Den Auftakt der Geschichten aus der Asimov- Kellerbar macht „Feuer frei“. Kampftrinker in einem besonderen Modus, wobei der globale Geschichten erzählende Fan auch seine Vorbilder hat. Ein typischer Machoauftakt, wie er im Buch stehen sollte. Der fünfzigste Geburtstag von Klaus N. Frick wird natürlich auch an diesem Ort chaotisch, aber zünftig gefeiert. „Ein besonderer Tag“ ist eine herrliche Satire auf den Alltag des Perry Rhodan Chefs. Wie wichtig „Marketing“ ist, zeigen Rudi dem Satiriker Klaus Marion. Wahrscheinlich hat dieser daraufhin auch „Die Buchbesprechung“ als verdecktes Cross Selling Argument in die Sammlung geschmuggelt. Dieser Beitrag ist schon im ersten Sammelband veröffentlicht worden, was ein negatives Licht in Sachen Zeilen- , besser Seitenschinderei auf Klaus Marion wirft. Das die Satiren schon in anderen Publikationen veröffentlicht und hier gesammelt worden sind, ist kein Problem, das man aber auf den ein Jahr vorher erschienenen Band zurückgreift, schon eher. „Heiligabend“ ist eine der Satiren, die den Geist dieser fiktiven und doch so realen Bar am ehesten in Worte fassen.
Zwei Interviews – eines von Sven Klöpping – wirken auf den ersten Blick widersprüchlich, da Rudi Gerstner mittels Computerprogrammen Facebook und die unzähligen Internetkontakte koordiniert, während er in dem „Gespräch“ mit Sven Klöpping nicht nur die verschiedenen, inzwischen den Lesern wohl bekannten Aspekte der Kellerbar noch einmal komprimiert zusammenfasst, sondern die persönliche Ebene betont. Während „Soziale Kontakte“ den Zeitgeist überzogen durchspielt, wirkt das „Interview mit Rudi Gerstner“ wie eine Zusammenfassung der letzten mehr als fünfundzwanzig Jahre, seitdem die erste Satire aus der Kellerbar veröffentlicht worden ist. Gleichzeitig wirft sie den Blick auf den zweiten Teil der Sammlung, in der im Grunde beginnend mit „Der Rezension“ eine Reihe von Vorträgen zusammengefasst werden, die in erster Linie im virtuellen Ableger der Kellerbar „gehalten“ worden sind.
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit dem Fandom und seinen Exzessen. Schon in der ersten Sammlung damals aber als Teil der Umschulung eines erfolglosen Science Fiction Autoren stand das Thema „Rezensionen“ und ihre ambivalente interpretationsfreie Bedeutung im Mittelpunkt einer Satire. Mit „Wir besprechen ein Fanzine“ wird dem freischaffenden SF- Fan eine Art Handbuch mitgegeben, mit den talentierten Kontrahenten sinnfrei in Form von bösartigen Rezensionen umzugehen. Auch die Gründung einer Science Fiction „Vereinigung“ in zwei Teilen mit den Schwerpunkten Namen und Mitglieder hat Klaus Marion natürlich variiert schon in der ersten Sammlung abgehandelt. Insbesondere bei der Gründung eines SF- Vereins zeigen sich leichte Abnutzungserscheinungen beim Satiriker, da er seinen Texten keine wirklich neuen Ideen bis auf die potentiell virtuellen Mitglieder hinzufügen kann. „Tagebuch eines Neu- Autors“ zeigt, wie sehr sich die Zeit dank „Book on Demand“ verändert hat. Dabei soll nicht unerwähnt gelassen werden, dass auch Klaus Marion in diesen elitären Kreis der „BOD“ Autoren gehört, die wahrscheinlich nicht unbedingt neben den zwei obligatorischen Exemplaren ihrer Bücher fünf weitere gekauft haben. Aber die Sucht nach der Veröffentlichung entspricht dem modernen Zeitgeist, sich irgendwo und überall zu präsentieren. Geschickt extrapoliert Klaus Marion die Exzesse der achtziger Jahre, als das Ziel ein eigener „Heftroman“ gewesen ist, bevor die neue deutsche Science Fiction Welle manchen Wortbrecher zu einem echten Autoren machte. Auch „Wir basteln uns einen Conbericht“ wird in erster Linie die Fans der achtziger Jahre vor Google ansprechen, in denen diese Überlebenserfahrungen mit unerkennbaren Fotos die einzige Möglichkeit gewesen sind, an einem Treffen zumindest geistig nachträglich teilzunehmen. Und diese Art von Berichten hat es inhaltlich so oft gegeben, dass sich manche geplagten Converanstalter mit Grausen an sie erinnern werden.
Viele Satiren drehen sich wie „In letzter Minute“ weniger um satirische Inhalte, sondern das Schreiben der Satiren an sich. Reale Katastrophen werden extrapoliert und entsprechend komprimiert, um dem Autoren zumindest eine Art von Ausrede zu geben. Im Gegensatz allerdings zur ersten Sammlung sind diese Ideen in verschiedene Texte besser eingebaut als das sie eigenständige Themen bilden.
Ab und zu fließen alle Konzeote ineinander. „Die Rückmeldung“ bereitet den Boden für einen der längeren Texte der Sammlung „Geburt eines Converanstalters“, wobei sich die Veranstalter der Mu- Cons natürlich weit ab der bayerischen Hauptstadt in der Asimov Kellerbar treffen, um bei heißen Getränken das Chaos zu ordnen. Während „Die Rückmeldung“ sich wieder um die notorische Angst des Autoren vor Ablehnung und Schande über das eigene Werk – ein Beitrag zum Conbuch des Mu- Cons – dreht, wird in „Geburt eines Converanstalters“ dieser Beitrag entsprechend abgedruckt. Es ist schwer festzustellen, welches der bessere Beitrag ist, aber Klaus Marion geht in einer Tiefenselbstanalyse nicht fehl, das viele gute Ideen in das tägliche Chaos bei der Convorbreitung eingeflossen sind und sich diese Satire ausgesprochen spritzig liest.
Auch wenn die Vorträge mit Rudi Gerstners fiktiverem Referat über „Die Rezension“ bzw. die Reaktion des Kritisierten beginnen, hat Klaus Marion die realen Vorträge auf der Asimov Facebook Seite in einem gesonderten Kapitel zusammengefasst. Die ersten beiden Vorträge sind im Grunde Rezensionen, wobei Klaus Marion in typisch überzogener, ein wenig affektierter Kritikersprache den „Cambridge Companion to Science Fiction“ rezensiert, während er in „Das vergessene Buch“ – es ist nicht vergessen, sondern wurde nicht in Deutschland publiziert, aber der Titel weckt einfach die Aufmerksamkeit der Leser – der Autor auf James Tiptree jr zweiten Roman „Brightness falls from the Air“ eingegangen ist. Der übertriebene Tonfall ist verschwunden und Klaus Marion stellt das Buch sehr ausführlich vor allem in einem engen Zusammenhang mit Tiptrees tragischen letzten Lebensjahren vor. Interessant ist, wie sehr sich anscheinend die Gesellschaft insbesondere in erotisch pornographischer Hinsicht den Ideen der Amerikanerin angepasst hat. Inzwischen hat sich ein deutscher Verlag die Rechte gesichert und will das Buch im Rahmen eines Gesamtwerks veröffentlichen. Ohne Frage lassen sich Klaus Marions Texte auch als Vorträge lesen, aber im Grunde stellen sie ausführliche, gut das zu besprechende Objekt abwägende Texte dar.
Ein Novum – der erste aktiv schriftstellerisch tätige Amerikaner in der Kellerbar – ist der Abdruck von John Varleys durch Klaus Marion übersetztem Geleit seiner Geschichte „In the Hall of the Martian Kings“ aus dem „John Varley Reader“. John Varleys erste staunende Impressionen von einem professionellen Con aus der Perspektive eines jungen Autoren, der schon einige Kurzgeschichten verkaufen konnte, lassen sich sehr gut in einen Zusammenhang mit Horst Hoffmanns Nachwort „Fan sein!“ bringen, in dem der zukünftige Perry Rhodan Autor und Satiriker von seinen ersten Schritten im Fandom berichtet. Beiden ist nicht nur eine besondere Bescheidenheit, ein Staunen ob der fannischen Welt da draußen zu Eigen, sie rücken sich weniger in den Mittelpunkt, sondern sehen diese Begegnungen mit Gleichgesinnten als Beginn eines neuen Lebensabschnitts, der ihnen viele Freunde und viele Erfahrungen vermittelt hat. Insbesondere Horst Hoffmanns Nachwort stimmt allerdings auch traurig angesichts einiger Namen, die nicht mehr unter den Fans und viel zu früh gestorben sind.
Wie es sich für eine derartig detailliert zusammengestellte Sammlung von Satiren gehört, darf nicht die Hymne der Bar – „Die Feuerschnecken“ von Johannes Unnewehr und Joachim Stahl - nicht fehlen. Es empfiehlt sich, gleich den Bogen zu „Die Asimov-Kellerbar im Internet“ praktisch anzuwenden und den Song auf „Youtube“ in voller Länge – alle vierhundertachtundfünfzig Stunden äh.... Sekunden – anzuschauen, bevor man über Wikipedia schließlich zur Homepage dieser fiktiven und doch so aktiven Bar kommt. Auch die handelnden realen als Vorbild dienenden Personen werden wie im ersten Band noch einmal ausführlich ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Horst Hoffmann schließt diese Sammlung mit seinem passenden Nachwort „Fan sein!“ engagiert und wortgewandt ab.
Zusammengefasst wirkt „Kein Raumhelm an der Bar!“ nicht mehr so auf die Asimov Kellerbar fokussiert. In den anderen, teilweise von anderen Autoren verfassten Beiträgen wird mehr der Stab von Klaus N. Fricks im ersten Buch veröffentlichten Nachwort über die Fans aufgenommen und emotional ansprechend extrapoliert. Insbesondere viele Fans der siebziger und achtziger Jahren werden sich nicht nur in den Beiträgen von John Varley und Horst Hoffmann wieder finden, sondern in einer Reihe der hier gesammelten Satiren, die obwohl teilweise im 21. Jahrhundert geschrieben ihre Wurzeln eher in den achtziger Jahren mit der wahrscheinlich Blütezeit des Fandoms was Fans, Clubs und Publikationen angeht haben. Auch wenn die Kellerbar nicht viel Neues liefern kann, ist diese zweite Sammlung genauso empfehlenswert wie die erste, in dieser Hinsicht deutlich fokussiere Sammlung.
- Taschenbuch: 232 Seiten
- Verlag: Books on Demand; Auflage: 1 (14. Februar 2014)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3732244296
- ISBN-13: 978-3732244294