Kara Ben Nemsi Band 17: Der Karawanentod

Axel J. Halbach

"Der Karawanentod" ist der Abschlussband des von Axel J. Halbach verfassten Zweiteiler. Auch der erste Teil ist im Blitz Verlag unter dem Titel „Die El Wahabiya Bande“  neu aufgelegt worden. Im Jahr 2004 hat der Autor die Geschichte das erste Mal im Eigenverlag aufgelegt.

 Der Titel bezieht sich auf einen der beiden Schurken, die Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar jagen. Er hat immer wieder Karawanen überfallen und ausgeraubt. Wenn sich die Händler wehrten, hat er alle töten lassen. Im ersten Band hat ihm Kara Ben Nemsi die rechte Hand zerschossen, so dass er jetzt leicht zu erkennen wäre. Zu Beginn des Buches befindet er sich schon auf der Flucht, während Halbach die Konfrontation mit den Köpfen der „Wahabiya“ Bande intensiviert.   

 Das Tempo des vorliegenden zweiten Bandes ist ausgesprochen hoch. Beginnend mit der zufälligen Entdeckung eines Versteckes in den vom Sand der Zeit verschütteten Ruinen und endend mit der obligatorischen finalen Konfrontation zwischen dem Schurken und den Kräften des Guten präsentiert der Autor auf den knapp einhundertsiebzig Seiten so viele gut geschriebene Ideen, das es ein Vergnügen ist, dieser Reise zu folgen. 

 Wie im ersten Band ist auffallend, das Hadschi Halef Omar als Protagonist irgendwo zwischen dem kautzigen Diener und Freund sowie einem entschlossenen Krieger angesiedelt worden ist. Höhepunkt ist im ersten Buch ist zum Beispiel eine Art Mundraub, initiiert von Hadschi Halef Omar. Auch im Folgeband erweist er sich nicht nur als gewiefter Händler, sondern lässt eine Art Gottesurteil zu, in dem er im Gegensatz zum plötzlich wieder weichherzigen Kara Ben Nemsi im entscheidenden Moment ein Seil durchtrennt. Natürlich dominieren die humorvollen Momente, aber Axel J. Halbach behandelt vor allem Hadschi Halef Omar mit so viel Respekt und schenkt ihm fast mehr gute Szenen als Kara Ben Nemsi, der sich nicht nur in diesem Band ein wenig naiv und unaufmerksam gefangen nehmen lässt. 

 Im Grunde ist "Der Karawanentod" eine einzige Verfolgungsjagd. Das sich die beiden so unterschiedlichen Schurken wie der Kopf der Wahabiya Bande und der Karawenentod am Ufer des Tigris treffen und dann beschließen, gemeinsam gegen Kara Ben Nemsi vorzugehen, ist eine der wenigen konstruiert wirkenden Plotwendungen des ganzen Buches. In der Tradition der Karl May Vorlagen steht schon eher die zufällige Begegnung Kara Ben Nemsis mit einer im Sterben liegenden Frau und der fast unmögliche Erfüllung ihres letzten Wunsches, die wiederum dem Reiseschriftsteller erst die Möglichkeit gibt, den letzten Schurken in eine perfide wie perfekte Falle zu locken. 

 Vorher gibt es eine Szene, in welche Kara Ben Nemsi sich und seine Gefährten in Lebensgefahr bringt, die „Rettung“ aber schon wenige Seiten vorher „gefunden“ worden ist. Nicht nur, dass die Helden natürlich überleben, sie können dieses Wissen abschließend proaktiv sogar einsetzen. Mit solchen Szenen versucht Axel J. Halbach sogar Karl May zu übertreffen, immer am Rande des Klischees. Aber in diesem Doppelband funktioniert die Vorgehensweise ausgesprochen gut.   

 Die Herausforderungen und Gefahren sind wie erwähnt sehr unterschiedlicher Art und Weise. Axel J. Halbach liebt es auch, seinen Figuren entweder doppelte Identitäten zu geben oder sie sich verkleiden zu lassen. Kara Ben Nemsi greift nur bedingt auf diesen Trick zurück, aber die beiden Romanteile betrachtend greift Hadschi Halef Omar mit sehr viel Freude zu anderen Identitäten, um vor allem die potentiellen Feinde abzulenken. 

 Das Finale ist in dieser Hinsicht ausgesprochen überzeugend, denn einen reichen Kaufmann und einen ehemaligen Schuster sowie inzwischen Schutzgelderpresser verbindet sehr viel mehr, als es den anscheinend hat. Das man aber kleine Verbrechen begehen lässt, um die Täter vor größeren Straftaten quasi zu schützen, ist ein neuer Aspekt im Karl May Kosmos und wird dem verblüfften Kara Ben Nemsi ausgesprochen überzeugend vermittelt. Aber auch hier fügt der Autor eine Prise Schierling hinzu, wenn eben nicht Gnade vor Recht geschenkt wird.

 Die Bestrafung der Schurken ist effektiver, vielleicht auch ein wenig brutaler als bei Karl May, wobei Kara Ben Nemsi sich als einziger Protagonist neben dem im Grunde kaum in Erscheinung tretenden Europäer Anton nicht die Hände schmutzig macht. 

 Wie beim ersten Band zeichnet sich auch "Der Karawanentod" durch so viele kleine Szenen oder Situationen aus, die dem Leser lange positiv im Gedächtnis bleiben. So wird Kara Ben Nemsi überredet, sich als eine Art Jahrmarktsensation zu verkaufen, ohne dass er es ahnt, dass ihm ausgerechnet Hadschi Halef Omars Idee das Leben retten wird. Die Beschreibungen des Zweistromlandes sind ausgesprochen farbig. Nur an wenigen Stellen verfällt der Autor in einen belehrenden Tonfall, unterbricht die Handung für zahlreiche Informationen und nimmt den Szenen dann das Tempo. Meistens fließen diese Informationen unauffällig und vor allem sehr sorgfältig recherchiert, heutige Leser auch wegen der kleinen Details überraschend in den Handlungsbogen ein.

 Die Grundhandlung der Orientromane Karl Mays kann der Autor nicht neu erfinden. Das ist auch nicht die Idee hinter dieser Hommage, aber Axel J, Halbach nimmt die einzelnen markanten, wie bekannten Versatzstücke und spinnt daraus ein ausgesprochen feines neuwertig wirkendes Garn.  Hinzu kommt ein beginnend bei den gut geschriebenen Dialogen und wie erwähnt endend mit den Hintergrundbeschreibungen sehr belebender Stil, so dass "Die El Wahabiya- Bande" und "Der Karawanentod" die bislang besten Teile der neuen Abenteuer Kara Ben Nemsis darstellen.   

 

Taschenbuch, 172 Seiten

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