Der letzte „Maddrax“ Roman des Zaubermond Verlages aus der Feder von Ansgar Back ist ein kurzweiliges Lesevergnügen. Teilweise eine Hommage an den Italo- Western mit einzelnen Gruppen, die mehr oder minder brutale Kleinstadtdiktatoren im bolivianischen Amazonasgebiet stürzen wollen, dann eine klassische Suche und schließlich eine Rückkehr zu den Wurzeln. Der rote Faden ist die Verfolgung einer kleinen Gruppe von Entführern. Auch wenn diese Idee inzwischen zum Klischee geworden ist, nutzt sie Ansgar Back routiniert, um insbesondere den ohne Erinnerung lebenden Androiden Shiro zu seinen Wurzeln zurückzuführen. Dabei schlägt der Autor einen weiteren Bogen zurück in der Heftromanserie bis zur Auseinandersetzung am Kratersee und dem durch den EMP Impuls erfolgten „Reset“ in technokratischer Hinsicht.
Shiro ist mit einer kleinen Gruppe von Archäologen der technischen Rückstände in Lateinamerika bzw. Amraka unterwegs. Plötzlich entwickelt er menschliche Gefühle und verliebt sich in die junge Loona, die diese Emotionen auch erwidert. Betrachtet der Leser den ganzen Roman, so wirkt diese Idee eher wie eine Art MacGuffin, denn erstens ist das Entwickeln von Emotionen bei künstlichen oder halb künstlichen Wesen nicht isoliert zu betrachten und zweitens wird nicht seine neu gewonnene „Fähigkeit“ am Ende benötigt, sondern sein militärisch geschulter Geist. Kurze Zeit später wird Loona im Auftrag der Westentaschendiktatorin Rilaana mit einem gewaltigen Verschleiß an Liebhabern entführt. Shiro folgt ihr schließlich bis nach Kordooba, der gläsernen Stadt, wo er mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert wird.
Handlungstechnisch bewegt sich Ansgar Back auf einem sicheren Terrain. Die angesprochene Verfolgung wird aus zwei Perspektiven – Opfer und Shiro – beschrieben. Dabei greift Ansgar Back aber auch ordentlich in die Klischeekiste. Das lüsterne Mitglied der Entführergruppe, das anfänglich in Schach gehalten und später effektiv in einer cineastisch so oft ausgeschlachteten Schlusssequenz getötet wird. Die naive Falle, in die Shiro tappt und die vielen Lesern auch aus einigen Filmen bekannt vorkommt, ist zwar spannungstechnisch effektiv ausgewalzt, aber wenn ein Autor auf derartige Klischees zurückgreift, dann sollte er entweder mehr draus machen oder die Szene mittels Übertreibung aus der Masse herausheben. Zumindest ärgert sich Shiro über seinen zu menschlichen Fehler, aber in diesem ganzen Szenario kann der Autor auch ohne die ständige Gefahr der Überlastung keine wirkliche Spannung erzeugen. Es sind aber die beiden schwächsten Aspekte des Buches, denn je weiter der Plot voranschreitet, je überdrehter und teilweise skurriler wird die Handlung und manche bekannte Idee wird dann von Ansgar Brack sehr gut entfremdet. Alleine der Hinweis auf die Schatzkammer – am Ende spielt sie keine wirkliche Rolle – und das zum Schweigen bringen des Erbauers mit den katastrophalen Folgen für weitere Bauwerke sei hier genauso exemplarisch erwähnt wie das Auffinden eines seit Jahren immer wieder notdürftig reparierten Panzers, der schließlich bei der obligatorischen Befreiungsaktion los geschickt wird. Alleine das „Aufrüsten“ des Panzers, das Einfahren und schließlich die brachiale Aktion ist eines „A- Teams“ würdig und hier stimmt die Mischung aus Respekt vor den verschiedenen Vorlagen bis wahrscheinlich zum James Garner Streifen „Der Tank“ sowie die Integration in das „Maddrax“ Universum. Kurzweilig, nicht schlecht in einzelne mehr oder minder bizarre Episoden aufgeteilt mit einer soliden Mischung aus Brutalität – hier sei das Einmauern gleich zu Beginn erwähnt und die finale Konfrontation – und teilweise bizarren Humor nimmt der Autor die politischen Wechselspiele der Gegenwart auf dem lateinamerikanischen Kontinent zum Anlass, diese geschickt in einer archaischere Zukunft zu extrapolieren. Hinzu kommt, dass Ansgar Brack hinsichtlich der eigentlichen Aktionen aus dem Rennen nimmt und so den besser gezeichneten Nebenfiguren ihre fünf Minuten des Ruhms auf der Bühne zugesteht. Das macht das Szenario runder und der Leser muss wirklich mal um ein oder zwei der Teilzeithändler fürchten.
Ein wenig enttäuschend ist die emotionale Handlungsführung. Natürlich ist Shiros Odyssee gut beschrieben und den Bogenschluss zur originalen Serie und den in der Vergangenheit liegenden Ereignissen folgerichtig. Unter Druck kann Shiro nicht anders handeln. Der Autor dringt aber zu wenig in die Persönlichkeit Shiros ein, denn immerhin erschließt sich ihm eine gänzlich neue emotionale Welt. Hinzu kommt die erste Liebe. Der innere Zwiespalt wird zu wenig nachhaltig herausgearbeitet und die Wichtigkeit dieser Erfahrungen scheint immer wieder in den Hintergrund zu geraten. In Hinblick auf den Showdown wäre ein Umkehrschluss fällig, der eher mechanisch erfolgt.
Seine Gegenspielerin ist ihm vielleicht einen Schritt voraus, aber auch hier wirkt nach der Aufdeckung der Überraschung die finale Abhandlung sehr mechanisch und nicht wirklich zufriedenstellend. Wie bei Shiro bleibt einiges an der Oberfläche, was normalerweise sehr viel intensiver und vielschichtiger hätte abgehandelt werden können und vielleicht auch müssen.Nicht selten sind die exzentrischen Nebenfiguren deutlich vielschichtiger und nuancierter charakterisiert worden als die Hauptfiguren. Das gibt dem Roman einen intensiveren, semirealistischen Hintergrund und überdeckt die angesprochen bekannten Facetten der Grundhandlung.
Auf den Titel bezogen ist der Leser angesichts der vielen Toten, der finalen sehr blutigen Schlacht und der „Survival of the Fittest“ Mentalität der ganzen Serie auch nicht sonderlich schlauer. In dieser Zukunft ist ein Leben nicht viel Wert und die Androiden/ Cyborgs werden mehr und mehr zu Menschen, die in dieser dunklen Zukunft genauso leben und überleben müssen. Also kann hier kein Mehrwert eruiert werden. Stattdessen schwelgt Ansgar Back am Ende in der „multidimensionalen“ Endschlacht. Mehrere Seiten durch provozieren versuchen sich den auf der Macht von zwei Tyrannen basierenden Status Quo auszuschalten, während gleichzeitig die Befreiungsaktion abläuft und Shiro zwangsverpflichtet wird.
Unabhängig von diesen kleineren Schwächen ist der vorliegende Roman kurzweilig zu lesen, stilistisch ansprechend geschrieben und passt sich nahtlos in die Intention der „Maddrax“ Zaubermond Veröffentlichungen ein, den Hintergrund der Hauptserie auszuleuchten und wichtigen Nebenfiguren mehr Raum zu schenken als es in den laufenden Einzelheften möglich ist. Diese beiden Prämissen werden von diesem leider letzten Taschenbuch im Zaubermondverlag ausreichend erfüllt.