Der neunte "Homo Sapiens 404" Roman ist schwieriger zu beurteilen. Der Leser - wie die Rückblende mit Kipling unterstreicht - muss sich daran gewöhnen, das die Zombies der wahrscheinlich erste Versuch des Jockeys gewesen ist, die ins All dringende Menschheit zu vernichten. Der zweite Versuch wird zu Beginn des vorliegenden Bandes erläutert: In abgeschiedenen Systemen sollen die überlebenden Menschen in Habitaten leben und für die Fremden quasi als moderne Sklaven arbeiten. Die Aussicht auf die modernen Exile sollen ihnen auf sehr unterschiedliche Art und Weise schmackhaft gemacht werden. Dabei scheinen sich die Jockeys auch nicht einig zu sein. Die einen versuchen es mit Bestechung aus eigener Tasche, die anderen mit Gewalt. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die angesichts verschiedener Tatsachen - die Zerstörung verschiedener Jockey Raumschiffe durch ein von Kipling mit entwickeltes Programm oder gleich zu Beginn der Serie der Zombievirus - unwahrscheinliche Exillierung auf die Zukunft der Menschen haben wird. Mit Ama´Ru verfügt der Leser zumindest über eine Augenzeugin, welche wie die Besatzung der gestohlenen "T.S. Eliot" die Entwicklung kritisch sieht.
Die zweite Handlungsebene mit den auf einem eroberten Piratenschiff der gestohlenen "T.S. Eliot" nacheilenden Menschen ist ambivalenter, aber auch nicht gänzlich befriedigender. Zum einen haben die Jockeys neue Sicherungssysteme für die Tore entwickelt, um erstens die namentlich bekannte Mannschaft der "Eliot" zu fangen und zweitens den freien Zugang der Menschen weiter zu beschränken. Kipling entwickelt aus dem Nichts heraus ein falsches Programm, das die überforderten Wächterjockeys täuscht. Das geht rückblickend zu einfach und schnell. Claudia Kern kann mit derartigen, sich momentan häufigenden Szenen wenig Spannung erzeugen. Zumindest nimmt es die Autorin mit Humor und baut geschickt einen Hinweis auf das Holodeck aus "Star Trek- TNG" ein. Kipling gelingt es nicht nur, mit Ama´Ru zumindest in kryptischen Kontakt zu treten, sondern die Mission der "Eliot" Mannschaft führt sie zu einem ehemaligen Vertrauten der Jockey, der inzwischen in mehrfacher Hinsicht gänzlich andere Interessen vertritt. Die Begegnung - sie beginnt mit einer Kommandomission - wirkt allerdings eher wie ein Antihöhepunkt. Natürlich spielt Claudia Kern mit den Erwartungen der Leser, die eine gewalttätige Auseinandersetzung erwarten, aber das gegenseitige Abnicken und der Austausch von Gefallen - ich rette Deine Haut, weil Du meine verschont hast - wirkt angesichts der bisherigen Entwicklung ein wenig zu oberflächlich, zu stark konstruiert. In doppelter Hinsicht - auf der Planetenoberfläche im Meer schwimmend und im All von drei Jägern umgeben - endet der vorliegende Roman mit einem Cliffhanger. Das ist legitim, aber angesichts des zu hohen Tempos hätte man ein wenig mehr Details insbesondere hinsichtlich der finalen Begegnung erwartet. Für jede zumindest oberflächlich beantwortete Frage wird eine neue (mindestens) aufgeworfen.
Der auf der Erde zu Beginn des Zombieseuchenausbruchs spielende Rückblick ist dagegen als Hommage insbesondere auf zahllose Zombie Filme sehr gut angelegt. Kipling zeigt angesichts des Schicksals einer Vertrauten echte Emotionen und seine vordergründig harte Schale bröckelt. Dazu kommt, dass Claudia Kern in diese auf der Straße spielende Szene sehr viele Ideen hineingelegt hat, auch wenn der mechanische Chauffeurwagen fast zu viel des Guten ist. Wieder löst Kipling eine extrem schwierige Situation alleine aufgrund seiner omnipotenten Computerfähigkeiten. Ein wenig erinnert der Wagen allerdings an das Original von "Total Recall", nur hat Arnold Schwarzenegger damals selbst die Hand angelegt.
Auch wenn sie es nicht gerne hören, verhalten sich die Jockeys im Grunde zu menschlich und manche ihrer Aktionen kennt der Leser auch aus verschiedenen anderen Science Fiction Geschichten, ohne das Claudia Kern die Originalität des ganzen Szenarios abgesprochen werden kann. Wie schon bei den letzten Romanen ist der Einfluss der Randerscheinung Mensch im „Homo Sapiens 404“ Universum angesichts der technischen Überlegenheit der Jockeys vor, hinter und während der Kulissen zu gewaltig, um nachhaltig überzeugend zu sein.
Nach der ersten Hälfte der zweiten Miniserie lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Plot sehr viel komplexer wird und vor allem nach den eher internen Auseinandersetzungen der Fokus mehr auf einer Lösung der Jockey Bedrohung inklusiv Rettung der restlichen Menschheit liegt. Das Erzähltempo ist weiterhin sehr hoch, auch wenn der vorliegende neunte Band durch zu viele offene Flanken nicht an die Komplexität des achten Abenteuers heranreicht.
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 596 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 78 Seiten
- Verlag: Rohde Verlag (24. Februar 2014)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B00IAR6SK6