William Rotslers ursprünglicher Entwurf unter dem gleichen Originaltital, in deutsch allerdings nur „Der Mäzen“ genannt ist in der im Playboy Verlag publizierten Anthologie „Das Treffen mit Medusa“ erschienen. Die längere Fassung der interessanten Kurzgeschichte konzentriert sich vor allem auf die charakterliche Entwicklung seines wichtigsten Protagonisten, kann aber abschließend nicht gänzlich überzeugen.
Das Buch erschien ursprünglich 1974 und ist in den USA 2015 noch einmal auch als E Book neu aufgelegt worden. Auch wenn Rotsler Science Fiction Werk relativ überschaubar ist, hat er später vor allem fürs Fernsehen und das Kino an Drehbüchern gearbeitet. Der visuelle Stil beginnend mit einem subjektiven Auftakt ist auch in diesem Roman klar und von Beginn an dominant erkennbar.
Brian Thorne ist einer der reichsten Männer des 22. Jahrhunderts. Er ist ein Großindustrieller, im Grunde eine Art Private Equity Investor, der vor allem Firmen kauft und verkauft. Er ist arrogant, aber nicht paranoid. Es gibt zwei Dinge, die er liebt. Schöne Frauen und Kunst. Zu Beginn zeigt der Autor auf, wie Rotsler einen jungen Künstler fördert, welcher eine Art dreidimensionale aber berührungsechte Diagramme herstellt. Die Erfolge des Mannes sind phänomenal, seine Werke erzielen Höchstpreise.
Brian Thorne beschließt, dass er auch ein Portrait seiner Frau machen sollte. Und da beginnen die Schwierigkeiten, denn sie verliebt sich in den Künstler und gemeinsam „verschwinden“ sie anscheinend in einem dieser Kunstwerke.
Dieses auch für den Protagonisten erkennbare zwischenmenschliche Drama ist die Ausgangsbasis des Romans. Thorne scheint eher in seiner Ehre verletzt zu sein als das er eifersüchtig ist. Sexuelle Freiheit hat sich das Paar von Beginn an gegeben. Der Weg des Kennenlernens der Beiden wird nachgezeichnet, wobei der Leser nicht wirklich entscheiden kann, ob es sich um Liebe handelt oder das Charisma eines reichen wie arroganten Mannes.
Der Auftakt ist interessant. Auch wenn der Roman in der Zukunft spielt, erscheint der Hintergrund ein wenig verklärt wie aus den Science Fiction Filmen der siebziger Jahre, in denen „Macht“ mit sexueller Unabhängigkeit und vor allem einer Swingermentalität in exklusiven Establishments immer wieder kombiniert worden ist. Sex und Liebe sind unabhängig voneinander, Ehen eher Zweckgemeinschaften.
Interessant ist, dass Thorne trotz des im Strom mitschwimmen anscheinend intensive Gefühle für seine jeweilige Partnerin hat. In der zweiten Hälfte des Buches wird er sich neu verlieben. Wieder intensiv und dominierend. Nur ist diese Frau nicht einfach zu „fangen“ und sie hat viele Liebschaften, ohne sich binden sich wollen. Damit das funktioniert muss Thorne am Ende des Buches einen kleinen Trick anwenden und das Verschwinden des Künstlers und seiner Partnerin entsprechend einfangen. Wer eine finale zwischenmenschliche Konfrontation erwartet, wird eher überrascht, vielleicht auch ein wenig enttäuscht.
Aber die neue erreichte Ebene soll zeigen, dass zumindest einige Menschen über das rein Körperliche hinaus gewachsen sind. Ob es tatsächlich so ist, steht auf einem anderen Blatt.
Das steht am Ende des Prozesses, der ihn zu Beginn als einen Egomannen und im Playboy charakterisiert. Es ist bezeichnend, dass Rotsler seine unsympathischen und doch ein wenig faszinierenden Protagonisten direkt mit dem Leser sprechen lässt. Er würdigt seine Erfolge genauso wie er seine Macht in das Schaufenster der Eitelkeiten stellt. Die Förderung der Kunst – er träumt von einer Zeitmaschine und dem Versuch, van Gogh in der Stunde der Verzweiflung Bilder abzukaufen, um ihn zu weitermachen zu motivieren – sieht er als Ausgleich zu seinem kapitalistisch nihilistischen „Job“ an. Auch wenn er im Verlaufe der Handlung Sex mit unzähligen schönen Frauen hat und dazu zweimal lieben durfte, ist er im Grunde seines Herzens natürlich ein unglücklicher Mann.
Aber Brian Thorne ist ein derartig dominierender Charakter, dass er die sich im Laufe der Handlung einstellenden kleinen Brüche zu überspielen sucht. Brian Thorne fliegt unter einem Alias zum Mars, um dort nach seiner Freundin und ihrem Künstlerliebhaber zu suchen. Interessant ist, das zeitgleich er aus seiner Firma gedrängt werden soll und man Anschläge auf sein Leben unternimmt. Rotsler macht den Fehler, diese beiden Elemente nicht miteinander zu verbinden. Ohne Frage hat sich Thorne sehr viele Feinde gemacht, aber er scheint kein so visuell populärer Mann zu sein, dass ein anderer Name nicht ausreicht, um „unterzutauchen“. Am Ende in einer der ironischen Wendungen des Buches muss er sich sogar immer wieder mit Vehemenz als Brian Thorne vorstellen, um erhört zu werden.
Anstatt diese Idee spannend und effektiv weiterzuführen, verzichtet William Rotsler auf eine entsprechende Dynamik und beschreibt diese Actionszenen mit der gleichen Distanz wie die wenigen Sexszenen im Buch. Alles wirkt im gleichen Tempo niedergeschrieben. Ohne Frage handelt es sich bis auf das ambivalente Ende um einen persönlichen Bericht, eine Art Coming- of- Age Geschichte eines superreichen Mannes, der aus seinem selbst gezimmerten Elfenbeinkäfig ausbricht und sich einen Moment in der harten Welt dort draußen wohlfühlt, obwohl es viele Dinge gibt, die ihn auch in dieser irgendwie auch überzeichneten Realität abstoßen. William Rotsler versucht immer wieder aufzuzeigen, dass der Leser einen fiktiven Bericht liest. Auf dem Mars sind die Krater und Städte unter den Kuppeln nach fiktiven Protagonisten aus Marsromanen oder berühmten Autoren benannt.
Gegen Ende schlägt William Rotslers mittels der Kunst und alten marsianischen Hinterlassenschaften den Bogen zum Pulp. Da kämpft man mit Laserwaffen im Kristallpalast, der zu der Reisetechnik der Marsianer führen soll, die wiederum an John Carters Versetzung auf den Mars erinnert. Ein prophetischer Ausblick wirkt wie eine Hommage an Stapledon, während das virtuelle Niemandsland der Cyberpunk vorwegnimmt. Diese Szenen sind alle nicht schlecht, wirken aber zu hektisch abgehandelt und treiben den Plot abschließend nicht mehr wirklich voran.
Es ist schade, dass viele der Nebenfiguren inklusiv der Frauen so oberflächlich entwickelt worden sind. Am ehesten sind die anfänglichen Passagen interessant, in denen sich Thorne aus seiner durchaus kapitalistisch pragmatischen Perspektive in die Psyche der Künstler ein zu denken sucht, die von Menschen wie ihm abhängig sind. Vieles wirkt befremdlich. An anderen Stellen wirkt die typische Siebziger Jahre Mentalität mit ihren sozialen Ansichten und der deprimierenden, von der Wirklichkeit inzwischen eingeholten und doch irgendwie relativierten „Club of Rome“ Extrapolation durch.
Rotsler bewegt sich ein wenig auf dem Niveau und in den Themen, die Heinleins Alterswerk mit freier Sexualität, aber einem Machoblick darauf kennzeichnen. Nova ist eine typische attraktive wie aktive Frau mit einem leicht chinesischen Einschlag in einer Gesellschaft, in welcher Töchter in einen besseren Stand verkauft werden. Natürlich wird aus diesen Zwangsehen nicht selten Liebe.
Viele Ideen gehen unter. „Ein Patron für die Künste“ ist ein ambivalenter herausfordernder Roman, der sich nicht entscheiden kann, ob er die psychologische Studie eines egoistischen Superreichen sein will, ein Pulp Abenteuer mit geheimnisvoller wie ambivalent beschriebener Technik oder der Streifzug durch eine ferne Zukunft vor dem Hintergrund einer Krimihandlung mit allerdings ungewöhnlich distanziert beschriebener Dramaturgie. Aber irgendwie lesenswert wie ungewöhnlich ist diese Menange de Trois doch.
- Verlag: Heyne (1977)
- Umfang: 177 Seiten
- ASIN: B002AFDNOI