Homo Sapiens 404- Band 14 "Niemand darf das Wissen"

Claudia Kern

Nachdem ein wenig mechanischen Cliffhangar des letzten Romans nimmt Claudia Kern vor allem im Vergleich zu den Ereignissen im Auftaktroman der dritten Staffel ein wenig das Tempo aus der laufenden Handlung.  Es empfiehlt sich allerdings mit dem Rückblick anzufangen, der dieses Mal die ein wenig aktiver in die Handlung eingreifende Rin umfasst. Rins Flucht aus Japans und ihre Zwangsrekrutierung als eine von zwei Überlebenden aufgrund ihrer Fähigkeit, ein Raumschiff zu fliegen. Während Kiplings Rückblick im dreizehnten Abenteuer eher stimmungstechnisch angelegt worden sind, fügt die Autorin eine Actionszene an die andere und zeigt, welche Präsenz Rin haben könnte, wenn man ihren Charakter in der Gegenwartshandlung nur ein wenig mehr ausbauen würde. 

 An Bord der DESTINATION MOON - ein schöner Hinweis auf Robert A. Heinlein - kämpft Kipling in seiner Zelle weiterhin mit technischen Problemen. Wie schon angedeutet kann er sich nicht mittels seiner Hackerfähigkeiten aus dieser schwierigen Situation befreien. Als ein Mob ihn aufgrund seiner Blasphemie gegenüber der amtierenden Kommandantin und Religionsführerin Gonzales aus der Zelle holt, um ihn zu lynchen, gelingt ihm in letzter Sekunde die Flucht. Das große Problem ist, das die DESTINATION MOON unmittelbar vor dem Sprung in Richtung Sonnensystem ist und es niemals gesund erscheint, sich in den Fluren in diesen Augenblicken aufzuhalten. Ama´Ru bleibt weiterhin die leidende Unbekannte auf dieser Handlungsebene. Wie schon im dreizehnten Abenteuer hätte sie stärker in die Handlung involviert werden können. Sie leidet nicht nur, weil sie das Virus für die Erde entworfen und schließlich selbst daran erkrankt ist. Der ANDERE hält es noch unter Kontrolle, aber als Persönlichkeit und vor allem Täter/ Opfer zugleich, wirkt ihre Entwicklung rücklaufend. Ihre stärksten Szenen hatte sie am Ende der zweiten Miniserie. Es bleibt zu hoffen, dass Claudia Kern diese Figur wieder in den Mittelpunkt der Handlung rückt. Auch wenn der Hinweis auf Heinlein Spätwerk hinsichtlich der religiösen Fanatiker als Seitenhieb verstanden werden kann, nimmt sich Claudia Kern zu wenig Zeit oder Raum, diese exzentrische Gesellschaft mehrdimensionaler zu beleuchten. Es ist nicht das erste Mal, das mit ihrer rasanten Vorgehensweise innovative Aspekte der Handlung förmlich überrannt werden. Da in der ersten Hälfte dieses Bandes relativ wenig nach vorne geschickt, ist dieses hintergrundtechnische Manko eher erkennbar.

Die "T.S. Eliot" befindet sich im Anflug auf die letzte Sprungstation vor der Erde. Wie im ersten Band erwähnt soll sie als Blockadebrecher dienen, der die automatischen Verteidigungssysteme so lange beschäftigen oder im günstigen wie unwahrscheinlichen Fall ausschalten soll, damit die religiösen Pilger an Bord der Flotte wieder zur Erde kommen. Arnest, Rin und Auckland machen dabei an Bord ihres eigenen Schiffes eine überraschende Entdeckung. Die geheimnisvolle Figur des Albaners tritt nicht nur auf, sondern versucht die Crew unter seiner Kontrolle zu bekommen. Mit dem Alabaner verfügt insbesondere der zweite Band der dritten Staffel über einen charismatischen Charakter, dessen Ziele mit denen der religiösen Fanatiker im Einklang stehen. Trotzdem handelt es sich positiv für den ganzen Roman nicht um Verbündete.  In doppelter Hinsicht vereitelt er erste Überlegungen des jetzt wieder aus seiner Schockstarre erwachten Arnest. Unter Verzicht auf Gewaltszenen beschreibt Claudia Kern ihn als vielschichtigen Charakter, der über nicht nur sehr viel Potential verfügt, sondern in seiner Vorgehensweise zumindest im vorliegenden Band im Vergleich zum anfänglich dominierenden Auckland interessanter, dreidimensionaler und auch "verführerischer" erscheint. Seine Präsenz ist nicht nur eine Bereicherung der Serie, sondern hilft dem etwas langsamen Mittelteil im Vergleich zum vielleicht zu hektischen Auftaktband auf die Sprünge.

Erst in Kombination mit dem folgenden Band „Upps“ wird klar, warum das Ende des Buches so schnell und passend ist. Betrachtet der Leser das Eindringen ins Sonnensystem und die Auseinandersetzung mit den Abwehrwaffen der Jockeys alleine, dann wirkt alles gedrängt und angesichts der Extrapolation zu schnell abgeschlossen.Der religiöse Kult mit seinen Fanatikern und der Idee der Opferung wird durch die Zombiethematik im Positiven verzerrt, so dass hier noch einige Varianten auf den Leser warten. Zusammengefasst ist „Niemand darf das wissen“ (was eigentlich) eine solide Fortsetzung, die allerdings nicht das Tempo und die Dramatik weiter ausbauen kann, welche die Autorin im Auftaktband so routiniert wie inspiriert aufgebaut hat.

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 738 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 75 Seiten
  • Verlag: Rohde Verlag (1. September 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00MGWBHIE