Im Herbst 2000 feierte der Pabel- Moewig Verlag den 100. Geburtstag des Moewig Verlages mit dem Start einer neuen Hardcoverreihe Moewig Fantastic. Halbjährlich sollten immer drei Bände der ehemaligen Subreihen Terra Astra mit Nachdrucken , Fantasy mit neuen Mythor Romanen und sicherlich als Höhepunkt neue Atlan Romane erscheinen. Dabei waren auch Atlan Zeitabenteuer aus der Feder Hans Kneifels vorgesehen. Die beiden Terra Astra Nachdrucke stammten aus der Feder von Ernst Vlcek und Peter Terrid. Hugh Walker verfasste zwei Hardcover und abschließend ein E Book um Mythor. Bei Atlan debütierte als zweiter Band dieser Subreihe Frank Borsch mit „Fluchtpunkt Schemmenstern“. Den Auftakt der Moewig Fantastic Reihe bildete „Kristallprinz in Not“ von Hans Kneifel, das erste neue Atlan Zeitabenteuer. „Loten im Sandmeer“ war als zweites Atlan Zeitabenteuer vorgesehen, erschien aber wegen der Einstellung der Hardcover Reihe nur als E Book.
2009 startete der Fanpro Verlag nach einer Reihe von Atlan USO Trilogien mit “Atlan X“ eine zweite Subreihe. Die Atlan Zeitabenteuer gingen weiter. Hans Kneifel debütierte mit einem grundsätzlich überarbeiteten „Lotse im Sandmeer“, der gleichzeitig Auftakt zur Kreta Trilogie werden sollte. Es folgte bei Atlan X noch die „Tamarin“ Trilogie, geschrieben von vier Autoren und erst nach Hans Kneifels Tod mit „Das Rätsel von Assur“ ein letztes, alleinstehendes Atlan X Zeitabenteuer. “Das Rätsel von Assur” liegt bis heute nur als E Book vor.
„Lotse im Sandmeer“ ist in vielen Punkten ein klassisches Atlan Zeitabenteuer, das ein Klischee vermeidet. Es gibt keinen außerirdischen Einfluss, keine globale Bedrohung und vor allem einen Arkoniden, der dieses Mal im positiven Sinne Entwicklungen nur anstößt und die Welt ein weniger „sicherer“ macht. Es ist in mehrfacher Hinsicht eine Art Stillleben, das Geduld verlangt, aber auch bis in die wieder gut recherchierten, minutiös herausgearbeiteten Details auf Hans Kneifels sympathische und nicht belehrende Art und Weise auch geschichtlich aufklärt. Der Titel ist wahrscheinlich zufällig gewählt, aber er trifft nicht nur auf den hier vorliegenden Roman zu, sondern auch auf die ganze Atlan Zeitabenteuerreihe. Atlan ist der Lotse der Menschheit. Nicht immer im Sandmeer, in der unwirtlichen und auch den Arkoniden herausfordernden Wüste, sondern auf dem Weg zu den Sternen.
„Lotse im Sandmeer“ spielt im 2. Jahrtausend vor Christi. Chronologisch ist der Roman zwischen „Im Bann des schwarzen Dämons“ (Perry Rhodan Planetenroman 173) und „Kämpfer für den Pharao“ (Perry Rhodan Planetenroman 177) angesiedelt. Nach dem Ende von „Im Bann des schwarzen Dämons“ und dem Auftakt von „Lotse im Sandmeer“ liegen nur zwei Jahre, zwischen dem letzten Roman der Kreta Trilogie „Das schwarze Schiff“ und „Kämpfer für den Pharao“ wieder 43 Jahre. Auf einige der hier beschriebenen Entwicklungen wird Marc A. Herren zusammen unter anderem mit Hans Kneifel in der zweiten „Atlan X“ Trilogie „Tamarin“ noch einmal eingehen. Dadurch entfallen die teilweise sich wiederholenden Passagen eines mühsam erwachenden Arkoniden. Atlan hat die Zeit mit seiner gegenwärtigen Lebensgefährtin in ihrer gut ausgerüsteten Wohnhöhle verbracht.
Atlan verspricht dem alternden Pharao Amenemhet und seinem Sohn, die geheimen Pfade der immer wieder seine Karawanen angreifenden Schmuggler in der Wüste ausfindig zu machen. Die Schmuggler liefern unter anderem Waffen an die Feinde des Pharaonenhauses. Atlan dagegen sieht in dem im Vergleich zu anderen Pharaonen friedliebenden und vor allem auch progressiv eingestellten Amenemhet und seinem Sohn einen Schlüssel, um die Entwicklung der Menschen schneller voranzutreiben.
Atlan erkennt aber auch einige Vorteile auf Seiten der Schmuggler. Diese durchdringen die unwirtlichen Wüsten und sorgen über die Waffenlieferungen hinaus für einen notwendigen Warenaustausch. Außerdem weisen sie mit ihren vergrabenen Wasserstellen eine interessante Logistik auf. Vielmehr ist es wichtig, die Schmuggleraktivitäten auf eine friedliche Art und Weise zu unterbinden und gleichzeitig den ehrlichen Händlern neue Ziele hinsichtlich des Warenaustauschs zu liefern. Atlan selbst sieht im großen Grünen – dem Mittelmeer – die Insel Kreta als eine ideale neue Handelsbeziehung an. Gemeinsam mit dem Pharaonensohn Sesostris entwickelt er einen Plan, die Insel mittels dreier neu gebauter Hochseetüchtiger Schiffe zu besuchen. Gleichzeitig möchte Atlan auf Kreta schon einmal eine Art Vorposten in Form einer den Kretern übernatürliche erscheinenden Nymphe etablieren, welche als Übersetzerin und vor allem Kundschafterin im Reich des Minos fungieren soll.
Die Idee mit Kreta als Auftaktband einer ganzen Trilogie scheint von Hans Kneifel bei der Überarbeitung sehr viel intensiver eingebaut worden sein als ursprünglich geplant. Die letzten zwanzig Seiten des Buches mit der Vorbereitung der Überfahrt, der Etablierung der dunkelhäutigen Schönheit auf der Insel in einer auch technisch gut ausgerüsteten Waldhöhle und schließlich der Spaziergang durch die ägyptische Großstadt lassen den Roman auf einer fast phlegmatisch ermüdend erscheinenden Note auslaufen. Hans Kneifel sucht einen Übergang zu den zwei weiteren „Kreta“ Romanen, möchte aber handlungstechnisch auch keine neuen Impulse mehr geben. Der eigentliche Plot von „Lotse im Sandmeer“ ist in einem ruhigen, fast zu gemächigen Tempo ausgelaufen, die Pfosten für die zukünftige Entwicklung sind gesetzt. Pragmatisch gesprochen sind die möglichen Konkurrenten in Form des Waren und Sklaven Land schmuggelnden Kapitän relativ früh und effektiv mittels einer Mischung aus Bluff und arkonidischer Technik ausgeschaltet worden. Mit diesem simpel und im Laufe der Sinne immer wieder gern verwandten Kniff hat Hans Kneifel die eigentliche Spannungskurve abgebrochen und lässt die roten Fäden buchstäblich in der Luft hängen. Ein einzelner Versuch der gut organisierten Schmuggler, noch einmal einen Fuß an Land zu bekommen, wird in einer der zahlreichen Nebenhandlungen gut beschrieben, aber nicht weiter ausgeführt. Erst im dritten Band der Trilogie “Das schwarze Schiff” nimmt Hans Kneifel die vergangene Zeit zwischen dem Auftakt und Abschluss der Trilogie zu wenig berücksichtigen den Ffaden wieder auf.
Im Mittelpunkt der Haupthandlung steht Atlans Versuch, neben einer Erkundung der kargen und tödlichen Wüstenlandschaft diesen neuen Handelsweg vorzubereiten. Dazu gehört die Begegnung mit einem perfekt in einer Idylle innerhalb der unwirtlichen Wüste lebenden Volk, das ihn als neuen Handelspartner ohne viel Misstrauen aufnimmt. Das liegt sicherlich auch an der Qualität der Waren. Atlan reist auf einzelnen Abschnitten der Karawanenroute in der Verkleidung eines weltgewandten Händlers mit und muss sich einem Sandsturm stellen. Hinzu kommt eine Klischeeszene. Atlan verliert im Sand seinen Zellaktivator. Zusammen mit seinen Freunden sucht er entschlossen, aber noch nicht verzweifelt seinen Lebensspender. Hans Kneifel verzichtet in dieser eher mechanisch geschriebenen Szene sogar auf zynische Kommentare des sich im ganzen Roman seltsam passiv verhaltenen Extrasinnes, nachdem einer der Araber Atlan versprochen hat, auch nach dem Zehnten (Tag) noch nach seinem Glücksbringer zu suchen. Wie jeder Perry Rhodan Leser weiß, wäre das ein wenig spät. In einer anderen Szene versucht Atlan mit dem Zellaktivator dem im Sterben liegenden, aber für seine Pläne wichtigen Pharao Amenemhet durch die Schwingungen des Gerätes noch einige Tage zu schenken.
Technisch agiert Atlan nach dem bekannten Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Beim Bau der drei Hochseesegler legt der Arkonide zwar anfänglich auch selbst die Hand an und gibt neben guten Ratschlägen sowie Plänen praktische Tipps, auf der anderen Seite überlässt er die Konstrukteure sich auch für einige Monate, vielleicht Jahre selbst. Sie müssen ja neben dem Bau der Schiffe auch eine entsprechende Mannschaft ausbilden.
Aus dem eigenen Fundus greift Atlan auf einen Sandsegler, ein schwebendes Sandschiff zurück, das Arndt Drechsler für das Atlan X Taschenbuch perfekt auf dem Titelbild in Szene gesetzt hat. Mit dem Psychostrahler schafft sich der Arkonide bei seinen Feinden Respekt und mittels des transportablen Transmitters kann er seine Botschafterin inklusiv Material nach einer entsprechenden Ausbildung auch durch Rico unbemerkt und schnell nach Kreta schaffen.
An Atlans Seite ist mit Asytra- Maraye eine der wenigen Gefährtinnen, die Atlan längere Zeit erhalten geblieben ist. Zwar trieb ES mit Atlan und ihr seine Spielchen, in dem sie immer wieder in anderen Masken auftreten oder sie von Atlan trennen ließ, aber gleichzeitig unterstützte sie den Arkoniden bei seinen Aufgaben. Der Arkonide befindet sich in dieser Trilogie quasi zwischen zwei sehr attraktiven wie unterschiedlichen Frauen, von denen eine seine Herkunft kennt, die andere ahnt, dass Atlan und Rico nicht von der Erde stammen könnten. Aber diesen potentiellen Konflikt baut Hans Kneifel nicht weiter aus, da Asytra- Maraye im zweiten und dritten Band der Trilogie keine entscheidende aktive Rolle mehr spielt. Zwei oder drei kleinere Eifersuchtsszenen und schließlich am Ende in einer weiteren leider klischeehaften Sequenz eine gemeinsame liebevolle Pflege ist für diese grundsätzlich interessanten und für ihre Zeit sehr modern und vorausschauend denkenden Frauen zu wenig.
Hans Kneifel lässt sich sehr viel Zeit, das für die Oberschicht doch angenehme Leben in der Wüste ausführlich zu beschreiben. Da fließt ausführlich natürlich entsprechende gekühlt das ägyptische Henket (Bier) oder der Irep (Wein). Selbst die Sklaven sehnen sich nach dieser Art der Gefangenschaft. Sie werden gut ausgebildet, als wertvolle Ware auch besser behandelt als in ihrer Heimat und haben ein angenehmes Leben zwar ohne Freiheit, aber in sicheren Verhältnissen zu erwarten.
Der Autor verliebt sich vor allem im mittleren Abschnitt in seine ausschweifenden Beschreibungen der Wüste. Er ist kein David Lean, der in seinem Epos „Lawrence von Arabien“ die gefährliche Schönheit der herausfordernden Wüste für die Ewigkeit eingefangen hat. Aber bei einigen Beschreibungen kommt Hans Kneifel nahe heran. Das geht zu Lasten des Plots, aber als Entwicklungsroman überzeugt „Lotse im Sandmeer“ eher als die beiden folgenden Romane, in denen Hans Kneifel die Exotik Kretas nicht wirklich einfangen kann. Auch wenn das Segeln im Mittelmeer genauso herausfordernd wie wunderschön beschrieben wird. Selbst alleinstehend ist der vorliegende Auftakt der Kreta Trilogie als Spätwerk Hans Kneifels und im Gegensatz zu seinen manchmal sehr hektischen und teilweise inhaltlich auch ein wenig die Historie geradebiegenden Atlan Zeitabenteuern im Rahmen der Perry Rhodan Planetenromane lesenswert. In seinem einzigartigen, vielleicht auch ein wenig eigenen Stil lässt Hans Kneifel das alte Ägypten wieder zum Leben erwachen und lädt den Leser auf diese magische Entdeckertour ein. Wer ein wenig die Action vermisst, sei auf Karl May verwiesen, der auch wenig auf vielen Seiten erzählen konnte.
- Herausgeber : Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH; 1. Edition (1. Juni 2009)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 316 Seiten
- ISBN-10 : 3890641881
- ISBN-13 : 978-3890641881