Spill the Jackpot

Splitt the Jackpot, A.A. Fair, Titelbild
A.A. Frair

“Spill the Jackpot” ist der vierte Roman um Donald Lam und Bertha Cool. Das Buch erschien 1941. Neben dem Fall zieht sich eine zwischenmenschliche Ebene durch den Roman. Zu Beginn hat sich Bertha Cool mehrere Monate in einem Sanatorium befunden. Sie litt unter einer Lungenentzündung. In dieser Zeit hat sie stark abgenommen. Einen Zustand, den sie eigentlich schnell wieder ändern möchte. Sie fällt aber unter den Bann eines Psychologen, der sie in einigen Szenen becirct und mit seinen Tricks davon abzubringen sucht, wieder zuzunehmen. So ist der zweite Schokoriegel, direkt nach der Flucht aus dem Sanatorium gekauft, eine Art Running Gag des ganzen Romans.  Der Autor Erle Stanley Gardner impliziert, dass sich die burschikose wie geizige Bertha Lam wieder mehr als Frau fühlen soll. 

Aus der grundlegenden Idee macht der Autor genauso wenig wie aus Donald Lams plötzlicher Kündigung mitten im Fall. Es gibt im  Grunde keine wirklich überzeugende Erklärung, da  Lam hinter den Kulissen weiter recherchiert und sich sogar mit einer Verdächtigen absetzt. Da der Fokus alleine auf diesem Handlungsbogen liegt, kann der Leser Bertha Cools Handlungen und Reaktionen nicht folgen. Das gemeinsame Wiedersehen in ihrem Hotelzimmer, wo seine ehemalige Chefin gerade eine Art Party gibt, wirkt deswegen auch wieder ein Antihöhepunkt. Sollte das Kündigen nur eine Ablenkung dritter Seiten sein, um weiter ermitteln zu können, wird dieser Aspekt nicht weiter extrapoliert und hängt in der Luft. Genauso wie die Möglichkeit, dass Donald Lam einen Menschen umgebracht haben könnte. Es ist nicht das  letzte Mal in dieser Serie, das ein Verdacht auf den Detektiv fällt. Er kann sich immer wieder vor der Polizei reinwaschen, in dem er den möglichen Täter verhaftet oder wie im vorliegenden Roman zumindest herausarbeitet, wer das Verbrechen hinter dem MacGuffin Auftrag begangen hat. 

Wie in einigen anderen Cool & Lam Romanen ist der eigentliche Auftrag – der Detektiv soll in Las Vegas nach einer verschwundenen Sekretärin suchen, die den Sohn ihres Chefs heiraten möchte – im Grunde ein Alibi, eine Ablenkung der Intentionen eines nur mittelbar mit dem Verbrechen beteiligten ehrenbaren Mannes.  Dabei ist es interessant, dass die verschwundenen Personen nicht selten unter den sehr langen Schatten der eigenen Vergangenheit leiden und in ihrer Naivität den falschen Menschen vertraut haben.

Der Plot spielt in Las Vegas, dem Spielerparadies.  Der Auftraggeber möchte vordergründig seinem Sohn helfen, indem er nach der verschwundenen Braut suchen lässt.  Lam beobachtet während seiner Recherche, wie eine hübsche Frau in den berühmten Casinos Las Vegas Glück an einem Spielautomaten hat. Schnell wird er verdächtigt, Mitglied einer  Bande von  Automatenknackern zu sein, welche die Spielautomaten auf eine raffinierte Art und Weise plündern. Der Leser ist anfänglich irritiert, da diese Exkursion auf den ersten Blick nicht viel mit dem zugrundeliegenden Plot zu haben könnte.    

Erle Stanley Gardner nimmt sich sehr viel Zeit, die Methoden dieser Banden ausführlich zu beschreiben.  Aus heutiger Sicht ein faszinierendes, lehrreiches Kuriosum, das die seltsame Atmosphäre in der Spielerstadt Las Vegas in den durchaus wilden Zeiten der vierziger Jahre dreidimensional und anachronistisch zugleich erscheinen lässt.  Hinzu kommt, dass im Verlaufe der Handlung Lam sich nicht nur mit der schönen Frau am Spielautomaten, sondern dem ein wenig dummen Rausschmeißer des Casinos und ehemaligen Boxer anfreundet.  Das Boxtraining ist zwar nicht so detailliert beschrieben worden wie das Knacken von Spielautomaten, nimmt aber in der zweiten, ein wenig zu gedehnten und vor allem sehr stark konstruierten Hälfte einen breiten Raum ein. Auch hier ist Lams Intention nicht unbedingt zu erkennen. Auf den ersten Blick könnte er sich gegen den Geschäftspartner der Frau wehren und seine Flucht nach Reno als Teil eines wirklich komplizierten, aber leider nicht unbedingt abschließend durchdachten Plans sehen; rückblickend macht es aber keinen Sinn, da er die Verbrecher ja nicht unbedingt  verprügeln, sondern verhaften lassen möchte. Und die örtliche Polizei in Las Vegas ist ihm gegenüber trotz einiger Verdachtsmomente ausgesprochen langmütig.

Im letzten Viertel des Romans muss Gardner ja wieder auf das Ausgangsszenario zurückkommen.  Das wirkt ein wenig unmotiviert und viele Schlüsselmomente erscheinen rückblickend fast zufällig.  Nicht zuletzt dank der ausgesprochen sorgfältig arbeitenden Post, die einen perfekten Identitätsdiebstahl verhindert hat. 

Als Krimi handelt es sich um einen kuriosen Roman. Die Suche nach der verschwundenen Frau erscheint fast distanziert und sich dahin schleppend. Auch die Erklärungen wirken aus heutiger Sicht fast antiquiert, auch wenn man sowohl ihre Position als auch das doppeldeutige Interesse des Schwiegervaters in Spe nachvollziehen kann. Gardner selbst muss seine Figuren schmunzeln lassen, wenn es um eine  notwendige Erklärung für das Verschwinden der jungen Frau geht. Die von Lam entwickelte  Idee ist so unglaubwürdig, dass sie schon wieder akzeptable erscheint.

Wie in einigen anderen Cool & Lam Romanen verliebt sich der Detektiv Hals über Kopf in die natürlich sehr attraktive „Zeugin“ und mittelbare Schlüsselfigur.  Leider bleibt er in den frühen Romanen alleine zurück, erst später wird er sich nicht nur verlieben, sondern vor allem auch heiraten.  Zumindest eine weitere emotionale Beziehung dichtet Gardner/ Fair seiner Bertha Cool an. Dazu bedarf es aber eines Psychologen und Hypnotiseurs, der nicht lange seinen Erfolg feiern kann.  Aus dieser Idee macht Gardner abschließend viel zu  wenig und verzichtet damit auf einen guten roten Faden zu Gunsten einiger Versatzstücke, welche er schon in früheren Büchern angewandt hat. 

Viel interessanter scheint der Einblick in die Spielhöllen sowohl von Las Vegas als auch Reno.  Gardner gibt sich wie erwähnt sehr viel Mühe, das alltägliche  Leben genauso zu beschreiben wie die hohlen Fassaden dieser  Glitzerstädte als Illusionen zu entlarven. Wie Lawrence Block  später geht es ihm um das Leben der Kleinganoven, die mit ihren Tricks und Ideen alltäglich ums Überleben in einer Randgesellschaft kämpfen. Sie machen den Reiz dieses ansonsten ein wenig zu lang geratenen und stellenweise in sich nicht logischen Cool und Lam Krimis aus. 

 

Title:  Spill The Jackpot
Author:   Erle Stanley Gardner as A.A. Fair
Cover:  softcover / paperback
Number of Pages: 256
Year Printed: 1962

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