In mehrfacher Hinsicht ist der Titel des achten Abenteuers „Getrennte Wege“ passend. Zum einen hat sich Cross mit seiner „Hyperion“ endgültig vom Putschisten Sjöberg getrennt, der ihn und weitere Besatzungsmitglieder mittels eines Maulwurfes während der Mission töten wollte. Zum einen, weil er nach einem erfolgreichen Abschluss des heimtückischen Angriffs auf die Parlidenwelt einen Sündenbock brauchte, zum anderen weil er befürchtete, dass Cross über kurz oder lang hinter seine bzw. Starks Pläne kommen könnte. Auf der anderen Seite passt der Titel auch, weil die Brückenbesatzung der „Hyperion“ sich für zwei Geheimmissionen aufgespaltet. Sie sollen wichtige Geheiminformationen bergen, mit denen die meuternde Heimatflotte gegen Präsident Sjöberg vorgehen kann. Auf einer dritten Handlungsebene geht es um die psychologischen Probleme einer Crew, die sich für die ersten Einsätze der „Hyperion“ erst gefunden hat und die jetzt überwiegend erkennen muss, das sie nach einem perfiden und weniger einem perfekten Puzzle zusammengestellt worden sind.
Beim Kommandounternehmen von Captain Cross mit einem kleinen Schiff, das erstens zur NOVA Station, welche trotz der Zerstörungen aus dem zweiten Roman nicht mehr wieder zu erkennen ist, unterwegs ist und zweitens stetig Gefahr läuft, trotz der improvisierten Tarnungen der Besatzung jederzeit erkannt, verraten und damit unterbunden werden kann. Cross soll aus den geheimen Forschungsanlagen, die allerdings eher rudimentär gesichert worden sind, die Informationen beziehen. Die Auflösung dieser Handlungsebene ist befremdlich. Ohne Frage will Sjöberg diese Anlagen lieber zerstören als das die Informationen in die Hände der Rebellen fallen. Aber warum hat er nicht mit einem Kommandounternehmen gerechnet und diese wichtigen Anlagen besser geschützt? Warum vernichtet er sie nach dem Motto, besser keine Informationen als diese Fakten in den falschen Händen? Oder hat Sjöberg per Updates alle bis dahin relevanten Informationen schon gesichert? Hinzu kommt, das die Forschungsstation angesichts der Daten und Vertrautheit kein sicherer Ort zu sein scheint. Bedenkt man, was die Menschen innerhalb weniger Monate in diesem System erschaffen haben, wäre eine Verlegung der Forschungsanlagen ohne Probleme möglich. Die Idee, eine komplizierte wie komplexe Falle zu stellen, wird nicht aufgegriffen. Hinzu kommt, das es gar nicht mehr – das gibt selbst Andreas Suchanek zu – darauf aufkommt, dass die Rebellen hinter das Geheimnis der Killchips in den Schultern der Offiziere kommen. Sie wissen, dass es sie gibt und das Sjöberg damit jeden Offizier töten kann. Alleine die Propagandawirkung ist mehr, als Sjöberg und Stark verantworten können. Immerhin wollen sie auf der einen Seite einen Krieg gegen die Parliden vom Zaun brechen, für den sie ihre Offiziere benötigen. Töten können sie diese nicht, da sonst die irdische Flotte führerlos wird. Unter Druck werden die Offiziere nicht so frei handeln, wie es Sjöberg wünscht. Und für den Fall, das alle Offiziere mit ihren Schiffen zu den Rebellen überlaufen, wäre die Menschheit ohne Schutz. Ein klassisches Patt, das sich wegen des hinterhältigen Schlages auf die Hauptwelt der Parliden mehr und mehr zu Sjöbergs und Starks Ungunsten wenden könnte. Ob die Produktion der Killchips durch die Vernichtung der Labore unterbrochen wird, ist eine Fragen, auf welche der Autor noch eingehen muss. Trotz dieser vielen offenen Fragen und den Zufällen, mit denen Cross in entscheidenden Abschnitten seiner Mission geholfen wird, gelingt es dem Autoren, ein wenig Spannung aufzubauen. Auch erinnert der Planet ein wenig zu sehr an Ideen aus der „Sternenfaust“ Serie mit der genetisch dominierten Kunstwelt.
Lieuntant Commandaor Akoskin und Lieutnant Kensington kommt bei ihrer Mission an Bord der Raumstation NOVA ein weiteres Rebellennetzwerk zur Hilfe. Hier arbeitet der Autor eher mit klischeehaften Versatzstücken – klassischer Spannungsaufbau und eine leider nicht zum ersten Mal konstruierte Auflösung. Die Idee, eine weitere Rebellenebene zu konstruieren, entspricht dem Aufbau der Putschisten, die ebenfalls über ein weiteres Schattennetzwerk verfügen, dessen Aktivitäten schon vor Sjöberg begonnen haben. Diese Dualität des Aufbaus sollte in den nächsten Romanen stärker ausgebaut werden. Auf der anderen Seite ist der „Watchmen“ Ansatz – „Who watches the Watchers?“ – auch gefährlich, da zu leicht handlungstechnisch Probleme auf die nächste Ebene geschoben werden statt innerhalb des Spannungsbogen aufgelöst werden können. Die NOVA Station hat sich vielleicht ein wenig zu schnell von den Schäden und einem Planeten, der atomisiert und zu einem gigantischen politischen Gefängnis umgebaut worden ist, erholt. Das Risiko, so bekannte Führungsoffiziere – angesichts der Enthüllungen des letzten Romans – mit eher mäßigen Tarnungen in eine Selbstmordmission zu schicken, hätte unter der Nutzung von anderen Offizieren der Rebellenflotte gemindert werden können. Hier wirkt sich die serientechnisch notwendige Konzentration auf eine Handvoll wichtiger „Hyperion“ Offiziere und ihre Schicksale ein wenig negativ aus.
Zu den ruhigsten, aber auch intensivsten Passagen des ganzen Romans gehört die Erholung von den Konflikten innerhalb der „Hyperion“ Mannschaft. Andreas Suchanek nimmt sich Zeit, die Figuren ein wenig aufzubauen und neue Fakten hinzuzufügen. Gegen Ende fließen die drei Handlungsebenen in einen neuen Spannungsbogen ein, in dem anscheinend das aktive Befreien der Menschen von Sjöbergs Joch und im zweiten Schritt die Verhinderung der Ausdehnung des Konflikts mit den Parliden im Mittelpunkt stehen. Negativ ist vielleicht, dass Sjöberg zu schnell die Hand auf die überlegende Transmittertechnik legt, die den Schweitzern des Alls bislang einen Vorsprung vor ihren zahlenmäßig überlegenen feindlichen Nachbarn erhalten hat.
Zusammengefasst leitet „Getrennte Wege“ die zweite Hälfte des ersten Zyklus nach den hektischen, vielleicht sogar zu hektischen letzten beiden Romanen zufrieden stellend ein. Einige wichtige Passagen erscheinen leider nicht zum ersten Mal in den letzten „Heliosphere 2265“ zufallsbedingt oder auf der anderen Seite stark konstruiert. Auf der anderen Seite wachsen Teile der „Hyperion“ Mannschaft nicht nur zusammen, sondern können koordinierter und zielstrebiger zusammenarbeiten. Mit den verschiedenen Schauplätzen bietet der Roman ausreichend Abwechselung, um die verschiedenen angesprochen Schwächen überwiegend zu überdecken.
(Cover: Arndt Drechsler, Innenillustrationen: Anja Dreher)
E-Book (105 Seiten), 2,49 Euro
Taschenbuch (2 Romane, ca. 250 Seiten), 9,90 Euro