Cotton Reloaded 32 "Ebene Null"

Cotton Reloaded 32, Ebene Null, Cover
Christian Weis

Mit “Ebene Null” kehrt Christian Weis rückblickend zum Beginn der Serie zurück, als sich Mr. High, Decker und Cotton vor allem mit erzkonservativen patriotischen Kräften innerhalb der USA auseinandersetzen mussten, deren Ziele wenig mit den Grundsätzen der Demokratie zu tun haben. Dieser Aspekt entwickelt sich erst in der zweiten Hälfte des Buches, die mit einer Geiselnahme – Decker zum wiederholten Male in den letzten Abenteuern – sowie einem von Jeremiah Cotton im Alleingang durchgeführten „Kommandounternehmen“ sehr mechanisch erscheint. Es ist immer wieder überraschend, das die Hauptserie nach mehr als 3000 Fällen immer noch Überraschendes produzieren kann, während „Cotton Reloaded“  in einigen wenigen Mechanismen gefangen ist. Zwar überschneiden sich die Themen nicht mehr so stark, aber die Abläufe mit Cottons Einzelgängertum teilweise gegen die Anweisungen, Deckers Arroganz dem deutlich erfolgreicheren Cotton gegenüber und den zahlreichen Entführungen/ Geiselnahmen insbesondere von Cottons weiblicher Kollegin sind inzwischen stereotyp. Es ist schade, dass Christian Weis aus dieser Prämisse nicht so viel machen kann. Zwar setzt er seinen deutlichen Seitenhieb den Amerikanern gegenüber, die angeblich die Wunden des 11. Septembers vor sich her tragen, die aber keine persönlichen Verluste erlitten haben. Ein wichtiger Schwerpunkt politisch eher oberflächlich und nicht unbedingt aus der Sicht eines Europäers sonderlich kritisch abgehandelt ist die nachlassende Paranoia, das Streichen von Mitteln zur Überwachung innerhalb der USA und darauf folgend die Idee, das sich ein derartiger Anschlag wiederholen könnte. Natürlich gibt es keine absolute Sicherheit gegen die verschiedenen Terroristengruppen, aber die Argumentation vom Militär, etwas muss getan werden, erscheint auch zu banal, zu wenig nuanciert dargestellt. Sie dient als Mittel zum Zweck, um den potentiellen „Schurken“ eine Überzeugung zu verleihen.

 Wieder hilft der Zufall, einer gut organisierten Verbrecherbande auf die Spur zu kommen. Bei einem Raubüberfall in Strasburg stoppt die Polizei einen verdächtigen Kleintransporter und erschießt den Fahrer. Es stellt sich heraus, dass dieser nichts mit dem Überfall zu tun hat, auf der Ladefläche sind aber immer noch moderne Waffen, die aus den Beständen des Heimatministeriums aussortiert längst vernichtet werden sollten. Cotton und Decker ermitteln in den Kreisen des Militärs, die für die Aufträge zur Vernichtung der Waffen zuständig sind. Ein potentieller Informant, ein schwaches Glied in der Kette wird zwar rechtzeitig von den Verschwörern ausgeschaltet, aber die Spuren sind so eindeutig gelegt worden, dass es unwahrscheinlich erscheint, das gut ausgebildete Soldaten mit Kampf Erfahrung sich so auffällig verhalten könnten. So zerfällt der Roman in die erste, interessant geschriebene Ermittlungshälfte, in deren Verlauf Christian Weis sehr gut die Schwächen und Naivität der potentiellen Behörden – keine Kontrolle der Seriennummern – aufdeckt, während der zweite Abschnitt actiontechnisch solide bis spannend geschrieben worden ist. Das große Problem ist weiterhin, dass die Autoren Decker und Cotton immer wieder in Gefahr bringen, ohne das der Leser einen Moment auch nicht glauben mag, ihnen könnte wirklich etwas passieren. Vergleicht der Leser „Cotton Reloaded“ vor allem mit den klassischen, in den sechziger Jahren veröffentlichten ersten Fällen, in denen es in erster Linie um eine überzeugende Überführung von intelligenten Tätern geht, wirkt der rote Faden des Remakes eher cineastisch orientiert. Hauptsache laut und brutal ohne sadistisch zu sein. Wenn der Täter die Waffe zückt, ist alles geklärt und der Verhaftung – in seltenen Fällen – oder dem finalen Schuss – meistens – steht nichts mehr im Wege. Diese Vereinfachung des Konzepts lässt vor allem einige interessante und moderne Plots zu simpel, zu stringent erscheinen. Im vorliegenden Band „Ebene Null“ kommt diese Schwäche durch die Länge der Auseinandersetzung noch mehr zur Geltung.

Zusammengefasst ein solide geschriebener, aber zu einfach gestalteter Roman, wobei der verbale Geplänkel zwischen Decker und Cotton Christian Weis im Vergleich vor allem zu Peter Menningens letzten Beiträgen nicht sonderlich überzeugend gelungen ist. Da Decker und Cotton nicht selten auch am Wochenende arbeiten, wirken ihre Bemerkungen eher ziellos und bilden im Vergleich zu den vorangestellten „Cotton Reloaded“ Texten einen Rückschritt.

Bastei Verlag

E- Book, 110 Seiten

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