In Clanthons Auftrag

Klaus N. Frick

Der Chefredakteur der Perry Rhodan Serie ist seit Jahrzehnten auch als Autor unterwegs. Eher nebenberuflich, was das Pensum angeht. Aber Klaus N. Frick schreibt in einem Fortsetzungsroman über seine fiktive, aber auf wahren Ereignissen basierende Vergangenheit als Punk. Im Knaur Verlag erschien der Fantasy Roman „Das blutende Land“ und Michael Haitel  legte in Kooperation mit den Hornsignalen insgesamt sieben, für die Buchveröffentlichung überarbeitete Geschichten bzw. Novellen um Ghazir en Dnormest neu auf.

Es lohnt sich, die Sammlung neben den einleitenden, den Charakter des dunkelhäutigen Kriegers beschreibenden Worten auch das Nachwort zuerst zu lesen. Klaus. N. Frick geht auf seine Begegnung mit dem EDFC und der Simulationswelt Magira ein. Hugh Walker hat ein halbes Dutzend Romane auf Magira angesammelt,  die erst im Rahmen der Terra Fantasy, später überarbeitet beim Bastei Verlag und schließlich noch einmal im Rahmen der Werkausgabe Hugh Walkers im Verlag von Peter Emmerich erschienen sind. Das Interesse an Magira ist immer noch hoch. Der Autor charakterisiert die Figur, welche er für die Simulationswelt erschaffen hat. Der einzige Farbige  auf der einzigartigen, mit sechs Himmelrichtungen ausgestatten Welt. Die Figur hat Klaus N. Frick in zahlreichen Geschichten lebendig gemacht. Die sieben Texte sind in chronologischer Lebens Reihenfolge ihres Protagonisten unabhängig von ihrer individuellen Entstehungszeit angeordnet worden.

Auch wenn sich Klaus N. Frick am „Sword & Sorcery“ Genre orientiert und Ghazir nicht scheut, zur Klinge zu greifen, aber niemals einen Unbewaffneten zu töten, offenbaren die sieben Geschichten auch literarische Wege zu anderen, für das Genre nicht untypischen, aber zumindest ungewöhnlichen Auflösungen. Das unterscheidet Ghazir von Extremüberhelden wie Conan, aber auch Wagners nihilistischen Kane.

„Die Hexe von Sumpfwald“ zeigt Ghazir in einem kleinen Dorf auf einen neuen Auftrag des Königs wartend. Er hat sich mit einem Dorfmädchen angefreundet, das unbedingt schwanger  werden will. Dabei muss Ghazir nicht mal als Vater später anwesend sein. In dieser Hinsicht agiert das Dorf pragmatisch. Der Bruder seiner Geliebten – Raimund Riemenschneider als eine der ersten Anspielungen auf Fandomler – ist Ghazirs Diener. Eine Hexe wohnt im Sumpf und hilft gegen kleine Gaben den Dorfbewohnern. Aufgrund des Mittels fällt Ghazirs Freundin in eine Art Trance und ihr Bruder bittet Ghazir, mit ihm zusammen gegen die Hexe zu ziehen.

Während der erste Teil der Handlung klassisch, vielleicht mit der geheimnisvollen Gestalt im undurchsichtigen Wald oder dem Duell vor der Tür der Hexe nahe am Klischee aufgebaut ist, präsentiert Klaus N. Frick in der Hütte selbst einige Überraschungen. Die Forderungen der Hexe sind ganz anders als von den Dorfbewohnern dargestellt, aber vor allem Ghazir kann die „Lust“ der Hexe befriedigen.

In der zweiten Geschichte „Das doppelte Duell“ sind Ghazir und Raimund Riemenscheider in den Eiswüsten unterwegs.  Ihnen gelingt es, einen Überfall von Banditen abzuwehren und einem Dorf die dort gestohlene Beute zurückzubringen. Das Dorf berichtet Ghazir von drei schwarzen Reitern, die anscheinend einen der Clanther, der Herzoge, in einem Gefängniswagen mitgebracht haben. Kurze Zeit später zogen sie mit dem Wagen, aber ohne Clanther ab. Ghazir beginnt diesen Gerüchten zu folgen und trifft auf einen Mann, den er aus seiner Vergangenheit kennt, der ihn aber nicht mehr wiederzuerkennen scheint. Die Folge ist das auf zwei Ebenen ausgeführte doppelte Duell.

Wie in „Die Hexe vom Sumpfwald“ agiert Klaus N. Frick auf zwei Ebenen. Die reale Ebene mit Schwertkämpfen ist gut  greifbar. Es gibt aber noch eine mystische, von Träumen/ Alpträumen und damit auch Visionen beeinflusste Ebene. Hier spielen sich in beiden Geschichten die besten Szenen ab. Während Ghazirs Sympathien in „Die Hexe im Sumpfwald“ allerdings klar verteilt sind, fordert Klaus N. Frick seinen Helden in der zweiten Story mehr heraus. Theoretisch kann er nur einen Pyrrhussieg erringen. In beiden Storys reagiert Ghazir allerdings nur auf Gewalt, auch wenn sein Leben durch verschiedene Kriege schon mit Blut durchtränkt ist. Das unterscheidet diesen Heroic Fantasy Protagonisten von einigen anderen überzeichneten Antihelden. Er ist ein erfahrener und guter Kämpfer, aber er sucht die Herausforderungen erst zu verstehen, bevor er ausschließlich reagiert und bislang in beiden Texten nicht von sich aus agiert.

 Die nächsten beiden Geschichten „Bäume im Sandmeer“ und „In den Salzstöcken“ spielen hinsichtlich ihres Rahmens in der gleichen Nacht. Auf der Reise mit seinem treuen Diener Riemenschneider kehrt Ghazir in einer kleinen Herberge ein. Die Menschen im Tal freuen sich auf den bevorstehenden Krieg. Seit fast zwanzig Jahren leben sie in Frieden. Ghazir versucht in der ersten Geschichte deutlich zu machen, das Krieg grausam, brutal und nicht selten unnötig ist. Er erzählt von dem Konflikt in seinem eigenen Land vor vielen Jahren. Ein fremder Stamm hat sich breit gemacht und wollte die Wüste urbar machen. Die Stämme haben sich mit blutigen Auseinandersetzungen gegen die Eindringlinge gewehrt. Ein Hinterhalt wird für Ghazir zu einer tödlichen Falle. Fast alle seiner Leute kommen um. Er wird einem Magier vorgeführt, der Bäume im Sandmeer  dank des im Blut vorhandenen Salzes pflanzen möchte. In der zweiten Geschichte – sie spielt hinsichtlich der eigentlichen Erzählung von „Bäume im Sandmeer“, auch wenn sich Ghazir an einige der Auswirkungen dieser Begegnung mit dem Übernatürlichen  erinnern müsste – wird er um Hilfe gebeten. In den tiefen Salzmienen unter der Wüste, welche den Reichtum der Stämme beherbergen, kommt es zu unheimlichen Ereignissen. Jung und ungestüm bricht Ghazir mit einer Handvoll Getreuer bewaffnet auf und wird von Fremden tief in den Salzhöhlen angegriffen. Allerdings wirkt deren Angriff seltsam verlangsamt.

In beiden Geschichten bekommt Ghazir es mit dunkler Magie zu tun. Im Gegensatz zu Kane oder Conan steht er der Magie per se nicht von Beginn an kritisch gegenüber. Einige Heilerinnen mit ihren möglicherweise übernatürlichen Fähigkeiten akzeptiert er, bewundert sie vielleicht auch im Stillen. Die dunklen Magier wollen ihm an seine Essenz. Das wird in dem jugendlichen Ungestüm des Autoren auch ausführlich erklärt und gibt Ghazir die Möglichkeit, zum überraschenden Gegenangriff überzugehen. Daher wirken die beiden Plots trotz der interessant beschriebenen Kämpfe auch ein wenig stereotyp und folgen im Groben, aber nicht in den Details den Mustern der Heroic Fantasy. Die pazifistische Mahnung und vor allem das Eingeständnis, das Vorurteile schlechte Ratgeber sind, ist aber nicht nur für das Genre ungewöhnlich, sondern zeigt die Weitsicht des Autoren, die aber leider immer noch auf zu viele taube Ohren fällt. 

 „Die Jenseitsinsel“ ist die längste und beste Geschichte dieser Sammlung. Blaue Blitze, ein seltsames Naturphänomen  führt Ghazir en Dnormest auf die Jenseitsinsel, ein karges Eiland mit einer kleinen, isoliert lebenden Bevölkerung. Die Insulaner akzeptieren den Boten des Königs eher widerwillig, vor allem mögen sie es nicht, das er einige Tage auf der Insel bleiben möchte. Das Hauptgetränk ist Bier. Das Wasser schmeckt seltsam. Bei seinen Erkundigungen über die Insel wird ein Mordanschlag auf ihn verübt. Nur eine Frau scheint ihm helfen zu wollen. Alle Bewohner der Insel warten auf die Geburt eines Kindes. Dann erscheint ein schwarzes Schiff am Horizont und ebenfalls in schwarz gekleidete Krieger rudern auf die Jenseitsinsel.

 Die Geschichte lebt nicht nur von dem interessant gestalteten Hintergrund. Während des Besuches stellen sich Ghazmir eine Reihe von Fragen. Das Spektrum reicht weit über den besonderen Geschmack des Wassers oder die anscheinend in Einem aus dem Felsen gehauenen Häuser hinaus. Das Verhalten der Insulaner inklusive eines Mordanschlags auf sein Leben ist seltsam. Auf der einen Seite devot, vielleicht auch ängstlich. Auf der anderen Seite Erwartungsvoll. Klaus N. Frick spielt vor dem Fantasyhintergrund mit den Versatzstücken des Horrors, den Autoren wie H.P.Lovecraft, aber auch Robert . Howard in seinen Horrorgeschichten auf einsame Spitzen getrieben haben. Die Erklärung helfen Ghazmir nicht. Viel mehr stellen sie ihn vor eine ultimative Herausforderung, eine schwierige Entscheidung. Allerdings verzichtet Klaus N. Frick auf die finale Konfrontation und entbindet Ghazmir vor der finalen Tat.

Die Novellenlänge ermöglicht es Klaus N. Frick, den räumlich allerdings eng begrenzten Hintergrund besser auszuarbeiten und die Nebenfiguren dreidimensionaler zu charakterisieren. Auf ein junge Frau wird der Autor in der abschließenden Geschichte „Die Legende vom Schakalzauber“ wieder zurückgreifen.

Die Jenseitsinsel mit ihrer Bevölkerung bietet über den Plot der Geschichte hinaus ausgesprochen viel Potential. Der Autor verzichtet auf eine schwarzweiß Zeichnung, auch wenn die Motive vor allem vom Stammesführer der Insel klar herausgearbeitet werden. Trotz des konsequenten Endes bleiben viele Fragen offen. Das macht den Reiz dieser Novelle aus.

 „Am Meer der Blitze“ geht ebenfalls auf ein seltsames Phänomen ein. Im Gegensatz zu den blauen nächtlichen Lichterscheinungen in „Die Jenseitsinsel“ handelt es sich dieses Mal um gestorbene Blitze, welche durch ihre Hitze und den Einschlag in den Sand ihn verklumpen lassen. Allerdings hat Ghazmir in dieser Heimat diese Blitze eher in tieferen Sandschichten gefunden und nicht wie hier an der Oberfläche. Die Handlung dieser Story ist deutlich stringenter und nicht zum ersten Mal in dieser Sammlung muss Ghazmir abschließend gerettet werden. Aber „Am Meer der Blitze“ unterstreicht, wie viel Mühe sich Klaus N. Frick mit seiner persönlichen Nische auf Magira gemacht hat, um einzigartige Naturphänomene mit übernatürlichen Bedrohungen zu kombinieren.

 Mit „Die Legende vom Schakalzauber“ schlägt Klaus N. Frick zwei Bögen. Sein Diener Riemenschneider besucht seine Schwester und damit auch Ghazomirs Sohn aus „Die Hexe vom Sumpfwald“. Mit Mantasse hat er eine zusätzliche Dienerin an seiner Seite, die er von der  Jenseitsinsel gerettet hat. Strukturell folgt er mit Rahmen und eingebetteten Erzählung den Mustern, die in „Bäume im Sandmeer“ und „In den Salzstöcken“ etabliert worden ist. Allerdings greift Ghazmir zum ersten Mal in dieser Sammlung über die eigenen Erfahrungen hinaus und erzählt eine alte Legende. Durch diese Struktur und die Distanzierung der Zuhörer/ Mantasse vom eigentlichen Geschehen verzichtet Klaus N. Frick auf eine klassische Spannungskurve und konzentriert sich mehr auf die Atmosphäre. Vor allem weil Ghazmir selbst zu Erkenntnis kommt, das die Legenden mit jeder Erzählung ein wenig anders werden; das die Geschichten aus der alten Heimat verhindern, in der neuen Heimat anzukommen und das ein Leben vorwärts angegangen werden muss, aber nicht nur rückwärts betrachtet werden sollte. Reife Erkenntnisse am Ende einer sehr kompakten und kurzweiligen Zusammenfassung einer teilweise allerdings auch vorhersehbaren Legende.

 „In Clanthons Auftrag“ zeigt über Hugh Walkers „Magira“ Romane hinaus Interessierten, wie vielfältig die Welt Magira wirklich ist. Die Geschichten sind alle kurzweilig geschrieben, die Zeichnung der Protagonisten ist auch mit dem charismatischen, aber weit von den Klischees der Heroic Fantasy entfernten Helden Ghazmir – seine Hautfarbe sorgt eher für Verwunderung als grundlegende Ablehnung -   an der Spitze solide bis überdurchschnittlich. Vor allem „Die Jenseitsinsel“ mit ihrer Mischung aus klassischen Fantasy Elementen, aber auch dem „Weird Tales“ Horror ragt aus den sieben Erzählungen sehr positiv heraus und ist alleine die Anschaffung der Sammlung und damit auch irgendwie den Rücksprung nach Magira wert. 

Klaus N. Frick
In Clanthons Auftrag
Fantasy-Erzählungen um Ghazir en Dnormest
Außer der Reihe 76 | Hornsignale 369
p.machinery, Winnert, März 2023, 256 Seiten, Paperback
ISBN 978 3 95765 314 7 – EUR 14,90 (DE)
E-Book: ISBN 978 3 95765 790 9 – EUR 5,99 (DE)

Kategorie: