Zombies haben die Welt erobert. Menschen leben nur noch in wenigen festungsartig gesicherten Orten, Kommunikationsverbindungen dazwischen gibt es kaum noch. Nun, in einer Welt, in der die Toten zum Leben erwachen, bekommt das Wort "Probleme" eine völlig neue Bedeutung, wie der Tycoon der Stadt, um die es hier geht, an einer Stelle sehr richtig bemerkt. Nach “Night of the Living Dead”, “Dawn of the Dead”, “Day of the Dead” und diversen Neuauflagen und Parodien nun also der vierte Teil der Kultreihe von George Romero.
Filmkritik:
von Susanne Picard (für SF-Radio.net)
Einen solchen Film zu bewerten, ist nicht gerade leicht. Denn was tatsächlich passiert, ist ja im Grunde recht einfach: Unmengen von Zombies bedrohen die wenigen noch übrigen Menschen - und das gilt für die gesamte Zombie-Tetralogie. Die Regeln sind simpel; wen die Untoten erwischen, wird gefressen und wer das "Glück" hat, nur gebissen zu werden, wird selbst zum Zombie. Töten kann man sie nur mit Feuer oder Kopfschuss. Dennoch: die Zombiereihe von George A. Romero ist einfach Kult - man sollte sie gesehen haben.
Insofern ähneln sich alle vier Zombiefilme Romeros. Nichts neues also? Ja und auch wieder nein.
Aber erstmal die guten Nachrichten. Was hier entstanden ist, ist durchaus ein solider Film über einen erneuten Angriff der Untoten auf eine Enklave der Menschen - und eine Weiterentwicklung des Konzepts der ersten drei Filme, wie sich das den Erwartungen entsprechend ja auch gehört. Die Sozialkritik hat sich angepasst. War es 1968 der Angriff der Spießerzombies und 1978 der Seitenhieb auf das Konsumdenken, bekamen die Militaristen 1985 in Day ihr Fett weg. Diesmal ist es die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, die Romero aufs Korn genommen hat. Der obskure Geschäftsmann Kaufman lebt im Penthouse des "Fiddler's Green". In diesem Hochhaus leben die Reichen in Saus und Braus, abgeschottet von den Slums, in denen die wenigen Überlebenden der massiven Zombieattacken dahinvegetieren. Eine Weiterentwicklung also, wenn man die vier Zombiefilme nacheinander betrachtet. Aber nicht nur die Überlebenstrategien der Menschen, auch die Zombies selbst haben sich weiterentwickelt. Ganz so tumb, wie man sie bislang erlebte, sind sie nicht mehr, jedenfalls nicht alle. Sie können nachahmen und sich vage erinnern, wie man Werkzeug benutzt: Äxte, Schlagbohrer, selbst das Feuer, das sie einst so fürchteten, können sie sich teilweise untertan machen.
Romero leistet sich bei der Story einen Twist: Der "Anführer" der Zombies ist ein Afroamerikaner. In den ersten beiden Filmen war dagegen der Anführer der Menschengruppen, die sich gegen die Zombies zur Wehr setzten, ein Schwarzer. Erstaunlicherweise scheint der Zombie mit dem vielsagenden Namen Big Daddy weniger von Gier, denn von Rachegedanken getrieben: Er leidet, wenn die anderen Zombies von den Menschen vor seinen Augen einfach abgeknallt werden und eigentlich ist es dieses Gefühl, das ihn antreibt: Das zu zerstören, was ihn zerstört. Interessantes Gedankenspiel in diesem Zusammenhang: Wer greift hier eigentlich wen an? Gehört die Welt vielleicht den Zombies? Wäre das die logische Entwicklung? Der Zombie als die nächste Evolutionsstufe? Insofern wünscht man sich intensiv, Romero würde in überschaubarer Zeit den fünften Teil drehen: Her mit “World of the Dead”!!
Schade nur, dass der Film, der ja eigentlich innerhalb der Reihe sehr interessant und konsequent beurteilt werden kann, mal abgesehen von obiger Aussage so durchschnittlich daherkommt. Im Grunde ist die Storyline für Horrorfans vorhersehbar - nur ein Beispiel, das wohl keinen sonderlich spoilern dürfte: ruft der Leiter der Nahrungsbeschaffungstruppe seine Leute zurück und gehorchen diese nicht, liegt spätestens seit “Scream” auch für den DAZ (=dümmsten anzunehmenden Zuschauer) auf der Hand: es wird sie erwischen. Zombies werden aus dem Dunkel über sie herfallen und vernichten, weil sie nicht auf die Vorsicht sprich, die offensichtliche Identifikationsfigur gehört haben.
Auch über die Schauspieler und deren Rollen ist nichts wirklich Spektakuläres zu sagen. Sie sind bekannt: Ein moralisch integrer, aber auch knallharter Bursche, sein Sidekick, der marodierende Kapitalist, der Loveinterest, der nicht in die Gesellschaft passt - die Rollen sind klar verteilt und nun wirklich nicht als Neuerung zu bezeichnen. Man ist geneigt, zu vermuten, dass Romero hier zugunsten der Zuschauergewohnheiten Zugeständnisse machte. Allerdings: Vergleicht man diesen Film mit der vorzüglich gelungenen Gratwanderung zwischen tiefgehendem Psycho-Horror und trotzdem brüllend komischen B-Movie-Flair von “Dawn of the Dead” von 1978, muss man leider sagen, dass Land an diesen Streifen trotz der wesentlich professionelleren Aufmachung nicht herankommt. Schade auch, da wäre etwas mehr Mut von Seiten der Produzenten und Macher schön gewesen.
So bleibt das Sehvergnügen von “Land of the Dead” etwas zwiespältig. Dennoch; wer sich an seinem Feierabend nach einem harten Tag einen soliden Splatterfilm geben will, sollte “Land of the Dead” nicht verpassen. Außerdem ist er immerhin der vierte Teil einer Kultreihe.
Auch ein gutes Argument für Cineasten!