Die Schiffbrüchigen der Zeit Band 3: Labyrinth der Illusionen

Die Schiffbrüchigen der Zeit, Band 3, Labyrinth der Illusionen, Rezension
Jean-Claude Forest und Paul Gillon

Der dritte Band von Jean Claude Forests und Paul Gillons Science Fiction Serie „Die Schiffbrüchigen der Zeit“ setzt sich inhaltlich nicht nur von den Vorbildern wie Buck Rogers ab, sondern schlägt einen Bogen zu Alex Raymonds farbenprächtigen „Flash Gordon“ Geschichten, die zwar in der fernen Zukunft spielten, trotzdem insbesondere ihre dekadent exotischen Hintergründe auf der Erde suchten.  Befreit von der Suche nach der zweiten Zeitreisenden – auch wenn sie eine gewichtige Rolle im Hintergrund spielt – kann sich Forest auf einen sehr komplexen Plan konzentrieren, einige Geheimnisse Christopher zu entreißen. Rückblickend wahrscheinlich das schwächste Element der Handlung. Während Christopher und seine Gefährtin bislang eher  als Mitglieder eines schwierigen, durch den langen Aufenthalt im All aus den Fugen geratenen Experiments erschienen sind, scheint zumindest Christopher einige Geheimnisse in die Zukunft mitgenommen zu haben. Sein Gedächtnis wurde in diesen Punkten absichtlich isoliert, so dass die ultimative Waffe – sie kann nur indirekt verwandt werden – in der Zukunft zur Verfügung stehen könnte. Immerhin scheint sein zukünftiger Gegenspieler – ein Tapir, der eine Mischung aus Zuhälter, Schwertkämpfer und Mafiaboss darstellt – über weitere Informationen zu verfügen, so dass er Christopher in der ersten Hälfte des Plots in einen komplizierten, aber sehr gut angelegten Mordkomplott verwickelt. Von der Illusion getäuscht, seine irdische Begleiterin in einem modernen Bordell wieder zu entdecken, wird er in ein Zimmer gelockt, in dem ein hochrangiger General zusammen mit einer Prostituierten ermordet wird. Als er flieht, lässt er seinen Gürtel mit einer persönlichen Widmung zurück, so dass er nur als Täter in Frage kommt. Bei seiner Flucht soll er dem plötzlich hilfsbereiten Tapir die wichtigen Informationen geben. Der Handlungsbogen ist vor allem im Gegensatz zu den ersten beiden, eher sprunghaft angelegten Abenteuern deutlich komplizierter, aber auch komplexer angelegt worden. Durch einen Wechsel der Perspektive – Christophers Freunde versucht das Komplott zu durchschauen und den Freund zu retten – erhält der Leser mehr Informationen als der Protagonist. Auch wird das zwischen zwei sehr unterschiedlichen wie erotischen Frauen stehen ein wenig zurück gefahren, so dass Christopher nicht mehr als das begehrenswerte Spielzeug der Vergangenheit erscheint, sondern seine Persönlichkeit als Wissenschaftler im Vordergrund steht. Auch wenn er wie in den ersten beiden Alben nicht aktiv handeln, sondern teilweise aufgrund seiner Impulsivität und naiven Vorgehensweise getrieben wird, erscheint sein Charakter deutlich glätter und weniger eckig eindimensional. Der Tapir wird ein faszinierender Gegenspieler, auch wenn er selbst nur seine Marionetten agieren lässt. Arrogant fasst er immer wieder nicht nur für seine Untergebenen, sondern anscheinend als Kompromiss gegenüber dem Leser seinen Plan zusammen und zeigt, dass das Bordell nicht nur ein „Labyrinth der Illusionen“ ist. Ein Thema, das in der zweiten Hälfte des Albums gar nicht mehr angesprochen wird, dabei wäre eine aufeinander aufbauende virtuelle Irrealität in diesem Fall effektiver gewesen und hätte  es dem Tapir ermöglicht, Christopher bis zum für ihn positiven Ende unter Kontrolle zu halten. Natürlich lockert ein Zufall die Gedächtnisschranken und alleine die Idee eines Kometen als Moment des Aufwachens zu nehmen, wirkt eher wie ein schwacher Kompromiss. Hätte die Reise in die Zukunft perfekt funktioniert, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, von der Erde aus einen Kometen zu sehen, verschwindend gering gewesen. Mit den genetisch gezüchteten, aber wie Menschen agierenden Tieren haben Forest und Gillon neben den weiterhin sehr attraktiven, aber eher halbnackten Frauen interessante Antagonisten erschaffen, die mit ihren irgendwo zwischen menschlicher Grausamkeit und tierischer Effektivität stehenden Aktionen insbesondere nicht nur für Christopher gefährlich sind.

Für ein einziges Album ist insbesondere die erste Hälfte der Handlung ausgesprochen komplex und vielschichtig. Die Auflösung erfolgt dann relativ simpel mit einem überraschenden Angriff und der entsprechenden Befreiungsaktion, wobei offen gesprochen die ansonsten effektiven Wachen des Tapirs in einer wenig überzeugenden Aktion überrumpelt werden. An die für die ersten „Flash Gordon“ so signifikante Mischung aus Sadismus Frauen gegenüber – es gibt eine Szene, die doppeldeutig und anstößig degradierend zu gleich ist – in Kombination mit exotischen, grell bunt gezeichneten und vor allem surrealistischen Hintergrundszenen kann der Abschluss des überzeugenden Albums vielleicht nicht heranreichen, aber der Weg alleine ist ambitioniert genug. Der Handlungsbogen ist deutlich stringenter und nach dem sehr weiten Ausflug in diese grotesk fremde Zukunft mit ihren zahlreichen an die „Perry“ Comics erinnernden Sequenzen in den ersten beiden Alben tut die Fokussierung der Handlung ohne Ignoranz kleiner Ideen sehr gut. Auch wenn Kritiker argumentieren können, das der umfangreiche Verschwörungsplot, um Christopher ein eher unbestimmtes und dann doch plötzlich verwendbares Geheimnis zu erreichen, zu ambitioniert und gegen Ende zu wenig von einem sadistischen Planer wie dem Tapir kontrolliert erscheint, unterhält „Labyrinth der Illusionen“ sehr gut und verfügt über viele interessant extrapolierte kleinere Ideen sowie insbesondere auf „Der schlafende Stern“ und „Das Rätsel der Charoner“ aufbauende „außerirdische“ Protagonisten, während Christopher weiterhin unnahbar, ein wenig naiv und von den ihm natürlich abgöttisch Frauen überschätzt gezeichnet worden ist.     

Splitter Verlag

EinbandHardcover
Seiten64
Band3 von 10
Lieferzeit3-5 Werktage
ISBN978-3-95839-102-4
erscheint am:01.09.2015
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