Perry Rhodan Planetenromane 37/38 "Albatros"/ "Die größte Schau des Universums"

Perry Rhodan Planetenroman 37/ 38, Albatros, Die größte Schau des Universums, Thomas Harbach, Rezension
Ernst Vlcek

In diesem Doppelband hat Rainer Nagel zwei Romane Ernst Vlceks aus der Frühphase der kosmischen Hanse – beginnend mit Voltz Perry Rhodan 1000 „Der Terraner – zusammengefasst. Obwohl die Themen – die Suche nach neuen Mutanten und ein in der Zeit versetzter Zirkus – nicht unterschiedlicher sein können, trifft Rainer Nagel in seinen beiden Nachwörtern die Stärken Ernst Vlceks sehr genau. Im Gegensatz zu William Voltz Theorie des neuen, bekehrten Menschen ging es dem Österreicher auch immer wieder um die kleinen menschlichen Schwächen. So ist ein Kleinkrimineller am Ende nur indirekt der Held, sondern bleibt seinen Wurzeln treu. Auch gehört Vlcek nicht nur mit seinen Michael Rhodan bzw. Walty Klackton Planetenromanen zu den Autoren, die immer wieder mit einem Augenzwinkern die Lücken in der PR Chronologie gefüllt haben, sondern vor allem exotische Hintergründe und fremde Wesen pointiert und ambitioniert entwickeln bzw. beschreiben konnten. 

"Albatros" und „Die größte Schau des Universums“ gehören zu den am meisten nachgedruckten Planetenromanen. Neben der Veröffentlichung im Zaubermond Verlag ist der Band in der Autorenbibliothek und schließlich im Weltbild Verlag ebenfalls erschienen.  Handlungstechnisch spielt er in der Frühzeit der kosmischen Hanse. Fellmer Llyod hat den Auftrag erhalten, ein neues Mutantenkorps aufzubauen. Bislang ist seine Suche von wenig Erfolg gekrönt. Der Angestellten der Hanse Harlow hat seltsame Träume, die Ernst Vlcek in langen Passagen ausführlich beschreibt. Harlow scheint eine Affinität zu einem Wesen namens Poe zu haben, das ein Jugendlicher auf einem abgelegenen Planeten zu sein scheint.  Dieser Poe scheint über so starke Parakräfte zu verfügen, dass eine mittelbare Begegnung sogar Fellmer Lloyd bedroht. Die Kräfte sind auch nicht kanalisiert. Vlcek bleibt bei der Beschreibung der Parakräfte allerdings ambivalent. So kann Poe Lloyd quasi in Moms Garten holen. Später stellt sich heraus, dass es sich um eine abgeschieden gelegene Welt handelt. In Moms Garten haben anscheinend alle menschenähnlichen Wesen die Fähigkeiten der Telepathie und der Telekinese. 

Es ist interessant, wie Vlcek anfänglich eine fremdartige Welt etabliert und sie dann auf den letzten Seiten des Buches wieder vermenschlicht. Lloyd geht immer wieder davon aus, dass der Gegenspieler von ES  "Seth- Apophis" für einige der unerklärlichen und bedrohlichen Situationen zuständig ist. Später ist die Erklärung vielleicht ein wenig konstruierter, aber auch eindrucksvoller. Während der Autor im Mittelteil Spannung aufbauen kann, leidet das Ende unter einem immer wieder auftauchenden Manko der "Planetenromane". Der Handlungsbogen wird abgeschlossen und die fremden Wesen verschwinden wieder im Kosmos. Vlcek will im vorliegenden Buch gar nicht in die Tiefe gehen, sondern erzählt eine emotional eher distanzierte "Coming of Age" Geschichte, die durch die Verbindung zweier Welten - auch hier gibt es keine Erklärungen - die auf Menschen auf einem abgeschiedenen Planeten mit einer erdrückenden dominierenden Intelligenz aufmerksam macht. Nach dem Besuch durch die Menschen bleibt im Grunde alles beim Alten und die einzelnen Aspekte liegen im Hintergrund. Es wird zwar eine interessante, aber auch nicht unbedingt innovative Erläuterung hinzugefügt, aber das ganze Konstrukt ist für den präsentierten Handlungsbogen zu dünn. Da die Träume einen sehr breiten Raum im Roman einnehmen, fehlt auf der anderen Seite ein Ausgleich. Harlow ist eine zu blasse, zu pragmatische Figur, die während der sehr schnell laufenden Eingewöhnungsphase der neuen Mutanten eher reagiert und zu wenig die Ereignisse hinterfragt. Auch die enge Symbiose mit Poe - für einen Fremden gehört Poe zu Vlceks zugänglichsten Kreaturen -  fehlt die Schärfe. Lloyd als erfahrener Mutant, der dem Unbekannten ausgesprochen offen gegenüber steht,  ist ein ruhender Pol, der sich durch nichts im Grunde überraschen lässt. Vor allem gegen Ende fallen die einzelnen Teile zu leicht zusammen. Die Reise zur fremden Welt geht zu schnell, die Auflösung hinsichtlich Mom zu einfach. Vor dreißig Jahre wäre die Pointe unabhängig von Überintelligenzen wie in "Solaris" vielleicht überraschender gewesen, jetzt wirkt sie eher bemüht. Wie sein bekannter Improvisator Walty Klackton ist Vlcek am Besten ,wenn er Absurditäten zusammenführt. Das ist nur bedingt in "Albatros" der Fall. Der Autor scheint eher rückwirkend den Roman aufgebaut zu haben und von der zugrundeliegenden Idee einer sich ausbildenden, von einem Menschen inspirierten Intelligenz der Plot aufgebaut zu haben. Harlow dient im vorliegenden Roman als eine Art Reiseführer, der dem Leser die Mitglieder des neuen Mutantenkorps in der kosmischen Hanse vorstellt, wobei Rainer Nagel in seinem Nachwort den Widerspruch zwischen den Besitzverhältnissen mit 51 % bei der terranischen Regierung und dem kosmischen Auftrag der Hanse zu relativieren versucht. Der Autor selbst ist während seines Exkurses in die Hintergründe dieser neu gegründeten Organisation deutlich optimistischer. Zusammengefasst wirkt "Albatros" wie eine sehr unterhaltsame Wundertüte, die viele nicht unbedingt neue Themen unterhaltsam streift.

Der Zirkus bzw. das Spektakel in der Manage übt immer wieder eine besondere Faszination auf die Science Fiction aus. Während Barry Longyear in seine „Ein Zirkus für die Sterne“ eher einen traditionellen Weg gegangen ist, führte auf der anderen Seite Robert Feldhoff ebenfalls in einem Planetenroman „Die größte Show im Universum“ Vlceks exzentrische Ideen allerdings nur durch den Titel fort und konzentrierte sich mit Stripshows auf eine andere Art von Zirkus.  

 Der Zirkus Ararat kündigt im Jahre 390 NGZ einen Auftritt im Sonnensystem an. Es gab nur in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts einen gleichnamigen Zirkus, der nach einem halben Jahr im Grunde bankrott gegangen ist, Am gleichen Abend brannte das Zirkuszelt ab und mehrere der Artisten kamen ums Leben. Niemand weiß, was insbesondere aus dem Direktor des Zirkus Ararat geworden ist. Die Hanse erkennt, dass die gleichen Artisten – der Clown Jerry, die Fliegenden Adamos, der Riese Flic und der Zwerg Flac – wie im alten Zirkus anscheinend nicht gealtert auftreten. Der Agent Logorith Skent macht sich an die alleinstehende Hyazintha Clement heran, die zwei Karten für die einzige Vorstellung des Zirkus jenseits der Erdumlaufbahn gewonnen hat. Die Karten sind nur verlost und nicht verkauft worden. Dazu beeinflusst er die attraktive Frau. Insgesamt 20.000 Menschen nehmen an der Veranstaltung auf  dem Zirkusraumschiff teil. Einer der Artisten glaubt, dass ausgerechnet Hyanzintha seine bei dem Brand ums Leben gekommene stille Liebe ist. Logorith erkundet den Zirkus und findet – wie es sich für ein Raumschiff gehört – moderne Technik neben den anscheinend alten und originalen Einrichtungsgegenständen. Bei seinen Beobachtungen meint Logorith die Ermordung einer Athletin durch ein Monster zu beobachten, während einen Moment später hinter der gleichen Tür eine Wiese voller Zirkuswagen steht. Auch als Arafat erklärt, dass aufgrund technischer Probleme das Zirkusraumschiff mit allen Menschen an Bord zur Heimatwelt gesprungen ist, kommt Logorith nicht weiter.  

 Wie „Albatros“ zerfällt auch dieser Roman allerdings positiv in zwei Hälften. Verbunden durch die tragisch melancholische Liebesgeschichte – der Leser erfährt wie Jerry, warum es für ihn keine erste, aber zumindest eine zweite Chance geben könnte – beschreibt Vlcek zu Beginn die Faszination, aber auch die Herausforderungen des Zirkuslebens. In der zweiten Hälfte liegt der Schwerpunkt des Plots auf einzelnen Erklärungen, die beginnend mit bekannten Ideen – hier dient als Grundlage nicht nur indirekt „Der Schwarm“ , sondern auch einige Aspekte aus verschiedenen „Star Trek“ Geschichten sowie Ansätze aus der goldenen Ära der SF mit Hinweisen auf die zu diesem Zeitpunkt innerhalb der Erstauflage noch ambivalenten wie mysteriösen Kosmokraten -  plausibel erscheinen und vor allem erstaunlich gut ineinander greifen. Vielleicht ist die Idee des Steuercomputers, der außer Kontrolle geraten ist, wirkt ebenfalls nicht innovativ, aber Vlcek benutzt sie mehr als Sprungbrett denn als aktives Handlungsteil, so dass der temporeiche Handlungsbogen darüber hinweg fliegt.  Vor allem weil Vlcek auf einige Klischees verzichtet. So ist Dr. Ararat kein Schurke, kein Kosmopolit oder wahnsinniger Terrorist. Kein Nostalgiker, der ohne Not Menschen durch die Zeit entführt. Auch wenn der Klappentext diese Idee impliziert, handelt es sich um keine Zeitreisegeschichte. Erst ist ein Mann mit einer im Grunde positiven Mission, deren Abschluss ihm die Freiheit bis zum nächsten Aufenthalt in der Hölle gewährt. Vielleicht wirkt sein „Gegenspieler“  Logorith anfänglich zu sehr wie eine moderne Kopie Tekeners, aber unabhängig von den verschiedenen Entdeckungen verfügt er nicht nur über einen offenen Geist, sondern ein großes Herz und schämt sich hinsichtlich seiner Taktiken auch ein wenig. Zu kurz kommt in der zweiten Hälfte des Buches der einzigartige Flair des Zirkuslebens mit seinen Artisten und dieser abgeschiedenen und doch so lebensfrohen Welt. Das in der Zeit der kosmischen Hanse die Idee des Zirkus per se gänzlich ausgestorben und in Vergessenheit geraten ist, erscheint ein wenig konstruiert, aber Vlcek braucht sie, um 20.000 Menschen an einen abgeschiedenen Ort zu locken, wobei die Leichtigkeit, mit der das Raumschiff ohne besondere Kontrolle in die Nähe des Solsystems kommen kann, konstruiert erscheint. Deutlich vielschichtiger, bunter und vor allem origineller als „Albatros“ bilden die beiden hier geschickt nicht zum ersten Mal allerdings zusammengefassten Romane ein interessantes Duo, das die Paranoia vor der Superintelligenz Seth- Apophis genauso anspricht wie die angebliche Omnipotenz der Kosmokraten. Und beide Geschichten werden aus einer überwiegend menschlichen Perspektive, aus der Sicht der „einfachen“ Leute bzw. der Helden des Alltags lebhaft interessant und liebevoll zu gleich von Ernst Vlcek in diesem mit einem auffälligen Titelbild versehenen Doppelband des „Zaubermond- Verlages“  erz

Zaubermond Verlag,

Taschenbuch, 310 Seiten

www.zaubermond.de

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