Heliosphere 2265- Band 12 Omega- der Jahrhundertplan

Andreas Suchanek

Band 12 „Omega- der Jahrhundertplan“ ist weniger der erwartete Abschluss der ersten zwölfteiligen Miniserie, sondern ein Zwischenstopp, der wie Andreas Suchanek in seinem interessanten Nachwort verspricht auch einmalig sein soll. Dabei bürgt die Handlung eine Reihe von Versuchungen. Es ist ein ausgesprochen interessant technisch gut strukturiert angelegter Roman, der absichtlich sowohl auf der zeitlichen als auch handlungstechnischen Ebene sehr viel anbietet, eine Reihe von Fragen beantwortet, aber auch zahlreiche zu diskutierende Flanken und Fronten bietet. Ohne zu viel vom Plot zu verraten versucht Andreas Suchanek sich an einer komprimierten Neuinterpretation in Form von Abrams „Star Trek“ Serie. Während dieser Neustart von außen initiiert worden ist und die eigentliche Handlungskontinuität in der Theorie, aber nicht der Praxis berühren sollte, ist dieser Reset innerhalb der „Heliosphere 2265“ Serie das Ergebnis eines Experiments, eines Versuchs, das Unbekannte ohne Verständnis hinsichtlich seiner Beschaffenheit und vor allem seiner innewohnenden Gefahren zu untersuchen.

 

„Sarah McCall“ – es ist nicht falsch, eine Reihe von Namen spätestens ab diesem Band in Anführungszeichen zu setzen, da sie wirklich Schall und Rauch sind – hat sich entschlossen, die Omega- Datei mit ihrem Wissen der Menschheit in Form einer offenen Ausstrahlung zur Verfügung zu stellen. Andreas Suchanek bereitet der Leser geschickt, aber auch inzwischen bekannt auf diesen Paukenschlag vor. Verschiedene Nebenfiguren werden bei ihrer „alltäglichen“ Arbeit gezeigt. Nur wenige Stunden später wird nichts mehr so sein wie es vorher erschien. Dieser Hang zum Cliffhangar selbst in den kleinen Kapiteln, diese Prophezeien von gewaltigen Ereignissen ist ein stilistisches Mittel, das der Autor wahrscheinlich auch positiv ein wenig überambitioniert in diesem zwölfen Roman außergewöhnlich oft einsetzt. Ohne Frage kann Andreas Suchanek trotz oder vielleicht auch gerade wegen der von ihm auch kritisch angesprochenen Flanken stolz auf die Leistung sein, die er über das letzte Jahr mit dieser „Heliosphere 2265“ bisher abgeliefert hat. Sarah McCalls „Beichte“ – sie findet weniger als Erzählung, sondern in Form eines Rückblickes auf die wichtigsten Ereignisse der Serie aus einer subjektiven Perspektive statt – streift die verschiedenen Romane vom nicht ersten Auffinden des Artefaktes über die Meuterei bis zu einer besonderen Rebellenarmee noch einmal. Es empfiehlt sich allerdings, diesen im Grunde weit über den Handlungsbeginn hinausreichenden „Rückblick“ nicht als Einstieg in die Serie zu nutzen. Das Hintergrundwissen ist elementar, um wie in der zu Unrecht vergessenen Fernsehserie „Dark Skies“ zu erkennen, das die bekannte Geschichte zwar keine Lüge, aber eine Variation ist. Suchanek baut dazu verschiedene Versatzstücke des Genres rückblickend perfekt passend in das Handlungskorsett ein. Ohne zu viel zu verraten will er aber nicht mehr an den Grundpfosten seines Korsetts rütteln und betrachtet diese Schließung einer Möbiusschleife als einmalige Chance, aber auch als einmalige Herausforderung. Dadurch könnte man dem Autoren leichter verzeihen, dass er im Grunde einen zu leichten Ausweg aus seiner Serie genommen hat.  Bedenkt man, wie sehr die ersten Romane mit ihrer Paranoia Verschwörung und dem Wechseln der Seiten überzeugt haben, so wirkt dieser Hintergrund angesichts des Überbaus mit zwei Kontrahenten, die über zu übermächtige Fähigkeiten verfügen und deren Motive zu konträr sind, zu stark konstruiert. Es fehlt der Fluss dieser ersten Romane und erinnert ein wenig zu stark an die Schwerfälligkeit mancher Superheldencomics, die sich mit einer ähnlichen Thematik herum geschlagen haben. Zumindest DC hat wie Andreas Suchanek erkannt, dass man die Büchse der Pandora nicht ein zweites Mal öffnen darf, da ansonsten die Glaubwürdigkeit verloren geht. Das zufrieden stellende Ende als neuen Anfang, als Chance, Wissen zu erlangen statt Kriege zu führen, wird Captain Cross stark von den anderen Handlungsebenen isolieren. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form der Autor die Spannungsbögen weiter aufrecht erhalten wird.

Ist „Omega- der Jahrhundertplan“ deswegen ein schlechter Roman? Im Grunde nein. Andreas Suchanek hat sich für einen Handlungsverlauf entschieden und führt diesen zu Ende. Er entlarvt die Identitäten der „beiden“ Kontrahenten McCall und Sjöberg, auch wenn er am Ende mit dem Auftritt Starks den Bogen vielleicht ein wenig zu stark überspannt. Angesichts der verschiedenen Aktionen auf beiden Seiten versucht er die Unfehlbarkeit – im Grunde funktioniert über die zwölf Romane keine einzige Verschwörung perfekt, kein perfider Plan kann wirklich erfolgreich umgesetzt werden – der „Schachspieler“ noch einmal nachhaltig zu demontieren. Dabei gegen die Einzelschicksale, denen der Autor insbesondere in der ersten Hälfte des Romans so viel Zeit widmet, fast verloren. Natürlich handelt es sich um ein gigantisches Spiel, das aus einem einzigen Fehler heraus mit ungeahnten Folgen geboren worden ist. Aber dieser eine Fehler ist so profan, so menschlich einfach, das der Leser fast nicht daran glauben möchte, menschliche Arroganz und Eitelkeit könnte im Zusammenspiel mit dem Unbekannten es ausgelöst haben. Hat man diese Erkenntnis erst einmal akzeptiert, dann entfaltet sich ein bizarrer Wettstreit, der als Stärke dieser Serie fast alle in den voran gegangenen Romanen präsentierten Fakten umfasst. Vom Parlidenkonflikt mit den versklavten Menschen über die Zusammenstellung der „Hyperion“ Besatzung insbesondere mit McCall an Bord bis zur Auswahl von Captain Cross, der positiv für das bisherige Handlungskonzept im Grunde nicht aktiv eingreifen kann. Erst ist wieder das Spielzeug von „Mächten“, die er nicht einschätzen kann. Dieser Hang, über die bislang bestehende sehr bodenständige Niedrigtechnikebene mit Ausnahme der Außerirdischen hinaus zu gehen und im Grunde alles auf der einen Seite in Frage zu stellen und auf der anderen Seite eine „Rettung“ anzudeuten, die mehr Schwierigkeiten in sich bürgt, ist ambitioniert und mutig. Viele Leser werden im die hinter dem bisherigen Konzept stehende Idee vielleicht nicht verzeihen und einige Ansätze wie die „neu“ auftretende Rebellenflotte wirken zu melodramatisch als wirklich nachvollziehbar integriert, aber der Autor beugt Kritik mit seinem geschickt nuancierten ambitioniert ambivalent geschriebenen Nachwort im Grunde vor. Er schließt für sich die Möglichkeit, weiterer „Deus Ex Machina“ Möglichkeiten. Eine riskante Entscheidung, da die Ausgangssituation in der Theorie nach Wiederherstellung des Artefaktes umgestaltet werden könnte. Dabei stellt sich die Frage, was die Charakter als „gut“ oder „böse“, als „lebens-„ oder „bekämpfenswert“ empfinden. Antworten in dieser Hinsicht verweigert der Autor und lässt alle Wesen des bekannten Universums mit der frustrierend schockierenden Erkenntnis zurück, das die Existenz der Meisten in dieser Form auf Leichtsinn basiert. Eine nicht unbedingt neue Idee, die aber von Andreas Suchanek im Vergleich zu vielen anderen Serien detailliert und vielschichtig herausgearbeitet worden ist. Zusätzlich kennt nur eine Handvoll von Menschen die Alternative bis zu einem bestimmten Grad.

Hätte McCal aus ihrer nicht unbedingt schlechteren Position heraus diesen Jahrhundertplan de Öffentlichkeit zur Verfügung stellen müssen? Diese Frage kann klar verneint werden. Durch die Veröffentlichung ihres Wissens macht sie es ihren „Verbündeten“ – sie hat viele Feinde, aber im Grunde keine Freunde – wie ihren Feinden schwerer, zum Ziel zu kommen. Sollte das in Kombination mit ihrer „Flucht“ in den Stillen Sektor und damit zum Artefakt ihr Ziel gewesen sein, so hat sie es erreicht. Das erinnert aber mehr an nicht den ersten Pyrrhussieg dieser Serie. Rückblickend ist der Kontrast zwischen dem interessanten Low Tech  Ansatz der ersten Bände mit dem Fokus auf Sjöbergs Putsch sowie dem Artefakt, dem Überbleibsel einer unendlich alten Zivilisation, sehr groß. Der Spalt wird im vorliegenden Roman sogar noch breiter, aber trotzdem hat der Autor einen melodramatisch emotionalen Roman geschrieben, der Rückblick und Ausblick zu gleich ist. Nicht jeder wird wie schon angedeutet mit dem Ende und dem innewohnenden Anfang zufrieden sein, aber Andrea Suchanek hat zumindest den Mut gehabt, seinem ersten Teilabschnitt mit den Erkenntnissen dieser Beichte einen diskussionswürdigen Stempel aufzudrücken. Und das ist mehr, als manch andere Heftroman- oder Ebookserien von sich sagen können.   

 

 

 



 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1486 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 186 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (30. Oktober 2013)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00GCIX3OE