Old Shatterhand Neue Abenteuer Band 6" Maximilians Gold"

Old Shatterhand Band 6, Titelbild, Rezension
H.W. Stein

So komplex die Handlungsstränge in den ersten beiden Bänden auch scheinen, im dritten und zumindest den Teil um den mexikanischen Waffentransport nach Mexiko, aber weder den schwarzen Josh sowie die verschwundene Klara von Rauten oder vielleicht die weitere Auseinandersetzung abschließenden Roman führt Thomas Ostwald viele Aspekte in einem wirklich furiosen, aber auch tragischen Finale zusammen, das unterstreicht, der Geist von Karl May soll zwar in dieser interessanten Serie auch über dessen Protagonisten fortleben, man will aber nicht tragisch am Original kleben.

Interessant ist, dass Thomas Ostwald keinen Hinweis auf Winnetous Schwester einbaut, eine auf gänzlich andere Art und Weise auch willensstarke Frauenfigur, die natürlich nicht so dominant, so fordernd wie die Agentin und Jugendfreundin Nelly ist, aber emotional einen vergleichsweise ähnlich tiefen Eindruck hinterlässt. 

Vielleicht wirkt das Ende in dieser Hinsicht auf der einen Seite die Gefahren der Abenteuer betonend auch zu eindimensional, zu pragmatisch. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, sich von bestimmten Protagonisten zu verabschieden und trotzdem die gleiche Stoßrichtung zu erreichen. Zusammen mit dem Aufbau des Finals – es erinnert tatsächlich eher an die gegenwärtigen Abenteuerfilme als Karl May – hat Thomas Ostwald seine Trilogie auf jeden Fall zu einem zufriedenstellenden Ende geführt, das  aber einige historische Unstimmigkeiten  eher  augenzwinkernd relativiert als die im zweiten Roman implizierten Verschwörungstheorien extrapoliert. 

Beginnend mit der Flucht vom Schiff über die Reise an Bord eines Zirkuszuges bis hin zur Konfrontation verfügt der vorliegende dritte Roman über ein ausgesprochen hohes Tempo.  Während der Autor im zweiten Band eher auf atmosphärische Stimmungen Wert gelegt und dadurch seiner Geschichte mehr Hintergrund geschenkt  hat,  reiht sich der vorliegende Text in die Reihe von Actionstorys  ein. 

Nicht alles wirkt dabei perfekt. Zum wiederholten Mal gerät Old Shatterhand in eine Falle und wird niedergeschlagen. Benommen wacht er nicht in Freiheit, sondern in Gefangenschaft auf. Auch bei Karl May mussten  die Protagonisten einiges einstecken, aber der Autor wiederholt einen Aspekt in diesen drei Romanen ein wenig zu oft. Auch wirkt die erneute Androhung der Hinrichtung nach einer Farce statt einer Gerichtsverhandlung trotz unterschiedlicher Beteiligter auch wie eine Szene, die Thomas Ostwald fast zu ausführlich im zweiten Buch der Serie ausgeführt hat. Diese Doppelungen sollten zukünftig vermieden werden, da sie die vielen so überzeugenden Elemente der Geschichte unterminieren.

Mit Mister Buntline greift Thomas Ostwald auf eine Figur aus den ersten Büchern zurück. Ursprünglich als Dime Autor bekannt lässt er inzwischen schreiben und träumt von einem eigenen Vertriebsnetz in Mexiko.  Seine neuste Idee ist eine Wild West Show mit Indianern, Artisten und natürlich Kunstschützen. An Bord eines Zuges will er nach Mexiko auf Einladung der Staatspräsidenten. Die beste Gelegenheit für das kleine Agententeam um Winnetou,  Old Shatterhand, Tante Droll, Old Death und Nelly Goldberg in unterschiedlichen Konstellationen, um das stationäre Maschinengewehr zum gegenwärtigen mexikanischen Präsidenten zu bringen. 

Buntline ist ein klassischer Verkäufer, ein Exzentriker vor dem Herrn, der sich vor allem in den Mittelpunkt stellt und die Seinen ausnutzt.  Wunderbar ist die Szene, in welcher Old Shatterhand gegen seinen Willen, aber für die Sache beim Zirkus anheuern muss.  In Buntlines Team sind unter anderem auch einige Indianer, so dass zumindest Winnetou unabhängig  von gegenseitigen Misstrauen eine kleine Truppe um sich scharen kann.

Auf dem Weg zu Präsident Juarez sind die Gefahren nicht kleiner geworden. Die  Söldner unter Führung des wahrscheinlich überdrehten falschen Offiziers und im Windschatten Kaiser Maximilians, der ja von Juarez offiziell hingerichtet worden ist, bilden eine stetige Bedrohung, wobei Thomas Ostwald hinsichtlich nicht nur des Goldes, sondern auch der Person dieses Doppelgängers eher ambivalent vorgeht und in diesem Band die entsprechenden Verschwörungstheorien nicht weiter extrapoliert. 

Die beiden Männer sind aber nicht die einzigen,  welche hinter der Waffe her sind. Bis weit in die Mitte des vorliegenden Bandes können die Helden nur reagieren, Teile der Waffe verstecken oder sich verkleidet durch das Land schlagen.  Erst mit Nelly Goldsbergs Attacke auf das Söldnerlager und die Zuspitzung der Situation im Zirkuszug wechselt die Perspektive und Old Shatterhand sowie seine Freunde können agieren.

Das Finale ist blutig, erinnert vielleicht auch ein wenig an einen Sam Peckinpah Film. Aber die Brutalität der  modernen Waffen – die Indianer lehnen sie schließlich b, weil sie nicht glauben wollen, dass  Manitu einer solch unehrenwerten Art des  Kampfes  zustimmen würde -  wird überdeutlich herausgearbeitet und wirf einen weiten Schatten auf die zukünftigen Kriege.  Thomas  Ostwald ist sich auch nicht zu schade, die Folgen des schrecklichen  Blutbades zu beschreiben, auch wenn in erster Linie Verbrecher ums Leben kommen, die wegen ihrer  verschiedenen schrecklichen Taten  kein anderes  Schicksal verdient haben. 

Diese zweite Trilogie als Ganzes wirkt deutlich kompakter.  Die Idee, das viele der vertrauten Charaktere direkt oder indirekt Agenten für die verschiedenen Agenturen sind, wirkt rückblickend in dieser Häufung übertrieben und erscheint auch unnötig, da vor allem Winnetou und Old Shatterhand die  gleichen Aktionen/ Handlungen  vorgenommen hätten, um das Maschinengewehr nicht in die Hände von Psychopathen oder Indianern fallen zu lassen.  Auch wenn Juarez alle Staatsfeinde oder Putschisten mit dem Tod bestraft, scheint er ein für  die Zeit gemäßigter Herrscher zu sein, der Mexiko zumindest in der Theorie den Frieden schenken könnte. Deswegen hat er den Erhalt der Waffenlieferung verdient. Interessant ist, dass Thomas Ostwald ausdrücklich davon spricht, dass Juarez Indianern Asyl gegeben hat, die im Schutz der mexikanischen Grenze gegen  Weiße kämpften.

Karl Mays Old Shatterhand hätte wegen der zu ambivalenten Vorgehensweise diesen besonderen Schutz nicht gut  geheißen, hier  wird er in erster Linie als eine Art Fakt dargestellt.  Es ist aber eine der wenigen inhaltlich fragwürdigen Szenen dieser überzeugenden,  solide geschriebenen und vor allem auch inhaltlich gut strukturierten Trilogie, in deren Verlauf Old Shatterhand vielleicht lange Zeit zu passiv erscheint, aber auch deutlich menschelt.    

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