A Sci Fi Swarm and a Horror Horde

Tom Weaver

Der ursprünglich 2010 als Hardcover veröffentlichte Interviewband wird von McFarlands als preiswertere, aber trotzdem reichhaltig illustrierte Paperbackausgabe neu aufgelegt. Auf den ersten Blick ist der Hinweis auf 62 Interviews mit Filmemachern irritierend, denn nicht alle der interviewten Personen sind direkt Filmmacher. Filmschaffende würde es wahrscheinlich besser treffen.  Auch handelt es sich nicht immer um Gespräche, sondern teilweise nur im Fragmente. Tom Weaver versucht das mit der Entstehungsgeschichte des Buches zu erklären. Bei einem Interview viel ihm auf, dass die Antworten der Schauspielerin nicht nur umfangreich, sondern ineinander übergehend gewesen sind. Aus diesem Grund hat er darauf verzichtet, beim Abschreiben ein klassisches bekanntes Frage- und Antwortmuster zu etablieren, sondern präsentiert die Antworten als einen  Block. Nur an einigen Stellen hat der seit mehr als dreißig Jahren anfänglich eher wie Magazine wie "Fangoria" und "Starlog" die B Streifen des Genres abgrasende Tom Weaver seine Fragen kursiv und in Klammern einzelne Abschnitte zusammenführend eingebaut. Positiv ist, dass sich die Texte kompakter lesen lassen. Negativ dagegen erscheint, dass das Querlesen unmöglich geworden ist.  Querlesen beim zweiten oder dritten oder xten Mal ist notwendig, wenn jemand diese inzwischen zahlreichen Bücher als Nachschlagewerk nutzt. Denn die Geschichten, Anekdoten, Fakten und manchmal nur Reminiszensen lassen sich in dieser Form durch keine Suchmaschine der Welt ersetzen.

 Während die anderen Bücher vor allem sich um einzelne Filme bis zu ganzen Karrieren mit einem Schwerpunkt auf den phantastischen B Filmen seit der Stummfilmzeit bis im Grunde nur in die sechziger Jahre gekümmert haben, ist das Spektrum dieses Buches auf der einen Seite breiter, auf der anderen aber auch fokussierter. 

 Breiter, weil nicht selten Verwandte wie Ehefrauen oder Kinder über die Arbeit der Genrefans bekannten Männer bzw. Frauen berichten. Fokussierter, weil Tom Weaver zu unterschiedlichen Themen einzelne Stimmen gesammelt hat, um Episoden nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, die er sonst in seinen "normalen" Interviewbüchern nicht hätte behandeln können.  Natürlich könnte der Eindruck entstehen, "A Sci-Fi Swarm and Horror Horde" wäre eine Art Resterampe. Bei den Erinnerungen sowohl an Bela Lugosi als auch Boris Karloff ist das bedingt richtig. Einige der Hinweise bestehen in erster Linie aus liebevoll verklärten Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit den beiden Ikonen des Horrorfilms allerdings abseits der Werke, für die sie berühmt geworden ist. Auf der anderen Seite sprechen diese Fragmente eher die Hardcorefans an, die unbedingt wissen wollen, wie sich Boris Karloff am Set einer unabhängig produzierten heute in Vergessenheit geratenen Theaterproduktion dem jugendlichen Newcomer gegenüber verhalten hat.

 Tom Weaver ist aber seinen Lesern gegenüber fair. Im Vorwort verweist er schon auf die Änderungen und fasst viele der indirekten Interviews unter dem Synonym "As told to" zusammen. 

 Wie stark der Einfluss der B Filme immer noch ist, zeigen einige Episoden. So spricht Lisa Davis nicht nur über ihre schwierige Beziehung zu Zsa Zsa Gabor während der Dreharbeiten zu "Queen of Outer Space". Nicht nur zu Tom Weaver und seinen Lesern, sondern auch auf Kreuzfahrtschiffen im Rahmen des Unterhaltungsprogrammes.  Billy Crystall litt vier Nächte unter Alpträumen, nachdem er Sid Meltons Tod durch einen Dinosaurier in "The Lost Continent" gesehen hatte. Diese Episode tauchte auf, als Melton mehr als zwanzig Jahre später von Crystall angesichts eines Casting gesehen worden ist. 

 Es geht auch weniger um eine Verklärung dieser heute noch beliebten und geliebten B Filme. Viel mehr möchte Tom Weaver diese Ära und die Arbeit der Filmschaffenden nicht in Vergessenheit geraten lassen. Aus den kleinen Episoden geht hervor, wie minutiös und respektvolle Tom Weaver seine Gespräche vorbereitet. Wenn es um einzelne Filme sich handelt, schickt er eine Cassette, heute wahrscheinlich eher eine DVD vorweg. Nicht selten haben die Interviewten die Filme seit vielen Jahren nicht mehr gesehen oder sie schauen sie zum ersten Mal. Die Reaktionen reichen von ein wenig verklärter Beschämung bis zu einem gewissen Stolz, unter wirklich schwierigen Umständen einen Film erschaffen zu haben, der den Test zumindest eines Teils des Publikums auf der Zeitachse überstanden hat. Nicht ganz klar ist der Unterschied zwischen einem billigen Stinker wie den Produktionen der heute unbekannten Studios oder eines untalentierten, aber ambitionierten Edward D. Wood jr. Oder den ebenfalls billig produzierten Streifen wie „Queen of Outer Space“, die zum Teil in den Fankinos noch laufen.

Aber egal, Tom Weaver hat mit diesen Gesprächen eine Welle am Leben erhalten, die inzwischen durch die Conventions oder wie in Hollywood die Wiederaufführungen in den kleinen Kinos inklusiv des Einladens eines jeweils Beteiligten mehr an Fahrt gewonnen haben.

 Die Themenblöcke stehen im Mittelpunkt des Buches. So berichten insgesamt vier Personen über ihre Zusammenarbeit mit Boris Karloff. Dabei reicht das Spektrum von „The Man with Nine Lives“ über die Theaterproduktion „On Borrowed Time“ bis zu den „Thriller“ Episode „Well of Doom“. Herausragend ist da der Hinweis, dass Boris Karloff im Original „The Secret Life of Walter Mitty“ aufgetreten ist und das Remake eher verdeckt, wie bahnbrechend, wild und intelligent die ursprüngliche Komödie mit Danny Kaye gewesen ist.

 Auch Lon Chaney jr,. erhält Respekt von mehreren Seite. Wie bei Boris Karloff mit seinem Auftritt in “On Borrowed Time” ist es wichtig anzumerken, dass der dem Alkohol verfallene Lon Chaney jr. In „Of Mice and Men“ auf der Bühne überzeugen konnte. Erst der lange Schatten seines Vaters hat seine Filmkarriere in die Abgründe der B oder C Produktionen geführt. Trotzdem hat er sich immer als Profi gegeben. Ein Attribut einer großen Persönlichkeit wie auch Boris Karloff. Die Qualität des Materials war nicht immer ihren Fähigkeiten angemessen und nicht selten mussten sie sich vielleicht auch überwinden, in derartigen Filmen mitzuspielen, aber sie waren immer pünktlich und gut vorbereitet auf den Sets und haben sich nie von irgendwelchen Allüren treiben lassen.

 Das in diesem Buch zum ersten Mal angewandte Format hilft aber auch in anderer Hinsicht. Auch wenn der Leser in einem Tom Weaver Band niemals konträre Ansichten erwarten darf und nicht selten der Respekt vor den inzwischen Verstorbenen verhindert, dass mancher Konflikt noch einmal angesprochen wird, gibt die Nutzung mehrere Gesprächspartner zu einem Thema dem Leser die Möglichkeit, diese Produktion nicht nur aus verschiedenen Blickwinkeln manchmal passend vor und hinter der Kamera kennenzulernen, sondern sich ein umfassenderes Bild des ganzen Geschehens zu machen. „Five“ wäre hier zu nennen.

 An anderen Stellen berichtet Pamela Duncan über ihre beiden Roger Corman Produktionen „The Undead“ und „Attack oft he Crab Monsters“, während Roger Corman im gleichen Buch über die Dreharbeiten zu „The House of Usher“ spricht.

 Nicht nur Kinofilme sind wie Tom Weaver interessant. Es gibt einen Block zu “The Wild Wild West” mit Whitney Hughes, Kenneth Chase und dem Beißer Richard Kiel. An einer anderen Stelle wird im Boris Karloff Block Fintan Meyler über die Zusammenarbeit mit Kiel in „Well of Doom“ sprechen. So baut sich fast aus Mosaiksteinen ein komplexes nicht immer vollständiges, aber dreidimensionales Bild einzelner markanter Schauspieler zusammen. Das Wort Star wird erstaunlich selten in dem Mund genommen.

 Große Konzerne wie Walt Disney kommen am Rande vor. So hat eine Rolle in einem Horrorstreifen zur Besetzung als David Crockett in der Fernsehserie geführt, während an einer anderen Stelle das Vorsprechen zu „101 Dalmatiner“ aufgrund einer Rolle in “The Queen of Outer Space“ geführt hat. Nur sollte sie als Zsar Zsar Gabor Imitation auftreten und wurde schließlich statt als Schurkin als Heldin in der Zeichentrickadaption stimmlich besetzt.   

 Wie mehrfach erwähnt spricht Lisa Davis nicht nur über die Gabor oder Disney, sondern berichtet auch von den Schattenseiten Hollywood. Der sexuellen Nötigung, dem Druck alleine für eine Familie in den fünfziger und sechziger Jahren zu sorgen, während an anderer Stelle die Tochter über ihren auch während der Depression gut bezahlten Vater John P. Fulton spricht, der als tricktechnisches Genie vielen Produktionen seinen visuellen Stempel aufgedrückt hat und doch niemals seinen Traum vom Regieführen erfüllen konnte. An einer anderen Stelle würden die Jugendschützer von Ausbeutung sprechen, wenn Diana Gemora über eine Nacht als Zwölfjährige spricht, in welcher sie ihrem Vater geholfen hat, in letzter Sekunde das Aussehen der marsianischen Invasoren am Set von „War oft he Worlds“ positiv zu verändern. Es sind diese persönlichen Erinnerungen von ehemaligen Kindern und Jugendlichen, die auf eine wunderbar dreidimensionale Art und Weise zeigen, dass die Filmeschaffenden auch ab und zu Menschen/ Väter/ Mütter/ Freunde/ Vertraute sein konnten und durften.    

Tony Randall spricht zum Beispiel wie es Boris Karloff nur indirekt andeutet über den schwierigen Make Up Prozess in seinem berühmtesten Film „7 Faces of Dr. Lao“. In diesen Gesprächen wird der Leser wieder behutsam in das Hollywood zurückgeführt, das er mit seinen Eindrücken auf der Leinwand besser verbinden kann.

 Im Gegensatz zu den zwanzig oder fünfundzwanzig Interviews, die Tom Weaver sonst und nur bedingt thematisch miteinander verbunden in seinen Büchern zusammengefasst hat, ist das Spektrum breiter. Die Themen reichen von den angesprochenen populären Fernsehserien wie „Thriller“ oder „Wild Wild West“ bis in die Tiefen der C Produktionen „Bella Lugosi Meets a Brooklyn Gorilla“ aus dem Jahr 1952. Von Ikonen der Filmproduktion wie Sam Katzman bis zu heute vergessenen Filmstudios / Firmen wie „Bel- Air Productions“ vertreten durch Paul Wurtzel.

 Selbst die siebziger Jahre sind mit „The Twillight People“ und „Empire oft he Ants“ vertreten . Tom Weaver geht mit dem Material mindestens respektvoll bis kritisch neutral um. Die Blöcke verdichten nicht immer ganz richtig  den Eindruck der Gespräche, während man sich nicht selten bei den klassischen Frage und Antwortspielen ein gezieltes Nachhacken an einigen Stellen gewünscht hätte.

 Wer Nerdinformationen in Hülle und Fülle sucht ist bei diesem Band genauso gut, vielleicht sogar noch besser als bei anderen Tom Weaver Büchern aufgehoben wie die B Filmfans, die das Buch alleine schon wegen der zahllosen seltenen, aber gut nachgedruckten Fotos genauso erwerben wie wegen der netten Plaudereien mit den bewunderten Idolen der nicht selten eigenen jugendlichen Vergangenheit.        

   

 

 


A Sci-Fi Swarm and Horror Horde

ISBN: 9781476678283

Verlag McFarlands 

408 Seiten

Publication Date: Mar 2019

Format: Paperback

Kategorie: