Söldner des Schlangenclans

Söldner, Schlangenclans, Cover, Rezension
E.C. Tubb

Der elfte Earl Dumarest Band ist vielleicht eine der größten  Überraschungen der ersten Hälfte der Serie. Dumarest ist schon mehrfach missbraucht worden, um gegen ein wenig Geld, ein wenig Freiheit oder vielleicht spärliche Informationen über die mögliche Position der Erde die in erster Linie menschlichen Kohlen aus imaginären Feuern zu holen. Diese Prämisse wird auch in „Zenya“ – der deutsche Titel „Söldner des Schlangenclans“ ist nur bedingt richtig – aufgegriffen,  um in der zweiten Hälfte deutlich in Karl May Territorium – der Konflikt zwischen den Einheimischen und den Siedlern – abzudriften, bevor Tubb im Grunde zwei Überraschungen aus dem Ärmel zieht. Hinsichtlich der Suche nach der Position seiner Heimatwelt Erde erhält Dumarest einige wichtige Informationen- die Namen der benachbarten Sonnensysteme, welche der Leser als richtig einordnen kann – und das zweite As im Ärmel ist, dass es in dem Konflikt zwischen den Siedlern und den einheimischen, an telepathische Indianer erinnernden Wesen keinen klassischen Schuldigen gibt, sondern der Aufbau des Planeten an sich ein Geheimnis in sich trägt. Bevor es zur finalen Auseinandersetzung zwischen den beiden Gruppen trotz des labilen Waffenstillstands kommt, kann Dumarest eher einem Instinkt als Fakten folgend die Katze aus dem Sack lassen und den Frieden wieder herstellen.  Es ist ein solider Abschluss eines Romans, in dessen Plotverlauf der Autor immer wieder nicht unbedingt überraschende Elemente, aber effektive, spannungstechnisch sehr gut geschriebene Szenen eingebaut hat.

Auch die Verschwörung gegen Dumarest ist deutlich vielschichtiger und vor allem für ihn undurchdringlicher aufgebaut. Auf dem Planeten Paiyar besucht Dumarest eine alte Bibliothek in der Hoffnung, dort Hinweise  auf die Erde zu finden. Wie es sich für den melancholischen Unterton der Serie gehört, werden ihm nur Mythen und Legenden präsentiert.  Eine junge hübsche Frau beobachtet ihn. Es handelt sich um Zenya. Sie bittet ihn mehr oder minder mit sanfter Gewalt, ihren Großvater aufzusuchen, der ein Angebot für ihn hat. Es handelt sich um Chan Parect, den Anführer des Schlangenclans. Parect ist aber wahnsinnig.   Schnell wird Dumarest in einen Kampf mit dessen Enkel verwickelt, der den Weltraumtramp heimlich in dessen Kammer ermorden will.  Bei der Auseinandersetzung wird Dumarest vergiftet und muss auf eine teure Art und Weise gerettet werden. Damit steht er in der Schuld des Clanführers, der ihn nicht nur mit einer Belohnung, sondern einem kleinen Sender zwingt, nach Chan Parects Sohn zu suchen, der vor vielen Jahren auf einer abgeschiedenen primitiven Welt verschwunden ist. Sollte Dumarest diesen erzwungenen Kontrakt verletzen, würden die Cyclan über seinen Aufenthaltsort informiert.   Wie es sich gehört, soll ihn Zenya begleiten.  Die junge  Frau hat sich natürlich in Dumarest verliebt, der sich als ihr Ehemann ausgibt.

Der Parect Clan ist einer der interessantesten Schöpfungen der Serie. In erster Linie wird Inzest impliziert. Wahnsinning sind alle Mitglieder des Clans, wobei der verlorene Sohn rechtzeitig geflohen ist. Während Zenya eher naiv ist und nach dem Sex natürlich unter der Dusche dahin schmilzt, ist es die Ehefrau des Clanoberhauptes, welche ihre erotischen Fänge nach Dumarest ausstreckt und dabei auch die Kontrolle über den Sender erlangt. Auf der anderen Seite zeigt sich auch eine der Schwächen der Serie, denn der Clan ist reich und einflussreich, kann aber anscheinend keine Expedition zum Planeten Chard ausschicken, auf dem Parets Sohn das letzte Mal gesehen worden ist. Das wirkt nicht glaubwürdig.

Dumarest ist immer wieder als Krieger angetreten, der mit einer Mischung aus Überlebenswillen und Instinkt, aus Erfahrung und schließlich auch Kraft seinen Mann gestanden hat. Auf Chard wird er schnell in der Rolle eines Adligen zum Anführer der örtlichen Truppen. Anscheinend erfolgreich – ebenfalls eine ironische Wendung, die Tubb bis zum Ende seines stringenten Buches in der Hinterhand hat – gibt er sich als Kriegsherr von einem Söldnerplaneten aus und kann relativ schnell die örtliche, von den Auseinandersetzungen überforderte Armee infiltrieren. Anscheinend sind einige der kleineren Siedlungen angegriffen und alle Menschen getötet worden. Die Aufzeichnungen sprechen von Monstren, welche angegriffen haben. Zu Beginn bildet Dumarest die eher rudimentären Truppen aus und versucht ihnen grundlegende Dinge wie Disziplin und Verantwortung beizubringen. Dabei erweist er sich als harter, aber auch fairer Offizier.  Um die Beschreibungen der Soldaten zu überprüfen, begibt er sich an die Front, wobei die Einheimischen teilweise nur mit Pfeil und Bogen angreifen und den Lasern eher hilflos gegenüber stehen. Bei den Verhandlungen – hier setzt endgültig der bekannte Western bzw. für deutsche Leser Karl May Teil ein – erkennt er, dass die telepathisch Begabten und nicht der Lüge fähigen Einheimischen nicht mittelbar für die Angriffe verantwortlich sind. Sollte ihr Gast – Dumarest weiß wie der Leser, um wen es sich handeln muss – für das Aufstacheln der Einheimischen verantwortlich sein? Ganz bewusst lenkt der Autor die Erwartung der Leser in diese Richtung.  So sehr Dumarest die Truppen auch anfänglich schult und drillt, so sehr sucht der Westentaschenoffizier ohne Patent, aber mit Lebenserfahrung nach einer friedlichen Lösung. Wie bei den Karl May Geschichten muss Dumarest als weiser Mittler zwischen den beiden Parteien nicht nur verhandeln, sondern Angst, Misstrauen und schließlich auch Neid überwinden. In dieser Hinsicht bis zur finalen, vielleicht ein wenig vom Laien Dumarest aus dem Hut gezauberten Lösung folgt der Roman den bekannten Westernvorlagen. Alleine die persönliche Situation mit den zwei um ihn kämpfenden Frauen ist ein nicht unbedingt originelles, aber die Handlung erweiterndes Detail. Am Ende kann der Weltraumtramp alle gordischen Knoten durchschlagen und zumindest kurzzeitig seine „Freiheit“ wieder erlangen. Im folgenden Roman wird die Suche der Cyclan deutlich intensiviert.

Zusammengefasst ist „Söldner des Schlangenclans“ – nichts anderes ist ja Earl Dumarest – nicht nur aufgrund der exotischen Hintergründe und dem deutlich aktiveren, nicht mehr passiv von nicht zu kontrollierenden Ereignissen getriebenen Weltraumtramp , sondern der pazifistischen Zwischentöne ein aus den manchmal zu stereotyp angelegten Bänden der Saga positiv herausragendes Abenteuer, das viele E.C. Tubb Kritiker zumindest kurzzeitig verstummen lässt.              

Originalausgabe erschienen 1974 unter dem Titel "Zenya"

Deutsche Ausgabe erstmals 1975 , 160 Seiten.

Pabel Verlag ISBN 3811857126.

Übersetzung ins Deutsche von Heinz Peter Lehnert / Michael Nagula.