kleine isolierte Gesellschaften leben, die ihren Evolutionshöhepunkte überschritten haben. Es lohnt sich, den Blick auf die Menschen an Bord des Raumschiffs zu werfen. Sie beherrschen nicht die Technik, sondern können mit Hilfe der Maschinen nur die Überlebenssysteme am Laufen halten. Mit den Roboter bilden sie eine imaginäre unheilvolle Symbiose. Die Roboter haben eine Aufgabe und die Menschen werden von ihnen am Leben erhalten. Die Angst der Regierenden, diesen Status Quo zu verletzen und sich damit auch zur Zielscheibe der Mönche zu machen, ist erdrückend und hemmt jeden Fortschritt. An Bord des Raumschiffs gibt es natürlich auch eine kleine rebellierende Gruppe, die Chris anheuern wollen, um entweder das Schiff unter Kontrolle zu nehmen und es aus dem teuflischen Orbit weg zu bewegen oder auf der anderen Seite mit wieder hergestellten kleinen Beibooten zu fliehen, um irgendwo neu zu beginnen. Paul Gillon nutzt diese Stasis, um einzelne politische Themen kurz anzudiskutieren, aber nicht zum ersten Mal in dieser Science Fantasy Serie, wirken diese Gespräche wie die Quadratur des Kreises, da sich Chris sowieso nicht daran halten wird. Bei der dekadenten Gesellschaft im Verwaltungsgebäude sind die Hierarchien noch strenger aufgebaut und die Dominanz der Mönche im Gegensatz zur Trieblosigkeit der Bewohner des Raumschiffs erdrückend. Folgerichtig kommt es hier zu Verrat, während die Episode an Bord des Raumschiffs im Grunde nur eine einzige spannende, schnell tragisch vorüber gegangene Sequenz enthält. Am Ende ist Paul Gillon aber der Ansicht, dass Chris ansteckender, nicht aus dieser fernen Zukunft stammende Optimismus ausreicht, um die Dekadenz zu überwinden und plötzlich in den entscheidenden Augenblicken zu handeln, die vorher konsequent und immer wieder versäumt worden waren. Das wirkt teilweise aufgesetzt und schließt das unterhaltsame Album auf einer sehr konstruierten Note ab.

Schon in den letzten Alben hat Paul Gillon die unterschiedlichen Intentionen der unfreiwillig zusammen gewürfelten Gruppe untersucht. Er wiederholt eine Reihe von Argumenten und bewegt sich dadurch in den ruhigen, nicht von Action und Verfolgungsjagden bestimmten Szenen statisch seitwärts. Ein Spiegelbild der Zustände an Bord des Raumschiffs.

Zusammengefasst hat Paul Gillon aber inzwischen die richtige Balance aus seinen immer noch sehr zentralisierten Bildern und seinen nicht selten doppeldeutigen, aber hinsichtlich ihrer Botschaften auch ins Leere schießenden Texten gefunden. Als Zeichner bevorzugt er weiterhin, die Seite in gleich hohe Bilder zu teilen. Dadurch wirkt sein Erzählstil einem Film teilweise im Breitwandformat nach empfunden. Nur selten durchbricht er diese Schemata, in dem er die Größen variabler einsetzt und damit auch mehr Tempo in die Handlung einfließen lässt.

Da die Handlung unmittelbar ohne Vorgeschichte einsetzt, empfiehlt es sich, das Ende des siebenten Albums im Vorwege noch einmal zu lesen, um die einzelnen Interessengruppen und ihre Positionen sich noch einmal zu verdeutlichen. Wie in allen Alben dieser Serie sind die exotischen, nicht immer geklärten Hintergründe dieser so vielschichtigen Zukunft eine Augenweide. Nicht nur wegen der Zeichnungen, sondern der jede Logik widersprechenden Phantasie des Autoren/ Künstlers. An einigen Punkten greift der Autor eher antiquierte Ideen der Science Fiction wieder auf und kann sie leider nicht in neue Richtungen lenken, während er auf der anderen Seite seinen inzwischen von den Mitreisenden auch ironisch betrachteten Überhelden durch seine unbändige Energie diese vom Zerfall bedrohte Welt beleben lässt. „Welt ohne Wiederkehr“ ist ein lesenswerter Abschluss dieses Zweiteiler innerhalb der zehnbändigen Serie.          

Autor

Jean-Claude Forest
ZeichnerPaul Gillon
EinbandHardcover Splitter Verlag
Seiten56
Band8 von 10
Lieferzeit3-5 Werktage
ISBN978-3-95839-107-9
erscheint am:01.09.2016
Kategorie: