Blade Runner

Originaltitel: 
Blade Runner
Land: 
USA
Laufzeit: 
112 min
Regie: 
Ridley Scott
Drehbuch: 
Hampton Fancher, David Webb Peoples
Darsteller: 
Harrison Ford, Rutger Hauer, Sean Young, Edward James Olmos, Daryl Hannah, M. Emmet Walsh
zusätzliche Infos: 
nach dem Roman " Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" von Philip K. Dick
Kinostart: 
14.10.82

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Blade Runner Filmposter

Los Angeles im Jahre 2019:
Das Klima ist umgekippt: im einst sonnigen Kalifornien regnet es ununterbrochen. Viele Menschen sind auf andere Planeten ausgewandert, viele Häuser stehen daher leer. Einige wenige durften nicht auswandern, meist, weil sie durch Strahlung krank geworden sind.
Auf den Kolonien werden künstliche Arbeitskräfte eingesetzt, sogenannte Replikanten. Obwohl in Genlaboratorien entstanden gelten sie kaum mehr als seelenlose Maschinen. Manchmal gelingt einigen Replikanten die Flucht zur Erde, das ist dann ein Fall für die Blade Runner. Ihr Job besteht darin, die Replikanten ausfindig zu machen und zu eleminieren. Keine leichte Aufgabe, denn mit jeder neuen Generation werden sie menschenähnlicher. Die neueste Version nennt man Nexus 6 und sie unterscheiden sich von Menschen nur dadurch, dass sie emotionslos handeln und reagieren. Wenn ein Blade Runner nun einem Verdächtigen gewisse Fragen stellt und die Reaktion beobachtet, kann er nach einiger Zeit klar feststellen, ob der Befragte ein Mensch oder ein Replikant ist.
Deckard ist so ein Blade Runner und sein aktueller Auftrag: Er soll fünf geflohene Replikanten finden und ausschalten. Die fünf Gejagten scheinen es auf die Tyrell Corporation abgesehen zu haben, die Herstellungsfirma der Nexus-Serie. Dort trifft Deckard auf Rachel und überrascht stellt er fest, dass sie ebenfalls ein Replikant ist, aber sie weiss es nicht. Künstliche Erinnerungen spielen ihr eine Lebensgeschichte vor, die sie gar nicht hat. Deckard ist verunsichert. In wie weit kann er sich auf seine eigenen Erinnerungen noch verlassen?


Filmkritik:
von Dirk Wilkens-Hagenkötter (für SF-Radio.net)

Ridley Scotts Film „Blade Runner“ gilt heute bei vielen Filmfans als der beste Science Fiction Film aller Zeit. Als der Film 1982 in die Kinos kam, war er noch Lichtjahre von dieser Ehrung entfernt. Damit traf ihn ein ähnliches Schicksal, wie den Autor auf dessen Roman der Film basiert: Philip K. Dick. Erst unbeachtet und verkannt, dann vergöttert.

Philip K. Dick war ein amerikanischer Science Fiction Autor, der sich in seinen Geschichten sehr oft mit Erinnerungen, der Suche nach der Realität und dem Einfluß der Umwelt auf die Gesellschaft beschäftigte. Als er anfing, Science Fiction zu schreiben, wurde er in der Szene recht schnell bekannt, 1963 erhielt er den begehrten Hugo Award. Darüber hinaus galt SF aber als Schund und Dick fand keine Beachtung. In den 70er Jahren nahm er vermehrt Drogen zu sich. Er wurde zunehmend paranoid, glaubt, die CIA würden ihn wegen seiner Regierungskritischen Haltung beobachten. Schließlich hat er sogar Visionen von übernatürlichen Wesen. 1968 veröffentlichte er den Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ auf dem der Film Blade Runner basiert. Dick starb 1982, kurz vor Fertigstellung des Films. Das, was er von der Produktion noch gesehen hat, hat ihm offenbar sehr gut gefallen, denn er äußerte sich sehr wohlwollend. Nach Veröffentlichung des Films wurde Philip K. Dick über die SF Szene hinaus bekannt. Später wurden auch andere Romane und Kurzgeschichten verfilmt und heute ist Philip K. Dick einer der am meisten verfilmten SF Schriftsteller der Welt.

Es gibt einige wesentliche Unterschiede zwischen dem Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen“ und dem Film „Blade Runner. So sind die Androiden aus dem Buch noch eindeutig Maschinen. Im Film sind die Replikanten genetsich designte künstliche Menschen, den Menschen nachgebildet.
Weggefallen ist im Film eine interessante Idee, dass in der Zukunft die Menschen so frustriert sind, dass sie sich selbst morgens, nach dem Aufstehen mit künstlichen Stimmungen programmieren, da sie selbst kaum noch in der Lage dazu sind – und sich dadurch von den Androiden gar nicht wirklich unterscheiden, die man ja ebenfalls programmieren muss.

In der ursprünglichen Kinoversion wird die Geschichte des Blade Runners Deckard im Stil eines Philip Marlowe Films erzählt. Aus dem Off kommentiert Deckard fast emotionslos, was um ihn herum geschieht. Das lag aber eigentlich nicht in der Absicht von Regisseur Ridley Scott. Er wollte eine düstere Geschichte mit offenem Ende. Dem Studio war das aber zu unsicher. Dort wollte man eine leicht verständliche Handlung mit einem Happy Ende. Um die komplizierte Handlung verständlicher zu machen, wurden besagte Kommentierungen aus dem Off hinzu gefügt. Das Happy End erreichte man durch ein fast liebloses Aufpropfen verschiedener Bilder von strahlender Sonne und schöner Landschaft. Diese wurden übrigens aus Stanley Kubricks „Shining“ genommen.
Der Film floppte. Ob es nun an den weitreichenden Veränderungen des Films lag, die sich einfach nicht in das Konzept des Regisseurs einfügen wollten oder ob 1982 die Zuschauer noch nicht reif für den Film waren sei dahingestellt. Vermutlich tat auch der Film E.T. sein übriges, der im gleichen Jahr in den Kinos lief. Bei der Verleihung des Saturn Awards, einem der begehrten Auszeichnungen für phantastische Filme, sahnte dann auch E.T. kräftig ab, während Blade Runner völlig unbeachtet blieb.
Aber Blade Runner brauchte letztlich keine Preise um für sich zu werben. Der Film wurde als Geheimtipp in den Programmkinos gehandelt. Zehn Jahre nach der Uraufführung wurde eine neue Version des Films uraufgeführt: Der Directors Cut. Es war wohl das erste Mal, dass dieser Begriff für eine neue Schnittfassung verwendet wurde.
Ridley Scott ließ die Kommentare aus dem Off weg und entfernte das aufgesetzt wirkende Ende. Nun endete der Film offen. Und mit einem kleinen Trick wurden die Zuschauer zum Nachdenken über Deckards eigene Natur gebracht: Ridely Scott fügte aus seinem Film „Legende“ eine kurze Szene eines Einhorns in Blade Runner ein, das sollte einen Traum von Deckard darstellen. Wenn jetzt der undurchsichte Gaff aus Papier ein kleines Origami-Einhorn bastelt und es Deckard zeigt, scheint es so, als wenn er Deckards Traum kennt. Dass Deckard von Einhörner träumt kann er aber nur wissen, wenn Deckard selbst ein Replikant ist und Gaff über die „Programmierung“ der künstlichen Erinnerungen informiert ist.
Die neue Schnittfassung lud zum Spekulieren und Diskutieren geradezu ein. Ein kleiner Drehbuchfehler wurde sogar zu einer Schlüsselfrage unter den Fans: Als Deckard in seinen Fall eingewiesen wird ist die Rede von sechs Replikanten. Einer sei bereits tod, somit bleiben also eigentlich noch fünf. Tatsächlich muss Deckard aber nur vier zur Strecke bringen. Wo ist also der Sechste geblieben? Ist damit Deckard selbst gemeint? Nun, es war ein Textfehler, tatsächlich sollte es noch einen weiteren Replikanten namens Mary geben. Aber aus Zeit und Budgetgründen wurde die Figur gestrichen. Nur die Dialogszene wurde nicht korrigiert. Heute kann keiner noch abschätzen in wie weit dieser Fehler selbst den Kultstatus von Blade Runner mit begründet hat. Denn hätte man nicht so viel darüber diskutiert, wäre der Film vermutlich nicht so populär geworden.
Aber auch wenn Ridley Scott später bestätigte, dass Deckard ein Replikant sein sollte, bleibt die Frage offen. Harrison Ford meinte daraufhin, man sei sich eigentlich einig darin gewesen, dass Deckard kein Replikant sein soll. Letztlich ist es aber auch egal, wie sich Regisseur oder Darsteller die Verhältnisse vorgestellt haben. Gerade die offene Frage macht sehr viel Reiz aus.

Blade Runner gehört zu den Filmen, deren Entstehungszeit man nicht so ohne weiteres beim Anschauen erkennen kann. Während bei Krieg der Sterne allein schon die langen Haare von Harrison Ford sehr deutlich die 70er Jahre verraten, ist bei Blade Runner kaum etwas, das auf die 80er Jahre hinweist. Vielleicht das häufige Verwenden von Neonlicht. Das war in den 80er Jahren nicht selten. Aber letztlich wirkt heute diese Neonbeleuchtung bei Blade Runner ganz besonders gut. Es wirkt so falsch und künstlich, wie eine Frau, die ihre Falten durch fingerdicke grelle Schminke zu verbergen versucht. Die bunte Werbung täuscht darüber hinweg, dass in Los Angeles kaum Menschen leben, die durch die Werbung zum Kauf gereizt werden könnten.

Für Hauptdarsteller Harrison Ford war Blade Runner nach den ersten beiden Star Wars Filmen das zweite Mal, dass er in einem SF Film mitspielte. Und wenn er bei Indiana Jones doch noch gut in den Typus eines Han Solo einzuordnen war, so war er als Blade Runner ganz anders und bewies, dass er ein sehr guter Schauspieler ist. Rachel wurde von der damals noch unbekannten Sean Young gespielt. Philip K. Dick selbst hatte Victory Principal, die Pamela aus Dallas, bevorzugt.
Schließlich war Blade Runner für den Niederländer Rutger Hauer wohl der entscheidende Schritt in seiner internationalen Karriere.

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