PR Neo 43- Das Ende der Schläfer

Alexander Huiskes

Alexander Huiskes „Das Ende der Schläfer“ ist der erste klassische, aber auch hinsichtlich der Originalserie manchmal klischeehafte Rückblickroman der „Neo“ Serie. Das es nebenbei auch noch die in „Vorstoss nach Arkon“ bodenständige Erdenhandlung trifft, ist nicht optimal. Hinzu kommt, dass Huiskes Roman zu sehr an die nebulösen Andeutungen der Erstauflage erinnert. Wenn Exposeautor Frank Borsch schon die Vergangenheit des Sonnensystems über die Arkoniden und ihre Hinterlassenschaft hinaus beleuchten möchte, dann sollte es deutlich konkreter sein und der Serie eine Historie geben, die griffig ist. Im Vergleich zu den Arkoniden haben die Lemurer zumindest über eine Art Aufräumkommando verfügt, welches das Sonnensystem gänzlich von ihren Artefakten gereinigt hat. Ob das auch angesichts der Möglichkeiten der impliziert behandelten Zeitreise wahrscheinlich ist, sollte jeder selbst beurteilen. Die Ambivalenz, mit den Lemurern eine erste Menschheit anzudeuten und sie gleichzeitig aus der beweisbaren Realität zu tilgen, ist wenig zufrieden stellend. Vor allem kommen diese Ausführungen am Ende der interessanten, wenn auch mit Sid als Geheimagent zu dick aufgetragenen Ausbildungsstory, an deren Ende der Weg zu den Sternen offen stehen sollte. Zumindest lässt sich Frank Borsch die Möglichkeit offen, mit dem großen Krieg in ferner Vergangenheit die Auseinandersetzung mit den Maahks einzuschließen. Auf der Parallelhandlungsebene gibt es Hinweise auf die „Goldenen“, welche Helfer der MDI gewesen sind. Alexander Huiskes hat als Autor extreme Schwierigkeiten, sich in diesen Roman hinein zu arbeiten. Mit PSI und vagen Andeutungen kann der Autor gar nichts anfangen. Vielleicht hätte man, um das missverstandene Hochgefühl der ersten Auflage zu komplettieren, einen Autor der Hauptserie verpflichten sollen. Christian Montillon wäre ein erster Kandidat für einen überwiegend frustrierenden Lückenfüller gewesen, der mit viel indirekter Rede zu einem Taschenheft aufgeblasen werden kann. 

Betty Toufre ist von der Regierung der Union auf den Mars geschickt worden, um mit den Santon zu verhandeln. In die Kontaktaufnahme hinein platzen Sid und Hollander, die ja nach dem Anschlag auf den Sternenfahrstuhl zum Mars geflohen sind. Sie haben die Halbschläfer in den Weiten der Marswüsten gefunden. Während sie von ihren Erlebnissen berichten, nimmt der Santon Phylior Kontakt mit Betty Toufre auf und erzählt ihr die persönliche in Kombination mit dem Schicksal ihres Volkes Lebensgeschichte. 

Eine Organisation namens Allianz hat vor vielen Jahren im großen Krieg gegen einen ominösen Feind gekämpft. Nachdem viele Welten zerstört worden sind, dringt das Allianz Raumschiff WELTENSAAT zu Planeten vor, um sie zu renaturieren und neues Leben auszusäen. Diese Idee erinnert an die Sporenschiffe aus der ersten Auflage. Dagegen spricht, das das Raumschiff unter dem Kommando eines Goldenen – Ketar – steht, der über eine gemischtrassige Besatzung wie ein Diktator herrscht. Die eigentliche Beschreibung des Schiffes erinnert in seiner phantastischen Surrealität weniger an den technokratischen Hintergrund der „Perry Rhodan“ Serien, sondern wirkt wie eine Mischung aus “Terranauten“ und  „Ren Dhark“. So besteht das Schiff aus einem kristallen Werkstoff und der Ringraumer wird von intelligenten Energiewesen namens Lazane angetrieben. Mit ihren zwanzig feurigen Augen sind sie in der Lage, nicht nur Energieformen zu erzeugen oder ambivalent zu verändern, sondern auch noch die Besatzung zu „versorgen“. Phylior wacht ohne Erinnerungen an Bord des Raumschiffes auf und wird schnell zu einem Renaturierer ausgebildet. Wobei man weniger von Ausbildung denn körperlichen Einsatz sprechen kann. Phylior ist ein Außenseiter seiner Rasse – ein Merkmal, das zu oft auf die Rückblickerzähler des „Perry Rhodan“ Universums zutrifft.

Viel schlimmer ist, dass Alexander Huiskes seinen Leser einen wirren Mischmasch aus Spekulationen, Paralleluniversen und Zeit- Raum Anomalien präsentiert, welche wie Fremdkörper in der „Neo“ Serie erscheinen. Natürlich kommt es zwischen dem Kommandanten des Weltenschiffes und einer ehrgeizigen, als Phylior interessierten Wissenschaftlerin zu Konflikten. Bedenkt man, dass in vielen „Neo“ oder „Perry Rhodan“ Romanen seit Jahrhunderten bestehende Hierarchien durch den Erzähler direkt oder indirekt gestört werden, um Spannung zu erzeugen, dann folgt der Roman diesen Klischees. Phylior ist auf der einen Seite ohne Frage ein exotischer Charakter, das Mitglied eines Volkes, über dessen Herkunft die Leser mehr erfahren möchten. Auf der anderen Seite kann Huiskes dank des bekannten Endes kaum Spannung erzeugen. Zu viele zu unterschiedliche Fakten versucht er zumindest in einem soliden, aber teilweise zu aufgetragenen Erzählstil zu präsentieren. Es bleibt bei dem Versuch, einen geordneten Roman zu erzählen.

Zumindest hat er die Chance, die beiden Handlungsebenen ein wenig miteinander zu verbinden. Auch wenn – ebenfalls bei „Neo“ keine Überraschung – der Ausgangspunkt des zweiten Spannungsbogens aus dem Nichts heraus kommt.  Die „Al´eold“ ist in der Umgebung des Solsystems unterwegs. Sie steht unter einem ungewöhnlichen Doppelkommando. Toreaad und Deringhouse sollen zusammen mit den Kadetten aus Baikonur in einer 25 Lichtjahre umfassenden Kugelschale (!!!) Ortungssonden aussetzen. Über die weiteren Funktionen dieser Sonden erfährt der Leser nichts. Toreaad bezweifelt den Nutzen, da die Vorwarnzeit gering ist und es keine echten Verteidigungsmöglichkeiten gibt. Über die Unzahl der auszusetzenden Sonden verliert Alexander Huiskes kein Wort. Auch der technische Hintergrund es vage, da transmittierende Raumschiffe von den Sonden nicht geordnet werden können. Im Arkturus System treffen sie nicht nur auf die Lazan, sondern empfangen einen normalichtschnellen Funkspruch auf arkonidisch, der sie vor der Suche nach dem ewigen Leben warnt. Der Funkspruch kommt aus einer Schirmfeldkuppel auf dem verwüsteten Planeten Arkturus I. Dessen Oberfläche wurde von großer Hitze verbrannt. Deringhouse und Toreaad entschließen sich als Doppelkommandanten, die Kuppel zu untersuchen. Beide landen auf dem Planeten. Hier verläuft der Prozess im Grunde rückwärts. Während die pflanzlichen Santor ansonsten die technischen Hinterlassenschaften der Lemurer assimiliert und „vernichtet“ haben, verändern sich im Arkturus System die Bäume in technischen Gerätschaften, die eine weibliche Humanoide unter einer Energiekuppel gefangen gesetzt haben.  Am Ende des Romans schlägt passend die Energie über und tötet die Santorm, die Lazan und schließlich auch noch alle Allianzangehörigen auf dem Mars, während die eindimensional charakterisierten, hilflos dem Geschehen gegenüberstehenden Deringhouse und Toreaad in letzter Sekunde gerettet werden.  

Neben den mystisch angehauchten verschiedenen Rückblicken und dem Versuch, PSI in die Serie als allgegenwärtige Waffe einzuführen, frustriert am Meisten, dass der Leser am Ende des Buches mit leeren Händen dasteht.  In einer Art „Deus Ex  Machina“ Lösung werden die Seitenzweige und Exzesse des Romans relativiert und der normale „Neo“ Kosmos wieder „hergestellt“. Alexander Huiskes gibt sich ohne Frage ausgesprochen viel Mühe mit Aliens, die im Verlaufe der „Neo“ nicht wieder auftauchen werden. Er kämpft sich durch einen verwirrenden Hintergrund und schafft es leider nicht, seinem inhaltlich zu umfangreich gestalteten Taschenheft eine äußere Ordnung zu geben. Der Abstecher in den PSI/ Pflanzenbereich ist Geschmackssache. Es braucht auch nicht der Bogenschlag zu den „Perry Rhodan“ Erstauflageromanen zu folgen. Die Universen laufen nicht parallel und die Geschichte wird neu und anders erzählt. K.H. Scheer und Clark Darltons Schöpfung war zu Beginn auch nicht perfekt. Das Problem insbesondere dieses Romans liegt in den verschenkten Chancen. Ein Terraformingprojekt auf dem Mars, nach einem großen krieg angestossen, die in beiden Serien interessanten Halbschläfer und weitere Hinweise auf die fatale Suche nach der Unsterblichkeit – diese kommen ohne Frage zu spät, da Perry Rhodan und Crest schon einmal erfolgreich gewesen ist – sind alles interessante Ideen, die einen breiteren Rahmen verdient haben. Sie beinhalten sehr viel Potential, das ungenügend gehoben wird. Anstatt diese Ideen als Ausgangspunkt für eine weiter solide und auf technologischen Beinen stehende Extrapolation des „Neo“ Universums zu nutzen, verlieren sich Frank Borschund Alexander Huiskes in Plattitüden und Anspielungen. Viele der Hintergründe des Weltensaatschiffes wirken abstrus und unlogisch. Sie basieren auf den Fakten Zufall und frustrieren in der ungeordneten Art, in welcher sie in diesem leider sehr durchschnittlich geschriebenen Roman präsentiert worden. Vor allem muss man bedenken, dass inzwischen über die Hälfte der „Vorstoss nach Arkon“ Miniserie vorbei ist und sich Rhodan noch immer weit außerhalb des arkonidischen Imperiums und des Archivs befindet. Diese fatale Fehlplanung der Miniserien/ - zyklen ist ein Manko, unter dem alle Sonderprojekte Perry Rhodan -siehe die inzwischen ruhenden Heyne Mehrteiler oder die letzten „Atlan“ Heftromanserie bzw. „Pery Rhodan Action“ – gelitten haben und wie hier der Beweis angetreten wird, auch noch leiden. So hat „Neo“ keine lange Zukunft mehr.

 

 

 

Taschenheft, 160 Seiten

Mai 2013 erschienen

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