
Karen A. Romankos “Television´s Female Spies and Crimefighter” ist rückblickend ein schwierig zu bewertendes Buch. Die Internet Generation wird nicht viel mit der in erster Linie aus Daten bestehenden Sammlung anfangen können und wer sich wirklich für die weiblichen Haupt- aber auch Nebendarsteller in amerikanischen Fernsehen nicht nur aus dem Spionage, sondern dem Krimi/ Thriller oder mit „Haven“ oder „Akte X“ sowie „Superman“ dem phantastischen Genre interessiert, der kommt über das oberflächliche Blättern leider nicht hinaus. Mit 600 überwiegend weiblichen Charakteren und den entsprechenden Shows liefert die Autorin einen sehr guten Überblick, aber es fehlt die kritische Reflektion. So stellt sich die Frage, warum „Team Knight Rider“ erwähnt wird, aber zum Beispiel die Originalserie mit nur einer natürlich attraktiven, aber auch intelligenten Helferin nicht? Alleine, weil eines der Autos im Remake eine weibliche Stimme hat und es zwei Frauen gibt, die Verbrechen auflösen? Diese Erklärung wäre akzeptabel, wenn nicht bei anderen vor allem aus den sechziger Jahren stammenden Serie die entsprechende Quotenfrau in einem überwiegend männlichen Team extra erwähnt worden wäre. Es ist natürlich schwierig, bei einem derartigen Thema einzugrenzen, aber ein wie im langen aber auch sehr oberflächlichen Vorwort erwähnter Schwerpunkt wäre, sich auf die Serien zu konzentrieren, in denen Frauen die Hauptrolle spielen. Beginnend mit Angie Dickinson in „Police Woman“ über „Cagney & Lacey“ oder „Rizzoli & Isles“ bis zu „Alias“ . Ausgehend von dieser Basis wäre es dann sinnvoll gewesen, den entsprechenden Kandidatenkreis um die Serien zu erweitern, in denen ein Mann und eine Frau ein gleichberechtigtes Team gebildet hätten. „Hart & Hart“, „Moonlightning“, „Remington Steele“ oder „Akte X“ sowie natürlich „Mit Schirm, Charme und Melone“. Abschließend wäre es sinnvoll, die Rolle der modernen Frau in den Serien zu analysieren, in denen sie ohne Frage ein gleichberechtigtes Mitglied eines Teams gewesen ist.
Alleine diese drei Schwerpunkte hätten ausreichend Platz für eine ganze Studie geboten. Zum einen historisch beginnend mit den ersten populären Fernsehserien in den fünfziger Jahren und einem entgegen allen Klischees doch progressiver als dem sozialen Umfeld entsprechenden Rollenbild. Zwar einer subtilen Veränderung im Kleinen, die sich in einigen qualitativ hochwertigen Fernsehserien abzuzeichnen begann. Die sechziger Jahre mit der erotischen Befreiung, die insbesondere Emma Peel dem Fernsehen einhauchte. Auch wenn sie sich am Ende entschlossen hat, zu ihrem lange verschollenen Verlobten zurück zu kehren. Eine Dreierbeziehung mit John Steed ist den Produzenten wahrscheinlich zu heiß gewesen. Die siebziger Jahre mit Flower Power und schließlich „Police Woman“ haben die geschlechtertechnische Revolution genauso eingeleitet wie die Tatsache, dass immer mehr sehr gute Schauspielerinnen den Weg ins Fernsehen gefunden haben. Die achtziger Jahre als Zeit des Übergangs und schließlich mit „Cagney & Lacey“ sowie „Hill Street Blues“ oder „Murder she Wrote“ eine gänzlich andere Art von Fernsehunterhaltung. Mit einer ausführlichen Beschreibung dieser Serien hätte die Autorin den Datenwust deutlich entzerren können. Stattdessen setzt sie auf einer eher sinnfreie alphabetische Aneinanderreihung von Fakten. Die Serien und die Charaktere alphabetisch in einem Buchabschnitt auszulisten ist unglücklich. Für die seltenen Fälle, in denen jemand das Buch tatsächlich von vorne nach hinten durcharbeitet, erscheinen nicht selten die Namen der Charaktere inklusiv der Schauspielerin vor der eigentlichen Serie. Das zwingt die Autorin in diesem schon von Grund auf nicht umfangreichen Buch zu Wiederholungen. Die Informationen sind auch erstaunlich spärlich. Es folgt eine kurze Inhaltsangabe inklusiv der Zusammenfassung der Grundprämisse. Bei den Fernsehserien wird noch zusätzlich auf einige handlungstechnisch relevante Fernsehfolgen hingewiesen. Wer die Serien kennt, wird mit diesen Informationen wenig anfangen können. Wer sich mit den Hintergründen intensiver beschäftigen möchte, kann diese Liste ohne Frage als Ausgangspunkt weiterer Recherchen nehmen, aber es handelt sich ja um eine Buchveröffentlichung, die von einem Spezialverlag in den USA nicht für wenig Geld angeboten wird. Hier wäre es sinnvoller, vor allem auf die wichtigen Personen im Hintergrund einzugehen. Es fehlen Informationen über die Produzenten oder gar Verbindungen zwischen den einzelnen Serien. Wie gemeinsame Ideen – sowohl in „Remington Steele“ als auch „Moonlightning“ muss der attraktive weibliche Chef mit einem Macho fertig werden, wobei Remington Steele zusätzlich auch noch eine absolute Kunstfigur ist – in unterschiedliche Richtungen weiter entwickelt werden, wäre ein zumindest grundlegender Ansatz. Dabei ist es auch wichtig, dass über populäre Serien genauso fair geschrieben wird wie über die zahlreichen Misserfolge. Hier wird die Autorin teilweise sogar garstig oder zynisch. Das ist unnötig, zumal die verschiedenen angesprochenen Serien auch eine Reihe von interessanten, meistens allerdings aktiv entliehenen Ansätzen bieten.
Bis auf die romantischen Komödien und die Western erschlägt die Autorin mit ihrer Aufstellung fast alle Genres. Warum ausgerechnet „Female Spies“ im Titel erwähnt werden müssen, bleibt unbekannt. Sie Spione sind eindeutig in der Minderzahl. Die Agentin aus „Get Smart“ oder natürlich „Alias“ müssen hier erwähnt werden. Emma Peel ist genauso wenig eine Spionin wie das Mitglied in der Sondereinheit aus „Mission Impossible“, die in erster Linie auf eigene Rechnung Aufträge ausgeführt haben. Polizistinnen in realistischen Serien wie „Hill Street Blues“ haben es ohne Frage schwieriger als die weiblichen in erster Linie FBI Ermittler in „Haven“ oder „Akte X“. Aber es wird nicht herausgearbeitet, wie überzeugend ihre alltägliche Arbeit in den Dramen ist und wie fiktiv ihre Aufgaben in den phantastischen Serien. Legt man die Schablonen übereinander, erfährt der Leser von einer Frau aus einer eine Season dauernden Serie genauso viel wie zum Beispiel über Scully in „Akte X“. Kritische Reflektion ist Fehlanzeige.
Den Abschluss bildet eine Auflistung der besten Serien mit einzelnen Staffeln auf DVD. In ihrer Eile versucht die Autorin eher schematisch, die Stärken der einzelnen Staffeln herauszuarbeiten. Aber warum ist manchmal die zweite Season interessanter als die erste? Nur weil vielleicht zwei Episoden einzeln erwähnt werden? Das kann nicht der eigentliche Grund sein. Sie arbeitet keine Argumente heraus hinsichtlich der übergeordneten Staffelwichtigkeit und kann auch keine weiteren Hinweise liefern.
Enttäuschend ist zusätzlich, dass vor allem die Hintergrundinformationen über die teilweise für ihre Rollen mehrfach ausgezeichneten Schauspielerinnen fehlen, aus denen nicht nur die jeweilige Wichtigkeit dieser Rolle entnommen werden kann- diese Fakten sind vorhanden -, sondern wie sich ihr Leben und ihre Karriere generell entwickelt oder sogar weiterentwickelt hat. Da helfen auch die seltenen Fotos wenig. Es ist schade, dass das gewaltige Potential dieses Themas durch die ohne Frage sehr umfangreiche, aber nicht vollständige Auflistung von Fernsehserien mit kaum vorhandener Reflektion nicht einmal im Ansatz angekratzt worden ist. Auch die Zielgruppe ist schwer zu definieren, so dass „Television´s Female Spies and Crimefighter“ irgendwo im Vakuum hängen geblieben ist. Als oberflächlicher durch zu blättender Leitfaden allerdings empfehlenswert.
MacFarlands
Print ISBN: 978-0-7864-9637-2
Ebook ISBN: 978-1-4766-2415-0
22 photos, appendix, index
256pp.