1969 veröffentlichte Manly Wade Wellman mit „The Dark Destoryers“ seine klassisch- klischeehafte Invasions Science Fiction Roman, die schon 1938 unter dem deutlich passenderen Titel „Nuisance Value“ publiziert worden ist. Der Moewig Verlag publizierte diese Version unter dem Titel „Die Kaltzeller“ als Terra Heft 130., Der Ullstein verlag publizierte die Geschichte unter dem Titel „Invasion von der Eiswelt“ als Taschenbuch 1972
Die Spuren der Ursprungsgeschichte lassen sich aber nicht verwischen, so wirkt schon die Veröffentlichung als Taschenbuch in den siebziger Jahren antiquiert. Wie „Insel der Tyrannen“ legt der Apex Verlag auch „Invasion von der Eiswelt“ im Rahmen seiner Galaxis Science Fiction Reihe als Taschenbuch und E Book neu auf. Auch in dieser Geschichte erinnert viel an die klassischen Flash Gordon Pulpgeschichten, mit einem ungewöhnlichen, intelligenten und pragmatischen Helden, der schließlich gegen alle Wahrscheinlichkeiten allerdings nicht wie bei Flash Gordon alleine auf dem Heldenfeld der Ehre, sondern durch die im Titel der ursprünglichen Novelle angedeutete Taktik erfolgreich ist.
Der Epilog wirkt wie eine hektische Zusammenfassung aller wichtigen Ereignisse. Manly Wade Wellmann relativiert auf diesen wenigen Seiten den klassischen Heldenstatus und vor allem das heroische Vorgehen. Er zeigt auf, dass mit offenen Visier kein Erfolg gegen technisch überlegende Gegner möglich ist und das die Historie die Ungereimtheiten und vor allem die schrecklichen Vorkommnisse im Gedächtnis der nachfolgenden Generationen immer ausgleichen wird.
Die grundlegende Plot ist relativ simpel gestrickt. Außerirdische haben die Erde überfallen und die Menschheit mittels ihrer überlegenen Technik besiegt. Die Fremden kommen anscheinend von einer Eiswelt oder zumindest einem sehr kalten Planeten. In die Äquatornähe sind sie nicht vorgestoßen, haben aber im Norden unter Kuppeln ihre Basen errichtet. Die restliche Menschheit ist auf ein primitives Niveau zurückgefallen. Sie leben in der Wildnis in Stämmen. Bei einem der Stammestreffen präsentiert sich ein junger entschlossener Kundschafter Mark Darragh, obwohl er keine Stimme hat. Er will mit einem von seinem Vater vor Jahren erbauten mit einem Segeln ausgerüsteten Kanu in den Norden und die Außeririschen auskundschaften.
Mark Darragh ist ein klassischer Charakter. Er ist intelligent, verfügt über ein überdurchschnittliches Basiswissen und ist kräftig, aber nicht unbesiegbar. Dank seines wachsen Geistes möchte er für die Menschen die bestehende Unterdrückung zwar nicht im Alleingang beenden, aber den Stammeshäuptlingen zumindest die Informationen zur Verfügung stellen, mit denen ein Angriff im Frühjahr auf die Fremden besser gelingen könnte. Realistisch gesehen sieht Mark Darragh aber keine Chance, das die Häuptlinge mit ihrer Guerilla Taktik in der vorliegenden Form Erfolg haben können. Er versucht eher, deren Niederlage im Vorwege durch seine Spionage abzuwenden. Dazu muss er sich wie der Charakter in „Insel der Tyrannen“ direkt ins Feindesland begeben und aus der Position eines Spähers heraus Informationen aus erster Hand sammeln. Während in „Insel der Tyrannen“ den Plan kompliziert, aber auch ein wenig unrealistisch ist, durchlebt Mark Darragh auf dem Weg zu den Eiskriegern eine Reihe von Niederlagen, teilweise auch der eigenen Naivität geschuldet, um schließlich direkt in einer der Kuppen zu landen. Zu seiner Überraschung ist er dort nicht alleine.
Bis zu diesem Augenblick entwickelt sich die Handlung ausgesprochen stringent. Manly Wade Wellmann legt Wert darauf, die Expedition sehr nahe in die Frontierzeit zurückzuverlegen. Darragh ist ein klassischer Pionier, der allerdings vorläufig an seiner eigenen Unvorsichtigkeit scheitert. In diesem Scheitern steckt allerdings im direkten Vergleich zu zum Beispiel „Insel der Tyrannen“ kein vielschichtiger Plan, sondern es ist wirklich ein Zufall, der ihn nicht nur ins Zentrum der Macht führt, sondern vor allem auch zu einigen Helfern.
In der zweiten Hälfte des Buches zieht der Autor das Tempo ordentlich an. Während die Expedition allerdings interessant und vor allem aufgrund der vagen Beschreibungen der Invasoren spannend und selbst für einen Roman aus den dreißiger Jahren noch heute akzeptabel ist, wirken die „Befreiung“ aus dem Zoo eher konstruiert und viel zu hektisch. Auch wenn die Eiskreaturen nicht in jeder Atmosphäre sich bewegen können und Temperaturen ab einem bestimmten für sie nur mit Schutzanzügen zu ertragen sind, haben sie die Menschheit innerhalb weniger Tage bis auf wenige Stämme vernichtet und sich zumindest in den Eisregionen etabliert. Auch wenn es Manly Wade Wellman nicht offen ausspricht, scheint es nicht die erste Welt gewesen zu sein, welche von ihnen erobert worden ist.
Daher wirken die Fluchtversuche inklusiv des ersten obligatorischen Scheitern eher bemüht. Frustrierend und interessant zu gleich ist, das die finale Auseinandersetzung zwischen den überlebenden Menschen und den Fremden gar nicht auf Augenhöhe der Leser stattfindet. Wie eingangs erwähnt relativiert Manly Well Wademan hier die potentiell heroischen Taten und zeigt Befreiungskriege als das, was sie wirklich sind. Schmutzige, brutale und vor allem blutige Arbeit. Der Titel der Originalgeschichte unterstreicht die Partisanentaktik, welche auf lange Sicht zu einem Erfolg führen kann und natürlich angesichts des Alters der Geschichte auch führen muss. Nihilistische Enden passten noch nicht in die Zeit der Golden Age Magazine.
Mit dieser Vorgehensweise hält der Autor seinen Text deutlich glaubwürdiger und verzichtet auf die epischen Zeichnungen, die zum Beispiel Alex Raymond so gerne in seinen „Flash Gordon“ Comics verwandt hat. Auf der anderen Seite wirkt der „Höhepunkt“ dadurch aber im Grunde in das Abseits verschoben und hinterlässt in den Lesern angesichts der langen Exposition auch eine gewisse spürbare Leere. Unabhängig von der Tatsache, dass für die Taschenbuchausgabe sowohl in den USA als auch später in Form der Heftromanveröffentlichung wie auch des Nachdrucks mehr „Platz“ zur Verfügung gewesen wäre, um die Geschichte umfangreicher anzulegen. Auch die amerikanische Originalausgabe fügt den deutschen Übersetzungen in dieser Hinsicht leider nicht viel hinzu.
„Invasion von der Eiswelt“ ist eine der zahlreichen Massenarbeiten, die der fleißige Manly Wade Wellmann in seiner langen Karriere produziert hat. Wie auch „Insel der Tyrannen“ stehen sie deutlich im Schatten seiner Weird Fiction oder Gruselstorys, in denen er eine überzeugendere Atmosphäre erzeugen konnte und die natürlich auch technisch weniger ergraut sind als die Pulpgeschichten. Das Wellmann sich immer bemühte, mindestens ein oder zwei nicht unbedingt von Grund auf originelle, aber zumindest andere Ideen in seinen Romanen oder Novelle zu verarbeiten, macht wie auch „Insel der Tyrannen“ die „Invasion von der Eiswelt“ ebenfalls deutlich. Aber viele Szenen wirken auch zu stark komprimiert. Die Charaktere inklusiv der obligatorischen, von der ersten Begegnung an erkennbaren Liebesgeschichte sind eher pragmatisch, funktional und eindimensional gezeichnet worden. Die Fremden bleibt distanziert und als Wortspiel eiskalt. Über ihre Kultur oder mehr über ihren Hintergrund erfährt der Leser so gut wie gar nicht, was sie auf der einen Seite ohne Frage geheimnisvoller, auf der anderen relevanten Seite aber auch klischeehafter eindimensionaler erscheinen lässt als es die Geschichte verdient hätte.
„Invasion von der Eiswelt“ weißt leider mehr Schwächen als Stärken auf. Wer gerne die B- Seite der Pulpmagazine von heute in Vergessenheit geratenen Autoren kennen lernen möchte, macht mit der Neuauflage nicht viel verkehrt, aber er muss immer daran denken, dass es sich um einen schnell herunter geschriebenen Plot handelt mit einigen bekannten Stereotypen.
Buch | Softcover
Apex (Verlag)
978-3-7529-9314-1 (ISBN)