Das Haus

Fehlermeldung

  • Unable to create CTools CSS cache directory. Check the permissions on your files directory.
  • Unable to create CTools CSS cache directory. Check the permissions on your files directory.
Richard Laymon

Wie einige der letzten Veröffentlichungen des Heyne Verlages aus der umfangreichen Feder Richard Laymons stammt „Das Haus“ aus einer frühen Phase seiner schriftstellerischen Karriere, in welcher der Amerikaner um seine Familie zu ernähren Pulp Horrorgeschichten in Fließbandmanier ausgespuckt hat. Der Roman ist wahrscheinlich nicht der ideale Einstieg in Laymons umfangreiches und wahrscheinlich angesichts einiger Höhepunkte und einer Reihe von stereotyp geschriebener Thriller auch überbewertetes Werk, aber insbesondere Richard Laymon Fans können sich an den vertrauten Stärken und leider immer wiederkehrenden Schwächen erfreuen.

Richard Laymon ist ein Schriftsteller, der wie kaum ein anderer rein populärer für die Bahnhöfe und Flughäfen schreibender Autor ein Szenario eröffnen kann. Einige schnell alternierende Kapitel, eine kurze Vorstellung der nicht unbedingt den Handlungsbogen überlebenden Protagonisten, die Einführung einer im Grunde austauschbaren Kleinstadt mit entsprechenden Geheimnissen und dann lange Mittelteile, in denen der Amerikaner mit den Erwartungen nicht nur seiner Protagonisten, sondern vor allem auch seiner Leser spielt. Einige natürlich falsche rote Fäden und dann das Finale. Wie bei den meisten seiner Bücher scheint Laymon auf den letzten Seiten entweder das Interesse verloren zu haben oder der Abgabetermin drückte zu sehr. Die Grundidee ist nicht originell. Verschiedene inzwischen bekannte Personen werden abschließend zu einer Halloween Party eingeladen, auf welcher ein Killer verschiedene Menschen tötet. Der Weg zu diesem Final hätte angesichts der psychopathischen Charaktere originell und ambitioniert sein können. Die Party soll der Höhepunkt des Buches sein, sie wird aber eher in einem an einen Epilog erinnernden Kapitel lustlos abgehandelt und der Plot sehr emotionslos und vor allem wenig spannend abgeschlossen.

Der Alter des Romans ist in diesem Fall sogar von Vorteil. Mit Internet und Handys sowie der paranoiden  Einstellung der Amerikaner wäre der Roman deutlich früher zu Ende. Aber Laymon ist auch ein Autor, der im Laufe seiner trotz des frühen Todes langen Karriere sich technisch immer wieder der Gegenwart angepasst hat und vor allem  trotz bekannter Versatzstücke darauf reagiert hat. „Das Haus“ ist in diesem Buch das Sherwood Haus, ein leer stehendes langsam verfallendes Haus, in dem vor vielen Jahren auf brutale Art und Weise die Familie Sherwood ermordet worden ist. Natürlich zieht ein solches Gruselhaus immer wieder Schaulustige und unerlaubte Besucher oder Jugendliche für Mutproben an.  Gegen alle Logik soll dieses Jahr als besonderer Höhepunkt die eingangs angesprochene Halloween Party ausgerechnet in diesem Haus stattfinden. Die halbe Schule – Teenanger in Gefahr sind ein beliebtes Motiv in Laymons Büchern – inklusiv Lehrkörper wird eingeladen. Das die Gewalttaten nicht vorbei sind, zeigt die brutale wie effektive Ermordung eines Polizisten gleich zu Beginn des Buches. Zu den Schwächen gehört, dass der Autor diese beiden natürlich untrennbar miteinander verbundenen Handlungsbögen nicht verbindet, nicht einmal verbinden möchte. Es erscheint unwahrscheinlich angesichts des Aberglaubens in dieser wirklich kleinen Gemeinde, dass die Ermordung eines Polizisten kurz vor Halloween und eine gigantische Party an einem sicherheitstechnisch nicht frei gegebenen Ort sich nicht gegenseitig beeinflussen und Konsequenzen haben könnten.

 Auf dem Weg dahin sind es die verschiedenen Figuren, die einen Laymon Thriller individuell betrachtend interessant ist. Laymon kann mit wenigen Zügen sympathische und unsympathische Protagonisten beschreiben. Er ist sich nicht zu schade, auch anscheinend Hauptfiguren aus dem Nichts heraus zu töten. Auch wenn er immer wieder das Klischees des Massenmörders nicht selten in Kombination mit sexuell brutal orientierten Handlungen beschreibt, sind es meistens junge Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen und mit Intelligenz sowie Auffassungsgabe gegen die dummen „Männer“ mit ihren langen Messern bestehen können.

 Im vorliegenden Buch wirken die Figuren aber nicht so ausgereift wie in einigen seiner anderen, zur gleichen Zeit entstandenen Thriller. Da wäre der junge Eric, der als Produkt einer Vergewaltigung immer wieder seine Mutter aufhetzt, doch endlich seinen Vater kennen zu lernen. Sie behauptet ihm gegenüber immer, dass der Vater kurz nach der Geburt abgehauen ist. Die Mutter hat eine Affäre mit dem örtlichen Polizisten Sam, der den Mord am örtlichen Polizisten untersuchen muss. Ohne einen wirklich roten Faden zu haben trifft er auf eine Handvoll örtlicher Schlampen und vor allem mit wenig Geschmack entwickelten einen natürlich abstoßenden und fetten Pädophilen, die ihm immer wieder Informationen über das Verbrechen an sich und einige Geheimnisse des Ortes versprechen. Auch wenn dieser Handlungsbogen fast einhundert Seiten umfasst, verläuft diese Spur buchstäblich im Sande. Es ist nicht selten, dass Richard Laymon ganze Handlungsarme während seines hohen Schreibtempos vergisst und die Bücher ohne sie abschließt. Im vorliegenden Band ist es aber in doppelter Hinsicht ärgerlich, da diese Untersuchungen trotz seiner diskriminierenden Randbemerkungen interessanter als der Hauptplot sind und sie in der vorliegenden Konstellation wie absichtlich eingebautes Füllmaterial erscheinen und weniger als relavanter Bestandteil der Handlung.

 Ebenfalls frustrierend sind zwei weitere Handlungsarme. Da gibt es anscheinend einen sexuellen Provokateur, der es liebt, den jungen attraktiven Lehrerinnen auf den Hinter zu schlagen. Er will die Lehrerin vergewaltigen, wird aber von einem älteren Angestellten der örtlichen Bücherei abgehalten. Später kommt es zu einer Begegnung zwischen Erics Freundin Beth und einem Teil der klein karierten Jugendgang, in deren Verlauf Beth zumindest verbal sexuell provoziert wird. Natürlich will ihr keiner Glauben. Vor allem nicht ihr Lehrer, während ihr Freund Eric so an der kurzen explosiven Leine gehalten wird, das seine Reaktion in der Form von passiven voyeuristischen Interesse unglaubwürdig erscheint. Wichtig ist es Laymon in dem eher schematisch geschriebenen Mittelteil, die einzelnen Protagonisten zu der abschließend dekadenten, aber in sich langweiligen Party zu schleifen, wo der Massenmörder aus dem Nichts heraus mit seinen Taten indirekt weiter machen kann, welche auch der Sherwood Familie das Leben gekostet haben.

 Wie angesprochen verfügt „Das Haus“ über einige wenigen spannende Szenen. Immer wenn der Autor falsche Spuren legt, dann blüht der Plot auf. Es sind kleine, vor allem intensiv geschriebene Passagen, die so sehr aus dem ganzen Buch herausragen, das sie Teile eines besseren anderen Werkes sein können. Laymon weiß, wie man Spannung nicht nur aufbaut, sondern diese Szenen auch für den Leser interessant und originell auflöst. Er nutzt dieses Handwerkszeug im vorliegenden Thriller „Das Haus“ zu wenig. Auch ist erkennbar, dass seine leider wenig originelle Grundidee nicht für ein ganzes Buch ausreichend gewesen ist. Anstatt den Handlungsbogen abzubrechen oder gar das ganze Projekt abzublasen, ist Laymon einen für ihn typischen wie klischeehaften Weg gegangen, in dem andere Versatzstücke einfach eingebaut worden sind. Herausgekommen ist ein weiterer, ohne Frage sehr oberflächlich rasant geschriebener Slasher Thriller mit allen Konventionen des Genres, der aber bei näheren Hinschauen weder Sinn macht oder angesichts des zu abrupten und wenig erfrischenden Endes nachhaltig überzeugen kann. Es gibt wie leider inzwischen mehrfach erwähnt bessere Bücher des Amerikaners. Ob eine Gesamtauflage seines umfangreichen Werkes auf deutsch ihm wirklich einen Gefallen macht, muss angesichts einer inzwischen ganzen Reihe von schwachen Romanen bezweifelt werden. „Das Haus“ ist nur für Laymon Fans interessant und verschenkt das wenige Potential auf eine nachhaltige frustrierende Art und Weise.      

 

  • Taschenbuch: 288 Seiten
  • Verlag: Heyne Verlag (8. März 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3453676483
  • ISBN-13: 978-3453676480
  • Originaltitel: Allhallow's Eve
Kategorie: