Alfred Elton van Vogts 1971 veröffentlichter wieder aus verschiedenen Kurzgeschichten zusammengesetzter Roman „Quest fort he Future“ erschien in Deutschland nur als Teil des Samplers „Meister der Zukunft“ vierzehn Jahre nach der amerikanischen Erstveröffentlichung.
Der Roman besteht aus drei einzelnen Teilen, zwei Novelletten und einer Kurzgeschichte, die der Kanadier für die Neuveröffentlichung teilweise allerdings aufgebrochen hat. Herzstück ist die 1943 erschienene Novellette „The Search“, in welcher ein Handelsreisender anscheinend nach einem Unfall in einem Krankenhaus aufwacht und sich nicht mehr an die letzten zwei Wochen erinnern kann. Er besucht die Orte, an welche er sich noch erinnern und kann trifft auf mindestens zwei Zeitreisende. Alfred Elton van Vogt hat für die Neuveröffentlichung den Protagonisten umgeschrieben. Jetzt heißt er Peter Caxton.
In der chronologisch letzten, aber diesen Fugenroman einleitenden Geschichte ist es Peter Cexton, der Physiklehrer mit einem Faible für Lehrfilme, die er gerne im Unterreicht zeigt. Ursprünglich „Film Library“ genannt geht es um einen Filmprojektor, der immer wieder die abzuspielenden Filme verändert. Anscheinend zeigt er auf eine unerklärliche Art und Weise Szenen aus einer möglichen Zukunft, seltsame noch nicht gemachte Erfindungen oder schließlich auch Bilder vom Planeten Venus. Peter Cexton macht sich auf den Weg, wie diese Filme zwischen der das Material kopierenden Anstalt, dem Verleiher und schließlich dem Projektor verändert werden. Höhepunkt dieser stimmungsvollen Einführung ist eine private Vorführung, in welcher einer der besagten Filme viermal gezeigt wird und viermal ein anderes Thema hat.
Für den mittleren Abschnitt basierend auf der Kurzgeschichte „Far Centaurus“ aus dem Jahr 1944 musste der Autor einige strukturelle Änderungen vornehmen. Ein Milliardär will eine Expedition zum Alpha Centauri ausrüsten. Die vier Besatzungsmitglieder sollen die Zeit im Tiefschlaf verbringen. Immer wieder wird ein einzelnes Besatzungsmitglied für eine kurze Zeit geweckt. Peter Cexton als Physiklehrer und erfolgloser Handlungsreisender bewirbt sich für diese Expedition und wird auch angenommen. Als die Reisenden nach 500 Jahren ihr Ziel erreichen, finden sie den Planeten bewohnt. Besiedelt von der Erde, deren technologischer Fortschritt es inzwischen ermöglicht, die Strecke in drei Stunden zurückzulegen. Die Bewohner der Welten haben sich auf die Ankunft des Schläferraumschiffs gefreut und wollten der Crew ihren Triumph über den Raum, aber nicht die Zeit nicht nehmen.
Auch wenn die Ideen konträr wirken und der Weltraumflug eher rudimentär mit der Idee nicht nur der Zeitreisenden, sondern entsprechend der Ausbildung von Parallelwelten verbunden ist, entschärft der Autor diesen „Widerspruch“, in dem er Teile des Romans eher alptraumhaft und getrieben darstellt. Grundsätzlich ist Logik selbst in Van Vogts ursprünglichen Texten nicht seine Stärke. Aber dafür kann der Kanadier wie kaum ein anderer Autor aus dem Golden Age mitreißend, expressiv und teilweise auch provokant erzählen. Aber die Idee, isolierte Kurzgeschichten zu Variationen des Zeitflusses zu machen und dadurch in die fortlaufende Handlung zu integrieren, hilft ihm sehr. Bei anderen Fixed Up Romanen wirken die einzelnen Kurzgeschichten eher mit Gewalt zusammengebaut und von einer schwachen Rahmenhaltung umwoben.
Ausgangslage im Grunde aller Geschichten ist der „Palast der Unsterblichkeit“. Das bezieht sich weniger auf die klassischen Unsterblichkeit, wie die meisten Leser sie aus der Perry Rhodan Serie kennen, sondern eine faszinierende, aber nicht bis zum Ende durchdachte Idee. Der “Palast der Unsterblichkeit“ ist eine Art Clearinghouse. Alles geht theoretisch, aber nichts ist noch nicht wirklich. Die Zeitreisenden können sich quasi in der Theorie durch die jeweiligen Zeitlinien bewegen und prüfen, in welche Richtung sich der Strom entwickelt. Wenn deren Verlauf nicht zufriedenstellend ist, kopieren sie sich quasi in diesem „Haus“ und fangen neu an. Van Vogt lässt seine Figuren immer wieder betonen, dass es grundsätzlich verschiedene Abläufe gibt und sich die Zeitreisenden zwar zwischen ihnen bewegen können, es sich aber nur um Variationen der Ausgangspositionen handelt. Die Reisenden können sich nicht nur „teilen“ , sondern auch bewusst wieder miteinander verschmelzen. In einer abschließenden Wendung erfahren die Leser, dass sich dabei auch jüngere und ältere Inkarnationen wieder miteinander verbinden können.
Erfahrene van Vogt Leser werden aber auch die Strukturen wiedererkennen, auf welche der Autor gerne zurückgreift. Da wäre einmal die Tochter & Vater Kombination. In „Asyl“ und damit einhergehend „Intelligenzquotient 10.000“ als die zusammengesetzte Variante sind die beiden Wächter der Menschheit. Hier haben sie Zugriff auf die Zeitmaschine und bewegen sich in einer Art Wohnmobil durch die amerikanische Frontier. Sie verkaufen seltsame futuristische Gegenstände für kleines Geld. Später werden diese Dinge wieder gestohlen und die Bestohlenen erhalten quasi als „Geschenk“ ihren Kaufpreis zurück. Sie fühlen sich trotzdem ein wenig ärmer, da die Gegenstände eine fast magische Qualität haben und anscheinend aus der Zukunft stammen.
Später wird der wissenschaftlich gebildete van Vogt Held die Tochter mindestens zu seiner Geliebten, meistens sogar zu seiner Frau nehmen. Im vorliegenden Fugenroman wird dieses Szenario allerdings noch um den Aspekt erweitert, dass Peter Cexton anscheinend mit einer älteren Variation des Mädchens tatsächlich verheiratet ist, während die jüngere Frau nichts davon ahnt. Allerdings ist die emotionale Handlungsebene wie bei allen van Vogt Geschichten unterentwickelt. Es finden sich zwar keine direkten Hinweise auf die Machosteinstellung Frauen gegenüber oder die Idee, das vor allem attraktive Frauen im Grunde nur käufliche Gespielinnen sind, aber bei der Liebesgeschichte fliegen keine Funken. Andere Charaktere sind eher pragmatisch gezeichnet worden.
Im „Haus der Unsterblichen“ trotz der Implikation hinsichtlich des einzigen in Frage kommenden Gründers gibt es unterschiedliche Parteien und Bestrebungen. Anscheinend hat van Vogt diese potentiellen Konflikte genutzt oder besser benutzt, um die Kurzgeschichten zu einem Roman aufzublähen, während der Autor auf das sonst obligatorische Füllmaterial teilweise in Form von Rahmenhandlungen verzichtet. Aber je mehr er von diesem interessanten Konstrukt zu enthüllen sucht, desto schwieriger wird es, die vielen logischen Ansätzen wiedersprechende Konzeption nachvollziehbar zu halten. Nicht jeder der zahlreichen Ideen wird der Leser wirklich folgen können.
Van Vogt liebt es, „kosmische Gesetze“ zu etablieren, für deren Existenz es allerdings keine Logik gibt. So können sich die Zeitreisenden indirekt oder direkt dank des „Palasts der Unsterblichkeit“ im Zeitstrom zwischen den Jahren 1977 und 9812 hin und her bewegen. Die Zeit bewegt sich immer in diesem Kreislauf, wobei ein Durchbrechen der Grenze über das Jahr 1977 hinaus anscheinend in einer Episode möglich ist, aber nicht weiter erklärt wird. Während er in „Far Centaurus“ sein Ziel schlafend erreicht, muss er im Exil im tiefsten Wilden Westen auch bis in die sichere Zone des Jahres 1977 schlafen.
Vom Grundgerüst her und die vielen, nicht immer adäquat realisierten Ideen gehört „The Quest for the Future“ nicht nur zu van Vogts am meisten ambitionierten Geschichten, sondern hinsichtlich der Zeitreisekonstruktion auch zu einem der Höhepunkt des Genres. Nicht unbedingt in rein technischer Hinsicht, sondern wegen der vielen Zeitflussmodellrechnungen und natürlich dem „Haus der Unsterblichkeit“ mit seinen im Grunde vorvirtuellen Spielszenarien. Auf der anderen Seite vergisst van Vogt ganze Handlungsteile wie die Atombombendrohung während des Finals und kann nicht wirklich erklären, wie ein Mann, der ausschließlich auf Ereignisse reagiert, am Ende derartig stark, entschlossen und vor allem auch positiv provokant agieren kann. Aber diese Schwächen sind für van Vogt spätes Werk im Grunde bezeichnend und trotzdem macht es Spaß, einem Autor zu folgen, der auf wenigen Seiten mit mehr Ideen um sich wirft als einige Schriftsteller mit ganzen Trilogien.
- Herausgeber : New English Library Ltd (1. April 1980)
- Sprache : Englisch
- Umfang: 189 Seiten
- ISBN-10 : 0450045994
- ISBN-13 : 978-0450045998