Perry Rhodan Neo 110 "Der Kopf der Schlange"

Perry Rhodan neo 110, Der Kopf der Schlange, Titelbild
Kai Hirdt

Zumindest in der Theorie schließt Kai Hirdt mit „Der Kopf der Schlange“ den Minizyklus „Die Methans“ ab. Wie bei den letzten Miniserien ist der Übergang zum nächsten Kapitel der „Neo“ Saga fließend. Auf der einen Seite ermöglicht diese Vorgehensweise den Exposeautoren, komplexere Handlungen über einen längeren Zeitraum zu erzählen, auf der anderen Seite fühlen sich Leser vielleicht auch vor den kopf gestoßen, wenn das vom Verlag propagierte Ein- und im Umkehrschluss auch Aussteigen derartig erschwert wird. Vielleicht wäre es sinnvoller, diese Minizyklenstruktur gänzlich aufzugeben und im Gegensatz zur Erstauflage „Neo“ freier zu entwickeln. Das ist nach fast einem Dutzend Miniabenteuern nicht leicht, wäre aber dem Leser gegenüber die fairere Lösung.

 

Die Nebenhandlung mit dem Ruinenplaneten folgt weiterhin den Erich von Däniken Theorien mit der Querverbindung zwischen der Erde und kosmischen Ereignissen. Leyden  untersucht die gefundenen Ruinen. Schon in Südamerika ist das Sonnentor von Puma Punktu auf 17.000 Jahre geschätzt worden. Neben der unnötigen Exkursion in den Bereich der Science Fiction mit einer eher albernen Story wird mittels Fotos festgestellt, dass der gesuchte Wächter anscheinend mit der Sonnenstadt und der Möglichkeit eines Tores in Verbindung steht. Berücksichtigt der Leser, dass auch von Atlans Unterwasserkuppel Transmitter ausgegangen sind, gehört die Erde ohne Frage trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Abgeschiedenheit zu einem durchaus belebten und bereisten Planeten. Zwar liefert Kai Hirdt wie es sich für archäologische Thriller gehört eine Reihe von phantastischen Erläuterungen und verbindet damit die unerklärte irdische Geschichte mit kosmischen Geschehen, aber wie bei einigen anderen Abschnitten der „Neo“ Serie fallen die Bestandteile zu leicht zusammen und der ganze Handlungsabschnitt um den Indiana Jones der Zukunft Leyden wirkt stark konstruiert. Immer wieder stolpert er über die richtigen Versatzstücke und baut daraus durchaus eine phantastische Theorie, die aber weder mit dem Oberbegriff „Die Methans“ bislang viel zu tun hat noch sich an die Haupthandlung anpasst. Da Leyden als Charakter gewöhnungsbedürftig ist und die Autoren – das bezieht sich nicht nur auf den vorliegenden Roman von Kai Hirdt, sondern diesen ganzen Spannungsbogen – aus sich heraus zu wenig Dynamik für diese Nebenhandlung entwickeln, bleibt als einziges empfehlenswertes Element die Exkursion in die vor allem irdische Geschichte.

 

Viel dynamischer, bestehend vor allem aus einer Reihe von solide geschriebenen Actionszenen ist die Haupthandlung. Die CREST ist ja von der BOOTY angegriffen worden, die sich unter dem Kommando von Tim Schablonski befindet. Dem getarnten Kommandanten gelingt es, die raubtierhaften Pkong abzulenken. Die Menschen haben an Bord der CREST nicht nur entsprechende Abwehrschirme entwickeln lassen, die nach der Freigabe durch ein Codewort die Pkong in der Zentrale ausschalten, in der Zwischenzeit hat die Positronik sogar ein schnell wirkendes Betäubungsgas entwickelt, das im richtigen Moment eingesetzt wird, um das Schiff auch außerhalb der Zentrale zu befreien. Höhepunkt dieser unglaublichen Handlung ist, dass sich Perry Rhodan mit einem Spezialaroma einsprüht, das ihn zu einem unwiderstehlichen Alphamännchen macht. Mit dieser psychologischen Taktik verwirrt er im Verhöhr den Kommandanten Kang der Pkong. Anstatt diese Szene wenigstens mit subtilen Humor zu untermalen, beschreibt sie Kai Hirdt relativ simpel. Aber dieser schwache Handlungsarm entwickelt sich weiter eher wie eine Parodie als ein würdiger Abschluss dieser Miniserie. Mit den wichtigen Informationen ausgestattet fliegt Perry Rhodan als wäre es nichts Besonderes in das betreffende System ein und versucht, die Feinde zu irritieren, während eine Space Jet ein Ablenkungsmanöver fliegen soll. Aber da eine Space Jet selten alleine kommt, ist die OLD MEN ebenfalls im System eingetroffen, um in erster Linie Thomas Rhodan zu befreien. Auch wenn es konstruiert erscheint, führen in diesem Fall alle Wege zum Versteck der Entführer.  Es vernünftige Erklärung für diese Doppelung wird leider nicht gegeben. Kaum vereinigt entschließen sich Thora und Perry Rhodan wie in James Bond Manier gemeinsam in die Höhle des Löwen vorzudringen und treffen sich mit Agaior Thoton, der ihnen während eines festlichen Dinners natürlich ausführlich von seinen Plänen berichtet. Dese Vorgehensweise ist nicht unbedingt originell und auch hier erzählt Kai Hirdt die einzelnen Versatzstücke sehr ernst und rafft die wichtigsten Fakten zusammen. Aber die Mechanik der Minizyklen erfordert es, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die zu weit ausgerollte Handlung wieder eingefangen und abgeschlossen werden muss. Die direkte Konfrontation wie in „Der Kopf der Schlange“ bürgt natürlich eine Reihe von Vorteilen. Die Fakten kommen auf den Tisch und der Leser wird wie die Protagonisten auf den aktuellen Stand des Geschehens gelenkt. Dabei wird auch der Bogen zu den Methans wieder geschlagen, so dass zumindest Nomen est Omen erscheint. Die Maahks sind dabei nur ein Werkzeug in der Hand einer Arkoniden, der sich seine eigene Meinung über den Stand des Reiches gebildet hat.   Während der erste Angriff vor zehntausend Jahren für die Bildung des Bundes verantwortlich gewesen ist, bedeutete gleichzeitig die Inaktivität der Methanatmer, dass der Geheimbund sich neue Ziele gesucht hat. Kai Hirdt schlägt den Bogen nicht nur zu Thomas, sondern auch Crest, die unter den „infinite Traummaschinen“ ruhen. Während Crest wichtige Informationen liefern soll, wird Thomas ein familiäres Idyll vorgegaukelt. Diese Traummaschinen schlagen interessanterweise auch den Bogen zur Erstauflage und den dekadenten Arkoniden zurück. Vieles erinnert an die erste Begegnung zwischen Thora und Perry Rhodan. Auch hier hatten sich die technisch hochstehenden Arkoniden in diese virtuellen Welten zurückgezogen und die Kontrolle ihres gigantischen Reiches ja dem Robotergehirn überlassen. Anstatt aber Perfektion zu liefern, unterminieren Kai Hirdt und die Exposeautoren diese Idee wieder, in dem sie Crest zu einem willensstarken Mann machen, der die Traumsuggestionen immer wieder unterminieren kann. Warum ein Geheimbund mit zehntausend Jahren Erfahrung dann nicht auf andere Methoden zurückgreift, erschließt sich dem Leser nicht ganz. Vor allem folgt der Plot dann den Mechanismen des Genres. Der Schurke ist auf dem Weg zur Unsterblichkeit zu gierig und geht zu große Risiken ein. Das Crest sogar über diese Traumsequenzen Kontakt mit der Positronik aufnehmen und diese beeinflussen kann, erscheint unwahrscheinlich und wie das hinter dem Rücken der Schiffsbesatzer produzierte Betäubungsgas eine „Deus Ex Machina“ Lösung.

Natürlich  ist es nicht zum ersten Mal auch wieder Perry Rhodan, der mit seinem ungestümen und nicht auf Fakten basierenden Verhalten Crests Pläne durchkreuzt und die Crew in Gefahr bringt.  Diese Ambivalenz des Plots wirkt wie ein Wechselbad der Gefühle. Auf der einen Seite die stereotypen, aus unzähligen James Bond Filmen bekannten Schemata mit dem zu gierigen Schurken und der logisch betrachtet nicht nachvollziehbaren Falle, die auf der anderen Seite einem Teil der Gefangenen durch die extreme Fokussierung auf den Oberschurken unter Vernachlässigung seiner Untergebenen oder Soldaten , auf der anderen Seite ein Fehler auf der Seite der Guten, welcher den Showdown auslöst. Kai Hirdt präsentiert hier eine rasante Folge von Actionszenen, wobei er auch wieder die Pkong ins Spiel bringt, die mit ihrem Ringraumer sich nicht von den Menschen geschlagen geben wollen und sich während des furiosen und gut geschriebenen Finales noch einmal zu Wort melden. Es ist allerdings ein Pyrrhussieg und obwohl der Roman sowie die Miniserie auf den ersten Blick abgeschlossen worden ist – die Hintermänner, welche die Maahk Aktivitäten zum eignen Vorteil ausgenutzt haben, sind nicht unbedingt besiegt, aber zumindest extrem eingeengt -  bleiben sehr viele Fragen offen. Nach einer über die zehn Taschenhefte betrachtet sehr langen Exposition schließt Kai Hirdt den Plot mit einer Reihe von Zufällen und entsprechenden Konstruktionen unterhaltsam, aber auch sehr oberflächlich ab. Da zwei verschiedene Spuren – Thomas Entführung und die Erkundungen von Perry Rhodan – zum gleichen Ursprung führen, wirkt leider ein wenig konstruiert. Auch können sich nicht zum ersten Mal in dieser Miniserie die Helden zu leicht aus den Gefahren befreien. Im Vergleich allerdings zu Frank Borsch letzten sehr phegmatischen Zyklen bemühen sich die beiden neuen Exposeautoren Rüdiger Schäfer und Michael Buchholz, das Tempo als Ganzes betrachtet hoch zu halten und zumindest neben der Kappung diverser roter Fäden den grundlegenden Plot ohne Rücksicht auf den Titel abzuschließen. 

Pabel Verlag, Taschenheft, 160 Seiten

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