Sherlock Holmes- Der stille Tod

Ian Carrington

Im kurzen Nachwort zu seinem ”Sherlock Holmes” Roman “Der stille Tod” weisst Autor Ian Carrington auf die verschiedenen sekundärliterarischen Arbeiten im Allgemeinen, aber auch Gary Bruno Schmids “Tod durch Vorstellungskraft” hin, welche den Kern dieser interessanten, aber nicht einheitlich genug strukturierten Geschichte bilden. 

Der Höhepunkt inklusive der Entlarvung des Mörders erfolgt schon nach Zweidritteln der Geschichte. Sherlock Holmes muss nicht nur den Leser, sondern neben seinem Freund Doktor Watson auch die Beamten von Sherlock Holmes über die ungewöhnliche Vorgehensweise des Täters und dessen perfide an den drei wohlhabenden Opfern durchgeführte Experimente ausführlich aufklären. 

Der Leser wundert sich, warum die Geschichte dann noch dreißig Seiten weitergeht. Cineastisch, vielleicht auch für ein Hörbuch kommt es anschließend noch zu einer rasanten Verfolgung bis in die finsteren Viertel Londons. Angesichts des lange sehr gut gestalteten psychologischen Inhalts des ganzen Romans wirkt diese Verfolgungsjagd ein wenig aufgesetzt und wenig effektiv. Zumindest ist es nicht Sherlock Holmes, der abschließend erfolgreich ist und Doktor Watson muss wieder einmal lernen, dass man mit Respekt den niederen sozialen Klassen gegenüber viel mehr erreicht als bürgerlicher Arroganz. 

Im Gegensatz zu vielen Kanongeschichten setzzt Ian Carrington auf wechselnde Perspektiven. Drei mysteriöse Todesfälle reicher, wohlhabender und einflussreicher Männer werden beschrieben. Der geheimnisvolle Täter hat sich jedesmal eine andere Art der Hinrichtung ausgedachte. In den beschriebenen Details einem klassischen psychopathischen Serienkiller mit Medizinerkomplex würdig. 

Die Polizei kommt nicht weiter und zieht Sherlock Holmes zu Rate. Dessen Beobachtungen scheinen nicht im Einklang mit den auf der zweiten Handlungsebene beschriebenen Morde zu stehen. Alle drei Männer sind erst vor kurzen religiös geworden und treffen sich regelmäßig mit einem bestimmten Geistlichen. Dieser religiöse Eifer soll die Verstorbenen von einigen ihrer Sünden reinigen, das Gegenteil wird aber erreicht. 

Die Ermittlungen entwickeln sich relativ zügig. Über das Verhör des Geistlichen kommt Sherlock Holmes schnell auf den einzigen, sozial in Frage kommenden Täter. Wie in seinen anderen Geschichten ist Ian Carrington nur bedingt ein Autor, der falsche Spuren legt. Selbst Doktor Watson hat in “Der Fall des Doktor Watson” die Tatsachen nur falsch interpretiert. Das passiert dem Meisterdetektiv natürlich nicht, so dass der Plot in einem sehr zufriedenstellenden Tempo, aber auch ausgesprochen geradlinig dahinfliesst

Die finale Konfrontation mit den Motiven des Täters ist der Höhepunkt des Buches. Dank Sherlock Holmes ausführlicher Beschreibung fließen die beiden Handlungsebenen nicht mehr subjektiv, sondern mit ausführlichen Erklärungen begleitet ineinander und zeigen, dass nicht nur in positiver Hinsicht der Geist stärker als das Fleisch sein kann. 

Dem Roman hätte wahrscheinlich eine spannendere erste Hälfte gut getan. Die Ermittlungen gegen zu schnell, Sherlock Holmes deduziert im Grunde vor den Lesern zu wenig. Einzelne Hinweise werden absichtlich vor Doktor Watson, aber auch den Lesern im Grunde offen versteckt, damit Sherlock Holmes sie in der klassischen Tradition referierend aneinanderreihen und damit eine lückenlose Überführung durchführen kann. 

Die finale Verfolgungsjagd ist mäßig interessant, auch wenn Ian Carrington einen Bogen zu den Baker Street Boys schlägt. Anfänglich ein wenig mehr Fleisch, vielleicht auch Fußarbeit der beiden Ermittler hätten dem Buch besser getan. 

Im Vergleich zu einigen anderen Sherlock Holmes Geschichten aus der Feder Ian Carringtons wirkt “Der stille Tod” als Ganzes betrachtet deutlich abgerundeter. In einigen seiner Sherlock Holmes Arbeiten hat der Autor überzeugend und interessant begonnen, den entsprechenden Fall zu entwickeln, um auf den letzten Seiten hinsichtlich der Auflösung sich entweder zu sehr zu verknoten oder bekannte Versatzstücke zu benutzen. “Der stille Tod” zeigt einen natürlich verrückten, aber von seiner Art der Forschung überzeugten Täter; der Bereich des psychogenen Todes ist ein Thema, das bislang im Krimigenre angesichts der r Vielzahl  der Veröffentlichungen sehr wenig  genutzt worden ist und deswegen nicht nur für Sherlock Holmes faszinierend ist. 

Das Ende der Geschichte zieht sich ein wenig in die Länge. Wahrscheinlich wäre die Form einer Novelle für “Der stille Tod” perfekter gewesen als der vorliegende Kurzroman. Aber wie alle Texte aus Ian Carringtons Feder überzeugt die Story hinsichtlich der Charakterisierung der Protagonisten, dem wieder stimmig beschriebenen Hintergrund des viktorianischen Englands und vor allem in Bezug auf die Dialoge, die der routinierte Hörbuchautor wieder sehr natürlich niedergeschrieben hat.   

Band: 34, Historischer Kriminalroman
Seiten: 140 Taschenbuch
Exklusive Sammler-Ausgabe
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