The Monitor, The Miners and the Shree

Lee Killough

Anfang bis Mitte der achtziger Jahre gehörte die amerikanische Science Fiction Autorin Lee Killough zu den beliebten Mittellistenplatzhaltern, die solide phantastische Unterhaltung boten, deren Arbeiten aber niemals für die großen Preis vorgeschlagen worden sind. Neben exotisch klassischen Abenteuerstoffen wie dem vorliegenden Roman hat sie eine Reihe von Science Fiction Krimis geschrieben, von denen zwei auch im Heyne- Verlag veröffentlicht worden sind. Der auf den ersten Blick lange Titel „The Monitor, the Miners and the Shree“ fasst die handelnden Gruppen der sehr stringenten Bandes ausgesprochen gut zusammen. Wer hinsichtlich der „Prime Directive“ gleich an „Star Trek“ denkt, liegt weder ganz richtig noch grundsätzlich falsch. Natürlich durchzieht die Idee der Nichteinmischung in primitive, auf ihren Planeten beschränkte Kulturen und die „Überwachung“ durch eine Behörde den Roman. Aber im Verlaufe der Lektüre wird man sich weniger an die Abenteuer des Raumschiffes Enterprise und die insbesondere von Kirk, Spock und Co kontinuierlich umgangene Prime Directive erinnern, sondern an Arbeiten wie Lloyd Biggles ebenfalls in Deutschland veröffentlichten „Monument für ein Genie“, die „Fuzzy“ Romane von H. Beam Pieper oder die allerdings deutlich satirisch zynisch angelegten Werke Erik Frank Russels.

Lee Killough selbst war sich beim Verfassen des Romans nicht gänzlich sicher, in welche Richtung der Plot laufen sollte. Die Zeiträume, die sie selbst angibt, sind für den Leser schwer fassbar. Anscheinend verfügt die Menschheit seit mehreren tausend Jahren über die Fähigkeit des interstellaren Raumfluges und hat zahlreiche fremde Spezies gefunden. Gemeinsam wurde als eine Art Oberbehörde zum Schutz primitiver, noch nicht ins All vorgestossener Kulturen das „Department of Surveys and Charter“ gegründet, das regelmäßig diese schützenswerten Planeten besucht. Regelmäßig bedeutet im Falle Niras alle fünfhundert Jahre. Und das, obwohl schon beim letzten Besuch innerhalb der Beobachtungszeit ein interessanter Kultursprung bei den geflügelten Shree erfasst werden konnte. Obwohl die Beobachterteam aus Mitgliedern verschiedener Rassen bestehen, scheinen diese fremden Wesen als eine der größten Schwächen des Romans zu menschlich zu agieren. Tritt der Leser einen Augenblick von der futuristischen Handlung zurück, könnte die Geschichte auch im Wilden Westen mit Indianern als Ureinwohner und verschiedenen weißen Interessengruppen als klischeehafte „Opposition“ bestehen. Eine Gruppe von Forschern landet nach fünfhundert Jahren wieder auf Nira und nimmt die getarnte Station wieder in Betrieb. Insbesondere die Monitorin Chemel Krar – nicht auf der Erde geboren, aber absolut menschlich agierend – ist eine Hardlinerin, die unter allen Umständen die Nichtkontaktregeln einzuhalten sucht. Es ist kein Wunder, dass sie im Verlaufe des Abenteuerstoffes wie bei Biggle, Russel oder Pieper „bekehrt“ und reformiert wird.

Fünf Jahre soll das Team abgeschieden und isoliert auf dem Planeten leben und beobachten. Schon nach kurzer Zeit stellen sie fest, dass die Shree sich nicht nur weiterentwickelt haben, sondern das anscheinend Außerirdische auf dem Planeten gelandet und Kontakt mit den Shree aufgenommen haben. Während deren Motive anfänglich noch im Dunklen liegen, aber keineswegs positiv sein können, wird ein Anschlag auf die Wissenschaftler verübt. Am Ende der ersten Woche ist ein Teammitglied tot und die anderen Forscher sind über den ganzen Planeten verstreut. Der Klappentext suggeriert fälschlicherweise, dass plötzlich die Shree die Beobachterrolle übernommen haben und die Wissenschaftler zu Opfern geworden sind. Das ist nur in der Theorie richtig, da die Zusammenhänge erstens deutlich komplexer sind und zweitens Lee Killough mit den Antagonisten, deren erster Ziel die Beseitigung der Forscher ist, ein klassisches Feindbild in die Handlung integriert, das sie erst gegen Ende des Plots ein wenig zu stark konstruiert zu relativieren sucht.

In der vorliegenden Form ist „The Monitor, the Miners and the Shree“ handlungstechnisch eher eine Novelle, die ein Romankorsett verdient hätte. In mancher Hinsicht agiert die Autorin zu ambivalent. Die Antagonisten versuchen die Wissenschaftler heimtückisch zu ermorden. Nur durch einen Zufall kann ihnen Chemel Krar nicht nur einmal, sondern in der ersten Hälfte des Romans dreimal entkommen. Erst ihre Flucht ermöglicht das Überleben der anderen Mitglieder des Teams. Die Motive der Angreifer sind klar. Sie haben Angst vor Entdeckung. Das am Ende des Buches weniger deren Verbrechen als die Starrheit der „DSC“ Gesetze auf dem Prüfstand stehen, ist eine der plottechnischen Wendungen, die zu wenig von Lee Killough vorbereitet worden ist. Mord scheint bei ihr impliziert okay zu sein, wenn die Gesetze zu antiquiert und zu einseitig gegenüber sich entwickelnden Kulturen sind.
Um die Einseitigkeit dieser Gesetze noch nachhaltiger fast mit einer Holzhammermethode zu präsentieren, muss Chemel Krar als Identifikationsfigur des Lesers sehr tief fallen. Anscheinend war Nira vor der Entdeckung der Shree ein intergalaktischer Mienenplanet. Erst als die Shree als semiintelligent eingestuft worden waren, musste der Abbau gestoppt worden. Die Fremden haben nach der letzten Beobachtungsperiode heimlich begonnen, mit Erlaubnis der natürlich aus Krars Sicht ausgenutzten und unterdrückten Einheimischen den Abbau fortzusetzen. Im Gegenzug stellen sie den Shree primitive Werkzeuge – aus Krars Sicht die Glasperlen der Zukunft – zur Verfügung. Es stellt sich während der Lektüre unwillkürlich die Frage, ob die Mordanschläge auf die Wissenschaftler oder die Vertragsbrüche schlimmer sind.
Interessanterweise arbeitet sich die Autorin nach einem wirklich zu langen, zu eindimensionalen und zu klischeehaft angelegten Mittelteil aus ihrer handlungstechnischen Isolation wieder heraus, in dem sie Chemel Krars ohne Frage vorhandenes theoretisches Wissen gegen die Praxis der fremden Kulturen stellt. So sehr sich Chemel Krar auch gegen die Erkenntnis sträubt, dass die Shree nicht nur intelligent sind, sondern vor allem auch von den primitiven Geschenken der Fremden profitieren, so sehr muss sie erkennen, dass jedes Gesetz überarbeitet und angepasst werden kann. Obwohl sich hinsichtlich der Beschreibung exotischer Kulturen weder Alan Dean Foster noch C. J. Cherryh das Wasser reichen kann, bemüht sie sich, die Shree fremdartig und doch gleichzeitig wieder erkennbar zu beschreiben. Auch fremde Völker haben schöne Kinder und die Regeln der Evolution sind austauschbar. Dieser innere Wandlungsprozess Krars wird über den ganzen Roman betrachtet ein wenig zu konstruiert und eindimensional beschrieben, ist aber für den Leser nachvollziehbar. Dazwischen finden sich einige Aussetzer, wie die Idee, die jeweiligen Stützpunkte mit Selbstzerstörungsmechanismen auszustatten. Als wenn eine unerklärliche Explosion keinen Einfluss auf die fremden Kulturen hätten.

Wichtige Punkte werden in typisch amerikanischer Manier in Form einer Gerichtsverhandlung am Ende des Buches abgehandelt. Ein klarer Verweis auf die schon angesprochenen Romane Biggles und Piepers, welche auch diese uramerikanische Form der Gerechtigkeit für alle suchten. Interessanterweise weicht Lee Killough von ihren offensichtlichen Vorbildern in ihrer Argumentation positiv ab. Sie führt sehr spät die Idee einer außerirdischen Kultur ein, die ohne den Anstoß von außen degeneriert und evolutionstechnisch ausgestorben wäre. Die Prime Directive ist in dieser Hinsicht klar gegliedert. Kulturen müssen sich selbst entwickeln oder untergehen. Ob die Hilfe zur Selbsthilfe, zum zukünftigen Überleben aus Sicht Darwins überhaupt erwünscht ist, wird zu wenig diskutiert. Die Grenzen bleiben schwammig. Hier verschenkt die Autorin sehr viel Potential. Zumindest wird die Flanke behandelt, dass auf die erste verbotene Kontaktaufnahme nach der Sperrung des Planeten der Wunsch der Bewohner berücksichtigt werden muss, die Fremden trotzdem willkommen zu heißen und den Abbau von wichtigen Rohstoffen in einem anscheinend kontrollierten, aber auch nicht näher erläuterten Rahmen zu gestatten. Das aggressive Auftreten der Fremden den Monitoren gegenüber erscheint als politischer Kollateralschaden.
Die Zeichnung der einzelnen Protagonisten ist papierdünn. Insbesondere die Hauptfigur wirkt eher schematisch charakterisiert als dreidimensional entwickelt. Wie schon angesprochen sind die Vertreter unterschiedlicher Fremdrassen äußerlich phantasievoll beschrieben, sie handeln aber durchgehend zu menschlich und ihre Vorgehensweise sind zu weit im voraus erkennbar. Der Mittelteil des Romans ist im Vergleich zum dynamischen, sehr packenden Auftakt und dem spannenden, aber leider auch angesichts der Vorbilder zu vorhersehbaren Ende zu phlegmatisch entwickelt. Lee Killough ist in Hinblick auf Atmosphäre und Exotik eine eher durchschnittliche Autorin, die sich eher über Action und Spannung bestimmt. „The Monitor, the Miners and the Shree“ ist ein durchschnittlicher Roman, dessen bekannte Grundidee am Ende oberflächlich variiert wird. Er enthält aber zu wenige inhaltliche Überraschungen und ist konzeptionell zu dünn entwickelt um als Roman überzeugen zu können.

Lee Killough: "The Monitor, The Miners and the Shree"
Roman, Hardcover, 208 Seiten
Dell 1980

ISBN 9-7803-4528-4563