Rettungskreuzer Ikarus 63 "Der sanfte Weg"

Dirk van den Boom

„Der sanfte Weg“ ist der erste Band einer weiteren „Rettungskreuzer Ikarus“ Trilogie aus der Feder Dirk van den Booms.  Wie bei seiner letzten Trilogie steht Diplomatie im die Geduld strapazierenden Sinne im Mittelpunkt der geradlinigen Handlung. Gegen Ende des Romans werden Captain Sentenza und seiner Crew die verschiedenen Doppelbeziehungen deutlich vor Augen geführt.  Es sind ohne zu viel zu verraten, drei Konfliktherde, die durch das Auftauchen von zwei gigantischen Raumschiffen im bisher unauffälligen Galador System ausgelöst werden. Die Gefahrenlage ist so groß, dass sich der erfahrene Captain sogar entschließt, als Cliffhanger zum nächsten Band „Der Weg des Schmerzes“ eine alte „Freundin“ um Hilfe zu bitten.

Die Titel der drei Romane spiegeln sich auch in der Lebensweise der Bewohner der gigantischen Unterlichtarche wieder, die anscheinend seit Jahrhunderten unterwegs ist. Dirk van den Boom wechselt bei diesem anfänglich klischeehaften erscheinenden Plot mehrmals die Perspektive, so dass der Leser nicht wie in einigen anderen „Retttungskreuzer Ikarus“ Romanen sich nur auf Augenhöhe der Crew bzw. der ausgewählten Protagonisten bewegt. Der Leser verfügt dadurch über einen Wissensvorsprung, denn während die Crew angesichts der persönlichen Begegnung mit einem Abgesandten der Arche nur mutmaßen kann, ob die Flüchtlinge wirklich die Wahrheit sagen, ahnt der Leser durch die verschiedenen an Bord des uralten und dringend reparaturbedürftigen Raumschiffs, das hier nicht mit offenen Karten gespielt wird. Anscheinend sind die Fremden – keine Überraschung – seit Äonen mit ihrer im Tiefkühlschlaf befindlichen intelligenten Fracht unterwegs. Mehrere Kontaktversuche sollen angeblich nur von dem sie verfolgenden, aggressiven Raumschiff verhindert worden sein.  Auf der einen Seite beschreibt der Autor relativ plastisch und dreidimensional das Geschehen an Bord der Arche. Die eingefrorenen Wesen wachen zu früh vor Erreichen eines entsprechenden Planeten auf. Sie scheinen zumindest sich stoisch dem Schicksal zu ergeben, während die Crew unter der Führung des verschlagenen Kommandanten mit den Verfolgern auseinandersetzen  und gleichzeitig die nicht unerfahrene, aber auch naiv agierende Regierung des Galador Systems von ihren friedlichen Absichten   überzeugen muss.

Sentenza hat ein weiteres Problem. Da das Galador System relativ neu im Raumcorps ist, sollen die örtlichen Politiker  in dieser durch das Auftauchen der Raumschiffe ausgelösten Krise das „Kommando“ übernehmen und die erfahrene Ikarus Crew nur den Beraterstatus einnehmen.  Ausgerechnet eine weitere Frau übernimmt die Führung dieser politischen Zweckgemeinschaft. Dieses Potential – der Konflikt zwischen den beiden Raumschiffen beschränkt sich bislang auf eine kurze militärische Auseinandersetzung, in welche passiv die Ikarus und aktiv die kleine stolze Raumflotte des Systems mit einbezogen werden – hebt Dirk van den Boom nur bedingt. Sentenza muss überrascht feststellen, dass auch Diplomaten auf Randwelten nicht immer mit der Tür ins Haus fallen, während auf der anderen Seite die Ratsfrau erkennt, dass sie es nicht mit normalen Machos vom Raumcorps zu tun hat. Die Dialoge hätten ein wenig funkensprühender geschrieben werden können, um dieses für den Leser als erstes greifbare Konfliktpotential zu heben. Der abschließende dritte Konflikt zwischen der Ratsfrau und den Bewohnern des Planetensystems wird bislang auch eher angedeutet als nachhaltig zufriedenstellend extrapoliert. Es ist wahrscheinlich Zufall, dass diesen drei Konfliktherden mit den Neuankömmlingen auch noch eine Rasse gegeben über steht, für welche die Zahl drei – drei Arme, drei Beine, drei Augen – mehr als eine symbolische Bedeutung hat.

Als Auftaktband einer neuen, inhaltlich abgeschlossenen Trilogie liest sich „Der sanfte Weg“ sehr gut. Aus einem gängigen nicht unbedingt ausgangstechnisch originellen Plot macht Dirk van den Boom in seiner dieses Mal deutlich ruhigeren, nicht zu sehr Slapstick aufrufenden Erzählweise sehr viel. Der Spannungsbogen ist solide aufgebaut.  Hinzu kommt, dass Dirk van den Boom die Fremden fast nebenbei fester in das „Rettungskreuzer Ikarus“ Universum einbaut als es auf den ersten Blick wahrscheinlich erscheint.  Es bleiben für den Mittelband einer Trilogie genügend Fragen offen und mit Siridan Dante wird eine weitere Frau die Bühne des Galador Systems betreten, so dass ausreichend nicht nur in dieser Hinsicht für Spannung gesorgt worden ist.        

Atlantis Verlag

Titelbild: Lothar Bauer
Paperback, ca. 96 Seiten, ISBN 978-3-86402-339-2