Perry Rhodan Planetenroman 39/40 "Welt am Abgrund"/ "Wächter der Unsterblichkeit"

Horst Hoffmann, Perry Rhodan Planetenromane 39/40, Welt am Abrgund, Wächter der Unsterblichkeit
Horst Hoffmann

Horst Hoffmann wird in diesem Doppelband wahrscheinlich nicht genüge getan. „Welt am Abgrund“ ist sein zweiter Planetenroman gewesen und gehört ohne Frage zu seinen schwächsten Arbeiten, während „Wächter der Unsterblichkeit“ nicht alleine durch seine lose Angehörigkeit zu den „Meister der Insel“ Geschichten faszinierend ist, aber die Idee der Entführung von Menschen aus verschiedenen Zeiten nicht zuletzt in Kombination mit dem UFO Phänomen auch inhaltlich ein wenig an Ernst Vlceks Geschichte aus dem letzten Doppelband erinnert. Wie Rainer Nagel in seinen beiden Nachwörtern – das erste geht mehr auf Horst Hoffsmanns langjähriges Wirken im Perry Rhodan Kosmos ein, das zweite handelt von den „Meistern der Insel“ – sehr gut herausgearbeitet hat, schrieb Horst Hoffmann nicht selten mit einem Augenzwinkern. Inhaltlich wäre es vielleicht ein Kulturschock, eine geradlinige Abenteuergeschichte wie „Welt am Abgrund“ gegen seinen exzentrischen modernen Klassiker „Als die Kröten kamen“ in Kombination mit einer sehr viel lesenswerteren Story wie in „Wächter der Unsterblichkeit“ auszutauschen, aber diese Suche nach provokanten satirischen Gegensätze hat Horst Hoffmanns Werk nicht nur im Rahmen des „Erben des Universums“ ausgezeichnet.

„Welt am Abgrund“ ist aber aus einem anderen Grund interessant. Das Solsystem hat sich ja durch den Zeitschirm dem Zugriff der verschiedenen kleineren menschlichen Imperien entzogen. Aber viele Kolonialwelten sind immer noch da draußen und müssen ums Überleben kämpfen. Auf Doomsday leben die Nachkommen terranischer Kolonisten meistens in kleinen Städten. In der Wildnis haben die primitiven Ureinwohner – die Mooner – immer noch die Kontrolle. Wie im amerikanischen Western versuchen sich die Menschen als Jäger und erbeuten Pelze, während die Mooner als Indianerinkarnation dem Treiben am liebsten ein Ende machen. Als der Jäger Stace Maccabor die einzige Überlebende einer Jagdgesellschaft rettet – Sharla – findet er bei den Mooner moderne Strahlwaffen, mit denen sie die zahlenmäßig unterlegenen Menschen jederzeit ausrotten könnten.  Anscheinend befinden sich auch Methanatmer als Gast der Regenten auf dem Planeten. Auf Olymp beschließt man, Ras Tschubai nach Doomsday zu schicken, da erstens nicht nur die Handelsschiffe aus, aber auch ein extra ausgesandtes Kurierschiff verschollen gegangen ist. Zusätzlich scheint jemand auf dieser abgeschiedenen Welt zu wissen, dass das Solsystem nur in der Zeit versetzt worden ist. Tschubai macht sich mit zwei Agenten der Solaren Abwehr auf den Weg.

Horst Hoffmann folgt in seiner ausgesprochen geradlinigen Geschichte den engen Spuren, die Karl May hinterlassen hat. Selbst das dramatische Ende, in dem das Eintreffen einer sich auf einer Rettungsmission befindlichen Flotte mit einem dramaturgisch überdrehten Funkspruch und nicht wie es sich gehört mit einem Trompetenstoß angekündigt. Dazwischen werden die Methanatmer in einer interessant geschriebenen Szene natürlich als Verführer mit eigenen Interessen entlarvt und bevor die Mooner die Menschen zu töten beginnen, wird der Eindruck von falschen Göttern erweckt. Mit dem Teleporter Ras Tschubai ist die richtige Geheimwaffe ausgeschickt worden, denn im Notfall werden die beiden auf Doomsday aufgewachsenen Helfer kurz vor der Hinrichtung aus dem Gefängnis geholt, wobei die Befreiung auch entsprechend getarnt werden muss.

Die Actionszenen sind solide und kurzweilig geschrieben, wobei der ganze Handlungsbogen insbesondere für ein Taschenbuch teilweise sehr gedehnt und zu eindimensional erscheint. Nicht selten muss die zufällige Information helfen und die unwissenden Verräter innerhalb des Regentenstabs werden rechtzeitig umgedreht. Eine echte Spannung kommt spätestens mit dem Auftritt Ras Tschubais auf der richtigen Seite nicht auf und Horst Hoffmann vergisst stellenweise, den Hintergrund seiner Welt ausreichend zu entwickeln, so dass er ausschließlich pragmatisch vorgeht. Auch wirkt die Handlung beginnend mit den Dialogen bis zu den abschließenden Epilogen teilweise sehr distanziert erzählt. In den ruhigeren Passagen ist der junge Horst Hoffmann noch ein wenig überfordert. Wie eingangs erwähnt nicht seine beste Arbeit und vor allem angesichts des Potentials, das die isolierten zurück gelassenen menschlichen Kolonien inhaltlich bieten, bleibt der Autor mit seinem Spannungsbogen deutlich an der Oberfläche.

Vielschichtiger ist dagegen „Wächter der Unsterblichkeit“. Zum einen spannt Horst Hoffmann einen deutlich weiteren Bogen und zum anderen sind die unterschiedlichen Pläne der „MDI“ vor allem auch teilweise mit der urzeitlichen Erde interessant. Im Mittelpunkt steht nur indirekt ein Meister der Insel. Der Tefrorder Gronimo ist Jahrtausende lang der Kommandant der geheimnisvollen Welt Lando bzw. History. Gewesen. Zu Beginn hat er auf der Erde Menschen für diesen gigantischen Gefängnisplaneten gefangen. Bei seiner Karriere hat ihm die Rettung eines der Meister der Insel geholfen. Horst Hoffmann fasst die nächsten Ereignisse in einer Art Zeitraffer zusammen. Neben der Entwicklung zu einer Versuchs- und Experimentierbühne an den dort gefangenen Menschen kommt es zu Meutereien. Wie von Faktor I angedeutet muss Gronimo immer härter durchgreifen, bis er durch Zufall eine Frau kennenlernt, die im Jahre 1952 von der Erde entführt worden ist. Horst Hoffmann bemüht sich Gronimo als ambivalenten, ohne Frage auch ehrgeizigen Charakter zu beschreiben, dem es aber vor allem mehr um seine Stellung unter den Tefrodern geht als eine absolute Hörigkeit gegenüber den Meisterm. Da ein sehr breites Themenspektrum behandelt wird und mehr als zehntausend Jahre zwischen den einzelnen Ereignissen liegen, konzentriert sich Horst Hoffmann in der ersten Hälfte eher auf einen Überblick.

Sehr viel interessanter ist die im Jahre 1952 beginnende Handlung, in welcher er neben seltsamen archäologischen Funden wie einer Uhr, die es nicht geben dürften, oder Höllenmalereien aus einem Material, das die Erde nicht kennt, mit den Entführungen von Menschen durch UFOs spielt. Vielleicht wirkt seine Suzanne Banks zu offensiv, zu sehr wie ein weiblicher Indiana Jones, während ihr zukünftiger Mann eher hilflos im Schlepptau sich bewegt, aber erstens muss die Terranerin immerhin einen relativ unsterblichen faszinieren und zweitens braucht Horst Hoffmann diese Szenen, um den Sprung zu History besser gestalten zu können. Das tragische Ende – Horst Hoffmann hat sich allerdings um ein Jahr geirrt – wird konsequent umgesetzt. Wie es sich gehört, ist Gronimo an keiner Stelle der eindimensionale Schurke, sondern ein Tefroder, der verzweifelt in seiner Position die Mischung zwischen Herrschaft und Toleranz sucht. Dabei fühlt er sich durchaus einsam. Diese emotionalen Szenen sind von Horst Hoffmann deutlich überzeugender geschrieben worden als in dem fast ein Dutzend Jahre vorher veröffentlichten Roman „Welt am Abgrund“.  Wie Rainer Nagel in seinem Nachwort herausarbeitet, haben sich verschiedene Autoren immer wieder mit den Hintergründen des „MDI“ Zykluses und dem Zusammenhang zwischen den Faktoren sowie ES auseinandergesetzt. Während Peter Terrid in „Schmied der Unsterblichkeit“ eigene Wege rückblickend gegangen ist, nutzt Horst Hoffmann die nur selten und dann im Zuge einer konsequenten Eroberung vorgestellte Welt „History“ erstaunlich wenig als illustreren unfreiwilligen Schmelztiegel vor allem auch der irdischen Geschichte, sondern konzentriert sich mit Gronimo auf eine vielschichtig entwickelte und deswegen nachhaltrig überzeugende Figur. Deutlich ambitionierter gestaltet und vielschichtiger ist alleine „Wächter der Unsterblichkeit“ den Erwerb dieses Doppelbandes wert, während wie erwähnt “Welt am Abgrund“ leider ein sehr durchschnittliches Planetenabenteuer immer gewesen ist.   

Zaubermond Verlag, Taschenbuch

310 Seiten

www.zaubermond.de

Kategorie: