Der vierte „Sun Koh“ Sammelband mit den Einzelheften 49 bis 65 inklusiv der entsprechenden Anhänge sowie ausführlichen und informativen weiterführenden Fakten zu Paul Alfred Müller und den „Sun Koh“ Romanen präsentiert ein ungewöhnlich breites thematisches Spektrum. Neben den zahlreichen Erfindungen, auf die Heinz J. Galle in seinem Nachwort noch einmal mit entsprechenden Querverweisen eingeht, ist es der in der Wüste Nordafrikas spielende Vierteiler inklusiv ausführlichen Beschreibungen der heute noch legendären wie von Legenden umwobenen Tuareg, die einen besonderen Reiz ausüben.
Der erste Roman des vierten Sammelbandes "Alaska Jim" beendet das Abenteuer im fernen Alaska und die Entführung der jungen Joan Martini. Während Sun Koh, Hal und Nimba in einer der wenigen Oasen - hier ist das Eis geschmolzen und es wachsen Bäume, ohne das dieses Phänomen nachhaltig erläutert worden ist - sich von der Strapazen erholen, rettet Alaska Jim schließlich die entführte und lange Zeit über kein Gedächtnis verfügende Joan Martini. Das zufällig auch noch eine gigantische Goldader gefunden wird, ist eher eine belanglose Randerscheinung als ein wichtiges Handlungselement. Am Ende wird der Roman zu hektisch, zu wenig aufregend abgeschlossen. Es fehlt auch in Bezug auf Joan Martinis Selbstbefreiung das entscheidende aktive Element. Angesichts einer sich über drei Romane ist das zu wenig. Sehr modern ist allerdings die Auseinandersetzung mit der Klimaerwärmung, die weniger den einzelnen Oasen, sondern Alaska im Allgemeinen wie in der Realität eingetroffen Probleme bereiten wird.
"LFD 103 überfährt alle Signale" ist einer von insgesamt drei aufeinander folgenden Einzelromanen, an dessen Ende Sun Koh über ein Börsengenie verfügt, das anscheinend die Bewegungen des Marktes mit einer ungewöhnlichen Treffsicherheit erahnen kann, sich aber selbst wenig bis gar nichts aus Geld macht. Der Mann ist aber in eine Erbschaftssache mit einem verbrecherischen Enkel seines Arbeitgebers verwickelt und wird von ihm in einem übervollen Zug gejagt. Hal entdeckt eine "Leiche", die plötzlich wieder verschwunden ist. Als der Täter schließlich in einer Verzweifelungsaktion de Lok zu kapern sucht, entgleist die ganze Situation und der Zug droht unbegrenzt in den nahenden Bahnhof einer Kleinstadt zu rasen. "LFD 103 überfährt alle Signale" ist ein erstaunlich kurzweiliges Actionabenteuer, in dem sich die Traditionen des Western mit einem Agatha Christie Plot und einigen Anspeilungen auf Hitchocks "A Lady vanishes" vermischt. Auch wenn Sun Koh am Ende die Situation retten muss, gibt es ausreichend andere Helden während des Streckenverlaufs und das Zufriedenstellende Ende unterstreicht die Sorgfalt, mit welcher Paul Alfred Müller den sehr stringenten, packenden Roman konzipiert hat.
„Die flüssige Pest“ nutzt wieder die Idee der idealisierten wie naiven Erfinder, deren Ideen von Verbrechern gestohlen werden. Die Entwickler werden ermordet und die Pläne könnten zumindest in der Theorie zur Weltherrschaft eingesetzt werden. Die zwei Erfindungen – ein Spaltpilz, der alles tierische und pflanzliche Leben in „Humus“ verwandelt – sowie die Erzeugung von künstlichem Regen werden in diesem geradlinigen Roman von Paul Alfred Müller auf damals bekannten Theorien extrapoliert. Das Ende mit dem Diebstahl der Dokumente, bevor ein in diesem Fall mexikanischer Monarch sie erwerben kann, wirkt zu einfach und hätte mit etwas mehr Sorgfalt auch in einem Zweiteiler abgewickelt werden können, aber die grundlegende Idee inklusiv der Nutzung des frisch entdeckten Wunderstoffs Paladium ist faszinierend genug, um nachhaltig zu unterhalten.
Der auch im Titel verwandte Roman „Die Toten von San Miguel“ verbindet eine fast märchenhafte Grundhandlung endlich mit dem Atantis Mythos, den Paul Alfred Müller aber im Verlaufe der „Sun Koh“ Serie mehr und mehr arisierte. Beispiel lässt sich am vorliegenden Roman nachvollziehen, wie der Autor wissenschaftliche „Widersprüche“ in die laufende Handlung seiner Serie integriert. Es geht um die Ureinwohner der Kanaren – die Guanchen -, deren Mumien durch einen Zufall in einem unterirdischen Höllenlabyrinth mit reichhaltigen Schätzen unter extra platzierten Steinplatten von einem naiven, aber herzensehrlichen Jungen gefunden worden sind. Bevor er wegen Mordverdacht am Schwiegervater in spe verhaftet werden kann, rettet ihn Sun Koh, der mit seinen Freunden auf der Fahrt an Bord des wundersamen Unterseeboots auf den Kanaren landet. Anfänglich streckt sich der Plot ein wenig zu sehr und die romantisch kitschige Liebesgeschichte, die stärker als die Vaterliebe der Tochter ist, wirkt aufgesetzt, aber Sun Koh abschließende Erklärungen inklusiv einer drastischen Lüge gegenüber der Öffentlichkeit machen „Die Toten von San Miguel“ zu einem Schlüsselroman der Serie.
Mit „Der weiße Sultan“ beginnt ein politisch opportuner, die Entwicklungen in Afrika zwanzig Jahre später vorwegnehmender Mehrteiler, der teilweise an einige von Karl Mays späteren Romanen erinnert. Es geht politisch nationalsozialistisch um die Möglichkeit, die französische Herrschaft im Norden Afrikas zu unterminieren. Das Entführungsmotiv – wieder die deutsche Tochter eines deutschen Wissenschaftlers – durch einen der einheimischen Rebellenführer – dem weißen Sultan, der aber unter den Seinen als Mischling gilt – ist vielleicht das schwächste Element des Romans. Auch dessen Motiv, aus der abgelehnten Liebe einer einheimischen Frau, welche einen weißen, arisierten Kapitän bevorzugte, wirkt vielleicht aufgesetzt, dient aber als packender und stringenter Einstieg. Im ersten Band entwickelt Paul Alfred Müller die Motive der einzelnen Protagonisten, die bis zum allerdings stereotypen Cliffhangar ein wenig kitschig erscheinen und stellt den charismatisch verblendeten Anführer der Rebellen vor. In bester Karl May Manier etabliert er Hal Marvin als naiven Helfer, der sich leicht gefangen nehmen lässt und Sun Koh als Kara Ben Nemsi. Aus dem Fundus von Robert Kraft scheint die Idee der sich im unterirdischen Flusslabyrinth unter der amerikanischen Wüste bekämpfenden U- Boote zu stammen. Diese Flüsse hat Paul Alfred Müller in einem vorangegangenen Roman etabliert, so dass durch diesen Rückgriff auf bekannte Landschaften und verwandte Ideen die „Sun Koh“ Serie immer komplexer und in sich geschlossener wirkt. Im folgenden Roman „Der Atlas brennt“ wird der politische Handlungsarm abgeschlossen. Dem weißen Sultan – er ist halbfranzösisch – wird von einem echten Berber vor Augen geführt, dass ein Freiheitskampf gegen Frankreich im Grunde bei einem siegreichen Ausgang die Brüderkämpfe wieder entfachen wird. Auf der anderen Seite beendet Freder van Holk diesen Roman mit der optimistischen Botschaft, dass ein geeinigtes Volk auf jeden Fall seine Freiheit erlangen wird. Welch ein Kontrast zu dem immer dunkler werdenden deutschen Horizont. Ohne auf rassistische Exzesse zurückzugreifen und mit einem Englänger als indirekten Helden hat Paul Alfred Müller auch durch ein Hin- und Herspringen in der Zeit – die Handlung ist absichtlich nicht konsequent chronologisch angelegt – Spannung aufgebaut. Müller macht aus dem anfänglich charismatischen Führer einen stereotypen Schurken in Karl May Manier, der nach der holden und weißen bzw. deutschen Maid giert und die Macht in erster Linie zum eigenen Vorteil ergreifen sucht. Sein perfider Plan, einige der französischen Stützpunkte durch Gift im Essen auszuschalten, andere durch versteckte Bomben zu vernichten wird in letzter Sekunde teilweise vereitelt, wobei der Berberanführer sich ausgesprochen dumm anstellt und von den Helden – dieses Mal nicht Sun Koh, sondern ein britischer Geheimdienstoffizier, dem der Erbe von Atlantis zu Hilfe eilt – überwältigt werden kann. Erst dann zeigt sich seine stammesunübliche Feigheit. Ohne die politisch erstaunlich gemäßigten Zwischentöne wäre „Der Atlas brennt“ ein eher schwacher Roman, dessen Klischees im folgenden Band „Fesseln der Tuareg“ fort gesetzt werden. Sun Koh und seine Freunde folgen dem weißen Sultan und seiner Gefangenen in die Wüste. Natürlich gelingt die Befreiung, wobei sich Übermacho Sun Koh am Ende des Plots einem gänzlich anderen Gesetz zumindest kurzweilig stellen muss. Die Befreiung erfolgt zu einfach, das Verfolgen dank einzelner Versatzstücke erscheint ehr routiniert. Interessant ist „Fesseln der Tuareg“ aber aus einem anderen Grund. Müller hat immer wieder wissenschaftliche bzw. populärwissenschaftliche Fakten sehr gut miteinander kombiniert. Der Leser erfährt sehr viel über das edle Volk der Tuareg, das Müller vielleicht idealisiert, aber auch mit einem humorvollen Augenzwinkern portraitiert. „Fesseln der Tuareg“ ist nicht zuletzt durch die kaum noch nachhaltig in Erscheinung tretende und absichtlich auf einen opportunistischen Feigling reduzierten weißen Sultans eine Art Übergangsroman zu einer eher humorvollen, aber atmosphärisch sehr dichten Episode im Leben der Helden. Der Abschlussroman „Flucht durch die Wüste“ ist eine zweischneidige, uneinheitliche Angelegenheit. Da wäre zum einen die humorvolle Episode mit dem Monster in einem der Havelseenseen, das in Wirklichkeit eines von Sun Kohs U- Booten ist. Das von Sun Koh benutzte Flussnetz dehnt sich also relativ weit aus. Auf der anderen Seite ist die Beschreibung Sun Kohs Flucht aus dem Tuareg Lager und die gnadenlose Verfolgung ausgesprochen intensiv bis stellenweise brutal beschrieben. Der Roman endet auf einer dunklen, traurigen Note, der alle Aktionen eher in Frage stellt als Sun Kohs Heroismus betont. Da hilft auch nicht die Flucht in die Stammesritten, wenn die Frauen wieder zu Füßen der von ihnen angebeteten Männer liegen. Das Ende wirkt im Vergleich zu entsprechenden anderen Sequenzen – siehe auch hier wieder Karl May – eher unterkühlt mit einer emotionalen Geste, aber sehr abrupt abgeschlossen. Die Flucht durch die Wüste ist dagegen eindringlich inklusiv der Fata Morgana und der Frustration angesichts des zu spürenden, aber nicht zu erreichenden Wassers beschrieben worden. Ein solider Abschluss eines Vierteilers, den Paul Alfred Müller natürlich später in einem Leihbuch zusammenfasste. Die Mischung aus Informationen, Respekt vor den fremden Rassen und einer stringenten Actionhandlung stimmt. Darüber hinaus muss sich Sun Koh seinen Status als Überheld erst wieder verdienen. Paul Alfred Mülller vermenschlicht ihn wieder und macht ihn damit wieder zugänglich.
Der Kontrast zum folgenden Abenteuer „Vorpostengefecht“ könnte nicht größer sein. Wenn der Chef einer von Sun Kohs in Deutschland befindlichen Fabriken von der schweigenden Treue der deutschen Arbeiterschaft spricht, gegen die Spione keine Chance haben, dann verwundert der Tenor des ganzen Heftes nicht. Spione versuchen von einem gerade beförderten treuen Arbeiter, der sich aus dem Nichts heraus selbst weitergebildet und durch Fleiß überzeugt hat, die Pläne einer neuen Metalllegierung herauszupressen. Als alles nicht funktioniert, bleibt nur die Entführung der platonischen Geliebten. Es ist ein seltsames Abenteuer, das sich hier entfaltet. Der Tonfall aus heutiger Sicht extrem archaisch, die Arbeitsbedingungen in der modernen Fabrik mit einem jovialen Chef künstlich aufgefrischt und eine Handlung, die von Spionageklischees inklusiv aller naiven Helfer nur so trieft. Der Titel ist doppeldeutig. Ob das „Vorpostengefecht“ sich auf die zunehmende Spionage bezieht oder den neuen wehrhaften deutschen Geist bleibt im Dunkeln, aber Paul Alfred Müller beschwört pathetisch im vorliegenden Roman unkritisch, aber im Schatten seines allgegenwärtigen Superhelden die neue Zeitrechnung.
In den nächsten Romanen wird Paul Alfred Müller diesen Handlungsarm auf eine sehr extreme Weise noch vertiefen. Da wäre zum einen in „Die witternde Meute“ der Umbau der zukünftigen Atlantis- Pläne. Das erinnert an die rassistischen Exzesse der Nazis, denn das aufgetauchte Atlantis soll von einer Millionen deutscher Paare mit reiner genetischer Abstammung besiedelt und zu einer Großmacht unter Sun Kohs Führung ausgebaut werden. Diese Thesen vermittelt der Erbe von Atlantis einem seiner deutschen industriellen Gesprächspartner. Dazu verschafft er der deutschen Industrie Milliardenaufträge und vermittelt neue Erfindungen, um für den Augenblick gerüstet zu sein. Im Umkehrschluss könnte man sagen, dass Sun Koh der deutschen Industrie zu einer friedlichen Blüte verhilft, denn die Waffen sollen ausschließlich zur Selbstverteidigung gegen die ausländischen Aggressoren mit ihren insbesondere in Berlin tätigen Spionen dienen. Aber diese Thesen/ Phrasen kennt der Leser aus der ersten Aufrüstungsphase der Nationalsozialisten zur Genüge. Darüber hinaus spielt Müller im Handlungsverlauf ein wenig mit der Idee der Entführung, denn Hal Mervin wird insgesamt dreimal den „Besitzer“ wechseln, bevor ihn der Herr aus dem Nichts heraus wieder befreit. Noch interessanter ist „Die Unsichtbaren“. Hier greift Müller nicht nur auf die unzähligen Vorlagen von H.G. Wells ausgehend zurück, sondern variiert die Idee, dass die Technik Laurins Mantel ersetzen kann. Viele der kleinen Nebenhandlungen allerdings auch mit tödlichem Ausgang für Unschuldige erinnern ebenfalls an das Harry Piel Abenteuer „Ein Unsichtbarer geht durch die Stadt“ aus dem Jahr 1933, das in den deutschen Kinos einen durchschlagenden Erfolg hatte. Das anfängliche Verbrechen an einem arroganten Großgrundbesitzer und seinen Dienern wird am Ende des Romans zumindest gegenüber Sun Koh und den Lesern aufgeklärt. Offensichtlich russische Spione versuchen mittels dieser Unsichtbarkeitsanzüge die Pläne des Erben von Atlantis zu stehlen und fliehen ihn richtig polnische Grenze. Wie schon angedeutet zeigen auch die wenigen humorvollen Szenen einen schwarzen, dunklen Unterton, wie auch die Spione in den letzten drei Romanen sich von den Gentlemengaunern unterscheiden und ihre Brutalität kaum verstecken kann. „Der Damm der Verzweifelung“ beschreibt den zweiten Teil der Verfolgungsjagd, die Sun Koh wegen der gestohlenen Pläne initiieren muss. Da der fliehende Spion nicht durch die Gutmütigkeit Sun Kohs überzeugt werden kann, muss er propagandistisch durch die eigenen Auftraggeber leiden. Er wird in den hohen Norden verschifft, wo er an einem gigantischen Damm mit allen anderen Gefangenen jeglicher Colour arbeiten soll, dessen Ziel die Umleitung des Golfstroms ist. Eine Idee, die Paul Alfred Müller in der „Jan Mayen“ Serie noch einmal explizierter ausarbeiten sollte. Ein sadistischer Wächter und brutalste Arbeitsbedingungen sorgen dafür, dass er schließlich doch auf Sun Kohs Hilfe angewiesen ist. Auch wenn der Plot manches Klischee bedient, beschreibt der Autor die Brutalität im Arbeitslager genauso expliziert wie überzeugend. Vielleicht ist der Hinweis auf die fragwürdigen Methoden der Sowjetunion ein wenig zu drakonisch propagandistisch, aber unabhängig von der Tatsache, dass Sun Koh den Mann während einer Katastrophe sich abspielt rettet und doch auffällt, konzentriert sich „Der Damm der Verzweifelung“ zu sehr auf die Haupthandlung und zu wenig auf die faszinierende Idee dieses gigantischen Bauwerkes. Mit dem nächsten, wieder in Russland spielenden Abenteuer „Der fressende Kreis“ verzichtet der Autor auf kühle Antisowjetische Propaganda und präsentiert ein phantastisches Abenteuer. Ein deutscher Wissenschaftler hat eine Formel entwickelt, die es Tieren ermöglicht, sich asexuell zu reproduzieren. Er hat es an Ameisen ausprobiert, die sich jetzt unkontrolliert vermehren und die Sowjetunion leer zu fressen drohen. Da Gangster den Forscher ermordet haben, muss Sun Koh diese Formel finden und Russland retten. Das gelingt ihm buchstäblich in letzter Sekunde, was Paul Alfred Müller fast euphorisch pathetisch kommentiert. Dazwischen entwickelt sich aber ausgehend von der interessanten, aber inhaltlich zu wenig erläuterten Idee eine sehr geradlinige, sehr fokussierte Geschichte, in der wie schon angesprochen selbst ein russischer General vom Erben von Atlantis „bekehrt“ und überzeugt werden kann.
Der Doppelband um einen legendären Schatz im Grabe Timurs „Das funkelnde Grab“ und „Flucht ins Gefängnis“ ist eher eine geradlinige Geschichte. Sun Koh entdeckt das legendäre Grab aufgrund aller Notizen und wird von einem Chinesen in die Falle gelockt. Dieser hat vorher schon zwei seiner vier Komplizen ausgeschaltet, während die anderen beiden in den tödlichen Fallen umgekommen sind. Sun Koh verfolgt den Schurken und setzt ihn schließlich auf einer einsamen Insel Schachmatt, wo er in Abgeschiedenheit von den Früchten des Boden Leben soll. Die exotische Kulisse wird effektiv eingesetzt und im Gegensatz zu den russischen Spionagegeschichten und den leider im nächsten Band hervor schießenden Exzessen ist es eine unterhaltsame, kurzweilige, aber auch wenig überraschende Abenteuergeschichte, in welcher der Leser historisch wieder belehrt wird und wo eine Art Fernradar an Bord von Sun Kohs Flugzeug eine weitere technische Erfindung als Extrapolation des Fernsehens effektiv pragmatisch angewandt wird.
„Die Brüderschaft der sinkenden Sonne“ ist allerdings ein inhaltlich propagandistischer Tiefpunkt der Serie. Die Rassenexzesse sind immer mehr in den Vordergrund der Serie getreten, hier äußert sich Paul Alfred Müller in doppelter Hinsicht aber auch über den neuen deutschen Geist. Der Autor lernt Pazifismus als Feigheit ab. Nur mit einem wehrhaften Geist kann ein Volk seinen Lebensraum verteidigen. Das wird an der in einem abgeschiedenen Tal Tibets durchexerziert. Obwohl der Dalai Lama zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr in Tibet lebte und die Volksrepublik China den Teil besetzt hatte, dient das nicht nur religiöse, sondern auch politische Oberhaupt als Katalysator der Ereignisse. Eine Band hat dessen Boten überfallen, der mit der Brüderschaft der sinkenden Sonne über den Status Quo ihres Tals verhandeln sollte. Die Banditen schwingen sich zu den neuen Herrschern auf und plündern/ vergewaltigen. Sun Koh kann mit seinen beiden Freunden nur bedingt eingreifen. Woher belehrt er allerdings Hal Merwin nicht nur über den Pazifismus, sondern das er den Buddhismus als eine Art Bettlerreligion sieht, welche die Faulheit fördert und dem christlich arischen Geist der Europäer niemals entsprechen wird. Es ist erstaunlich, dass Paul Alfred Müller auf der einen Seite immer wieder aktuelle und interessante naturwissenschaftliche wie soziologische Fakten präsentiert, auf der anderen Seite mehr und mehr dem neuen Geist entsprechend oder vorauseilend das arisch pervertierte Gedankengut seinen überwiegend jungen Lesern unterschob.
Im abschließenden Roman „Die Gefangenen Buddhas“ (auch wieder ein manipulierender Widerspruch“ wird die Geschichte „Der Brüderschaft der sinkenden Sonne“ nicht fortgesetzt, sondern es kommt zur Begegnung zwischen Sun Koh und dem Dalai Lama. Der Plot der „Bruderschaft“ hätte nicht nur für einen Doppelband gereicht, es wäre auch sinnvoller gewesen, ihn ausführlicher und weniger propagandistisch zu erzählen. So überzeugt „Die Gefangenen Buddhas“ weniger durch die grundlegende Handlung, sondern eher als Versatzstück des voran gegangenen, sehr viel Action orientierteren Romans. Am Ende schließt Paul Alfred Müller wieder einen kleinen handlungstechnischen Kreis nach dem Motto, wer Gutes tut, dem wird auch Gutes widerfahren. Auffällig ist dagegen eine weitere Häufung von plottechnischen Versatzstücken. Neben den Entführungen – fünf in fünfzehn Romanen – wird Hal immer wieder eines Verbrechens beschuldigt – einmal Mord, dann wie im vorliegenden Band schwerer Diebstahl – und es droht eine drakonische Strafe. Sun Koh versucht den Jungen zu befreien. In diesem Fall wirkt die Begegnung mit dem Dalai Lama eher wie eine Anspielung auf Fu Manchu. Egal, ob man ein Verbrechen begangen hat oder nicht, man wird Tibet nicht mehr lebend verlassen, da man im Zweifelsfall den Dalai Lama selbst gesehen hat. Das ist historisch nicht korrekt, wirkt aber unterhaltsam. Hinzu kommen sie subversiven Fallen, die ebenfalls eher Fu Manchu denn dem geistigen Oberhaupt Tibets entsprechen. Am Ende kommt die Rettung förmlich „aus der Luft“, da sich Sun Koh und seine Mannen dieses mal wirklich in eine extreme Falle begeben haben. Das tut dem deutlich weniger rassistischen Abschlussband der im fernen Osten spielenden Abenteuer gut.
Wie schon eingangs erwähnt präsentiert der vierte „Sun Koh“ Band eine inhaltliche Bandbreite von sehr unterschiedlichen Geschichten, wobei der Schwerpunkt auf klassischen Abenteuern in exotischen Ländern und den Begegnungen mit den Hinterlassenschaften untergegangener Kulturen liegt. Heinz J. Galle geht in seinem ausführlichen Nachwort sehr intensiv auf die verschiedenen Erfindungen ein, welche Paul Alfred Müller fast nebenbei in die Handlung einfließen lässt und ausgesprochen funktionell einsetzt. Wie bei den Vorgängerbänden ist die Bebilderung exemplarisch und die im historischen Kontext kommentierten rassistischen und politischen Exzesse Müllers lassen die „Sun Koh“ Reihe in dieser vorbildlichen Edition als lebendige Pulpgeschichte erscheinen.
ISBN 978-3-940679-80-2
Inhalt: 49 Alaska-Jim | 50 LFD-103 überfährt alle Signale | 51 Die flüssige Pest | 52 Die Toten von San Miguel | 53 Der weiße Sultan | 54 Der Atlas brennt | 55 Fesseln der Tuareg | 56 Flucht durch die Wüste | 57 Vorpostengefecht | 58 Die witternde Meute | 59 Die Unsichtbaren | 60 Der Damm der Verzweiflung | 61 Der fressende Kreis | 62 Das funkelnde Grab | 63 Flucht ins Gefängnis | 64 Die Brüder der sinkenden Sonne | 65 Die Gefangenen Buddhas
Anhang 1: Jiu-Jitsu-Anleitungen 49–65
Anhang 2: Dokumentation zu den Sun-Koh-Heften 49–65
Anhang 3: Sun-Koh-Heft-Titelverzeichnis 1–150
Anhang 4: Sun-Koh-Leihbuch-Titelverzeichnis 1–37
Anhang 5: Sun-Koh-Taschenbuch-Titelverzeichnis 1–37