Heliosphere 2265- Band 46 "Verlorene Heimat"

Heliosphere 46, Titelbild, Rezension
Andreas Suchanek

In seinem Nachwort geht Andreas Suchanek weniger auf die verschiedenen Handlungsebenen des vorliegenden Romans, sondern ein wenig mehr auf die Zukunft der Serie ein. Nach diesem ersten Höhepunkt des vierten Zyklus folgen drei auch umfangreich dickere Romane, in denen der Autor wahrscheinlich den ganzen ersten großen Zyklus zu einem befriedigenden Abschluss führen möchte.

 Spannungstechnisch ist „Verlorene Heimat“ ein interessanter Roman. Im Prolog ist Sjöberg selbst der Auslöser für die Kill Befehle in seinem ganzen Imperium. Mit seinem Tod würden Milliarden von Menschen ausgelöscht. Vor allem die logistische Umsetzung dieser Idee wird viel zu wenig vorbereitet, so dass der Leser schnell das Gefühl hat, als wenn Andreas Suchanek nach dem schnellen Ausschalten des Klonsoldaten noch einer weiteren Bedrohung gesucht hat. Inhaltlich ist dieser Vorgriff aber natürlich aus einem anderen Grund sehr viel interessanter. Die Allianz in Form eines Killerkommandos erfährt eher auf Umwegen von diesem erneuten Hindernis. Es stellt sich die Frage, ob es sich um einen perfiden Bluff handelt oder ob der psychotische Sjöberg tatsächlich bereit und willens ist, als Werkzeug von Meridian im Grunde sein Volk in den Tod zu reißen.

 Auf der Erde ist Kirby auf eine Gruppe von Rebellen gestoßen, die Sjöberg bei einem seiner seltenen Auftritte ermorden wollen. Die absolute Bedrohung führt zu Spannungen in der Gruppe, da Kirby jetzt widerwillig im Grunde Sjöberg vor den Rebelen schützen muss, um das Leben aller anderen Menschen nicht zu gefährden. Eine interessante Prämisse, die einigen der besten und am meisten paranoiden Handlungsfäden der ersten Romane entspricht. Leider gelingt es Andreas Suchanek in der hektisch voranschreitenden Handlung viel zu wenig, diesen Gewissenskonflikt in Kirby auf die anderen Rebellen zu übertragen, die stoisch ihren Zielen folgen und lieber alles vernichten als Sjöberg noch einen weiteren Tag zu ertragen.

 Hier zeigt sich eine weitere Schwäche der „Heliosphere 2265“ Serie. In den letzten Romanen ist der Handlungshintergrund immer komplexer geworden und die Auseinandersetzung mit den Ash´Gul`Kon hat den Widerstand der Menschen gegen den Diktator überdeckt. Viele Fakten werden im Eilverfahren präsentiert und Kirbys Aufenthalt auf einer Erde, in welcher jeder Kontakt mit anderen Menschen durch Denunziation auch tödlich sein kann, viel schnell abgehandelt. Eine Reihe von in dieser Form eindimensional erscheinenden Rebellen hätte mit ein wenig mehr Handlungsfreiheit ohne größere Mühe dreidimensionaler,  ambivalenter und vor allem auch in ihren für den Leser wie Kirby selbstmörderischen Aktionen verständlicher beschrieben werden können. Der Killbefehl erhöht natürlich die Spannung, aber da Sjöberg eine Reihe von Niederlagen überlebt hat, erschien es von Beginn an unwahrscheinlich, dass der ersten Schlag der Rebellen wirklich zu einem Erfolg geführt haben könnte. Andreas Suchanek bemüht sich, aus einer von ihm selbst nicht einfach konstruierten Situation das Meiste zu machen und den Plot relativ zügig voranschreiten zu lassen.

 Während die Haupthandlungsebene auf der Erde das Geschehen dominiert, ist es die vermeintliche Haupthandlungsebene im Opal System, welche dieses Mal durch ihre Ruhe eher enttäuscht. Sjöberg hat Aktionen in diesem System vorausgesehen. Auch die Helden haben sich ein wenig auf mögliche Konfrontationen vorbereitet, aber angesichts der perfekt inszenierten Infiltration der Erde durch Kirby erscheinen ihre Vorbereitungen eher bemüht. Andreas Suchanek nutzt diesen Handlungsbogen, um mit einigen Schießereien und Verfolgungsjagden für Action zu sorgen. Diese erscheinen überambitioniert, wie auch beim Attentat auf Sjöberg ein Faktor überhaupt nicht berücksichtigt wird, der mindestens Kirby und Cross in direkt bekannt sein müsste. Dadurch verlaufen die beiden Handlungsbögen im Grunde wie die Quadratur des Kreises, wobei vor allem im Opal System der Spannungsbogen als Ganzes viel zu simpel gestaltet worden ist, um nachhaltig zu überzeugen.

 Mit vier Epilogen deutet der Autor die weitere Aufsplitterung der Handlung in Richtung finale Auseinandersetzung an. Zusammengefasst ist „Verlorene Heimat“ keine verlorene Lektüre. Immer wieder finden sich gute Ansätze und der Vorstoß in Sjöbergs Imperium ist ausgesprochen gut wie originell beschrieben worden. Nur wirkt dieser Handlungsbogen zu kurz, während das Opalsystem actiontechnisch reichhaltig bedacht, aber aus dem zugrunde liegenden Plan heraus zu wenig durchdacht entwickelt worden ist.  Vor allem die Fokussierung auf den paranoiden Sjöberg – immer wieder für ein Schauern gut – hilft, den unwahrscheinlich erscheinenden Konflikt mit den Ash´Gul`Kon in den Hintergrund zu drängen und sich auf die Stärken konzentrieren, welche die Serie vor allem in den ersten zwanzig Romanen so ausgezeichnet hat.

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 991.0 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 117 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (13. November 2017)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B077DFYVVV