Heliosphere 48- Die Flotte der Freiheit

Heliosphere 48, Titelbild, Rezension
Andreas Suchanek

 Mit dem achtundvierzigsten Abenteuer beginnt der finale Dreiteiler, mit dem Andreas Suchanek eigenen Angeben zu Folge die fortlaufende Struktur seiner inzwischen sechs Jahre laufenden Science Fiction Serie beenden möchte. Der vorliegende Roman ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert, auch wenn der Autor auf alte Abfolgen zurückgreift. Beginnend mit dem Nachwort weißt der Autor überdeutlich darauf hin, dass nicht alles so kommen wird, wie es der Leser erwartet und das die beschriebenen Siege der Allianz um Jaydon Cross vor allem Pyrrhussiege sind. Das wirkt ohne Frage ambitioniert und soll dem Leser suggerieren, dass Andreas Suchanek im mittleren Band seiner abschließenden Trilogie noch einmal nicht nur dem Leser, sondern auch den Figuren buchstäblich den Boden unter den Füßen wegziehen möchte. Andersherum stellt sich aber unwillkürlich die Frage, ob der Autor seinem bisherigen Plot nicht so sehr vertraut, dass er ihn für sich alleine sprechen kann.

 Das zweite Problem ist der Epilog. Positiv schließt sich ein sehr großer umfangreicher Kreis. Andreas Suchanek greift auf die Ausgangslage der Serie im ersten Roman zurück. Negativ könnte der Leser auch denken, dass zumindest hinsichtlich der bisherigen Andeutungen das furiose Finale der ersten Miniserie nur deutlich über das bisher Bekannte hinaus gesteigert werden soll. Und das wäre eine schlichte Enttäuschung.

 „Die Flotte der Freiheit“ ist unabhängig von seiner doppelten Länge und den zahlreichen Handlungsorten nur bedingt einzuschätzen. Erst die beiden folgenden Romane werden zeigen, ob Andreas Suchanek in mehrfacher Hinsicht seinen Worten in den abschließenden beiden Bänden der Trilogie auch wirklich Taten folgen lässt. Dazu muss er weder den einen noch den anderen Weg gehen, sondern im Grunde eine gänzlich neue Basis für ein zufrieden stellendes Finale schaffen.

 Der vorliegende Roman selbst zerfällt in sehr viele unterschiedliche Komponenten. Anscheinend fällt es Andreas Suchanek selbst schwer, vom bisherigen Format Abstand zu gewinnen. Neben zahlreichen ein wenig schmalzigen und vor allem nicht mehr so pointierten Dialogen zu Beginn des Romans greift der Autor auf Wiederholungen zurück. Damit etabliert er für Stammleser den bekannten Status Quo und verschleppt die Handlung, um auf der anderen Seite eher fadenscheinig zu demonstrieren, dass das Finale dank der doppelten Inhalte etwas Besonderes sein sollte.

 Der ganze Roman ist von persönlichen Abschiedsreden und schließlich patriotischen Wasserstandsmeldungen durchzogen. Nicht umsonst wird einer Mitarbeiterin der Präsidentin die besondere Fähigkeit zugesprochen, gute Reden für ihre Chefin zu schreiben. Auch Andreas Suchanek kann das ohne Frage gut. Vom Michael Bay der Science Fiction Literatur zu sprechen, wäre vielleicht ein wenig zu hoch gegriffen, aber vom Pathos, Inhalt und Kitschfaktor her kann der schwäbische Autor ohne Frage mit der Präsidentenredenqualität sowohl in „Pearl Harbour“ als auch „Armageddon“ mithalten.

 Das große Problem des ersten Teils liegt in der unglücklich beschriebenen Vorbreitung der „Flotte der Freiheit“. Zu viel Pathos, zu wenige Fakten und vor allem viel zu wenig Handlung bestimmen die erste Hälfte des Buches. Natürlich ist der Leser mit den einzelnen Figuren teilweise inzwischen sehr gut vertraut, dass er ihnen einen Moment des Durchatmens gönnt, auf der anderen Seite überspannt der Autor diesen Spannungsbogen gewaltig und fordert die Geduld heraus.

 Unabhängig vom Ablauf der finalen Schlacht – eine Mischung aus Spannung und passender „Deus Ex Machina“ Lösung in den kritischen Momenten auf positiv wie negativ „Star Wars“ Niveau – nervt vor allem, dass Sjöberg trotz der Niederlagen und seinem Status als eine weitere Marionette gegen alle Logik alles im Griff zu haben scheint. Er ist kein dummer Mensch und die Verschiebung einzelner Aspekte muss er auch mitbekommen haben. Höhepunkt ist die Geiselnahme von neuntausend Unschuldigen, um die Invasion zu stoppen. Angesichts der zahllosen Millionen von Toten und der Chance, wirklich mit einem Sieg im Alpha Centauri System dessen Regime zu destabilisieren eher ein Ablenkungsfaktor. Selbst am Ende des Romans ist Sjöberg noch optimistisch.

 Die Ash´Gul`Kon kochen ja schon lange ihre eigene Suppe und Andreas Suchanek macht deutlich, warum sie das Geschehen um sie herum nicht interessiert. Da stellt sich die Frage, warum die Außerirdischen nicht zu Beginn subtiler vorgegangen sind. Das Ziel hätten sie ersten sehr viel leichter erreichen können und zweitens interessiert sie ja angesichts der vorhandenen technischen Möglichkeiten nicht mehr, ob sie wirklich eine Welt erobern oder nicht. Oder ob die Menschen mit ihrer kurzzeitigen Wunderwaffe sie in Schach halten können. In dieser Hinsicht unterminiert der Autor nachhaltig die Ideen der im Grunde letzten zwölf Abenteuer.    

 Zu den besten Passagen gehört das Ringen um das Überleben auf dem Mars, der zerstört werden soll. Damit schlägt Andreas Suchanek noch einmal einen Bogen zu seiner sechsteiligen Miniserie, ohne das es direkte Bezüge gibt. Hier wechseln sich aber dynamische Momente mit einer Reihe von Längen ab. Wahrscheinlich wäre es sinnvoller gewesen, nicht nur dieser Handlungsebene mehr Platz zu schenken, sondern sie im Rahmen des Konflikts als einzelnen Punkt abzuhandeln. Viele Details gehen nicht nur verloren, durch den fast aus dem Nichts kommenden nur vorläufigen Sieg werden sehr viele gute Ideen verschenkt.

 Der Angriff Sjöbergs leidet unter dem bekannten Phänomen, dass Andreas Suchanek irgendwann im Verlaufe der Serie den direkten Kontakt zu dieser Figur verloren hat. Lange Zeit galt der Diktator als Synonym für einen Vordenker, der immer einen Schritt voraus ist. Suchanek betont, dass die Ash´Gul`Kon jetzt irgendwie dessen Rolle eingenommen haben könnte, aber die Prämissen sind gänzlich unterschiedlich. Sjöbergs Pläne entwickelten sich vor allem zu Beginn der Serie kontinuierlich weiter und diesen einen Schritt im Voraus bedeutete eine Art freies Radikal, auf welches Jaydon Cross mit seiner Crew jeweils reagieren musste. Viele Episoden lebten alleine von der Frage, ob auch diese Reaktion schon Teil eines der komplizierten, aber immer komplexes Sjöberg Geflechte gewesen ist. Mit der Erkenntnis, dass auch Sjöberg nur eine weitere Marionette in einem noch nicht abschätzbaren Spiel gewesen ist, hat der charismatische Charakter deutlich an Profil verloren. Von dieser möglichen Schwäche hat sich die Serie bislang nicht erholt und hat auf der Antagonistenebene ein nicht übersehbares Vakuum hinterlassen.

 Der eigentliche Anrgiff der „Flotte der Freiheit“ ist gut beschrieben worden. Andreas Suchanek kann dreidimensional denken und auch Raumschlachtszenarien beginnend auf der kleinsten Ebene mit dem Schicksal der einfachen Crews entwickeln. Auch das „Scheitern“ der TEMPUS Drohne gehört zu diesen Spannungsmomenten. Nur agiert der Autor dann hektisch und will unbedingt dieses Szenario für den Leser auf den ersten Blick zufrieden stellend positiv abschließen. Und hier liegt eine weitere Schwäche des vorliegenden Romans. Wieder überlässt der Autor zu viel dem improvisierenden Zufall und hätten nicht zwei bislang eher mittelbare beteiligte Männer unorthodox eingegriffen, wäre die Allianz mit ihrem Angriff gescheitert.

 Diese Vorgehensweise kann im Laufe einer Serie ein – oder auch zweimal funktionieren, in den letzten „Heliosphere 2265“ Bänden hat der Autor aber zu oft auf diese Ideen zurückgegriffen.  Schade ist, dass Andreas Suchanek sich vielleicht ein wenig anfänglich zu überambitioniert und jetzt serientechnisch ausgeschrieben übernommen hat. Die Struktur stimmt weiterhin, das Universum ist dreidimensional und immer wieder ausbaufähig entwickelt, wenn der Autor den Mut hat, wirklich neue Wege zu gehen und neben den zahllosen dreidimensionalen Charakteren auch zugänglichere Konflikte entwickelt.

 Ohne ein abschließende Urteil zu fällen ist der erste Band des abschließenden Dreiteilers neben der spürbaren Länge inhaltlich leider oberflächlich bis enttäuschend. Es ist ein Rückfall in die Frühphase der letzten beiden Miniserien, in denen Andreas Suchanek Mühe hatte, spannende wie überzeugende Szenarien zu entwickeln.

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 2084 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 207 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (25. Juli 2018)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B07FNHRGWK