Agent of Terra 1: Agenten der Galaxis

Larry Maddock

1966 und nicht wie im Terra Taschenbuch 153 angegeben mehrere Jahre früher erschien mit „The Flying Saucer Gambit“ der erste Roman um Hannibal Fortune und seinen schon aus den drei Kurzgeschichten bekannten außerirdischen Partner Webley. Drei weitere Abenteuer sollten folgen. Webley und Hannibal Fortune arbeiten als „Agent of T.E.R.R.A.“. Neben dem Gambit im Titel deutet nicht nur die Abkürzung, sondern auch der Gegner „E.M.P.I.R.E“ natürlich auf eine Science Fiction Parodie der James Bond Serie hin. Larry Maddock – auf dem Titelbild des ersten Terra Taschenbuchs wird sein Name mit „Carry“ noch falsch geschrieben – hat sich aber einer anderen Serie angenommen.

 „The Man from U.N.C.L.E”, die zwischen 1964 und 1968 mit mehr als einhundert Episoden und später fünf teilweise aus den einzelnen Folgen zusammengestellten in Europa als Kinofilme ausgestrahlten TV Specials zu einer der erfolgreichsten Geheimagentenserie des amerikanischen Fernsehens werden sollte. Neben der Idee, jedes Abenteuer mit dem Beinamen „Gambit“ zu kennzeichnen, parodiert Larry Maddock die Abkürzungswut auf eine interessante Erde und Weise. Terra steht also nicht nur für die Erde, sondern auch für „Temporal Entropy Restructure and Repair Agency“. Hinzu kommt, dass der wie eingangs erwähnt bekennende „U.N.C.L.E.“ Fan noch die Idee übernommen hat, zwei auf den ersten Blick konträre Partner gemeinsam agieren lassen. Webley ist kein Russe wie llya Kuryakin, aber auch ein „Fremder“, der sich an das amerikanische Leben gewöhnt hat. Napoleon Solo und Hannibal Fortune sind aber beides offensichtliche Kunstnamen.

 Auch wenn der größte Teil der Handlung in der Gegenwart – der erste Roman „Agenten der Galaxis“ oder im Original „The Flying Saucer Gambit“  spielt im Jahr 1966 und ist in dieser Zeit ja entstanden – spielt, gibt Larry Maddock auch einen Ausblick in das Jahr 2572, aus dem Hannibal Fortune heraus operiert. Im zweiten Buch „Die goldene Göttin“ beschreibt der Autor sogar, dass sich die Zentrale dieser Organisation nicht mehr auf der Erde befindet, sondern quasi innerhalb einer kleinen Sonne, wo zehntausende von kleinen „M“s der Handvoll von Agenten mit der Lizenz, durch die Zeit zu reißen, zuarbeiten. Perry Rhodan Leser erinnert diese Zusammenstellung fast an eine Hommage auf die USO und deren Zentrale im Quinto Center. Aber Larry Maddock versucht der Gigantomie der allgegenwärtigen Feinde der Demokratie mit dieser mächtigen Zentrale einen Gegenpol entgegenzustellen, wobei die Mission trotz der fast perfektionierten technischen Ausrüstung – Hannibal Fortune wird in „ Agenten der Galaxis“ buchstäblich bis unter die Haarsträhne mit technischen Spielereien in der „James Bond Tradition“ ausgerüstet, welche ihm im Grunde nicht wirklich helfen – immer noch Handarbeit ist. Hinzu kommt, dass die Agenten im Original die Licence to Tamper“ besitzen, aktiv in die Vergangenheit einzugreifen, während ansonsten Zeitreisen zehn Jahre nach der Erfindung einer entsprechenden Maschine verboten worden sind.

 Zu Beginn von „Agenten der Galaxis“ wird ein Agent von einer unbekannten Macht in seinem Versteck ermordet. Hannibal Fortune und Webley werden folgerichtig in das entsprechende Jahr geschickt. Ein Hinweis scheinen die zahlreichen Sichtungen von fliegenden Untertassen in der Gegend zu sein. Fortune und Webley versuchen der Spur dieser Nachrichten bis zu einer jungen Frau zu folgen, deren Katze nach einem nächtlichen Abenteuer sogar auf einem dieser UFOS spazieren gegangen ist.

 Natürlich heften sich relativ schnell die feindlichen Agenten an ihre Spur. Wie bei den James Bond Filmen erweckt Hannibal Fortune im ländlichen Amerika schon für Aufmerksamkeit, um die Feinde aus ihrem nicht einmal guten Verstecken zu locken. Zu den besten frühen Szenen dieses sehr stringenten Buches gehört der Versuch des Agenten, mittels eines Autos ohne Kenntnis von Schaltung oder Lenkung den Feinden zu entfliehen. Selbst Webley ist beeindruckt.

 In der zweiten Hälfte zeichnet sich ab, dass die fliegenden Untertassen im Grunde nur Mittel zum Zweck sind. E.M.P.I.R.E hat einen Wissenschaftler entführt, der eine Verdummungsmaschine perfektionieren soll. Mittels dieser Maschine will die Verbrecherorganisation schon sehr früh die Kontrolle über die Erde übernehmen und dadurch die Entstehung ihrer Gegner in der Zukunft verhindern.

 Larry Maddocks bedient sich in dieser ersten Geschichte im Grunde allen Klischees der Science Fiction Parodie. Hannibal Fortune ist ein James in der Tradition der späteren Agentenfilme oder wie eingangs erwähnt der „Man from U.N.C.L.E.“ Serie. Er ist keine Tötungsmaschine wie sie Ian Fleming ursprünglich erdacht hat. Er ist zwar ein Lebemann und die Frauen stehen auf ihn, aber an zwanglosen Romanzen oder One Night Stands ist er nicht interessiert. Hannibal Fortune ist in diesem Duo der Improvisator, kein Sofortumschalter, aber ein Mann, der sich aus schwierigen Situationen gerne retten lässt.

 Den Außerirdischen Webley mit seinen 15 Kilogramm Protoplasma hat der Leser ja schon in den drei Kurzgeschichten kennen gelernt. Webley kommentiert das Geschehen und ist in schwierigen Situationen der dickköpfige Retter. Allerdings nimmt ihn Larry Maddock während des Showdowns auch kurzzeitig aus dem Spiel und gleich damit die Chancen von Empire ein wenig an. Interessant ist die Idee, dass die Agenten eine Art Androidenkörper – aufblasbar – mit sich führen, in den Webley schlüpfen und dadurch menschlich wirken kann.

 Der Anführer von E.M.P.I.R.E macht im Grunde die klassischen Fehler. So wird Hannibal Fortune natürlich nicht gleich getötet, sondern zusammen mit dem weltfremden Wissenschaftler inhaftiert und in eine kleine Zelle gesteckt. Spätestens ab diesem Moment kennt der Agent alle Pläne und kann die einzelnen Versatzstücken auch dank der UFOs als Ablenkung der Menschen zusammensetzen. Der Ausbruch aus der Zelle ist dabei ein wenig schwierige. Webley zeigt sich als nicht unbedingt durchgehend hilfsbereit.

 Der Showdown ist dann wieder klassisch, manche könnten auch es als klischeehaft bezeichnen. Ausbruch aus dem nicht unbedingt sicheren Gefängnis, für Chaos sorgen und schließlich den Feind besiegen.

 Die Zeitreisethematik und damit das stetige Risiko, das nicht nur E.M.P.I.R.E weniger die galaktische, sondern vor allem die irdische Geschichte in seinem Sinne biegt, werden eher pragmatisch abgehandelt. Erst in den folgenden Abenteuern geht Larry Maddock auf die Details ein. Er zeigt dann die verschiedenen, allerdings auch leicht zu umschiffenden Verbote genauso auf wie die Gefahren, sich selbst zu begegnen und damit eine Inkarnation zwangs zu löschen.

 Der Plot ist ausgesprochen stringent. Auch wenn es einige pointierte Dialoge gibt, sieht Larry Maddock „Agenten der Galaxis“ weniger als übertriebene Parodie der zahllosen Agentenserie, sondern als utopische Version mit mehr technischen Möglichkeiten und der Idee, das nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Vergangenheit bedroht wird. Dadurch wirkt der Roman vor allem im mittleren Teil aus heutiger Sicht ein wenig trocken. Die Leser der sechziger Jahre brauchten keinen historischen Hintergrund, sie haben die zahlreichen Anspielungen und Beschreibungen besser verstanden. Das Ufo Phänomen – kein Neuland in der sechziger Jahren – wird ebenfalls effektiv in die Handlung eingebaut. Die Zeitzeugen inklusiv der freimütig der Zeitung berichtenden Katzenliebhaberin werden als Spinner angesehen. Einen Zusammenhang zur potentiellen Verdummungswaffe präsentiert der Autor erst gegen Ende des Buches, ohne wie an einigen anderen Stellen auf mögliche Details einzugehen.

Wie manche Auftaktbände von Zyklen oder Serien wirkt der Hintergrund noch ein wenig spartanisch entwickelt. Alleine auf den ersten Seiten des Folgeabenteuers „Die goldene Göttin“ finden sich mehr, aber auch konträre Informationen zum ersten Roman.

 Das Verhältnis zwischen Hannibal Fortune und Webley befindet sich noch im Fluss. Es ist nicht unbedingt notwendig, die drei Kurzgeschichten zu kennen, in denen ja Webley noch ohne T.E.R.R.A. auf der Erde aufhält, aber sie reichern diesen Charakter an, während Hannibal Fortune teilweise noch zu sehr an die cineastischen Vorlagen angelehnt erscheint und zu wenig Eigeninitiative entwickelt.

 Der Fall ist ein klassisches Weltbedrohungsszenario mit einem naiven weltfremden, entführten Wissenschaftler und einem nicht mal charismatischen Schurken mit einem übertriebenen Kommunikationstrieb. Aber stringent angelehnt und von einem hohen Tempo liest sich „Agenten der Galaxis“ auch nach mehr als fünfzig Jahren des Erscheinens mit einer durchschnittlichen Erwartungshaltung immer noch unterhaltsam.

 

 

GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 39: AGENTEN DER GALAXIS: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vorg...

  • Herausgeber ‏ : ‎ Apex Verlag 1.. Edition (22. Juli 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 180 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3754145460
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3754145463