Perry Rhodan Neo 87" Rückkehr der Fantan"

Michelle Stern

Gleich zu Beginn des Neo Bandes 87 “Rückkehr der Fantan” steht wieder der Versuch einer Entführung. Free Earth plant, den Reekha Chetzkel zu entführen. Thora soll zu diesem Zweck einen Stoßtrupp bestehend aus Mutanten anführen. In einer Simulation üben die Mutanten. Unabhängig davon, dass sich Thora trotz der schlechten Ergebnisse dieser Simulation entschließt, den Einsatz zu beginnen, kann Michelle Stern in diesen Szenen routiniert, aber auch ansprechend verschiedene Szenarien durchspielen. Die Fähigkeiten der Mutanten sind begrenzt und vor allem werden zu leicht zu weitreichende Fähigkeiten wie die Zeitmanipulation – Coco Zamis lässt allerdings grüßen – durch den entsprechenden körperlichen Verschleiß relativiert. Wuiru Sengus Fähigkeit könnte zu seinem Tod führen. Olf Stagges Teleportationsfähigkeit erscheint eher ambivalent, nur Anne Sloane ähnelt ihrem Original aus der Serie.  Chetzkel hält sich mit seiner Gespielin Mia am Fuße des Kilimandscharos auf. Auch hier agieren aber Agenten der Free Earth Bewegung und versuchen Mia mit Aufzeichnungen aus dem Berliner Zoo ins Wanken zu bringen.  Das ganze Szenario wirkt angesichts des bisherigen Zeitablaufs eher isoliert und bemüht. Bedenkt man, wie kurz die Arkoniden auf der Erde sind und wie schnell sich der Widerstand organisieren musste, erscheint es reichlich unwahrscheinlich, das in fast allen wichtigen Positionen und an allen unscheinbaren Punkten auf der Erde schon Agenten vorhanden sind. Der Leser kann sich nicht vorstellen, dass die Arkoniden auf der anderen Seite so leichtsinnig vorgehen, die Aufenthaltsorte ihrer wichtigen Führer nicht näher zu untersuchen.  Im Verlaufe der Aktion wendet sich das Blatt mehrfach. Der eigentliche Angriff scheint nicht unbedingt gut geplant. Auch wenn die Arkoniden durch eine Verräterin wider Willen gewarnt worden sind, wirken die Aktionen und Reaktionen auf beiden Seiten eher bemüht als effektiv. Unwahrscheinlich erscheint es, das Anne Sloane ausgerechnet den Wachsoldaten findet, der aufgrund seines früheren Dienstes über wichtige Informationen hinsichtlich Chetzkels Herkunft und den an ihm vollzogenen Operationen verfügt. Selbst wenn dieser Zufall wirklich eintritt, erscheint es wenig wahrscheinlich, auf ein primitives Volk zu stoßen, das als Nachkommen gestrandeter arkonidischer Raumfahrer derartige Leistungen auf dem Gebiet der Biotechnologie vollbringen kann. Es ist nicht der erste Rückblick, in dem die Protagonisten aus dem Nichts heraus wichtige und vor allem umgehend verwertbare Informationen erhalten und in dem irgendwo in den Tiefen der Galaxis opportun das richtige Volk gefunden wird. Das Ende des Einsatzes ist dagegen spannend, wenn auch auf der emotionalen Ebene für einen Roman Michelle Sterns eher schematisch gestaltet. Dass die Einsatzkommandos deutlich öfter scheitern als in der Erstauflage trägt im Kleinen zur Glaubwürdigkeit der Handlung ohne Frage bei. Diese gegen alle Wahrscheinlichkeiten vorgehen wirkt bemüht und während Scheer sich anscheinend bei der Beschreibung seiner Kommandounternehmen auf Vorlagen aus den beiden Weltkriegen gestützt hat, argumentieren die Autoren in „Neo“ wie auch bei einem vernünftigen und nachvollziehbaren Einsatz von Technik eher in einem Vakuum.  Wenig überzeugend ist, dass Mia auf der einen Seite den Angreifern helfen will und einen Moment auch kann, auf der anderen Seite angesichts der vorliegenden Informationen aus Angst in letzter Sekunde sich derartig anders entscheidet. Es gibt keinen plausiblen Grund. Auch wenn dieser nachgeliefert wird, funktioniert die Szene in der beschriebenen Art nicht richtig. Dass die Agenten von Free Earth das Vorhandensein einer Arkonidin in ihren Reihen mit einem derartigen Kommandounternehmen endgültig offenbaren, wird taktisch wenig plausibel beschrieben.  Zusammengefasst beschreibt Michelle Stern im Grunde ein luftleeres Kommandounternehmen, das in einem aus fünfzig Heften bestehenden Zyklus ohne Frage eine Existenzberechtigung gehabt hätte; in den kurzen Taschenheften eher wie ein Lückenfüller erscheint.

Noch schwieriger ist die Idee des zweiten Handlungsbogens.  Die Fantan kehren zurück. Die Arkoniden lassen Set- Yandur nicht nur durch, er kann den bei seinem letzten Besuch der Erde gefangenen Koreaner mit einer Mission losschicken und Homer G. Adams anbieten, die Golden Gate Brücke ohne Gegenleitung zurückzugeben.  Wie passend, dass quasi die Ersatzbrücke gleich wieder demontiert werden kann, während die alte Golden Gate zurückkehrt.  Wie naiv Adams in diesen Szenen agiert, wirkt nicht wahrscheinlich. Die Fantan gehören wie die Ferengi zu den Rassen, denen man erstens nicht trauen kann und die zweitens streng überwacht werden müssen. In Wirklichkeit ist man hinter der Unsterblichkeit in Form von Crest und seinem Zellaktivator her. Angeblich will man den Arkoniden mit einem Hinweis auf eine Leukämie Therapie locken. Am Ende stürzen fast alle aus allen Wolken. Im Gegensatz zu den Lesern weiß der Fantan ja nicht, dass Crest seinen Zellaktivator nicht nur abgelegt, sondern anscheinend auch versteckt hat. Da er das Gerät nicht lange genug getragen hat und ihm auch keine Zelldusche auf Wanderer zu Teil geworden ist, wirkt es glaubhaft, dass er ohne die Impulse des Geräts immer noch agil, wenn auch ein wenig kränklich ist. Bezeichnend ist aber die Auflösung dieser Sequenz, in der aus einer falschen Geste für die Menschheit etwas Gutes wird.  Zu passend fallen wichtige Versatzstücke ineinander.  Während die Charakterisierungen der einzelnen Protagonisten auf der zweiten Handlungsebene effektiver ist als im Vergleich zu der Entführungsaktion mit Thoras Mutantengruppe, schleppt sich die Handlung deutlich weniger spannend oder gar rasant hin. So sehr sich Michelle Stern in diesem oberflächlich leicht zu lesenden „Neo“ Roman auch Mühe gibt, so sehr muss sie zusammen mit Frank Borsch auch kritisiert werden. Alleinstehend hätte „Rückkehr der Fantan“ mit zwei Entführungen auf beiden Handlungsebenen noch unterhaltsam und geplant gewirkt, aber angesichts der Flut von Verschleppungen und Gefangenen in der ganzen Miniserie unterstreicht es momentan die Einfaltslosigkeit der Produzenten, „Neo“ hinsichtlich der Haupthandlung Originalität zu verleihen. Ohne Frage leidet die Besetzung einer Welt/eines Landes/einer Stadt oder auch nur eines Gebäudes hinsichtlich origineller Variationen unter den eingeschränkten Szenarien, aber  gute Filme und seltener Bücher haben sich hier etwas einfallen lassen. Die „Neo“ Autoren gehen sehr mechanisch vor, so dass am Ende dieses Taschenheftes überdeutlich ein Gefühl der Leere bleibt. Die wenigen relevanten Informationen hätten auch in einem der vorangegangenen Abenteuer erzählt werden können und die verschiedenen Exkurse in die Weiten des Kosmos – einmal die Sternenkinder, dann hier die Biogenetiker – sind einfallsreiches, aber wenig effektiv eingesetztes Füllmaterial.  Ein durchschnittliches Abenteuer in einem eher unterdurchschnittlichen Minizyklus.

Pabel Verlag, Taschenheft

160 Seiten, Erschienen 01/2015

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