Christian Montillon feiert als Autor des mittleren Band “Sternenfall der Goldenen” der Trilogie ein Debüt. Zum ersten Mal ist ein Atlan Zeitabenteuer nicht von Hans Kneifel verfasst worden. Kritisch gesprochen führte auch bei Hans Kneifels Debütband mit Marc A. Herren ein Autor der jungen Generation die Exposefäden in der Hand, aber der 2010 sechsunddreißig Jahre alte Christian Montillon kreiert zusammen mit Marc A. Herren einen eigenständigen Roman, der viel mehr als der mittlere Abschnitt einer interessanten Trilogie ist.
Christian Montillon hat sich zu diesem Zeitpunkt neben einigen Perry Rhodan und anderen Science Fiction Romanen vor allem als Horrorautor etabliert. Und das zeigt sich in einigen dunklen Szenen im vorliegenden Roman. Vor allem haben es Herren und Montillon geschafft, ein gänzlich neues Element vor dem historischen Hintergrund in den Atlan Zeitabenteuern zu etablieren. Die Idee des psychopathischen Killers und seiner unwilligen Helfer in einer Mischung aus Paranoiathriller, aber auch zahlreichen Anspielungen auf David Finchers „Sieben“ mit Atlan als dem lange Zeit getriebenen Arkoniden, der immer wieder vom Sternenanzündemann zwischen den einzelnen auswandernden Gruppen hin und her getrieben wird.
Im Mittelpunkt der Handlung steht weiterhin der Auszug des Hellen Volkes aus der Sklaverei zu den sieben Königreichen, welche Atlan mit seinem Gleiter entdeckt hat. Zusammen mit der Pharaonentochter und der Legende nach Goldenen will der weiße Krieger Atlan die Prophezeiung von Sais erfüllen.
In seinem ausführlichen, aber lebedigen Auftaktroman hat Hans Kneifel alle Voraussetzungen für diesen Auszug inklusiv einer Brüskierung der alten zehn weißen Männer etabliert. Christian Montillon fällt die Aufgabe zu, neben der detaillierten Beschreibung der anstrengenden Reise diese Prophezeiung und ihre Interpretationen weniger mit Leben zu erfüllen, sondern zu hinterfragen. Vielleicht ist der weiße Krieger Atlan genau wie die immer stärker als Persönlichkeit sich entwickelnde Goldene auch nur Opfer eine gigantischen Manipulation, die bislang natürlich für die Menschheit nur im positiven Sinne dem Arkoniden zugestanden worden ist?
Von Hans Kneifel übernimmt der Autor die Idee, den historischen Hintergrund so authentisch wie möglich zu beschreiben. Im Gegensatz zum Urvater der Atlan Zeitabenteuer verzichtet der junge Autor aber auf die manchmal ein wenig gekünstelten erscheinenden Dialoge. Sie schimmern zwar durch, aber die Sprache wirkt moderner und damit auch für die Leser zugänglicher. Das geht ohne Frage zu Lasten der märchenhaften, irgendwie surrealistischen Atmosphäre, die Hans Kneifel über die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte etabliert hat.
So wird die Schlachtung von Ziegen oder das Ausnehmen eines Tintenfisches sehr ausführlich, vielleicht für einige Leser sogar zu detailliert beschrieben. Spätestens bei der abschließend mit ein wenig Salz und mit Öl bestrichenen Köstlichkeit dreht es wahrscheinlich einigen zartbesaiteten Lesern den Magen um, aber wie Atlan sollte der Leser diese historischen Passagen stoisch ertragen.
Dagegen fallen die Beschreibungen des alltäglichen Lebens im Vergleich zu Hans Kneifel fast schon karg aus. Da das helle Volk kontinuierlich in Bewegung ist, kann der Leser auf dieses manchmal ein wenig störende Füllmaterial auch verzichten.
Wie eingangs erwähnt wird der Auszug des Volks ebenfalls durch die Wüste allerdings in Richtung eines Inselparadieses und nicht des gelobten Landes von einem brutalen Mörder begleitet. Das verbindende Element ist die Farbe grün. Konsequent ziehen Christian Montillon und Marc A. Herren beginnend mit dem Fund der ersten Leiche – grünes Blut – über die Vergiftung einer Braut am Vorabend ihrer Hochzeit bis schließlich einem von grünen Flammen verzerrten Mann diese Thematik durch. Atlan ist zusammen mit Rico immer einen Schritt zu spät. Einzelne Szenen wirken wie das Ausbrennen von Augen bei lebendigem Leibe brutal und hinterlassen wie die Beschreibung von kulinarischen Delikatessen vielleicht ein unangenehmes Gefühl im Leser. Aber im Gegensatz zu seinen Ausflügen ins Dorian Hunter Universums mit den zu ausführlichen Beschreibungen dämonischer Brutalitäten versucht Christian Montillon im vorliegenden Band eher die Balance zu halten.
Nicht selten ist der Freund und Helfer Atlan zusammen mit Rico und den Roboterhunden sowie dem allgegenwärtigen fliegenden Beobachter Horus den Mitmenschen seiner Zeit nicht nur intellektuell, sondern auch technisch überlegen. Wie bei Hans Kneifel wird notfalls der Deflektorschild eingesetzt, mit dem Psychostrahler ein Verdächtiger verhört oder schließlich auch ein Teil des hellen Volks- die Alten und Gebrechlichen inklusiv der zehn entmachteten ehemaligen Priester – mittels des Gleiters durch die Wüste schon mal ins Paradies gebracht und doch positiv gesprochen ausgesetzt oder in Sicherheit gebracht. Den naiv schauenden Menschen erklärt Atlan, das er entweder von weit weg kommt und diese Art von Technik alltäglich ist oder die Götter ihm eben die Hilfsmittel zur Verfügung gestellt haben. Meistens kommt er mit dieser vagen Argumentationskette durch.
Das spannende Moment dieses Buches ist, das er bei seinem Gegenspieler damit nicht durchkommt. Zu Beginn nutzt dieser mit seinen unfreiwilligen, mental beeinflussten Helfern sein umfangreiches, fast alchimistisches Wissen, um Angst und Schrecken unter den Auswanderern zu säen und unschuldige Menschen auf brutale Art und Weise umzubringen. Einzelne rote Fäden verlaufen im Sand. Eine zufällig im Affekt begangene und vom Horus beobachtete Tat führt zu einem Mörder, der sich vor der Ergreifung in einer Pfütze ertränkt hat. Was als Selbstmord getarnt erscheint, ist nur ein weiterer Beweis für die mentalen Fähigkeiten, über welche Atlans Gegenspieler verfügen muss. Ein anderer Täter ist eine Überraschung, aber auch hier gibt es Erklärungen, warum er die Vergiftungen gegen den eigenen Willen begeben musste .
Höhepunkt in dieser Richtung ist die lange, aber spannende Vorbereitung auf das Finale. Immer wieder wird davon gesprochen, das in der Prophezeiung die Goldene brennen wird. Nicht unbedingt grün, aber für Atlan ein Warnsignal. Die Szene mit ihrer Mischung aus fast kitschig erscheinender Erotik und einem wirklich feurigen Finale ist der Höhepunkt des vorliegenden Romans. Wieder weisen die Spuren darauf hin, dass der Gegenspieler viel mehr über Atlan zu wissen scheint als es andersherum der Fall ist. Auch wenn Christian Montillon im Gegensatz zu Hans Kneifel den Roman eben nicht nur aus der Ich- Perspektive des unsterblichen Arkoniden erzählt und sogar in wenigen kurzen Kapiteln auf den Hintermann der Taten umschaltet, stellt sich zu diesem Zeitpunkt dem Leser unwillkürlich die Frage, ob der Arkonide als Fremder von den Sternen unter den Menschen wirklich alleine ist.
Während des Finals übernimmt der Arkonide wieder die Initiative und stellt dem brutalen Mörder eine Falle. Es ist die einzige Möglichkeit, um den oligarchischen Regierungsbildungsprozess des hellen Volks ohne weitere Störungen ablaufen zu lassen. Da es sich beim „Sternenruf der Goldenen“ ja um den Mittelband einer Trilogie handelt, gelingt es Christian Montillon zusammen mit dem schließlich den Abschlussband in Kooperation schreibenden Marc A. Herren den Täter zu überführen, aber die vielen Fragen um das helle Volk und ihr weiteres Schicksal offen zu halten.
Sex und Erotik mit dem seine Manneskraft auslebenden die Frauen betörenden Atlan findet sich auch bei Christian Montillon. Aber wie nicht nur der unsterbliche Arkonide, sondern auch der Leser feststellen kann, entwickelt der noch am Beginn seiner Karriere stehende Autor mit den seltenen Auftritten der Goldenen eine von Hans Kneifel noch ein wenig mechanisch angelegte Frauenfigur auf eine interessante, vielschichtige, das Püppchenimage mit einem Hauch der standesgemäßen Arroganz ablegende Art und Weise in eine dreidimensionale Richtung weiter.
Stilistisch deutlich fokussierter und vor allem auch angesichts des Mehrumfangs im direkten Vergleich zu Hans Kneifels „Die Prophezeiung von Sais“ aber auch inhaltlich deutlich stärkeren Romans unterstreicht Christian Montillon, das die Zeit für neue Stimmen hinsichtlich der Atlan Zeitabenteuer reif ist. Dazu braucht es nicht unbedingt die Jagd nach einem vom Sendungsbewusstsein zerfressenen psychopathischen Massenmörders, aber auch dieser im Grunde aus der Gegenwart in die Vergangenheit transportierte Aspekt zeigt das Potential der Geschichten um den unsterblichen Arkoniden in der menschlichen Historie noch einmal nachdrücklich auf.
- Herausgeber : Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH; 1. Edition (1. November 2010)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 340 Seiten
- ISBN-10 : 3890648215
- ISBN-13 : 978-3890648217