Wie Karl Ulrich Burgdorf in seinem kurzen Nachwort zur Neuauflage ausführt, erschien die Gemeinschaftsproduktion zwischen Andreas Brandhorst und ihm selbst als Nummer 227 der Zauberkreis Science Fiction nicht nur im Jahre 1982, sondern vor allem unter ihren Verlagspseudonymen Al Duncan und Thomas Lockwood. Während Karl Ulrich Burgdorf für die behutsam überarbeitete Neuauflage seinen richtigen Namen wählte, griff Andreas Brandhorst auf sein im Bastei Verlag verwandtes Pseudonym Andreas Weiler zurück.
Als das Buch entstanden ist, waren anscheinend Computerviren noch nicht das grundlegende Problem. Der Begriff kam im Roman nicht vor, der Titel Computer Parasiten ist aber in mehrfacher Hinsicht interessanter und vor allem auch passender. Auch wenn einzelne Begriffe behutsam der Zeit angepasst worden sind, erscheint die Übertragung der Parasiten auf die Zielobjekte auf der einen Seite archaisch, auf der anderen Seite dank der ein Chamäleon imitierenden Technik auch ausgesprochen fortschrittlich. So fortschrittlich, dass anscheinend niemand außerhalb der Besatzung des Raumschiffs mit so etwas rechnen konnte. Alleine diese Idee hätte dem Konzern Milliarden in die Kassen spülen müssen.
Grundsätzlich spielen sich nach der Infiltration durch die Parasiten zwei Szenarien ab. Einmal entgleitet die Technik der Kontrolle in diesem Fall der Kolonisten und kann bedingt ferngesteuert werden. Auf der anderen Seite tragen die Parasaiten anscheinend eigene Programme in sich, die anschließend automatisch ablaufen. Die Idee ist wahrscheinlich in den achtziger Jahren revolutionär gewesen, in der Gegenwart immer noch aktuell. Allerdings kam ihr Science Fiction Werk für den gleichzeitig entstehenden Cyberpunk ein wenig zu "früh", denn die Phantasie der Amerikaner mit ihrer Cyberspace-Anything-Goes-Mentalität erreichen die beiden Autoren nicht. Da wirken einzelne Reaktionen und vor allem auch Gegenaktionen ein wenig mehr der Space Opera entnommen, als das grundsätzlich und konsequent bis zum Ende neue Wege begangen worden sind.
Der Handlungsbogen ist ausgesprochen stringent und die beiden Autoren scheuen sich auch nicht, relevante und interessante Nebenfiguren im Rahmen ihrer jeweiligen Pflichten nicht nur in Gefahr zu bringen, sondern sie vor allem auch zu töten. Das erhöht das Spannungsmoment. Auf der anderen Seite leidet der Plot ein wenig unter dem begrenzten Seitenumfang, denn am Ende geht es relativ schnell und hektisch zu. Vor allem das Ende mit den Ansätzen einer teilweise "Deus Ex Machina" Lösung von außen, die mit einer ganz besonderen Nebenhandlung vorbereitet worden ist und wie aus einem anderen Roman entnommen wirkt, macht es den Opfern zu leicht, den Spieß anschließend umzudrehen. Auch wenn sie nicht alles durch ihre aktive Arbeit erreichen. Den Guten und Fleißigen wird manchmal eben doch geholfen.
Bis dahin findet sich - wahrscheinlich Andreas Weilers Idee - bis auf ein seltsames exotisches Wesen der Leser positiv an allen Fronten wieder. Dadurch hat er bei beiden Seiten einen Wissensvorsprung. Die Handlungsbögen sind gut voneinander abgetrennt. So ist das Entsetzen der Konzernchefs eher nachvollziehbar, wenn das perfekte Experiment aus der Bahn gerät und sich die dummen Kolonisten als zäher erweisen wie gedacht. Wie sie vorgehen, hat der Leser ja schon auf der anderen Handlungsebene verfolgt.
Die Autoren eröffnen ihren Roman allerdings passend mit einem Paukenschlag, der unmittelbar auf die Einführung des am effektivsten charakterisierten Protagonisten folgt. So steht auf der einen Seite die junge Kolonie mit einem noch im Terraformingprozess befindlichen Planeten. Charles Conried ist ein Prospektor, der mit einem kleinen Team abseits der Kolonie Untersuchungen anstellt. Ein seltsamer "Stein" vernichtet das Lager und verwundet die von ihm geschätzte Kollegin schwer. Mit letzter Kraft kann er sie und eine weitere Überlebende in den Gleiter laden, um die Siedlung zu erreichen.
Auf der zweiten Handlungsebene in dem getarnten Raumschiff zeigen skrupellose Geschäftsleute ihre neue perfekte Waffe, die sie an den Mann bringen wollen. An Bord scheint sich aber ein Saboteur zu befinden. Der erste Probelauf mit den Inspektoren ist nicht gänzlich befriedigend verlaufen, allerdings bringen sie quasi die Geheimwaffe auf dem Gleiter in die Kolonie.
Hier finden sich die meisten Stärken und Schwächen des Romans. Die Tarntechnologie ist wie erwähnt interessant und wird auch bei den für die Aussaat der Computer Parasiten verantwortlichen Maschinen sehr gut genutzt. Auf der anderen Seite kommen die sehr cleveren Kolonisten der Gefahr relativ schnell beginnt mit einer seltsamen Reflektion auf den Aufnahmen beim Angriff auf die Inspektoren auf die Spur. Es ist erstaunlich, wie leicht sich allerdings eher intuitiv als geplant diese Waffen nicht unbedingt ausschalten, aber erkennen lässt.
Im Raumschiff selbst muss der Waffenhändler nicht nur mit dem Saboteur fertig werden, der ihm abschließend noch einen Streich spielt und der Kolonie in einem extrem komprimierten Funkspruch sehr viele Informationen zur Verfügung stellt, auch der potentielle Käufer ist ausgesprochen skeptisch. Die Rücksichtslosigkeit der Konzerne, die Machenschaften der Waffenhändler und das brutale Ausprobieren neuer Waffen in abgelegenen Gebieten an unschuldigen Opfern sind Abschnitte des Buches, die zeitlos wirken und auch heute noch unter die Haut gehen.
Die Wirkung der Computer Parasiten ist für die Kolonie auf den ersten Blick verherrend. Allerdings nur eine bestimmte Zeit. Die Frontiermentalität ist ausgeprägt und letztendlich gelingt es ihnen, dem Feind ein wenig Herr zu werden. Dazu wird zwar Hilfe von außen benötigt, aber die Ansätze sind gut beschrieben worden und wirken auch überzeugend.
Die Zeichnung der Figuren ist für einen Heftroman der achtziger Jahre solide. Während Maya Descantes eher eine Chiffre ist, die gerettet wird und auch retten kann, geben sich Andreas Weiler und Karl- Ulrich Burgdorf mit dem allgegenwärtigen, aber nicht immer im Mittelpunkt stehenden Prospektor Conried sehr viel Mühe. Man erfährt einiges aus seiner Vergangenheit. Andere Pro- und Antagonisten werden eher pragmatisch beschrieben und positiv gesprochen Ziel orientiert eingesetzt, wobei sich der Leser an einer Stelle fragt, ob die beiden Autoren nicht absichtlich ironisierend auf kleine Klischees zurückgegriffen haben.
Der Hintergrund ist eher schematisch entwickelt. Die Beschreibungen der "perfekten" Waffe wirken rudimentär und werden allerhöchstens effektiv genutzt. Hier wird das meiste Potential verschenkt. Es bleibt auch die Frage, ob das Versuchsobjekt nicht zu "groß" oder zu "fremd" vielleicht auch zu einfach gestrickt erscheint. Immerhin ist hier Technik wichtig, aber nur ein Bestandteil der Kolonisierung. Weiterhin erscheint die Infiltration der Parasiten die eigentliche Waffe zu sein. Das sie außer Kontrolle geraten und in der Siedlung für Gefahr sorgen, wirkt in der beschriebenen Art und Weise eher wie die Weiterentwicklung eines verrückt gewordenen Roboter als selbst für die achtziger Jahre neue globale Gefahr von mindestens James Bond rettet die Welt Dimensionen. Interessant ist auch, dass sich niemand der Schurken oder der Autoren mit der Idee auseinandersetzt, wie die Waffe wieder unter Kontrolle gebracht und eine weitere Ausbreitung verhindert werden kann. Immerhin will der Käufer dieser Superwaffe zumindest impliziert keine isolierten Kolonien angreifen, sondern hat größere, aber omniös gehaltene Ziele.
Auch über die abgelegene Kolonie erfährt der Leser nur das Allnotwendigste. Dafür sind die Actionszenen spannend und vor allem sehr dynamisch beschrieben worden.
Zusammengefasst ist "Computer Parasiten" nicht zuletzt wegen der rasanten Handlung, dem zeitlosen Thema weniger der Computer Viren als den ruchlosen Machenschaften der großen Konzerne und der soliden Charakterzeichnung der bislang beste überarbeitete Roman von Karl- Ulrich Burgdorf aus den achtziger Jahren.
Andreas Weiler & Karl Ulrich Burgdorf
- Taschenbuch: 164 Seiten
- Verlag: Apex Verlag E Book (16. August 2019)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 374858170X
- ISBN-13: 978-3748581703
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