Als Roboter noch Roboter waren

Als Roboter noch Roboter waren, Titelbild, Rezension
Heinz J. Galle

In seiner neusten Studie konzentriert sich der Autor und Sammler Heinz J. Galle im wahrsten Sinne des Wortes auf den besten mechanischen Freund des Menschen. Oder seinen schlimmsten Feind: den Roboter. Im Vorwort macht Heinz J. Galle nicht zuletzt dank der Suchmaschinen bzw. dem Angebot des größten Internethändlers deutlich, dass ein versprochener Streifzug durch die Geschichte der Roboter in den populären Medien von den ersten Entwürfen im Biedermeier bis zu den farbenbunten und gegen Finanzkrisen sicheren japanischen Spielzeugmodellen nicht alles wirklich nachhaltig abgedeckt werden kann. Das ist auch nicht Sinn der Studie.

Im Auftaktkapitel einer ersten Annäherung und dem Beginn des Roboterzeitalters definiert Heinz J. Galle seine Auswahl. Vor allem Zwitter wie die Cyborgs sollen keinen Einzug halten, auch wenn ihm später ein kleiner Fehler unterwirft. Neben der Tatsache, dass er im 19. Jahrhundert nicht nach Robotermodellen geschaut haben kann, spielt in Algis Budrys „Zwischen zwei Welten“ die Frage eine elementare Rolle, ob es sich bei dem nach einem Unfall mit schwersten Verletzungen zurückgekehrten Martino um das Original oder einen Doppelgänger als Spion handelt. Ein Roboter spielt keine Rolle, höchstens ein kybernetisch veränderter Mensch.

Es sind aber die einzigen kleinen Fehler einer amüsant zu lesenden Studie. Nach dem Heinz J. Galle die Geschichte der „Roboter“ beginnend mit den mechanischen Puppen aus der Biedermeier Zeit in die relative Gegenwart mit in diesem Fall einem Schwerpunkt hinsichtlich der tatsächlichen Entwicklung und den Fähigkeiten sehr gut, übersichtlich und vor allem mit einigen relevanten, teilweise persönlichen Beispielen aufgerollt hat, kommt sein Steckenpferd zum Tragen.

Der Roboter in der Science Fiction Literatur, wobei der Exkurs in die Humoresken auch belustigend ist. Immer wieder zeigt Heinz J. Galle nicht nur die bekanntesten Schöpfungen wie Captain Futures Team auf, sondern steigt in die Materie mit den zahlreichen Heftromanserien und durch die Übersetzungen folgerichtig mit der amerikanischen Pulpliteratur ein. Auch hier ist das Themenspektrum vielleicht nicht unbedingt sehr breit, da die meisten Texte eher stupide und klischeehaft aufgebaut worden sind, aber erscheinungstechnisch umfangreich. Daher konzentriert sich Heinz J. Galle auf die aus seiner Sicht wichtigsten Veröffentlichungen unter anderem mit Jack Williamsons „Wing 4“, Simaks „City“, den angesprochenen Captain Future Romanen oder einigen schrägen Exzessen aus der Feder eines C.V. Rocks. Reichhaltig bebildert und dank der prägnant mit einem spürbaren ironischen Unterton zusammengefassten Inhalten sowie einigen Textbeispielen sind diese für den Sammler und Leser/ Fan Heinz Galle so markanten Streifzüge in den verschiedenen Themenbereichen immer wieder ein reines Vergnügen, das selbst eingefleischte Science Fiction Fans auf vielleicht untergegangene, aber wieder entdeckenswerte Romane und Kurzgeschichten aufmerksam macht.

 Bis in die Gegenwart reicht diese Exkursion leider nicht. Auch hier wären wahrscheinlich einige interessante Werke wie der ungewöhnliche „Mr. Sapiens macht Urlaub“ gerade zur Roboterthematik basierend auf den Ideen eines Isaac Asimovs in Kombination mit der Humanität eines Clifford D. Simaks zu erwähnen, aber irgendwann erschöpfen sich die Seitenzahlen und Heinz J. Galle ist vor allem ein Mann der utopischen Literatur bis in die achtziger Jahre hinein.  Zwar wird Phillip K. Dicks „Blade Runner“ erwähnt, die Fortsetzungen Jeters eher ignoriert.

 Zumindest die anderen in einem direkten Zusammenhang mit Budrys „Zwischen zwei Welten“  empfohlenen Werke Edmund Coopers und Jean Gaston Vandels  (Seite 104) sind aber mindestens wieder entdeckenswert.

 Genau wie die Literatur nimmt der Roboter auf der großen wie kleinen Leinwand einen Schwerpunkt in diesem Streifzug ein. Auf die Comics verzichtet der Autor absichtlich, um im abschließenden Kapitel noch auf die bunte Welt der Spielzeugroboter einzugehen.  Auf der anderen Seite macht die Kombination Roboter im Film/ Fernsehen und ihre Spielzeugkollegen auch Sinn. Im ersten Abschnitt geht Heinz J. Galle vor allem auf amerikanische und bedingt britische bzw. mit „Raumpatrouille Orion“ auch auf das deutsche Vorzeigemodell ein. Im abschließenden Kapitel sind vor allem die japanischen Roboterkollegen aus den zahllosen Zeichentrickserien vertreten, für die es einen momentan explodierenden Sammlermarkt gibt.

Aber es gibt natürlich auch vor allem hinsichtlich der Meilensteine des Genres Überschneidungen. Der markante Roboter aus „Forbidden Planet“ sowie seinem zweiten Auftritt in „The Invisible Boy“ oder Gort aus „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ sind in beiden Kapiteln auch wichtig. Vor allem bei Gort geht Heinz J. Galle nicht nur auf das Original sowie ein wenig das Remake ein, er zitiert auch aus der zugrunde liegende Kurzgeschichte Bates und stellt die zu gewöhnliche Interpretation der ungewöhnlichen Story dem zumindest visuell interessanten Ende gegenüber. Wobei mehr als nur der Außerirdische und sein gigantischer Roboter inklusiv entsprechender Warnung/ Botschaft aus Bates unterschätzter Story übernommen worden ist.

 Daneben streift Heinz J. Galle natürlich die wichtigsten Vertreter des Genres, wobei die beiden Roboter aus „Star Wars“ ausschließlich fototechnisch vertreten sind. Als interessierter Zuschauer ist er sich nicht zu schade, auch Großproduktionen wie The Black Hole“ scharf zu kritisieren, während der Autor bei der Medienschelte im Hintergrund von „Westworld“ das Ziel trifft, aber Yul Brunners Rolle als Hommage an die „Glorreichen Sieben“ nicht erkennt und vor allem falsch interpretiert, denn nicht der „Revolerheld“ ist der „Überlebende“, sondern ein gewöhnlicher Besucher, der mit Intelligenz die ihm überlegene Maschine ausschalten kann.

 Vor allem verharrt der Autor bei den zahllosen Streifen aus den fünfziger und sechziger Jahren, die reichhaltig illustriert kurz vorgestellt werden. Natürlich sind die eigenständigen Roboter selbst im Gefolge von „Star Wars“ eher zurück gegangen – der Roboterhund aus „Kampfstern Galactica“ hätte genauso eine Minderheitenquote verdient wie die wenigen Roboterfrauen, von denen Heinz J. Galle selbst spricht -, aber teilweise macht es sich Heinz J. Galle auch ein wenig zu einfach. „Cherry 2000“ ist typisches Beispiel für eine weibliche Roboterin als Sexersatz in einer Post Doomsday Welt und hätte genauso aufgrund der auf der einen Seite stereotypen Ausrichtung, auf der anderen Seite aber zumindest hinsichtlich eines anderen Ansatzes erwähnt werden sollen.

 Auch beim Fernsehen fällt es Heinz J. Galle ein wenig schwer. So gibt es zwar mehr als 695 einzelne „Dr. Who“ Folgen, aber durch die konsequenten Mehrteiler mit durchschnittlich vier bis sechs Teilen deutlich weniger isolierte Geschichte. Die „Daleks“ müssen aber genau wie „Buck Rogers“ nerviger Zwergenroboter erwähnt werden, während die „Raumpatrouille Orion“ nur einmal dann allerdings gegen schwebende Exemplare der Roboterarbeiterklasse ihren humorvollen Intellekt stellen mussten. „The Avengers“ sind zumindest mit den „Cybernauts“ vertreten. Vor allem aber hinsichtlich der Kinoproduktionen kann Heinz J. Galle einige sehr seltene, wahrscheinlich heute nicht mehr so einfach anzuschauende Exemplare vom hilfreichen Haushaltshelfer bis zum Koloss von New York ausgraben, vorstellen und bebildern. Es sind diese trotz des begrenzten Umfangs Exkurse in die Tiefe, welche Galles Bücher so lesenswert und informativ machen.

 Die Spielzeugroboter und die Finanzkrise mit der Flucht in Sachwerte schließen diesen interessanten, schön zusammengestellten Streifzug durch die Geschichte der Roboter in den meisten populären Medien ab. Heinz J. Galle hat immer wieder betont, dass das Thema zu komplex ist, um es überhaupt literarisch/ kartographisch erfassen zu können, aber mit seinen Schwerpunkten, dem lockeren deutlich humorvolleren Tonfall im direkten Vergleich zu seinen früheren Arbeiten und einer manchmal immer noch scharfzüngigen kritischen Altersweisheit, sowie den mehr als einhundert Illustrationen/ Bildern/ Fotos bietet „Als Roboter noch Roboter waren“ eine mehr als mechanische Einstiegshilfe in die Welt / Literatur der Maschine an.   

  • Broschiert: 209 Seiten
  • Verlag: Reeken, Dieter von; Auflage: 1 (17. Oktober 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3945807131
  • ISBN-13: 978-3945807132
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