Gotham Noir 5- Stufen von grau

Christian Humberg

Während der Enthüllungen von im Grunde bislang integeren Personen des öffentlichen Lebens bemerkt Elliot Flynn enttäuscht, dass es anscheinend nur um Drogendealer während der Studienzeit geht. Das wird von den „Beichten“ umgehend relativiert, aber im Leser bleibt ein Gefühl der Enttäuschung zurück. Die synthetisch entwickelte Superdroge ermöglicht neben außergewöhnlichen Trips auch eine erhöhte Konzentration, die schließlich – zumindest im vorliegenden Band – in zum Tode führenden Leichtsinn gipfelt. Das wird von Christian Humberg alles sehr detailliert beschrieben, wirkt aber angesichts der Ausgangsprämisse mit dem verschwundenen Bürgermeister ernüchternd. In diesem Punkt sollte der Autor für den abschließenden Band noch nach arbeiten. Zumindest werden die einzelnen Figuren – hochrangiger Polizeioffizier, Politiker und Talkshowmeister neben dem in einem der voran gegangenen Bände doppelt hingerichteten/ getöteten Schwerverbrecher – aufgrund ihrer Studienzeit miteinander verbunden. Am Ende von „Stufen von Grau“ sind die vier miteinander in Verbindung stehenden Männer tot oder verschwunden. Dabei variiert der Autor ihre bislang letzten Auftritte. Was den Gesamtplot angeht, hat sich Christian Humberg entschlossen, auch „Gute“ mit einem Makel in der Vergangenheit zu opfern und damit die Spannungskurve deutlich effektiver zu variieren.

Die „Drogenbeichte“ inklusiv des bislang nicht konkretisierenden Zusammenhangs mit einer Bewusstseinserweiterung in eine mögliche, dunkle Parallelwelt ist nur die eine Hälfte des vorletzten „Gotham Noir“ Romans, die angesichts der guten Entwicklung im vordergründigen Handlungsstrang nicht zu sehr ins Gewicht fällt, sondern eher wie ein Katalysator von Ereignissen wirkt, die ein halbes Leben später aus bislang unbekannten Gründen wieder auftreten. In Bezug auf Elliot Flynn erfährt Sarah Dolan im Vergleich zum Leser wichtige Fakten aus dritten Band „Der Fremde im Spiegel“, die Flynns Fähigkeiten ein wenig näher erläutern sollen. Dieses Aufholen von Informationen wird positiv ausgesprochen kompakt und von Flynns mit einer emotionalen Note präsentiert, so dass jetzt fast alle Fakten für den Showdown in „Ars Diavoli“ auf dem Schreibtisch liegen. Zu den Schwächen gehört ohne Frage der „Cliffhangar“, wobei der aufkommende Superstar passend, das Verschwinden von Sarah Dolan ein eher unnötiges Handlungsklischee ist. Natürlich versucht Christian Humberg das Interesse der Leser in den abschließenden Band hinüber zu retten, aber das ist angesichts der präsentierten Fakten begleitet von noch mehr offenen Fragen unnötig.

Die Parallelwelttheorie erinnert ein wenig an Fernsehserien wie „Fringe“, aber mit dem fahlen Mann oder den fahlen Männern – in dieser Hinsicht bleiben einige Variationen offen – verfügt der vorliegende Roman über einen interessanten Anknüpfungspunkt. Es bleibt abzuwarten, wie der Autor den „Ars Diavoli“ Aspekt der Serie überraschend auflöst. Im Gegensatz zu den bisherigen Auftritten der fahlen Männer wirkt die Todesszene weniger dramatisch als aus zahlreichen anderen Horrorgeschichten „vertraut“. Da die fahlen Erscheinungen unterschiedliche Wirkungen hinterlassen haben – siehe das kleine Mädchen aus einem Kinderheim, das zu einem Schlüsselpunkt der Ereignisse wird oder Elliot Flynn oder bei den vier ehemaligen Studenten – bleibt abzuwarten, für welche Richtung sich der Autor entscheidet.

Für den vorletzten Band einer Miniserie hat Christian Humberg die unterschiedlichen Handlungsfäden sehr dynamisch zusammengefasst, die Rückblicke in die Vergangenheit eher zufrieden stellend als inspiriert abgeschlossen und mit einem wie schon angesprochen zu bekannten Cliffhangar eine solide Ausgangsbasis für den abschließenden Roman geliefert, in dem der Autor außerhalb der gut gezeichneten, eher ungewöhnlichen Charakter der Serie hoffentlich mehr als eine mit weitreichenden Folgen versehene „Drogengeschichte“ inklusiv Beschwörung dunkler Mächte präsentiert.  

     

 

 

 

Rohde- Verlag

E- Book, 97 Seiten

Erschienen November 2013

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