Maddrax 28- Muerto Rico

Sascha Vennemann

Mit “Muerto Rico“ erscheint seit längerer Zeit wieder einer der positiv gesprochen chronologischen „Lückenschließer“ Romane, der sehr eng an die laufende Handlung anknüpft und doch wichtige Hintergrundpräsentationen enthält. Die ersten „Maddrax“ Zaubermond Titel stellten in dieser Hinsicht eine wahre Bereicherung der laufenden Heftromanserie dar. Sascha Vennemann hat es im Grunde noch einfacher als seine Kollegen, denn er greift nicht nur auf die Welt der dunklen Zukunft der Erde zurück, sondern kann mit dem Nanotechnologen Thomas Christchurch und dessen langer, tragischer Geschichte auf eine Parallelwelt zurückgreifen. Das Parallelweltthema ist angesichts der bisherigen Bodenständigkeit der „Maddrax“ Serie kein leichtes Thema, zumal der Sammler am Ende des vorliegenden Romans entgegen der beschriebenen Ereignisse anmerkt, dass er bislang keine Welt „gefunden“ hat, in welcher die Entwicklung von komplexer Nanotechnologie langfristig erfolgreich gewesen ist. Das wirkt wie ein Widerspruch zu den beiden „Universen“, welcher der Leser im vorliegenden Band kennenlernen wird bzw. seit Beginn der „Maddrax“ Serie kennen gelernt hat.

Die beiden Handlungsbögen laufen nur hinsichtlich ihrer Konsequenzen – die Insel Puerto Rico wird von den Nanobots bedroht – zusammen. Ansonsten versucht Sascha Vennemann deren Entwicklung auf einer Parallelwelterde, die allerdings auch „Star Trek- The Next Generation“ inklusiv des Crusher Jungen kennt, stringent und konsequent zu beschreiben. 

Thomas Christchurch wird durch die angesprochene "Star Trek- The Next Generation" Folge "Evolution", die ihm Warnung genug hätte sein müssen. Christchurch beginnt in einer Welt, die nicht vom Kometen zerstört worden ist, zu forschen und entwickelt schließlich auch mit Hilfe seiner attraktiven Assistentin, mit welcher er ein fast klischeehaft typisches Verhältnis unterhält, Prototypen. Vannemann springt dann in der Geschichte vorwärts. Inzwischen leben 18 Milliarden Menschen auf der Erde und die Resourcen werden knapp. Die einzelnen Machtblöcke bekriegen sich nur auf einem sehr kleinen Niveau, so dass aus Sicht der Militärs was ein globaler Schlag notwendig ist, um die Erde zu bereinigen. Christchurch wird informiert, dass die Feinde der anscheinend eher westlichen "Demokratie" dank der Nanotechnologie aus dem Nichts heraus gigantische Schutzwelle aufgebaut haben. Bei einer Expedition nach Afrika begegnet der inzwischen dank der "Creepers" genannten Nanobots relativ unsterbliche Christchurch nicht nur seiner Assistentin wieder, welche die Fronten gewechselt hat, sondern er verfolgt das inzwischen globale Chaos, das die modifizierten Superkrieger stellvertretend für die nicht zu kontrollierenden Bots in der Welt anrichten. Wie schon angesprochen ist dieser Handlungsbogen trotz des fast einhundertfünfundsiebzig Jahre umfassenden Zeitraums relativ stringent erzählt. Sascha Vennemann spricht wichtige Punkte - die Nanobots werden eher für militärische Zwecke eingesetzt als Krankheiten wie Krebs zu heilen - an, aber der Handlungsfluss bürgt zu wenige Überraschungen. Ausser dem eher naiven Christchurch, der wie alle Forscher über die Nutzung seiner Idee entsetzt ist und den Tag verflucht, an dem er diese "Star Trek" Folge gesehen hat, sind leider alle anderen Figuren eher eindimensional und funktionell charakterisiert worden. Nur wenige Dialoge, wie der Hinweis, dass der ältere Christchurch ja mit Schwarzenegger in der Kneipe über die alten Zeiten sprechen kann, ragen aus der zu oberflächlichen Abhandlung heraus. Hinzu kommt aber noch ein weiterer Aspekt. Viele Details erinnern an Vorgriffe auf die dunkle Zukunft, der Maddrax im Verlauf der Heftromanserie schließlich begegnet. Die Parallelwelt wirkt zu wenig eigenständig entwickelt und überraschende Ideen bis zur nihilistischen, dann emotionalen Auflösung sind selten zu finden. Auf der anderen Seite kann Sascha Vennemann auf dieser Handlungsebene nur Schlaglichter setzen und das tut er mittels eines Zeitraffers, der die relevanten Fakten übersichtlich zusammenfasst.

Die Folgen der aus einem anderen Universum eingedrungenen Nanobots kann der Leser bildlich auf der zweiten Handlungsebene nachvollziehen, die auf der abgeschiedenen Insel Purto Rico spielt. Die Insel wird von einer seltsamen Seuche heimgesucht, die sich erst in verschiedenen Tieren manifestiert. Eine kleine Gruppe von Forscher verschanzt sich schließlich im Glockenturm der ehemaligen Universität San Juan. Sie können nur versuchen, das Ausbreiten der Seuche durch Isolation der Erkrankten verhindern. Der Roman endet mit der Landung Maddrax an Bord eines Space Shuttles. Natürlich ist es ungemein schwierig, angesichts des bekannten Endes dieses Handlungsstranges Spannung aufzubauen. Das gelingt aber Sascha Vennemann erstaunlich gut. Mit vielen Details demontiert er eine Gesellschaft, die autark und isoliert bislang das Chaos der "Maddrax" Welt gut überstanden hat. Schritt für Schritt beschreibt der Autor die einzelnen Veränderungen dieser Welt und die panischen Reaktionen der Wissenschaftler. Der Autor nimmt sich sehr viel, vielleicht sogar hinsichtlich der Gesamtlänge des Romans zu viel Zeit, weswegen das Ende ein wenig überstürzt erscheint. Die Zeichnung der "exotischen" Charaktere ist ihm auf dieser Welt sehr viel besser gelungen. Über deren Handlungen definiert er die einzelnen Protagonisten und vermeidet eine Reihe von Klischees.

Auf beiden Handlungsebenen gehören die Actionszenen – der Kampf der Insulaner gegen die Seuche, der Einsatz von Nanosoldaten auf beiden Seiten im Kampf um die seltenen Erden auf dem afrikanischen Kontinent – zu den Höhepunkten des Romans. Mit interessanten Details und kleinen teilweise zynischen Anekdoten bereichert der Autor den Roman und schließt die beiden wie schon gesagt nur indirekt zusammenlaufenden Handlungsabschnitte auf einem zufriedenstellenden „Höhepunkt“. 

In der Heftromanserie gab es ja nur auf dem Flug nach Irland diese sehr kurze Zwischenstation, in der einige wenige eher banale Dialoge ausgetauscht worden sind. Jetzt will es dieser Band besser machen. Das ist ihm auch gelungen, aber es stellt sich die Frage, warum Puerto Rico überhaupt in der laufenden Heftromanserie extra erwähnt worden ist. 

"Muerto Rico" ist leider nicht der stärkste "Maddrax" Roman im Rahmen der Zaubermond Reihe, aber der Versuch, wieder eine Chronik zu schreiben und vor allem die Ereignisse der Parallelwelt - sie sind allerdings vorhersehbar - ausführlicher zu beleuchten, sollte hervorgehoben werden. Insgesamt ein solider, von Sascha Vennemann in einem lesenswerten fließenden Stil geschriebener Roman, der wahrscheinlich nicht "Maddrax" Anhänger sogar noch mehr als die Stammleser der Heftromanserie ansprechen könnte.           

 

Zaubermond Verlag, 200 Seiten, Taschenbuch

erschienen september 2013

www.zaubermond.de