Andreas Suchanek schreibt in seinem Nachwort davon, dass mit „Entscheidung bei NOVA“ im Grunde der finale Dreiteiler mit einem abschließenden zwölften Roman dieser Miniserie eingeleitet wird. Diese These kann bedingt unterstrichen werden, dann Triumphe wie bei der Raumstation NOVA sind bislang im Verlaufe der Serie kurzfristig gewesen, da insbesondere Sjöberg immer wieder mehr als ein As im Ärmel gehabt hat. Selten konnten die Rebbellen, zu denen sich auch Captain Cross in „Getrennte Wege“ gesellt hat, allerdings so schnell oder so final reagieren. Bedenkt der aufmerksame Leser, wie effektiv Stark und sein offensichtlicher Handlanger Sjöberg diesen Umsturz geplant haben, so erscheinen die Reaktionen auf Pendergast Cross und die ehemalige Heimatflotte unter gänzlicher Ignoranz der zumindest im vorliegenden Band verschwundenen „Deus Ex Machina“ Präsenz McCall auf der einen Seite mit langer Hand geplant, auf der anderen Seite allerdings auch ein wenig zufallsbedingt. Das ein entscheidendes, tödliches Signal nur von Pendergast Schiff aufgefangen werden soll, um es dann unter der Flotte zu verteilen, ist angesichts der Komplexität des Viruses unglaubwürdig. Eine derartige komplexe Struktur könnte in jede Schiffskomponente eindringen, sich in deren Elektronik einen Weg suchen und schließlich die Ziele zerstören. Auch die Idee, das die Selbstzerstörungsmechanismen der Raumschiffe derartig fehlerhaft entwickelt worden sind, dass sie in zwei Schiffen, auf denen Cross gedient hat bzw. anwesend ist, nicht funktionieren, erscheint aus dem Reich der Fabel zu stammen. Ohne Frage wollte Andreas Suchanek die Idee der Sebstopferung anreißen, hat sich aber erstaunlicherweise nicht zum ersten Mal im Verlaufe dieser Serie getraut, wirklich sympathische und auf den ersten Blick wichtige Figuren sterben zu lassen. Hier muss er sich an seiner nachwortlichen Ankündigung messen lassen, auch einmal als Autor zuzuschlagen und Figuren sterben zu lassen. Diese beiden auffälligen konstruierten Idee sind aber die einzigen Ungereimtheiten eines flott geschriebenen Romans, der teilweise ein wenig an eine überdimensionale Reinterpretation der verzweifelten Kriegsmissionen von Alistair McLeans Helden erinnert.
Mit der Heimatflotte sucht Pendergast die Entscheidung bei NOVA und braucht nicht nur die Feuerkraft ihrer Schiffe, sondern Unterstützung aus dem Inneren der schwer bewaffneten Station, die in letzter Sekunde erfolgt. Planungen und Gegenplanungen, Aktionen und Reaktionen sind in diesem im Grunde nur aus einer durchgängigen Handlungsebene bestehenden Roman sehr gut aufeinander abgestimmt. Alleine die Idee, das Sjöberg auf einen persönlichen Feind Cross als Kommandant der Erdenflotte zurückgreift und sich damit ein emotionales Problem einhandelt, wirkt wie ein Kompromiss, um angesichts des Verlaufes der militärischen Konfrontation noch einmal die Spannungsschraube anzudrehen. Nicht zum ersten Mal insbesondere in diesem Roman bzw. Andreas Suchanek Lehrwerkstatt „Sternenfaust“ muss der Leser erkennen, dass die Entfernungen im All selbst innerhalb eines Sonnensystems so groß sind, dass Auseinandersetzungen oder Positionsverschiebungen Stunden, wenn nicht teilweise ganz Tage benötigen. Das rettende Manöver hat der Autor allerdings anderen Fernsehserien wie „Star Trek“ entliehen. „Der Zorn des Kahns“ fällt dem aufmerksamen Leser umgehend ein.
Noch mehr als in den letzten „Heliosphere 2265“ Bänden nutzt Suchanek ein wenig klischeehaften heroisch überzeichneten Pathos, um die „Guten“ von den „Bösen“ zu unterscheiden. Spätestens mit diesem Roman ist die Serie im Bereich von Emmerichs „Der Patriot“ angekommen, wobei der Autor den Bogen nicht überspannt. Um die Vorhersehbarkeit des finalen Drittels unmöglich zu machen, fügt der Autor weitere Informationen über den Hintergrund zweier peripher relevanter Charaktere ein, die das Bild einer anscheinend schon Jahrzehnte langen Planung inklusiv politischer Morde unterstreichen. Diese Vorgehensweise hat dazu geführt, dass insbesondere der Hintergrund der „Heliosphere 2265“ Serie inzwischen vielschichtig und trotzdem jederzeit nachvollziehbar ist.
Unerklärt ist bislang, das sich die Parliden angesichts des Schlages gegen ihre Heimatwelt anscheinend zurückhalten. Nicht immer ganz klar ist die Zeit, die - zumindest auf der Erde vergangen – zwischen den einzelnen Ereignissen vergangen ist. Das macht die Einschätzung von Aktionen oder Reaktionen außerhalb der im Vordergrund ablaufenden Handlungsebene nicht ganz leicht. Zusätzlich positiv ist, dass auf der einen Seite Pendergast und Cross immer noch einen letzten Pfeil im Köcher haben, sich aber die „Übermächte“ wie McCalls Gruppe positiv zurückhalten, so dass die ranghöchsten Offiziere zum Teil schwierige und nachhaltige Entscheidungen treffen müssen und das Zepter des Handelns in ihrer Hand bleibt. Der Konflikt um die NOVA Station – der Titel des Romans gibt schon einen kleinen Hinweis – nimmt nur gute Zweidrittel des neunten „Heliosphere 2265“ Abenteuers ein, so dass noch Platz und Zeit bleibt, einige der persönlichen Konflikte zu bereinigen und auf der emotionalen Seite einige Figuren weiter zu entwickeln.
Zusammengefasst ist „Entscheidung bei NOVA“ im Vergleich zum achten, zu stark konstruierten Roman „Getrennte Wege“ deutlich stärker dank der Fokussierung auf eine wichtige Handlungsebene konzipiert. Packende Military Science Fiction Unterhaltung, die viele Klischees umschifft und die Paranoia- / Verschwörungshandlung der ersten Romane zufrieden stellend extrapoliert. Natürlich stellt „Entscheidung bei NOVA“ einen Wendepunkt der Romanhandlung dar, aber Andreas Suchanek will er seinen sympathischen Rebellen nicht unbedingt l
Heliosphere 2265 - Band 9: Entscheidung bei NOVA
von Andreas Suchanek
(Cover: Arndt Drechsler, Innenillustrationen: Anja Dreher)
E-Book (107 Seiten), 2,49 Euro
Taschenbuch (2 Romane, ca. 250 Seiten), 9,90 Euro