The Fellowship of the Hand

Edward D. Hoch

Handlungstechnisch ein Jahr später setzt mit “The Followship of the Hand” ein politisch auch heute noch deutlich interessanterer und vor allem auch gegenwärtiger zweiter Fall der „Computer Cops“ ein. Es ist nicht unbedingt notwendig, die beiden Romane in der chronologischen Reihenfolge zu lesen, da Edward D. Hoch immer wieder mittels kurzer Exkursionen den neuen Lesern die wichtigsten Fakten unauffällig präsentiert, aber es bereichert die Lektüre des Buches.

 Wie der erste Roman „The Transvection Machine“ zerfällt auch der zweite Band in zwei dieses Mal noch spärlicher miteinander verbundene Teile. Da wäre der eigentliche Kriminalfall – dieses Mal handelt es sich um zufällig gefundene unmögliche Ergebnisse in einem gigantische Wahlcomputer vier Wochen vor der Präsidentenwahl – und die Auseinandersetzung zwischen dem Establishment und der aggressiven terroristisch organisierten HAND. Dabei fällt auf, dass in beiden Romanen die Aktionen von HAND schließlich zur fast zufälligen Lösung des Falls beitragen, aber in keinem direkten Zusammenhang stehen. Es ist interessant, dieses Mal den Text von der politisch anarchistischen Seite zu betrachten. Im ersten Roman ging es um die Flucht Frosts von der Venus und seine Wiedereingliederung in die HAND Organisation. Am Ende des Buches ist Forst zum vorläufigen Anführer gewählt worden, da sein bisheriger Vorgesetzter ausgeschaltet werden konnte. Seine Befreiung soll ein Meilenstein für den nächsten Terroranschlag sein. Nur beschreibt Edward D. Hoch fast selbstironisch die zwischenmenschlichen Spannungen in dieser ambivalent beschriebenen Organisation. Nicht umsonst ist der Titel der Originalausgabe ein böser Seitenhieb gegen den fanatischen, aber auch blinden alten wie neuen Anführer „HANDs“. Hoch lässt Frost die Umbenennung mit einem alten Edward Wallace Roman „The Fellowship of the Frog“ oder natürlich Tolkiens „Herr der Ringe“ und seine Fans vergleichen. Frost ist ein Pragmatiker, der eine Abkehr von der Allmacht der Computer/ Maschinen auf eine pragmatische, der Bevölkerung nur bedingt schadende Art und Weise erreichen möchte, während sein Vorgesetzter mehr und mehr die Organisation und nicht mehr deren Ziele in den Mittelpunkt stellt. Die Diskussionen sind lesenswert und Edward D. Hoch arbeitet erstaunlich kompakt die unterschiedlichen Standpunkte heraus. Es ist eine doppelte Ironie, das HAND am Ende des Romans erkennen muss, dass sein Primärziel – die amerikanische Regierung – selbst ein Angriffsziel geworden ist. In beiden Romanen kommt es zu terroristischen Attacken auf Computerknotenzentren, so dass bei der direkten aufeinander folgenden Lektüre der beiden Bücher von einem Wiederholungseffekt gesprochen werden kann. In dieser Fortsetzung ist der Angriff auf nachvollziehbarer als in „The Transvection Machine“, in der es ausschließlich um eine Störung der öffentlichen Ordnung in Einklang mit einer Gefährdung der Gesundheit der Zivilbevölkerung gegangen ist.

 Der eigentliche Kriminalfall ist aber das herausragende Element dieses Romans. Ein Techniker findet in einer der gigantischen Wahlmaschinen ein vorprogrammiertes Wahlergebnis. Die nominierten Kandidaten stehen in keinem Zusammenhang mit der anstehenden Präsidentenwahl. Niemand weiß, wie diese Ergebnisse in den Computer eingepflegt worden sind und welchem Zweck sie dienen. Im ersten Buch noch Junior Ermittler nimmt in der Fortsetzung Earl Jazine eigenständig die Ermittlungen auf. Kurz Zeit später wird der Techniker ermordet und er entführt und anscheinend in einer Grube mit radioaktivem Abfall lebendig begraben. Parallel macht sich sein Vorgesetzter auf den Weg, zumindest einen der Kandidaten James Blunt zu besuchen. Es handelt sich um einen der Superreichen, die mit der Ausbeutung von Botenschätzen gigantische Vermögen angehäuft haben. Bislang ist er politisch nicht aufgefallen. Der zweite Kandidat hat fünf Jahre auf der Venus im Exil verbracht und ist er vor einem Jahr zurückgekehrt. Politisch sind beide unbeschriebene Blätter, auch wenn ihr Einfluss groß ist.

 Angesichts der Debakel mit den Wahlmaschinen im Jahre 2004 greift Edward D. Hoch ein heikles Thema auf. Er etabliert eine Art Schattenpolitik, die von den Mächtigen beherrscht wird. Geld regiert die Welt. Nicht nur die gigantischen Konglomerate spielen eine wichtige Rolle, mittels eines weiteren geheim gehaltenen Computers haben sie die Vergangenheit der Erde komplett archiviert und könnten quasi über diese Daten alle Netzwerke manipulieren. Sie scheinen auch eine Schattenregierung gründen zu wollen, an deren Spitze schließlich ein neuer amerikanischer Präsident steht, gewählt nur von einer sehr kleinen Elite reicher Männer und der Öffentlichkeit während der nächsten Wahl untergeschoben. Dazu muss während der gegenwärtig laufenden Wahl geübt werden. Wie simpel in dieser Zukunft die Maschinen manipuliert werden, arbeitet Hoch als eines der markanten Elemente sehr schnell und überdenkenswert effektiv heraus. 

Hinzu kommt die Ambivalenz, mit welcher sich seine Superreichen in dieser Welt bewegen und inzwischen eigene „Staaten“ außerhalb der Regierungszonen etabliert haben. Die Idee der Wahl einer Elite, die Ernennung eines Primus Inter Pares wirkt auf den ersten Blick ein wenig absurd und abgehoben. Angesichts der Korruption in Washington und der Vetternwirtschaft in Russland scheint diese Idee aber nicht mehr gänzlich abwegig zu sein.

 Wie in seinen bisherigen Romanen nutzt Edward D. Hoch wieder verschiedene Perspektiven. Bei den ermittelnden Cops ist Earl Jazine wieder für den körperlichen Einsatz zuständig. Er erledigt meistens die Fußarbeit und reicht eher ohne es zu merken seinem Chef Crader die Fakten da. Crader nähert sich eher den potentiellen Verdächtigen auf einer gleichberechtigten Ebene. Hoch liebt es, den Täter auf den letzten Seiten in seiner wahren Identität zu identifizieren und dadurch die rückblickend fiktiven Fakten auf den Kopf zu stellen. Dazu gehört die Entlarvung des Täters in einem kleinen Kreis und für den Leser/ die Augenzeugen ausführliche Beschreibung der kleinen Mosaiksteine, die zusammengefügt ihn zu einem Schuldigen machen. Im Gegensatz zu seinen bisherigen Romanen hat sich der eigentliche „Täter“ ein wenig im Hintergrund gehalten, auch wenn er durch die stetig wechselnden Perspektiven auch eine mittelbare Rolle spielt. Auffällig ist Hochs Liebe zu latent provozierenden  sozialen Strukturen. So wird eine sehr junge Türkin von ihrem „Herrn“ ausgebildet, um reichen Leuten zu gefallen und mit ihnen verheiratet zu werden. Aus einer anfänglich gekauften sexuellen Beziehung wird schließlich Liebe. Andere junge Frau sind ausgesprochen willig, vor allem dem Ermittler Earl Jazine zu verfallen, was in einer improvisierten Liebeszene als Wendepunkt der Ermittlungen gipfelt. Um den Täterkreis möglichst breit zu fächern, muss Edward D. Hoch diese Zuhälterebene noch ein wenig weiter spinnen und Blunts Geschäftspartner wieder ins Rennen bringen. Dazu legt der Amerikaner sehr geschickt sehr viele falsche Spuren und konzentriert sich am Ende sehr stark auf die Kriminalhandlung, die in seinen Büchern immer aus einem anfänglichen Mord besteht, der mittelbar Folgetaten nach sich ziehen muss. Aus seinen vier unter dem eigenen Namen veröffentlichten Büchern ragt aber „The Fellowship of the Hand“ aufgrund der Tatsache heraus, dass nicht ein Mord am Anfang der Ermittlungen steht, sondern die Entdeckung der Manipulation der Wahlmaschinen.

 Die politischen Konsequenzen inklusiv der längerfristigen Entstehung dieses Schattennetzwerkes fast als Gegenstück zu den terroristischen Aktionen der „Hand“ Anarchisten kommt im Gesamtkontext des Romans fast ein wenig zu kurz. Die gigantischen Computeranlagen unter den Bergen von Utah als Heimat der zumindest amerikanischen Geschichte wirken ein wenig zu stark fokussiert und dadurch konstruiert. Es erscheint unwahrscheinlich, dass in einer sich stetig diversifizierenden Welt eine derartige Umkehr und Konzentration von unersetzlichem Wissen alleine auf einen in privater Hand befindlichen Standort möglich ist. Zusätzlich überspannt Hoch den Bogen hinsichtlich des Einflusses von manipulierter Geschichte, aber die Idee einer „Demokratie“, die sich auf die leicht zu beeinflussenden Maschinen hinsichtlich aller wichtigen Entscheidungen verlässt, ist immer noch aktuell und in einigen Abschnitten des kurzweilig zu lesenden Romans sehr gut nachvollziehbar heraus gearbeitet. Während „The Transvection Machine“ ein wenig unter der Idee des Transmitters als eine Art „Alibi“ gelitten hat, arbeitete Edward D. Hoch den Hintergrund für seinen besten Science Fiction Kriminalroman sehr viel nachvollziehbarer heraus und präsentiert einen zeitlosen utopischen Krimi mit gut charakterisierten Protagonisten auf beiden Seiten des gebeugten Rechts.  

 

  • Taschenbuch: 190 Seiten
  • Verlag: Mysterious Press (1. Juni 2014)
  • Sprache: Englisch
  • ASIN: B00UY3MKO2