Im Vergleich zum ersten Sammelband präsentieren die Herausgeber Dieter von Reeken und Heinz J. Galle fünfzehn Romane der "Sun Koh" Erstauflage und zwei vom Autoren zwangsweise für die Zweitauflage umgeschriebene Abenteuer. Dabei ist anzumerken, dass Paul Alfred Müller bei "Das entfesselte Hormon" in erster Linie die Grundzüge des Plots und den Verursacher verschiedener Krankheiten verändern musste, während der allerdings auch etwas schematische Inhalt von "Die lebende Rakete" in eine geradlinige Kriminalgeschichte "In den Katakomben von Malta" umgewandelt worden ist, die überhaupt nichts mehr mit der Vorlage zu tun hat.
Das Spektrum der in dieser Sammlung präsentierten Geschichten ist ausgesprochen breit. Neben einigen technischen Erfindungen und kühnen Plänen verschiedener Ingenieure bereist Sun Koh neben dem lateinamerikanischen Kontinent das alte Europa und endet schließlich im Nahen Osten. Heinz J. Galle hat in seinem ausführlichen Nachwort neben Müllers Inspirationen - dabei sind die spektakulärsten Pläne weniger Idee seiner reichen Phantasie, sondern basieren wie die teilweise Trockenlegung des Mittelmeers auf konkreten Ideen - auch die Themen Recycling von Ideen in späteren Arbeiten sowie die Zensur angerissen, der sich Müller unterwerfen mußte. Interessant ist dabei, dass Paul Alfred Müller mit antisemitischen Bemerkungen teilweise der braunen Zeit anfänglich in die Karten gespielt hat.
Diese Bemerkungen sind bei den Neuauflagen verschwunden. Auch der Patriotismus zieht insbesondere in dem für die Zweitauflage neu geschriebenen Band "In den Katakomben von Malta" ein. Gut bebildert sind diese Anmerkungen nicht nur informativ, sie runden das komplexe Bild der hier zusammengefassten fünfzehn plus zwei Romane ab. Im achtzehnten Roman „Wirbel um Diamanten“ müssen Son Kuh und sein Team die diversen Bodenschätze – in erster Linie Gold und Diamanten -, welche sie an verschiedenen Orten der Welt lokalisiert und nur rudimentär geborgen haben, in handelbare Geldbestände umtauschen, um damit technologisch hoch stehende Waren oder technische Geräte zu erwerben, mit denen Sun Koh zusammen mit einigen engagierten Wissenschaftlern forschen möchte.
Das weckt natürlich das Interesse der örtlichen New Yorker Unterwelt, wo der größte Teil der Schätze umgeschlagen werden soll. „Wirbel um Diamanten“ ist ein außergewöhnlich brutaler Roman, in dem gefoltert wird, in dessen Handlungsvorlauf allerdings auch Sun Koh eine Handvoll Gangster in Notwehr einfach niederschießt. Paul Alfred Müller orientiert sich in diesen Szenen eher an den amerikanischen Pulpgeschichten. Hinzu kommen zwei im Kern faule Polizeibeamte, denen der Fall inklusiv der Lösung auf dem Silbertablett präsentiert wird, so dass sie sich am Ende wieder ihrem beruflichen Ruhestand widmen können.
Der eigentliche Plot ist relativ stringent und wenig einfallsreich. Der Autor arbeitet einige Klischees ab, wobei der Leser schon von Anfang an weiß, dass Sun Kohs Vorgehensweise zwar die Börsenspekulanten empfindlich treffen, für ihn aber sehr erfolgreich sein wird. Die nächsten vier Abenteuer – Band 19 bis 22 – bilden eine Art Lateinamerikatetralogie, wobei Paul Alfred Müller die Geschichten in verschiedenen Variationen wieder verwandt hat. Müllers Faible für Hochkulturen ist bekannt und die historischen Exkursionen, die insbesondere Sun Koh stellvertretend für seine Leser den Teammitgliedern verbal unterbreitet, sind lehrreich und belehrend zu gleich. Auf dem Weg quer durch den südamerikanischen Kontinent werden teilweise verschiedene Nachlässe der Inkas gestreift, wobei der Autor impliziert, das die Inkas zwar Nachkommen der vom untergegangenen Atlantis geflohenen Menschen sind, sie sich aber mit einer noch älteren Kultur vermischt haben.
Müller balanciert auf einem sehr schmalen Grad, wenn er impliziert, das diese nur wenige Zeugnisse hinterlassende Hochkultur vielleicht nicht gänzlich irdischen Ursprungs ist. „Die flüsternden Knoten“ sind natürlich die Schnürrenschrift der Inkas, wobei insbesondere Hal mit seiner dummdreisten, allerdings auch vom Alkohol begünstigten Art mehrfach Schiffbruch erleidet. Die Geschichte an sich ist relativ dünn und dient in erster Linie als Einleitung in Bezug auf die kommenden Abenteuer.
Sun Koh zeigt sich zu sehr präsent und wird zu wenig von der Konfrontation mit verschiedenen Gaunern überrascht. Am Nächsten kommt der grundlegende Plot um die geheimnisvolle Schrift vielleicht Karl Mays ebenfalls nicht gänzlich originellen „Der Schatz der Inkas“. Sehr viel interessanter ist „Der Schleier des Kondors“, in dem die untergegangene Kultur mit einem naturwissenschaftlichen Phänomen – Veränderung der Schwerkraft in einem kleinen, schwer zu besteigenden Abschnitt des Bergmassivs – kombiniert worden ist. Nach einer Notlandung erforschen Sun Koh und seine Helfer die einsame Gegend und stoßen auf die Spuren des offensichtlich deutschen Wissenschaftlers Praxler, der von aller Welt verlacht durch einen geheimnisvollen Hinweis und die Überwindung des Schleiers des Kondors sein persönliches Paradies gefunden hat.
Neben der atemberaubenden Atmosphäre der lateinamerikanischen Berge und der Vermischung von Legenden/ Sagen mit naturwissenschaftlichen Phänomenen setzt sich Paul Alfred Müller mit dem Ideal des verkannten Wissenschaftlers auseinander. Eine Idee, die ihm als Anhänger der Hohlwelttheorie nicht gänzlich fremd sein kann. Mit Praxler verfügt der Roman über einen ambivalenten Charakter, der anfänglich Sun Koh und seine Freunde zu töten sucht, bevor er den Irrglauben dank der Menschlichkeit der Gruppe erkennen muss. Während der Autor bei seinen Gangstern nicht selten mit Stereotypen arbeitet, auf welche der ihnen in jeglicher Hinsicht überlegene Sun Koh immer eine Antwort finden, fühlt sich Paul Alfred Müller beim idealisierten Bild des Wissenschaftlers deutlich wohler und in „Der Schleier des Kondors“ kann er sich noch mehr als im Auftaktbank dieses Minizykluses auf die Besonderheiten der untergegangenen Hochkulturen konzentrieren. Schon in den ersten beiden "Inka" Teilen ist immer wieder auf die Herkunft Sun Kohs als Sohn der Sonne und die enge potentielle Verbindung zu den Inkas eingegangen worden.
In "Der Geist der Inkas" sowie darauf aufbauend in dem kurios strukturierten "Das verschlossene Reich" geht Paul Alfred Müller einen Schritt weiter. Sun Koh tritt in direkten Kontakt mit dem geistigen Führer der verbliebenen Inkas und erfährt, dass in einem bislang geheimgehaltenen Ort ein gewalter Schatz versteckt worden ist. Eine Expedition - mit moderner Technik inzwischen kein Problem mehr - am Tempel vorbei in einen tiefen Schacht, dessen sich an den Außenwänden befindlichen Zugänge durch die Inkas zerstört worden ist, überzeugt sich Sun Koh von der Relevanz der Angaben und beschließt, das Gebiet von der Regierung Perus zu kaufen.
Damit sollen die Kostbarkeiten für immer vor den gierigen Augen der Weißen geschützt werden. Sun Kohs Erzfeind Garcias verfügt über ähnliche Informationen, kommt aber den obligatorischen Schritt zu spät. Wie resümiert Paul Alfred Müller am Ende des vorliegenden Romans: Der Sohn der Sonne besass auf heiligem Boden ein neues Königreich. Wie im folgenden Band "Das verschlossene Reich" verzichtet der Autor fast gänzlich auf Spannungsszenen. In "Das verschlossene Reich" sucht eine unter Führung der Briten befindliche Expedition nach der legendären Inkastadt. Sie dringen in Sun Kohs Reich ein und werden erst von Hal, dann vom Sonnensohn selbst abgehalten, weiter vorzudringen.
In diesem Fall schlägt Paul Alfred Müller den Bogen zum ersten Roman "Ein Mann fällt vom Himmel" der Serie, in dem er eine Figur der kleinen Expedition hinzufügt, die Sun Kohs rätselhaftes Auftreten in New York verfolgt hat. In beiden Werken sind die Schurken eher oberflächlich und opportunistisch charakterisiert worden. In "Der Geist der Inkas" ist es der Informant Gomez, der mittels Erpressung versucht, neue Informationen über den Landkauf zu erhalten, während in "Das verschlossene Reich" ein arrogantes Mitglied der Organisation von Sun Koh selbst gezügelt werden muss. In erster Linie leben die beiden Arbeiten weniger von Hals nervigen kindischen Gehabe, das jeden Ziehvater in dieser konzentrierten Häufung auf die imaginäre Palme bringen muss, sondern von der Stimmung und den Hintergrundinformationen, die Müller sehr fundiert über die jeweiligen Spannungsbögen verteilt präsentiert. Der Verzicht auf überzogene Aktionszenen tut beiden Romanen gut. Auch wenn "Das entfesselte Hormon" - in der umgeschriebenen Neuauflage hieß der Roman "Der entfesselte Blutstoff" - noch in Quito spielt, könnte die klassische Geschichte vom moralisch verwerflichen Wissenschaftler in jeder anderen Stadt spielen. Die Auseinandersetzung mit der Bluterkrankheit bzw. den Hormonhaushalten der Menschen folgt den bekannten Schemata. Durch einen Zufall erfährt Sun Koh dreimal den Namen des Dr. Loja.
Einmal positiv und zweimal negativ. Anscheinend experimentiert der Arzt mit Hormonen und Drüsenzellen, die er unfreiwilligen weiblichen Spendern entnommen hat, um sie gegen hohe Summen als Serum gegen die Bluterkrankheit zu verkaufen. Sun Koh schleicht sich als Hilfesuchender ein und konfrontiert Dr. Loja relativ schnell mit seinen Vorwürfen. Für die im Anhang komplett nachgedruckte Neuauflage mußten die Keimdrüsenhormone gegen Blutgerinnungsstoffe ausgetauscht worden.
Paul Alfred Müller fügt dem stringenten und über einen überzeugenden Schurken verfügenden Roman eine "Rächergeschichte" bei, welche die Motive des Täters allerdings verwischt. Es hätte ausgereicht, Dr. Loja als kapitalistisch eingestellten Wissenschaftler zu beschreiben, der seine Erfindung nicht nur zu Geld macht, sondern rücksichtslos die notwendigen körpereigenen Stoffe Frauen entnimmt, die das Gen der Bluterkrankheit ja nur rezessiv weitervererben können. Das sich Dr. Loja für die erlittenen Zurückweisungen auf diese Art und Weise an den Frauen rächen will, wirkt übertrieben. Hinzu kommt noch, das Sun Koh mit Dr. Loja sehr rücksichtsvoll umgeht.
Er will ohne Frage, dass dieser die Frauen "rückumwandelt" und die als Nebenwirkungen von ihm eingeleiteten körperlichen Veränderungen umgekehrt werden. Warum er es mit Experten nach Kenntnisnahme der Fakten nicht selbst in die Wege leitet, bleibt unerklärt. Zumindest stirbt Dr. Loja im deutlich drastischeren Ende der Zweitauflage, während er in der Erstauflage nur ins Gefängnis muss. Der zugrundeliegende Plot ist für die damalige Zeit ausgesprochen modern und Dr. Loja wirkt trotz der Ähnlichkeit insbesondere zu H.G. Wells "Dr. Moreau" von sich ausreichend überzeugt, um einen interessanten eher auf intellektueller Ebene agierenden Gegenbilder zum charismatischen Sun Koh abzugeben.
Auch wenn die zweite Hälfte des Romans selbst für die dreißiger Jahre ein wenig zu mechanisch verläuft, überzeugt die Exposition des Romans. Nach den Abenteuergeschichten in den Bergen der Inkas kehrt die Handlung ohne Bruch in die technisch wissenschaftlichen Gebiete zurück, die Paul Alfred Müller in seiner späteren "Jan Mayen" Serie noch offensiver einsetzte. Fast als Gegengewicht zu der Abenteuerstory folgen eine Reihe von utopisch- technischen Abenteuern, bei denen sich Paul Alfred Müller nicht nur von spektakulären Ideen hat beeinflussen lassen.
Der Doppelband „R2 sinkt“ und „Die schwimmende Goldfabrik“ basiert in erster Linie auf dem deutschen Science Fiction Film „F.P.1 antwortet nicht“ und kombiniert diese Prämisse mit der wirtschaftlich unrentablen, aber in den dreißiger Jahren an gedachte Idee, Gold aus dem Meerwasser abzusondern. Der eigentliche Plot mit den Schurken, welche die beiden im Ozean schwimmenden Plattformen unter Kontrolle bringen und schließlich in einer Gemeinschaftsproduktion zwischen Sun Koh und einem japanischen U- Boot besiegt werden, ist eher mechanisch erzählt.
Müller propagiert nicht nur die deutsch- japanische Freundschaft, sondern greift auf eine Reihe von Zufälligkeiten zurück. So können die verletzten Arbeiter der R2 Versorgungsplattform zu einem deutschen Zeppelin transportiert werden, das sich gerade auf einer Route nach Südamerika befindet. In erster Linie überzeugen die technischen Ideen, mit denen Paul Alfred Müller die spektakuläre Idee des Goldsiebens ausstattet. Dabei sind die Franzosen führend, die anscheinend diese gigantischen schwimmenden Inseln weitab von der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gebaut und positioniert haben.
Während der Zweiteiler auch von der Struktur her sehr gut gestaltet worden ist, spaltet sich der folgende Roman „Die Schatten von Lissabon“ in einen technisch interessanten Hintergrund und einen zu einfach aufgelösten Entführungsplot auf. Es geht um die Idee eines Atlantropas, das damals die Medien beherrschte. Die Schließung der Straße von Gibraltar und eine teilweise Trockenlegung des Mittelmeers, um neuen Lebensraum für die Europäer zu schaffen. Die Tochter eines mit diesem Vorhaben vertrauten Ingenieurs wird entführt, das Ziel ist es, die wichtigen Baupläne insbesondere die gigantischen Schleusen zu erlangen. Paul Alfred Müller erläutert die Idee ausgesprochen plastisch und einprägsam, auch wenn er die patriotischen Zwischentöne nicht ganz ausschalten kann.
Die eigentliche Entführungsgeschichte wird dann allerdings viel zu simpel und für einen einzelnen Roman zu hektisch aufgelöst. Sehr viel besser macht es der Autor mit dem folgenden Einteiler: „Die sprechende Schleuse“. Anzumerken ist, dass Sun Koh entgegen seines Versprechens doch einen Teil der Inkaschätze bei europäischen Zentralbanken deponieren möchte. In Paris wird er verdächtigt, an einem spektakulären Coup beteiligt gewesen zu sein. Mitglieder einer Bande haben die Bankdirektoren (und später auch die Inhaber von diversen Juwelengeschäften) perfekt imitiert, um aus den Tresoren der Nationalbank 2 Tonnen von Gold zu stehlen. Genau die Summe, die Sun Koh von den Inkas mitgenommen und jetzt dort deponieren möchte.
Während Sun Koh erst relativ spät eingreift, ist es zum ersten Mal in den Heftromanen Hal, der seine kindische Exzesse überwindet und der verblüfften Polizei konkrete Hinweise geben kann. Die eigentlichen Überfälle sind hervorragend, einfallsreich und den Spuren „Fantomas“ folgend beschrieben worden. Ob es wirklich nur dank schauspielerischer Fähigkeiten und einmal schnell aufgetragenen Make Up möglich ist, Menschen derartig perfekt zu imitieren, das selbst die Kollegen nichts bemerken, soll nicht hinterfragt werden.
Akzeptiert der Leser diese originelle Prämisse, dann handelt es sich bei „Die sprechende Schleuse“ trotz des ein wenig unpassenden Titels um einen der besten Romane dieser Phase „Sun Kohs“. Mit „Brennende Luft“ kehrt die Handlung nach Deutschland zurück. Bei Paul Alfred Müller gibt es hinsichtlich der Nutzung von innovativen Erfindungen nur zwei Auslöser: Neid und Gier. In „Brennende Luft“ hat ein Wissenschaftler der Leuna- Werk eine Möglichkeit gefunden, die Luft zum brennen zu bringen. Mit brutaler Rücksichtslosigkeit probiert er seine Erfindung an verschiedenen deutschen Städten aus. Sun Koh wird von einem Freund gebeten, die Vorgänge mit zu untersuchen.
Die ehemalige Verlobte gibt ihm einen entscheidenden Tipp. Im Vergleich zu anderen „Sun Koh“ Abenteuern kann der Sohn der Sonne nicht während des tragischen Showdowns eingreifen. Hilflos muss er ansehen, wie der Erfinder in seinem Wahnsinn zugrunde geht. Dieser dunkle Tonfall weicht beißenden Spott gegenüber den tschechischen Nachbarn in dem folgenden Abenteuer „Die lebende Rakete“, das Paul Alfred Müller aufgrund des sich gegenüber den Sudentendeutschen verändernden politischen Klimas für die zweite Auflage gänzlich umschreiben musste.
Dieser veränderte Text wird im Anhang unter dem Titel „In den Katakomben von Malta“ ebenfalls nachgedruckt. „Die lebende Rakete“ ist eine klassische Spionagegeschichte mit einem Datendieb – eine Variante, auf die der Autor auch gerne zurückgreift – und der Idee, ein Geschoss zu konstruieren, das in die Stratosphäre vordringen und dem schnellen Transport von Passagieren und nicht der Kriegsführung dienen soll. Neben den bösartigen Attacken auf die Tschechen und ihre Behäbigkeit fällt auf, das die eigentliche Spionagegeschichte angesichts der fast im eigenen Hinterhof entwickelten Rakete nach den gestohlenen Plänen stark konstruiert erscheint.
Die Mechanik von Paul Alfred Müllers Texten greift deutlich stärker in „Die lebende Rakete“ als in dem hintergründiger konzipierten „Brennende Luft“, der auf der anderen Seite allerdings hinsichtlich der wissenschaftlichen Entwicklungen phantasievoller und bizarrer ist als „Die lebende Rakete“, die auf den Experimenten Max Valiers und seines Raketenclubs basiert. Für die zweite Auflage wurde der Roman komplett umgeschrieben. „In den Katakomben von Malta“ schlägt auf der einen Seite den Bogen zu „Die sprechende Schleuse“, in dem auf einer in Paris versuchten Golddiebstahl hingewiesen wird, auf der anderen Seite sind die politischen Zwischentöne nationalistischer geworden.
Da prangert Paul Alfred Müller die Tendenz der nicht mehr nur reichen Bevölkerung an, nach ausländischen Waren und Lebensmitteln zu greifen, während die deutschen Bauern mit ihren auf den ersten Blick minderwertigen Waren Absatzschwierigkeiten haben. Nach diesem anklagenden und irgendwie falsch klingenden Exkurs – im Folgeband finden sich in der Erstauflage antisemitische Äußerungen – folgt eine sehr geradlinige Kriminalhandlung mit dem Fund von Gold, das von Banditen mühsam auf die Mittelmeerinsel geschafft worden ist. Zwei Zeugen werden brutal ermordet, was die Aufmerksamkeit des sich zufällig auf der Insel aufhaltenden Sun Koh erregt.
Ihm gelingt es, den Schurken zwar zu stellen, die Verhaftung überlässt er allerdings großzügig den örtlichen Behörden. Ein unterhaltsamer Roman mit dem angesprochenen bizarren, aber wahrscheinlich Regimefreundlichen Prolog, der zu wenige wahre Verdächtige präsentieren kann, um über die Landschaftsbeschreibungen hinaus nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Mit „Die rote Stadt“ beginnt ein Vierteiler, der im Nahen Osten spielt. Der Abschlussband wird erst in der nächsten „Sun Koh“ Sammlung veröffentlicht. Wieder fließt Paul Alfred Müllers umfangreiche Recherche mit der Wüstenstadt Petra sowie der geheimnisvollen „Hochstadt“, direkt an einen Berg gebaut, in die flotte Handlung ein.
Bei einer Zwischenlandung am toten Meer retten Koh und seine Getreuen Nimba und Hal einen Mann und einen gefesselten Knaben vor wütend angreifenden Arabern. Es stellt sich heraus, dass der Europäer zusammen mit seinem Freund nach Abschluss eines Bauauftrages auf Schatzsuche gegangen und die heiligen Stätten der Araber verunreinigt hat.
Es entwickelt sich ein Katze- und Mausspiel, in dem die Araber der Vatergeneration als hinterhältige Wüstensöhne beschrieben werden, während mit dem anfänglich gefangenen Jungen ein starker und aufgeklärter Anführer eingeführt wird. Bis auf die historischen Exkurse erscheint Sun Koh in der Maske Kara Ben Nemsis, der den Weißen zwar opportunistisch, ihr Verhalten allerdings auch kritisierend hilft, während er Blutvergießen zu vermeiden sucht. Auf der anderen Seite ist Sun Koh ein klassischer Pragmatiker, der dank seines überlegenen Wissens den Untergang von Sodom und Gomorra einem Vulkanausbruch zuordnet. Im zweiten Teil „Der lachende Teufel des Wassers“ steht mehr die Expedition zu faszinierend und damals wie heute eher unbekannten Wüstenstätten im Vordergrund. „Der lachende Teufel des Wassers“ und „Der lächelnde Tod“ erweitern aus unterschiedlichen Perspektiven den Hintergrund der Geschichte.
Im Titelroman steht Sun Koh im Mittelpunkt, der nicht nur die gigantischen an Hochhäuser erinnernden Palastruinen aus dem Wadi Hadramaut besucht und dort gefangen gesetzt wird, während in „Der lächelnde Tod“ Paul Alfred Müller eine Idee Robert Krafts aus seinem „Atalanta“ Epos übernommen hat. Die Wüste wird von unterirdischen Flüssen durchzogen. Auf der Suche nach dem verschwundenen Sun Koh stoßen Hal und Nimba nicht nur auf Türme dieser Anlagen, sondern werden mit einer rätselhaften Seuche konfrontiert, die insgesamt zweiunddreißig Männern das Leben gekostet hat. Der Cliffhangar ist natürlich dramatisch, auch wenn kein Leser einen Augenblick daran glaubt, das Sun Kohs wichtigste Helfer und Freunde sterben könnten.
Der sehr viel dunklere Ton mit einer gelungenen Mischung aus historischen Information, wissenschaftlicher Extrapolation und schließlich auch noch einer unheimlichen Bedrohung macht „Der lächelnde Tod“ zum stärksten und lesenswertesten Band dieses kleinen Vierteiler, der abschließend erst mit Erscheinen des letzten Teils beurteilt werden kann. Das Vergangenheit und futuristische Gegenwart derartig nachhaltig in einem Roman der „Sun Koh“ Serie aufeinanderprallen, ist relativ selten. Vor allem weil Paul Alfred Müller in den hier gesammelten Abenteuern Sun Koh nicht selten hat in den Hintergrund treten lassen. Zum Teil ergreift er die Schurken erst dank seines überraschenden ersten Auftretens auf den letzten Seiten, während Hal - der Junge wird im Verlaufe der letzten Hefte ein wenig erwachsener - und Nimba die Fuß-, aber niemals die Denkarbeit übernommen haben.
Neben den Titelverzeichnissen der unterschiedlichen "Sun Koh" Inkarnationen sind die kompletten Jiu Jitsu Anleitungen am Schluss des Sammelbandes zusammengefasst nachgedruckt worden. Zu der reichhaltigen Bebilderung zählen Nachdrucke der Titelbilder der Erstauflage, bei den beiden Nachdrucken die verkleinerten und Sinn entstellenden Bilder der Zweitauflage sowie die farbigen (in schwarz weiß nachgedruckt Abbildungen der Nachkriegsausgabe. Die Druckqualität ist gewohnt überzeugend.
Das zweispaltige Schriftbild lässt sich gut lesen. Die hier nachgedruckten Abenteuer "Sun Kohs" und seiner beiden wichtigsten Helfer zielen in zwei Richtungen. Zum einen bereit der Sohn der Sonne seine Anhänger über Technik und untergegangene Hochkulturen aufklären die Welt, um Verbrechen uz bekämpfen, zum anderen baut Sun Koh seine monetäre Machtbasis zum Teil opportunistisch aus den eher fragwürdig erworbenen, aber ihn durch nicht bestrittenen Erbanspruch zustehenden Inkaschätzen aus. "Jan Mayen" wird in der zweiten, sehr bekannten Paul Alfred Müller Serie mit dem Nordwerk als Basis ohne Frage technokratischer Vorgehen.
So wirken Sun Kohs Versuche, das Gold der Inkas bei verschiedenen europäischen Zentralbanken zu parken eher als Katalysatoren verschiedener Verbrecherjagden. Am besten funktioniert "Sun Koh" wie der vorliegende Sammelband nachdrücklich beweist, wenn exotische Plätze besucht werden und die Konflikte zwischen der ersten und damals noch dritten Welt durch den übermächtigen Helden mehr mit Hirn als Hand gelöst werden.
Band 2: Der lachende Teufel des Wassers (Hefte 18–32 + Nachaufl. Hefte 23 u. 29, 473 S., 69 Abb.) – ISBN 978-3-940679-74-1