![Keep watching the Sky!, Bill Warren, Cover Keep watching the Sky!, Bill Warren, Cover](http://www.robots-and-dragons.de/sites/default/files/styles/medium/public/buchecke/billwarren.jpg?itok=o94ukrt4)
Bill Warrens umfangreicher Doppelband “Keep watching the Skies” erscheint bei McFarland in einer Edition für das 21. Jahrhundert. Das Buch beginnt mit insgesamt vier Vorwörtern. Das erste stammt vom Science Fiction Autoren Howard Waldrop, der aus seiner wilden Fanzeit berichtet und damit den Bogen zum ebenfalls im Science Fiction Fandom aktiven Bill Warren schlägt. Und die beiden Vorwörter der ersten beiden Auflagen, auf die Bill Warren mit den einleitenden Worten zu dieser umfassenden Überarbeitung aufbaut. In Zeitendes Internets scheint es absurd, einem umfangreichen Nachschlagewerk zu vertrauen, das sich auf die in Amerika ausgestrahlten Science Fiction Filme der fünfziger Jahre ( einige Streifen, die erst Anfang der sechziger Jahre als Ausläufer des Trends in die Kinos gekommen sind, werden großzügig noch mit angesprochen ) konzentriert. Aber gerade in Zeiten des Internets ist es vielleicht auch sinnvoll, ein solches Begleitbuch zu haben, das weniger objektiv mit den Filmen umgeht, sondern persönlich subjektiv Eindrücke des Autoren mit historischen Fakten, umfangreichen Inhaltsangaben und schließlich auch zahllosen Zitaten aus Interviews, die Tom Weaver über die Jahrzehnte mit Schauspielern, Produzenten und Regisseuren geführt hat. „Keep watching the Skies“ ist kein Buch, das man chronologisch von A bis Z gelesen haben muss. Es ist eher ein Freund, den man zu Rate zieht, wenn irgendwo im Spätprogramm einer der Mumien, Monster, Mutationen Filme läuft. Damit soll nicht ausgedruckt werden, dass die Lektüre in diesen beiden umfangreichen und reichhaltig illustrierten Büchern langweilig ist, aber auch Bill Warren kann sich den Gesetzmäßigkeiten des Chronismus nicht ganz verschließen und vom Aufbau her ähneln sich alleine Beiträge. Der größte Unterschied ist zu den ersten Auflagen, dass Bill Warren die umständliche Gliederung zur Seite gerückt hat. Die ersten Bände waren nach den Jahren, in denen die Filme nachweislich in den Kinos liefen und nicht nach ihren Produktionsdaten sortiert. Innerhalb der Jahre hat der Autor eine alphabetische Reihenfolge angeboten. Da das Inhaltsverzeichnis noch nicht so ausgeprägt dargestellt worden ist, sorgte diese Vorgehensweise für eine Unübersichtlichkeit. Wie Bill Warren in seinem ersten Vorwort darstellte, erschienen zum Beispiel im Jahre 1956 als die Fluttore sich nicht zuletzt durch die erfolgreiche Wiederaufführung von „King Kong“ öffneten insgesamt 25 Science Fiction und teilweise auch Science Horror Streifen. Zwei Jahre später waren es schon 36, bevor die Welle schließlich im letzten relevanten Jahr des Buches 1962 mit insgesamt 28 Filmen sich abzuschwächen begann. In diesen beiden Bänden sind die Filme von Beginn an ohne Rücksicht auf die Jahre alphabetisch sortiert worden.
Für die Erstauflage mussten der Leser insgesamt vier Jahre von 1982 auf den Abschlussband warten. Der Bruch fiel nicht so auf, dass Bill Warren durch die chronologische Bearbeitung der Filme im Grunde auch zwei inhaltliche Zyklen – vor der Bombe und nach der Bombe – einbauen konnte. In der Neuauflage sind diese Entwicklungen schwieriger herauszuarbeiten und nicht selten muss der Autor bei einzelnen Themen oder noch weitergehend wichtigen Persönlichkeiten immer wieder auf andere Einträge verweisen. Das macht den Text weiterhin sperrig, auf der anderen Seite werden aber auch angesichts eines Umfangs von immer noch eintausend Seiten Wiederholungen vermieden. Für die Neuauflage ist Bill Warren seinem Ziel, jeden in dieser Epoche produzierten und vor allem in den USA ausgestrahlten Science Fiction Film zu sehen, nicht nur näher gekommen – die österreichische Befreiungssatire „April 1st, 2000“ lief tatsächlich in einem amerikanischen Kino und konnte/ musste aufgenommen werden -, sondern Bill Warren hat für diese Ausgabe alle Streifen noch einmal gesichtet und die Einträge überarbeitet. Das hört sich leichter an als gesagt. In den Vorwörtern zu den ersten beiden Ausgaben und der Würdigung eines zu früh verstorbenen Freundes am Ende dieser dritten Ausgabe zeigt Bill Warren auf, was es in den fünfziger Jahre lange Zeit vor allem als Teenager und Jugendlicher ohne Auto weit ab von den größeren Städten bedeutet hat, die entsprechenden Filme im Kino zu sehen. Der Hinweis auf die Großmutter oder der gemeinsame Trip mit einem Freund in die nächste Großstadt seien hier exemplarisch erwähnt. Dabei ist sich Bill Warren durchaus bewusst, dass er nicht immer Meisterwerke des Genres gesehen hat und selbst aus der Perspektive eines beeinflussbaren Kindes manches B- oder besser C Streifen von Bert Gordon damals wie heute unansehnlich ist. Aber die Brille des Kindes hat Bill Warren für diese Ausgabe wie auch bei den ersten beiden Auflagen nur teilweise abgelegt. Der Autor geht durchaus kritisch mit den Plots und ihren Ungereimtheiten um. Nicht selten herrscht in dieser Hinsicht ein fast despektierlich humorvoller Unterton, in dem die Schwächen und fehlenden Abschlüsse sadistisch aneinander gereiht werden. Aber Bill Warren hat an keiner Stelle die distanzierte Position eines reifen Erwachsenen angenommen, der keinen Zugang mehr zu den Filmen findet.
Aufbautechnisch folgt Warren einem bewährten Muster und die Einträge sind auch nur ergänzt und nicht gänzlich umgeschrieben worden. Der Autor beginnt so weit möglich entweder mit der Originalvorlage – wenn es diese Geschichten gegeben hat – oder Inspirationen, die bis zu Plagiaten führten sowie Querverweisen auf andere Arbeiten vor allem des Produzenten. Anschließend folgen sehr unterschiedlich lange Inhaltsangaben. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass Bill Warren nicht Qualität gleich setzt mit Quantität der Einträge. Viele als Klassiker anerkannte Streifen werden umfangmäßig weniger bedacht als zum Beispiel „Attack oft the Crab Monsters“ oder „Abbott & Costello goes to Mars“ – im Film landen sie allerdings auf der Venus. Wenn zum Beispiel „Beat from Haunted Cave“ angesprochen wird, dann geht Bill Warrren auch kritisch auf die spätere unerfüllte Karriere von Monte Hellmann ein und erweitert so positiv den Inhalt seiner umfangreichen Studie. Auch werden die Inhaltsangaben nicht sklavisch abgearbeitet. Im Text selbst stellt der Autor neben einer kritischen Abrechnung Ungereimtheiten heraus und kann sich manche Bemerkung nicht verkneifen. Bill Warren kann dabei sehr gut zwischen den einzelnen kleinen Episoden unterscheiden, die Griffiths Manuskripte so herausragend machen, auch wenn der eigentliche Plot eher mechanisch ist. Wenn zum Beispiel „Attack of the 50 Feet Woman“ wie eine emanzipierte Aussage der betrogenen Frau erscheint, die sich gegen den ihr Hörner aufsetzenden Mann wehrt, dann wirkt diese Aussage auf den ersten Blick absurd. Aber Bill Warren ist ein cleverer Autor, der diese Auteur Thesen zumindest am vorliegenden Inhalt zu beweisen sucht. Andere Streifen wie „The atomic Submarine“ werden in den marinetechnischen Teil und das phantastische Sujet aufgesplittert und dann verarbeitet. Wenn bei „Panik in New York“ zum Beispiel der grundlegende Plot als stereotyp betrachtet wird, auf der anderen Seite aber vor allem die Dialoge und Erklärungen erwachsen scheinen, dann verarbeitet der Autor diese konträren qualitativen Ansichten zu einem nachvollziehbaren Fazit.
Die Inhaltsangaben könnten zwei Lesergruppen ansprechen. Zum einen die Fans, welche trotz DVD Veröffentlichungen oder alten VHS Cassetten in erster Linie sich an die Inhalte erinnern, aber die Filme kein zweites Mal sehen wollten. Oder die wirklich Interessierten, welche auch heute noch Bill Warrens Buch als Wegweiser nutzen, um die inhaltlichen Querverweise zu erkennen. Sie sind wie angedeutet sehr ausführlich und müssen konsequenterweise auch viele Pointen Preis geben. Anschließend folgen einige Informationen über die wichtigsten Leute vor und hinter der Kamera. Hier bemüht sich Bill Warren, neben den offensichtlichen Informationen aus dem Internet auf verschiedene Interviews zurückzugreifen, die Tom Weaver über Jahrzehnte geführt und ebenfalls in Buchform veröffentlich hat. Diese kleinen Geschichten lockern den Text auf. Hinzu kommen einzelne Versatzstücke, die nicht gleich offensichtlich sind. Da wären die Zufälle, welche manche Filme durch den vorzeitigen Verkauf der Rechte erst in die Hände von Verleihfirmen wie AIP getrieben hat. Der eher verzweifelte Kampf mit einem zu geringen Budget, um einen Film herzustellen. Bill Warren geht nicht nur auf die Männer im Hintergrund wie den Komponisten oder den Kameramann ein. Der mischt Bekanntes – viele haben nicht durch Roger Corman, sondern generell aus dem phantastischen Low Budget Film kommend positiv Karriere gemacht – mit extra recherchierten und noch einmal überarbeiteten Material. Abschließend fügt Bill Warren nicht nur sein persönliches Fazit hinzu, sondern zitiert andere Kritiker dieser Zeit. Da er jahrelang auch für den TV Guide von Leonard Maltin geschrieben hat, kennt Bill Warren die Mentalität einiger Mainstreamkritiker und kann ihre Meinungen abwägen. Geballt ist dabei interessant zu lesen, welche Filme plötzlich wieder gut wegkommen, während ander von Bill Warren als gut befundene Streifen verdammt erscheinen. Abschließend finden sich die kompletten Produktioncredits sowie ein Hinweis auf die „home video“ Veröffentlichung. Da es auch Verweise auf DVDs gibt, erscheint dieser abschließende Punkt einer jeden Filmvorstellung nicht zufrieden genug überarbeitet.
Aber Bill Warren ist mit dem Leser und dieser Filmära nach fast eintausend Seiten nicht fertig. Im Anhang des zweiten Bandes der Autor die Streifen wieder in der chronologischen Reihenfolge, der Basis der ersten beiden Buchveröffentlichungen. Ergänzt wird es durch die „Announced Titles“, die nicht produziert worden sind. Interessant sind die anderen ausführlichen Essays. Da gibt es die „Great Pretenders“. Dem Hit folgend fast Bill Warren die Streifen hier zusammen, die nur auf den ersten Blick phantastische Inhalte bieten. Einige der in den ersten beiden Auflagen vorgestellten Filme sind in dieses Essay strafversetzt worden, weil sie die Science Fiction/ Horror bzw. in seltenen Fällen Fantasy Hürden doch kritisch nachgeschaut nicht übersprungen haben. Mit den Science Fiction Serials der fünfziger Jahre geht Bill Warren auf ein Gebiet ein, das sein langjähriger Freund Donald Glut in seiner Buchveröffentlichung deutlich ausführlicher, reichhaltiger bebildert und vor allem kritischer abgehandelt hat. Der Leser sollte es als Ergänzung sehen. Einen Bogen zur Gegenwart schlägt das Kapital der inzwischen durch ein Remake geehrten oder entehrten Science Fiction Filme der fünfziger Jahre. Diese Liste ist erstaunlich lang und Bill Warren bemüht sich bei einigen Beispielen mit sichtlicher Fassung, positive Worte zu finden. Das Eesy über die Bowery Boys wirkt auf den ersten Blick befremdlich und störend, aber wie bei einer Spinne ist die Vernetzung sehr stark und die phantastischen Elemente sind ja nicht nur in ihren Komödien, sondern in der absichtlichen Parodie von Dean Martin / Jerry Lewis in Streifen wie „Belua Logosi meets a Brooklyn Gorilla“ gut zu erkennen.
Wie die Vorgänger sind die beiden überdimensionalen Bände von „Keep Watching the Skies“ nicht nur mit zahllosen seltenen schwarzweiß Aufnahmen illustriert, in der Mitte beider Bücher finden sich zahlreiche Reproduktionen der farbenprächtigen Kinopostern, mit denen unschuldige Seelen wie Bill Warren auf die dunkle Seite des B- Films gelockt worden sind.
Zusammenfassend sind die beiden Bücher immer noch das Standardwerk zum Science Fiction Film der fünfziger Jahre. Viele Informationen lassen sich auch ohne Frage aus dem Netz holen, aber in dieser komprimierten und sehr gut zusammengefassten Art und Weise mit einem angenehm zu lesenden Stil und vor allem nicht nur interessanten Bildern, sondern persönlichen Anekdoten hat Bill Warren minutiös, aber den Geist der ursprünglichen Schöpfung wahrend sein Buch für das 21. Jahrhundert fit gemacht. Dabei hat er nicht nur mit seinen persönlichen Vorworten – wo ist die Zeit geblieben? – die Leser abgeholt, sondern ohne Frage eine neue Generation nicht nur auf sein Nachschlagewerk, sondern auch die zugrundeliegenden Filme aufmerksam gemacht.
McFarlands Books
Bill Warren
Foreword by Howard Waldrop; Research Associate Bill Thomas
Print ISBN: 978-0-7864-4230-0
273 photos (35 in color), appendices, bibliography, index
1040pp. library binding (8.5 x 11) 2010